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den Kin­dern den Va­ter er­hal­ten will, die aus Lie­be zu den Kin­dern auf den Wech­sel ver­zich­tet, und der, da ihre zar­te Kör­per­lich­keit den Reiz früh ein­büßt, der den Mann an­zieht, die Ver­klä­rung des ehe­li­chen Ver­hält­nis­ses durch das Sa­kra­ment will­kom­men sein muss­te. Von der un­ge­re­gel­ten Lei­den­schaft der nor­di­schen Hei­den hat­ten wohl Frau­en Ge­nuss und Vor­teil; aber über­wie­gend lit­ten doch Frau­en dar­un­ter. Denn es ist un­um­gäng­lich, dass der na­tür­li­che Mann sich sei­ner über­le­ge­nen Kraft be­dient, um die Frau zu be­herr­schen und um sich ih­rer zu ent­le­di­gen, wenn sie ihm im Wege ist, nicht sel­ten mit der­sel­ben Lei­den­schaft, die er ein­setz­te, um sie zu ge­win­nen, so­lan­ge er sie be­gehr­te. Drück­ten nun auch Päps­te und Bi­schö­fe zu­wei­len ein Auge zu, wenn es sich um mäch­ti­ge Her­ren han­del­te, so ha­ben sie doch im All­ge­mei­nen auch sol­chen ge­gen­über die ge­kränk­te Frau be­schützt. Die Fa­mi­lie konn­te zu ei­nem be­frie­de­ten Be­zirk wer­den, in­ner­halb des­sen, wenn rings­um un­ge­zähm­te Lei­den­schaft, Hab­sucht und Macht­gier der Gro­ßen sich aus­tob­ten, vor­züg­lich un­ter der müt­ter­lich re­gie­ren­den Hand der Frau sich die­je­ni­gen Tu­gen­den er­hiel­ten, die der Ge­sund­heit und dem Glücke des Vol­kes zu­grun­de lie­gen.

      Dass die Re­ge­lung des Ver­hält­nis­ses zwi­schen Mann und Frau durch die Kir­che nichts mit Zim­per­lich­keit und Sin­nen­feind­lich­keit zu tun hat­te, be­weist die Un­be­fan­gen­heit, mit der die Dir­nen in den öf­fent­li­chen Frau­en­häu­sern be­trach­tet und be­han­delt wur­den. Sie er­schie­nen bei fest­li­chen An­läs­sen als eine stän­di­sche Grup­pe ne­ben an­de­ren, oft mit Blu­men ge­schmückt, und wenn an der Rück­sicht, die man auf sie nahm, auch der fi­nan­zi­el­le Ge­winn einen An­teil hat­te, den Stadt­rä­te oder Fürs­ten aus ih­nen zo­gen, so zeig­te sich doch auch die Nei­gung des gan­zen Vol­kes dar­in, die­se Mit­bür­ge­rin­nen sich eher mit Wohl­wol­len ein­zu­glie­dern, als sie zu ver­ach­ten oder sich an ih­nen zu är­gern. Auch in die­ser Be­zie­hung brach­te das Chris­ten­tum wohl Ve­red­lung, aber nicht Ver­ge­wal­ti­gung der Na­tur; die »Toch­ter Got­tes« soll­te nicht nur für ihre schö­nen Trie­be, son­dern auch für Aus­ge­las­sen­heit und Un­art Spiel­raum ha­ben.

      Otto I. schick­te den Bi­schof Li­ut­prant von Cre­mo­na, einen be­gab­ten, tem­pe­ra­ment­vol­len Lan­go­bar­den, an den Hof von By­zanz, um für sei­nen Sohn um die Hand ei­ner grie­chi­schen Prin­zes­sin zu bit­ten. Als der Kai­ser Ni­ke­pho­ros sich bei Tisch über die Völ­le­rei der Bur­gun­der lus­tig mach­te, sag­te Li­ut­prant, schon ge­reizt durch ge­ring­schät­zi­ge Be­hand­lung: »Wir Lan­go­bar­den, Sach­sen, Fran­ken, Loth­rin­ger, Bay­ern, Schwa­ben und Bur­gun­der ver­ach­ten die Rö­mer so sehr, dass wir im Zorn für un­se­re Fein­de kein an­de­res Schimpf­wort ha­ben als Rö­mer.« Zwei­hun­dert Jah­re spä­ter wa­ren aus den Lan­go­bar­den Lom­bar­den ge­wor­den, und ihr ger­ma­ni­scher Ur­sprung glich den Ge­gen­satz zwi­schen Deut­schen und Ita­li­e­nern nicht mehr aus. Wohl aber be­stand im Nor­den noch lan­ge ein ger­ma­ni­sches Zu­sam­men­ge­hö­rig­keits­ge­fühl. Wenn es auch eng­li­sche und schwe­di­sche, dä­ni­sche und nor­we­gi­sche Kö­nig­rei­che gab, die sich un­ter­ein­an­der be­krieg­ten, wenn auch die Sach­sen und Frie­sen sich be­wusst wa­ren, zum Rö­mi­schen Rei­che Deut­scher Na­ti­on zu ge­hö­ren, wenn sie auch ver­schie­de­ne Spra­chen re­de­ten und ver­schie­de­ne Zie­le ver­folg­ten, so fühl­ten sie sich doch als Nord­leu­te, ver­bun­den durch das nor­di­sche Meer, das ge­gen ihre Küs­ten flu­te­te, das ihre Schif­fe be­fuh­ren, das ihr ge­mein­sa­mes Schick­sal war. Oft scheint es so­gar, als fühl­ten die Sach­sen mehr Ver­wandt­schaft zu den An­gel­sach­sen, Dä­nen und an­de­ren Nord­leu­ten als zu den Schwa­ben und Bay­ern; selbst das be­deu­ten­de Mo­ment der Zu­sam­men­ge­hö­rig­keit, das das Chris­ten­tum bil­det, kommt nicht im­mer ge­gen das ger­ma­ni­sche Ver­wandt­schafts­ge­fühl auf.

      Cla­rum in­ter Ger­ma­nos Fri­siorum no­men. Berühmt ist un­ter den Deut­schen der Name der Frie­sen, sag­te Ta­ci­tus. Kaum er­scheint ihr Name in der Ge­schich­te, hat­ten sie schon Ta­ten ge­tan, die sie als Rä­cher ih­rer Frei­heit zeig­ten. We­der Her­ren noch Knech­te lit­ten sie un­ter sich. Jahr­hun­der­te hin­durch war ihre Chro­nik Kampf und Sieg über alle, die sie un­ter­wer­fen woll­ten. Vie­le Gra­fen von Hol­land, die die Frie­sen als ihre Un­ter­ta­nen be­trach­te­ten, fan­den in ih­ren Sümp­fen ihr Grab. Wie die Mö­wen, die sich krei­schend vor gie­ri­ger Lust in den Sturm wer­fen, wenn sie am Stran­de ge­hen, et­was von ge­müt­li­chen En­ten ha­ben, so sagt man von den Frie­sen, dass sie da­heim stumpf­sin­ni­ger Un­tä­tig­keit ver­fal­len; aber wenn eine Sturm­flut Deich oder Vieh be­droht, oder auf dem Mee­re, stür­men sie furcht­los in die Ge­fahr, rin­gen sie wie ein un­bän­di­ges Ele­ment mit den Ele­men­ten. Die­ser Frie­sen­stolz war al­len Nord­leu­ten bis zu ho­hem Gra­de ei­gen. Man hat be­merkt, dass die Spra­che der Frie­sen der eng­li­schen nä­her als der deut­schen ver­wandt ist, von der sie sich stär­ker als ein Dia­lekt un­ter­schei­det, und dass sie auch im Cha­rak­ter den Eng­län­dern glei­chen; al­lein auch den Sach­sen wa­ren sie so ähn­lich, dass es schwer ist, eine be­stimm­te Gren­ze zwi­schen Sach­sen und Frie­sen zu zie­hen. Wa­ren doch auch die Eng­län­der da­mals un­ver­misch­te Sach­sen, viel­leicht schon mit Frie­sen ver­schmol­ze­ne. Meeran­woh­ner wa­ren sie alle, als Kin­der des Mee­res ein­an­der ver­schwis­tert. Sach­sen und Frie­sen wa­ren viel eher Chris­ten ge­wor­den als die Skan­di­na­vier; aber wie die­se wa­ren jene durch die wil­de Tau­fe des Mee­res ge­feit, ein Ge­schlecht, das mit­ten im Un­ter­gang, wenn Erde und Ster­ne wan­ken, die Won­ne sei­ner Kraft am si­chers­ten fühl­te. Auf den ewig von Stür­men ums­aus­ten Dü­nen wuch­sen kei­ne Bäu­me, gab es kei­ne hei­li­gen Hai­ne; hei­lig war dort die Frei­heit. Noch jahr­hun­der­te­lang be­te­ten auf den frie­si­schen In­seln die Pfar­rer selbst um ge­seg­ne­ten Strand, näm­lich dass vie­le Schif­fe schei­ter­ten. Als die Blut­ra­che längst nicht mehr im Schwan­ge war, schlu­gen die An­ge­hö­ri­gen ei­nes Ge­tö­te­ten noch mit dem Schwert an die Kirch­hofs­pfor­te und an die Tür des Mör­ders und mur­mel­ten: Ra­che! Ra­che! Die Wei­sen, die beim frie­si­schen Fest­mahl zur Har­fe ge­sun­gen wur­den, wa­ren bald stür­misch, bald un­säg­lich süß und zwan­gen alt und jung zu tan­zen, tol­le, heid­nische Tän­ze, bis sie be­sin­nungs­los hin­fie­len. Die nor­di­schen Glau­bens­hel­den be­hiel­ten als Chris­ten ihre schwung­vol­le Faust. Bi­schof Ever­mod von Rat­ze­burg woll­te ein­mal einen vor­neh­men Dith­mar­schen, dem ein Ver­wand­ter er­schla­gen wor­den war, be­we­gen, von der Ra­che ab­zu­ste­hen. Ver­ge­bens pre­dig­te er ihm die Grund­sät­ze christ­li­cher Nächs­ten­lie­be, ver­ge­bens drang er mit Bit­ten und Fle­hen auf den Un­ver­söhn­li­chen ein, end­lich fiel er ihm zu Fü­ßen. Der Dith­mar­sche ver­schwur sich mit schreck­li­chen Ei­den, sich nie­mals mit dem Be­lei­di­ger zu ver­söh­nen. Da hol­te der Bi­schof aus und ver­setz­te dem Man­ne einen ge­wal­ti­gen Ba­cken­streich, wor­auf der Dith­mar­sche nach­gab und ver­zieh. Au­ßer­or­dent­lich stark und ver­we­gen war Dank­brand, der Sohn ei­nes säch­si­schen Gra­fen. Nach­dem er we­gen ei­nes schö­nen Mäd­chens mit ei­nem dä­ni­schen Gro­ßen in Streit ge­ra­ten war und ihn er­schla­gen hat­te, floh er nach Eng­land und wur­de dort Ka­plan des be­rühm­ten nor­we­gi­schen Kö­nigs Olaf Trygg­va­son, der so­eben mit der un­ge­stü­men Lei­den­schaft, die ihm ei­gen war, das Chris­ten­tum

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