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Neuer Terrorismus – Reale Bedrohung oder konstruiertes Forschungsparadigma?. Julia Klein
Читать онлайн.Название Neuer Terrorismus – Reale Bedrohung oder konstruiertes Forschungsparadigma?
Год выпуска 0
isbn 9783828875524
Автор произведения Julia Klein
Жанр Социология
Серия Wissenschaftliche Beiträge aus dem Tectum Verlag: Sozialwissenschaften
Издательство Bookwire
16 Vgl. Reich 1998, S. 261f; Daase/Spencer 2011, S. 30.
17 Vgl. Crenshaw 1998, S. 9; McCormick 2003, S. 500.
18 Vgl. Rapoport 2004; Siehe ausführlich: Rapoport 2006a/b/c/d.
19 Rapoport 2004, S. 47.
20 Vgl. u.a. Copeland 2001; Hoffmann 2006, S. 409ff; Jenkins 2006; Crenshaw 2007; Mockaitis 2008.
21 Die Auswertung der Datenbank und die Erhebung der fehlenden Variablen „Ideologie“, die auf den Daten der GTD 2014 basieren, war bereits abgeschlossen, bevor im Sommer 2016 die Daten für das Jahr 2015 durch das National Consortium for the Study of Terrorism and Responses to Terrorism (START) ergänzt wurden. Aus diesem Grund beschränkt sich der Untersuchungszeitraum auf die Jahre 1970 bis 2014.
2 Alter und Neuer Terrorismus im wissenschaftlichen, medialen und politischen Diskurs
Im Juli 1993 taucht der Begriff „New Terrorism“ zum ersten Mal in der US-amerikanischen Presse auf. Die Zeitung Newsweek schrieb in ihrem Artikel The New Terrorism vier Monate nach dem ersten Anschlag auf das World Trade Center über eine Serie vereitelter Anschläge auf den Holland Tunnel, den Lincoln Tunnel, die George Washington Brücke, das Gebäude der Vereinten Nationen und das Jacob Javits Federal Gebäude.22 Die acht mutmaßlichen Täter, die sogenannte „Beta Zelle“, wurden festgenommen, bevor sie ihre Pläne umsetzen konnten. Das FBI hatte bei den Ermittlungen zu den Anschlägen auf das World Trade Center zuvor durch einen Informanten von den neuen geplanten Anschlägen rechtzeitig erfahren. Zwei Jahre später wurde Sheik Omar Abdel Rahman und neun weitere Angeklagte für die Tat verurteilt.23
Nicht nur in den Medien tauchen die Anschläge des Jahres 1993 als Wendepunkt in der Geschichte des Terrorismus unter dem Begriff „Neuer Terrorismus“ auf. Auch der 9/11 Commission Report beschreibt 2004 in dem Kapitel: From the old to the new terrorism: The first world trade center bombing die Anschläge auf das World Trade Center, das Pentagon und das Weiße Haus als „a new terrorist challenge, one whose rage and malice had no limit.“24 Im Jahr 1998 sagt der damalige Präsident der USA Bill Clinton in seiner Rede vor der Generalversammlung der Vereinten Nationen: „… terrorism has a new face in the 1990s.“ Er spricht nur wenige Wochen nach den Anschlägen auf die U.S. Botschaften in Kenia und Tansania von einer steigenden Gefahr durch die Nutzung von Massenvernichtungswaffen durch terroristische Organisationen. Seit diesen Ereignissen taucht der Begriff immer wieder in der Politik, aber auch in den Medien und in wissenschaftlichen Texten auf. Neben „The New Terrorism“25 werden in Artikeln und Büchern auch häufig die Begriffe „The New Face of Terrorism“26, „The New Age of Terrorism“27 oder „The Chancing Face of Terrorism“28 gebraucht, um den vermeintlichen Wandel der terroristischen Organisationen in Worte zu fassen.29
Als Beweis für die Existenz des Neuen Terrorismus bedienen sich die Autoren dieser Werke einzelner Anschläge, die entweder aufgrund der hohen Opferzahl oder des versuchten Einsatzes von Massenvernichtungswaffen besonders spektakulär waren oder aber von islamistischen, terroristischen Organisationen durchgeführt wurden. Gary LaFree bezeichnet solche Anschläge wie den 11. September 2001 als ein „Black Swan“ Ereignis. Er bezieht sich dabei auf das Buch von Nassim Nicholas Taleb The Black Swan. Nassim Nicholas Taleb beschreibt darin das Phänomen des Schwarzen Schwans: „First, it is an outlier, as it lies outside the realm of regular expectations, because nothing in the past can convincingly point to its possibility. Second, it carries an extreme impact. Third, in spite of its outlier status, human nature makes us concoct explanation for its occurrence after the fact, making it explainable and predictable.“30 Der nachvollziehbare Wunsch solche schlimmen Ereignisse erklärbar zu machen, um die Wut zu kanalisieren, Gefahren vorhersehbar zu machen und die Angst zu verringern, führt dazu, dass sie am Ende den gesamten Diskurs bestimmen und zu einem Handlungsdruck bei politischen Entscheidern führen.31 Neben dieser psychologischen Erklärung für die Aufmerksamkeitskonzentration auf wenige Anschläge stechen besonders die mediale Wirkung und die politische Bedeutung der Anschlagsorte hervor. Viele andere Anschläge, wie der FARC in Kolumbien aus dem Jahr 1998 dagegen, bei dem 268 Opfer (und sieben Terroristen) starben oder der Liberation Tigers of Tamil Eelam (LTTE) in Sri Lanka aus dem Jahr 1993, bei dem sogar 500 Opfer (und 470 Terroristen) starben, werden in der Diskussion um die Entwicklung des Terrorismus jedoch nicht weiter erwähnt.32
Zu den am häufigsten erwähnten Anschlägen gehören neben dem ersten Anschlag auf das World Trade Center 1993 in New York, der Sarin-Gas Anschlag auf die U-Bahn in Tokio 1995, der Anschlag auf das Murrah Federal Building in Oklahoma City ebenfalls 1995, die Anschläge auf die amerikanischen Botschaften in Tansania und Kenia 1998, der Anschlag auf die USS Cole 2000 im Yemen, die Anschläge auf das Weiße Haus, das Pentagon und das World Trade Center 2001. Nach dem 11. September 2001 gab es eine Reihe von Bombenanschlägen auf öffentliche Verkehrsmittel, die in der Literatur erwähnt werden. Darunter sind die Anschläge auf den Bahnhof in Madrid 2004, auf die U-Bahn in London 2005 und auf Nahverkehrszüge in Mumbai 2006.
Der Anschlag auf das französische Satire Magazin Charlie Hebdo, welcher in den Medien große Resonanz fand, war der erste Anschlag, der nach langer Zeit wieder als „New Terror“ bezeichnet wurde.33 Seit den Anschlägen vom 11. September 2001 wurden ähnlich spektakuläre Anschläge in den Medien mit einem eingängigem Kürzel bezeichnet, das sich auf das Datum der Anschläge bezieht. Die Anschläge des 11. September 2001 in den USA wurden zu 9/11, die Anschläge vom 11.03.2004 in Madrid zu 11-M und die Anschläge vom 07.07.2005 in London zu 7/7. Die durchgängige Art der Bezeichnung weist darauf hin, dass die Anschläge derselben Kategorie zugeordnet werden und die kurze, prägnante Art der Bezeichnung auf die Bedeutung, die den Anschlägen beigemessen wird. In diese Reihe wird auch der Anschlag vom 07.01.2015 in Paris eingeordnet, der in dem Medien die Abkürzung 1/7 erhalten hat.34
Obwohl der Begriff „Neuer Terrorismus“ zum ersten Mal 1993 nach den ersten Anschlägen auf das World Trade Center aufkam, erschienen die meisten wissenschaftlichen Texte, die sich mit dem Phänomen beschäftigen, erst nach dem zweiten Anschlag 2001 auf das World Trade Center, das Pentagon und das Weiße Haus. Der 11. September 2001 hat als Ereignisse des politischen und wissenschaftlichen Diskurs um den Neuen Terrorismus nochmals angestoßen und weitere Autoren in die Diskussion miteingebracht. Entsprechend häufig befindet sich dieser Anschlag im Mittelpunkt der Diskussion und hat auch deren Richtung zum Teil geprägt. Rückblickend werden zwar auch Anschläge in den Jahren zuvor mit zum Zeitraum des Neuen Terrorismus gezählt, die Anschläge des 11. September 2001 und Al Qaeda als terroristische Organisation stehen jedoch als Synonym für das Wesen des Neuen Terrorismus. Dies zeigt sich deutlich im 9/11 Commission Report. In einem Kapitel des Reports, der die Vorkommnisse