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meinte Torsten nachsichtig.

      Andere Patienten waren auch müde, wie Torsten feststellen konnte, aber ihn wunderte das nicht, denn dieses untätige im Bett liegen ließ keine Unternehmungslust aufkommen.

      Er dagegen war übermotiviert, richtig froh, wieder Arzt sein zu können und dankbar, in dieser Klinik diese Chance bekommen zu haben.

      Er hielt sich nach der Visite länger in Monika Dannenbergs Zimmer auf. Ihr Schicksal und das ihrer Tochter beschäftigten ihn sehr.

      Die Traumhochzeit, von der Susanne so geschwärmt hatte! Was war davon geblieben? Da waren wohl alle überzeugt gewesen, daß dieses Glück ewig währen würde, und die Dannenbergs waren mit ihrem Schwiegersohn völlig einverstanden gewesen.

      Susannes Eltern hatten einen anderen Schwiegersohn im Auge gehabt, einen reichen und dazu adligen Industriellen, aber dieses eine Mal hatte sie sich nicht beeinflussen lassen. Sie hatte ihn geliebt, und er hatte Susanne geliebt. Die Geburt ihrer Tochter Sandrina war die Krönung ihres Glückes. Die Sticheleien seiner Schwiegermutter hatten ihm auch nichts mehr ausgemacht, aber dann nach dieser kurzen Zeit des Glückes blieb nur die Frage, warum es so jäh beendet worden war. So viele Ehen zerbrachen schon nach kurzer Zeit, warum mußte diese glückliche Ehe zerstört werden? Torsten wußte, daß er darauf nie eine Antwort bekommen würde, aber für Susannes Eltern war es, als hätte diese Ehe und er nie existiert. Sie hatten das Grab gekauft, während er im Koma lag, und später, als er bei Bewußtsein war, hatten sie es damit gerechtfertigt, daß es ja nicht sicher gewesen sei, daß er überleben würde. Ja, sie hätten ihn lieber tot gesehen.

      All dies ging ihm durch den Sinn, während er Monikas schmales Gesicht betrachtete. Plötzlich schlug sie die Augen auf, so unerwartet, daß er leicht zusammenzuckte.

      »Wer sind Sie?« fragte sie leise, aber erstaunlich deutlich.

      »Dr. Werling, ein neuer Arzt an der Behnisch-Klinik«, erwiderte er.

      Ein Zucken lief über ihr Gesicht. »Ich dachte, ich bin in einem anderen Leben. Ich kenne Sie. Es war der schreckliche Unfall. Ich war dort und wollte Erste Hilfe leisten. O Gott…«, ihre Lippen zuckten. »Bin ich vielleicht doch bereits im Jenseits?«

      »Nein, nein, bitte, regen Sie sich nicht auf.« Er griff nach ihren Händen, umschloß sie mit sanftem Griff. »Es stimmt schon, ich hatte einen Unfall vor mehr als zwei Jahren, aber ich selbst kann mich an diesen nicht erinnern.«

      »Sie leben, das grenzt an ein Wunder.«

      »Ich bin froh«, flüsterte er. »Aber wie konnten Sie mich gleich erkennen?«

      »Ich weiß es nicht. Es hat mir so leid getan, weil sonst keiner überlebt hat. Ich dachte, wie man damit fertig werden kann – aber was ist jetzt mit mir?«

      »Sie wurden überfallen.«

      »Es war Ray, dieser Bastard. Zur Hölle mit ihm!« Aber dann versagte ihr die Stimme. Sie hatte ihre Kraft verausgabt. »Nichts Maxi sagen«, brachte sie noch mühsam über die Lippen, dann sank sie wieder in tiefen Schlummer.

      Gedankenverloren streichelte er ihre Hand. Irgendwie fühlte er sich ihr verbunden, angerührt, weil sie ihn erkannt hatte. Oder war es eine Vision gewesen, und sie verwechselte den Unfall mit einem anderen? Es schien so merkwürdig, daß sie sich erinnern sollte, denn er mußte ja schrecklich zugerichtet gewesen sein. Jetzt war sie selbst ein Opfer, aber ihr war das bewußt angetan worden.

      Er erzählte Jenny nichts von diesem Gespräch, sagte nur, daß Monika kurze Zeit bei Bewußtsein gewesen sei und gesagt hätte, daß es Gambill gewesen sei, der sie angegriffen hatte.

      »Wie gut, daß sie sich erinnern kann«, meinte Jenny. »Schließlich soll Gambill überführt werden und das möglichst bald.«

      »Und Ihre Tochter soll davon nichts erfahren.«

      »Was völlig falsch wäre, aber das war leider ihre Erziehungsmethode, alles Ungute von Maxi fernzuhalten, was letztlich dazu führte, daß sie glaubte, daß ihr nichts Böses widerfahren konnte, weil sie selbst nichts Böses tat. Inzwischen hat sie die bittere Erkenntnis gewonnen, daß sie nicht verschont wird und sie sich wehren muß. Natürlich ist es schrecklich, daß der Mann, den sie aus Liebe geheiratet hat, der der Vater ihres Kindes ist, nicht nur fähig war, sie zu betrügen, sondern daß er sogar dazu fähig ist, skrupellos und brutal gegen andere zu sein. Es ist ihr vorsichtig erklärt worden, was er ihrer Mutter angetan hat, und sie ist gewarnt.«

      »Ich kann mir vorstellen, daß sie leidet«, sagte Torsten tonlos. »Es ist schlimm genug, wenn man einen geliebten Menschen durch den Tod verliert, aber man behält dann schließlich eine gute Erinnerung an ihn, aber in diesem Fall ist da ein Kind, das Fragen stellen wird nach seinem Vater. Was wird man ihm antworten?«

      »Ich weiß es nicht, wie Maximiliane Dannenberg das meistert. Ich kann nur hoffen, daß sie genügend Kraft aufbringt, auch das zu bewältigen.«

      *

      Maxi ging mit Patrick Hand in Hand auf stillen Wegen den Pfad, der zur Quelle führte, die sagenumwoben war.

      Geheime Wünsche sollten in Erfüllung gehen, wenn man in bestimmten Nächten bei Vollmond und genau um Mitternacht daraus trank. Quelle der Liebe wurde sie von manchen genannt, von anderen Quelle der Hoffnung.

      Jetzt war ein sonniger Nachmittag, und Patrick war fröhlich. Aber er wurde immer stiller und nachdenklicher, wenn er seine Mami anschaute.

      »Warum bist du heute traurig, Mami?« fragte er schließlich doch, obgleich er solche Fragen nicht mehr gern stellte, seit sie auf der Insel der Hoffnung waren.

      Maxi gab sich einen Ruck. Sie wollte den Jungen nicht erschrecken und erklärte ihm, daß die Muni in der Klinik sei, weil sie einen Unfall gehabt hatte.

      »Mit dem Auto?« fragte er sofort.

      »Sie ist gestürzt.« Es kam schwer über Maxis Lippen, denn der Schock saß tief, seit Anne ihr schonend beigebracht hatte, was geschehen war.

      »Im Garten?« fragte er leise.

      »Nein, im Haus. Sie ist ausgerutscht.« Endlich hatte sie sich diese Ausrede abgerungen.

      »Hat sich Muni sehr weh getan?«

      »Sie muß jedenfalls in der Klinik bleiben – vorerst«, erwiderte Maxi.

      »Aber wir können doch hierbleiben, Mami? Oder will Muni, daß du kommst?«

      »Nein, das will sie nicht. Ich mache mir aber Sorgen, das verstehst du doch?«

      »Kann sie nicht herkommen?«

      »Vielleicht ist das in einiger Zeit möglich.«

      »Wie lange ist ›einige Zeit‹?«

      »Nächste Woche vielleicht. – Komm, setzen wir uns.«

      »Es ist nicht mehr weit bis zur Quelle, Mami. Ich höre sie schon, und dann können wir uns etwas wünschen.«

      »Es ist aber nicht Nacht, und die Sonne scheint«, sagte Patrick nachdenklich. Anne hat mir erzählt, daß Nacht sein muß und Vollmond, wenn ein Wunsch in Erfüllung gehen soll. Wann ist Vollmond?«

      »Da muß ich erst in den Kalender schauen. Aber wünschen kann man sich doch trotzdem etwas, wenn es auch nicht Nacht ist.«

      »Aber kein Geld. Es ist ja schon lange her, als die Leute reich werden wollten, und da ist die Quelle versiegt. Es hat sehr lange gedauert, bis sie wieder gesprudelt ist. Ich habe mir die Geschichte gemerkt. Sie ist schön. Ich wünsche mir nur, daß du mich immer lieb hast, Mami, auch wenn ich groß bin. – Und daß wir oft hierher fahren«, fügte er nach einer kleinen Pause hinzu.«

      »Ich werde dich immer sehr liebhaben, Patty«, versprach Maxi, »und wir können auch öfter herfahren, wenn du es so gern möchtest.«

      »Muni wird es bestimmt auch gefallen. Schnupper doch mal, Mami, es riecht so gut.«

      Maxi strich ihm über das lockige Haar. Sie atmete jetzt auch

      tief

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