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aufkommen: Im Kontext der Anschläge des 11. September 2001 und in dem damit stark wiederbelebten Diskurs um einen Neuen Terrorismus stiegen die Mittel zur Bekämpfung des Terrorismus zunächst allein in den USA von 2001 bis 2002 um 276 Prozent.3 Der im November 20144 veröffentlichte Global Terrorism Index 2014 des Institute for Economics and Peace spricht mit 17.958 Opfern von der höchsten Anzahl von Todesopfern terroristischer Anschläge seit dem Jahr 2000. Alleine im Vergleich zum Jahr 2012 ist in 2013 die Anzahl der Todesopfer terroristischer Anschläge um über 50% gestiegen.5 Terroristischen Organisationen wie der Boko Haram, der Al-Nusrah Front und dem Islamischen Staat fielen 2013 sogar noch mehr Menschen zum Opfer als im Jahr 2001 bei den Anschlägen auf das World Trade Center. Die Aufmerksamkeit der Bevölkerung und der Einsatz der Regierungen bei der Bekämpfung des Terrorismus sind trotz der gestiegenen Opferzahlen zum Erscheinen des Global Terrorism Index 2014 jedoch wesentlich geringer als in den Jahren direkt nach dem 11. September 2001. Im August 2014 schloss das Oklahoma City National Memorial Institute for the Prevention of Terrorism (MIPT), das bis zu diesem Zeitpunkt über 20.000 Polizisten in den USA im Bereich Terrorismusbekämpfung geschult hatte. Dessen Finanzierung durch das nach dem 11. September 2001 gegründeten U.S. Department of Homeland Security wurde komplett eingestellt.6 Staatliche Konflikte, Naturkatastrophen und die Weltwirtschaftskrise schienen den Fokus der Politik in eine neue Richtung gelenkt zu haben. Aber vor allem die weite Distanz zu den Anschlägen scheint die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit und somit den Handlungsdruck auf die Regierungen zu verringern – gleichzeitig ist es in dem Diskurs um den Neuen Terrorismus in den letzten Jahren ruhiger geworden.

      Dieser Vorwurf einer gegenseitigen Abhängigkeit macht eine kritische Betrachtung vermeintlich wissenschaftlicher Erkenntnisse nötig, um die Objektivität der Ergebnisse zu überprüfen und zum anderen den Nutzen für politische Entscheider sicherzustellen. Zwar gibt es seit Anfang der neunziger Jahre, und vor allem seit dem 11. September 2001, einen umfassenden wissenschaftlichen Diskurs über die Existenz und Ausgestaltung eines „Neuen Terrorismus“, es gibt jedoch bis heute keine umfassende empirische Untersuchung, die die tatsächliche Entwicklung aller erwähnten Eigenschaften des „Neuen Terrorismus“ bei terroristischen Organisationen bestätigt oder widerlegt. Daraus resultiert das Erkenntnisinteresse der vorliegenden Dissertation: Herauszufinden, ob sich die Eigenschaften terroristischer Organisationen und terroristischer Anschläge quantitativ und qualitativ in einem Maß verändert haben, dass es gerechtfertigt erscheint, einen neuen Begriff in den wissenschaftliche Diskurs einzubringen, der die Entwicklung des Terrorismus in eine Zeit „davor“ und eine Zeit „danach“ teilt. Dabei wird vor allem dem Vorwurf einiger Autoren Rechnung getragen, die Akteuren mit einem besonderen Interesse eine gezielte Etablierung des Forschungsparadigmas unterstellen. Die vorliegende Arbeit erhebt den Anspruch, diese Forschungslücke einer fehlenden empirischen Untersuchung zu schließen, indem sie die tatsächlichen Entwicklungen im Verhalten terroristischer Organisationen mit den Eigenschaften aus dem Begriff des Neuen Terrorismus in einer Auswertung empirischer Daten vergleicht.

      Der vorliegenden Arbeit liegt im Zusammenhang mit dem wissenschaftlichen, medialen und politischen Diskurs um den Neuen Terrorismus eine Vermutung zugrunde, die eine genauere Betrachtung des Begriffs notwendig erscheinen lässt.

      Seit Beginn der neunziger Jahre hat es keine wesentlichen Veränderungen im Verhalten von terroristischen Organisationen gegeben, die zu einer erhöhten Bedrohungslage und somit zu einem Handlungsdruck im Bereich der Terrorismusbekämpfung geführt haben, wie es das Forschungsparadigma des Neuen Terrorismus darlegt.

      Aus dieser Vermutung lässt sich eine übergreifenden Fragestellungen ableiten, die aus theoretischen und empirischen Erkenntnissen heraus im Laufe der Arbeit beantwortet werden sollen. Die übergeordnete Fragestellung befasst sich mit der Existenz des Neuen Terrorismus und somit konkret mit dem Verhalten terroristischer Organisationen:

      Gibt oder gab es einen „Neuen Terrorismus“?

      In einem ersten Schritt stellt sich die Frage nach der Entwicklung des wissenschaftlichen, medialen und politischen Diskurses, der den Untersuchungsgegenstand „Neuer Terrorismus“ für den Fortgang der Arbeit definiert. Hierzu ergeben sich folgende Leitfragen, die im theoretischen Teil der Arbeit beantworten werden:

      L1. Welche Akteure sind an dem Diskurs um den Neuen Terrorismus beteiligt?

      L2. Welche Veränderungen, bzw. Eigenschaften von Anschlägen und im Verhalten terroristischer Organisationen fassen die Akteure unter dem Begriff „Neuer Terrorismus“ zusammen?

      L3. Welche Begründungen werden für die Veränderung im Verhalten terroristischer Organisationen angeführt?

      Demgegenüber steht die tatsächliche Entwicklung im Verhalten der terroristischen Organisationen. Im empirischen Teil der Untersuchung werden dazu folgende Fragestellungen zu beantworten sein:

      F1. Welche Veränderung im Verhalten terroristischer Organisationen hat es seit 1993 gegeben, bezogen auf die Eigenschaften, die im wissenschaftlichen Diskurs als die Eigenschaften des Neuen Terrorismus beschrieben werden?

      F2. Wie stark sind diese Veränderungen?

      F3. Wie neu sind die Eigenschaften?

      Das Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, die tatsächlichen Entwicklungen im Verhalten terroristischer Organisationen mit den Eigenschaften aus dem Begriff des Neuen Terrorismus in einer empirischen Datenauswertung zu vergleichen.

      Eine Forschungslücke besteht zum einem in fehlenden umfassenden empirischen Belegen zu den Eigenschaften des Neuen Terrorismus, die den Paradigmenwechsel in dem wissenschaftlichen Diskurs rechtfertigen würden. Zum anderen werden

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