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beigelegt hat.. – »Sokrates pflegte so zu reden« 25 . – Vortrefflich. Denn er war, wie wir aus der Geschichte wissen, ein gelehrter und weiser Mann.

      Gleichwol frage ich dich – unser Streit ist ja nur ein Wortstreit, kein Faustkampf –: Müssen wir wol nach dem fragen, was Lastträger und Handlanger, oder nach dem, was die gelehrtesten Männer geurtheilt haben? zumal da sich nicht nur kein wahrerer, sondern auch kein für das menschliche Leben nützlicherer Lehrsatz finden läßt.

      Denn was für eine Macht dürfte wol mehr die Menschen von jeder Schlechtigkeit abhalten als die Ueberzeugung, daß zwischen den Vergehungen kein Unterschied stattfinde, daß sie sich ebenso schwer versündigen, wenn sie Hand an Privatleute legen, als wenn sie sich an obrigkeitlichen Personen vergreifen, daß ihrer Wollust ein gleiche Schandfleck anklebe, welche Familie sie auch durch Unzucht befleckt haben mögen.

      Die Saguntiner, die Bewohner der mit den Römern verbündeten Stadt Sagunt in Spanien, verbrannten sich mit Weibern und Kindern, um nicht in die Hände Hannibal's, der sie belagerte, zu fallen. S. Polyb. 3, 17. Livius 21, 14., die ihre Väter lieber als Freie sterben als in der Knechtschaft leben sehen wollten, Vatermörder. Also kann man zuweilen dem Vater das Leben nehmen, ohne eine Frevelthat zu begehen, und hinwiederum oft einem Sklaven nicht, ohne ein Unrecht zu thun.

      Die Umstände machen daher hier den Unterschied und nicht das Wesen der Sache. Weil nun von zwei Fällen derjenige, zu welchem diese Umstände hinzutreten, den Ausschlag erhält; so müssen, sobald diese zu beiden hinzukommen, auch beide Fälle nothwendig einander gleich sein.

      25. Jedoch findet in dem angeführten Falle der Unterschied statt, daß bei Tödtung eines Sklaven, wenn dieß mit Unrecht geschieht, nur einfach gesündigt, bei Verletzung des Lebens eines Vaters hingegen vielfach gesündigt wird. Verletzt wird der, welcher Erzeuger, der, welcher Ernährer, der, welcher Erzieher, der, welcher Haus und Hof und eine Stellung im Staate gab. In Ansehung der Menge der Sünden ist der Letztere der Schuldigere und verdient deßhalb eine härtere Strafe.

      Aber wir sollen im Leben nicht darauf sehen, welche Strafe für jede Vergehung bestimmt, sondern wie viel jedem Menschen erlaubt sei. Alles, was nicht pflichtmäßig ist, müssen wir als einen Frevel; Alles, was nicht erlaubt ist, als ein Unrecht ansehen.

      Mögen sie von geringerer Ausdehnung erscheinen, wie können sie darum geringfügiger erscheinen? da in jeder Sünde durch Störung der Vernunft und Ordnung gesündigt wird, sobald aber einmal Vernunft und Ordnung gestört worden sind, Nichts hinzutreten kann, wodurch man in höherem Grade zu sündigen scheinen könnte.

       Inhaltsverzeichnis

      ‘Ότι ίσα τὰ αμαρτήματα καὶ τὰ κατορθώματα.

      I. 20. Eine Kleinigkeit ist es, sagst du. – Aber groß die Schuld. Denn die Sünden sind nicht nach ihren Folgen, sondern nach den Lastern der Menschen zu bemessen. Der Gegenstand, worin man sündigt, kann freilich bald wichtiger bald geringer sein; das Sündigen selbst aber, nach welcher Seite du dich auch hinwenden magst, ist immer einerlei.

      Mag ein Steuermann ein Schiff mit Gold oder eines mit Spreu scheitern lassen; in der Sache selbst findet ein nicht unbedeutender Unterschied statt, in der Unkunde des Steuermanns aber keiner. Die Wollust hat sich an einem Frauenzimmer von niedrigem Stande versündigt; der Schmerz trifft Wenigere, als wenn sie ihr freches Spiel mit einer edlen und vornehmen Jungfrau getrieben hätte; gesündigt aber hat sie um Nichts weniger, wenn anders sündigen so viel heißt als die Schranken übertreten. Und hast du dieses gethan, so ist die Schuld begangen. Wie weit du alsdann darüber hinausschreitest, sobald du sie einmal übertreten hast, das trägt zur Vermehrung deiner Schuld Nichts bei. Zu sündigen ist sicherlich Niemandem erlaubt. Was aber nicht erlaubt ist, das wird durch den Umstand allein als strafbar anerkannt, wenn bewiesen wird, daß es nicht erlaubt sei. Wenn nun dieses Erlaubtsein niemals weder in größerem noch in kleinerem Grade stattfinden kann, – denn man sündigt insofern, als Etwas nicht erlaubt ist, und dieses ist immer eines und dasselbe; – so müssen auch die Sünden, die hieraus entspringen, natürlich einander gleich sein.

      21. Wenn nun die Tugenden einander gleich sind, so müssen es auch nothwendig die Laster sein. Nun aber läßt es sich sehr leicht begreifen, daß die Tugenden einander gleich sind, und daß Niemand besser als der gute, mäßiger als der mäßige, tapferer als der tapfere, weiser als der weise Mann werden kann. Oder würdest du wol denjenigen einen guten Mann nennen, der eine ohne Zeugen bei ihm niedergelegte Summe, obwol er zehn Pfund Goldes ungestraft gewinnen könnte, wiedergibt, wenn ebenderselbe bei zehntausend Pfund nicht ein Gleiches thäte? oder einen mäßigen, der sich in der einen Leidenschaft zu bezähmen weiß, in der anderen hingegen sich ganz gehen läßt?

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