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Wer baut die Bahn?. Rudolf Stratz
Читать онлайн.Название Wer baut die Bahn?
Год выпуска 0
isbn 9788711507360
Автор произведения Rudolf Stratz
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
„Und wie wurde er ein Mann der grossen Geschäfte?“
„Er ging auf gut Glück nach Petersburg. Dort schickte man ihn — einen waghalsigen Menschen — zur Anlegung der Baumwollkulturen zu den eben unterworfenen Turkmenen. Seine Gewinnung von Baumwollöl machte ihn mit einem Schlag bekannt. Er hat — begreifen Sie — eine besondere Gabe, die Asiaten zu nehmen!“
„Das ist nicht leicht!“ sprach bedächtig der Schwabe, der selbst unter Mohammedanern in der Krim lebte.
„Drei Jahre hat er sich im Innern Vorderasiens aufgehalten. Im letzten Kurden- und Tatarendorf ist er gewesen. Alles hofft dort auf ihn und seine Eisenbahn und sein Geld . . . Nun — mit Gott! Ich muss auf die Kommandobrücke!“
Es war auf Deck schon das Getümmel der nahen Landung. Eine Gruppe Russen bahnte sich ihren Weg zu dem jungen Mann am Bug. Lachende Rufe:
„Schauen Sie nicht immer auf den Bosporus zurück, Gospodin Buddenhaus! Da vor uns liegt Stambul in seiner Majestät!“
„. . . und bald uns zu Füssen!“ sagte Paul Buddenhaus lachend.
Das Brüllen der weiss dünstenden Sirenenschlote verschlang seine Worte. Der Rumpf der „Zariza“ zitterte nicht mehr im Keuchen der Kessel. Der Anker klatschte in das hoch aufspritzende Wasser des Goldenen Horns, inmitten eines Mastenwaldes aller Völker, ganz nahe die Riesenkuppeln der Riesenmoscheen.
In Mietgondeln, in Gemüsekähnen, in Fischerbooten umschwärmten schon seit einer Viertelstunde die Spione Abd ul Hamids den russischen Dampfer. Die Barkasse der Internationalen Sanitätskommission schoss heran, die gelbe Quarantäneflagge am Bug — ein Zollkutter, von zwölf Festrägern gerudert — ein Kaik, gedrängt voll von den grünen Passbeamten der Polizei.
Fremdendragomane brüllten aus Nachen, Lastträger vom Ufer. Eine Gruppe Franken stand dort vor der neugierigen Mauer des Morgenlandes — Herren mit dem roten Bändchen der Ehrenlegion — slawische Gesichter, hinter sich die goldglitzernden, bewaffneten Kawassen der Botschaft.
Die französischen und die russischen Geschäftsfreunde schwenkten hoffnungsvoll die Hüte. Paul Buddenhaus drüben an Bord brauchte den Zoll- und Pass- und Pestefendis nicht erst seine Papiere vorzuzeigen. Sie liessen ihn schweigend durch. Backschisch rechts und links in hohle Hände. Er stieg das Fallreep hinab in das Boot und fuhr an Land und sprang, den Europäern dort tatenfroh zuwinkend, auf das Pflaster des Kais von Galata — mit einem Rundblick über den weiten Bosporus: Konstantinopel — ich komme!
5
Fern drüben im Bosporus blinkte aus dem flaschengrünen, flachen Strandwasser von Ortaköi ein winziger feuerroter Strich. Die Schwimmerin lag jetzt auf dem Rücken und trieb sich gemächlich mit weissen Beinstössen dem ganz nahen Ufer zu.
Von da hörte sie die vielsprachigen Gurgellaute des Orients, die Zurufe der vorausgeruderten Landsleute und Freunde. Sie sah die Menschen dort nicht, sondern nur gerade über sich das unergründliche Blau des Maihimmels und um sich die sonnenflimmernde, silberzitternde Leere des nun ganz stillen Meeres.
Nur der einzige hochgebäumte Schnabel eines Luxuskaiks glitt beharrlich und lautlos, mit absichtlich langsamen Ruderschlägen eines halben Dutzends schweissspiegelnder Bronzekerle, auf zwanzig Schritt Abstand hinter ihr her. Der Eigentümer lehnte im Heck vor der Kajüte. Er starrte sie unverwandt an. Sein bräunliches, regelmässiges Gesicht war unter dem hohen, krapproten Tarbusch unruhig leidend, fiebrig gespannt. Sie erkannte den Levantiner, der ihr schon vorher, im Kielwasser der „Zariza“, in den Weg gekommen, und sagte vor sich im Wasser:
„Ekelhafter Kerl!“
Dann stiess sie plötzlich mit dem blondhaarumwogten Hinterkopf an etwas Hartes. Sie griff danach und fasste eine grosse rosige, trompetenartig geformte Muschel in nur noch ein paar Zoll Wassertiefe auf buntem Kieselgrund. Der Bosporus war zu Ende. Sie richtete sich auf und watete lachend an Land, gross und schlank, von Wassertropfengeglitzer in der grellen Sonne triefend.
Wie eine Mauer stand, da das Morgenland: die armenischen Gemüsebauern, die jüdischen Papier- und Glashändler und Schneidermeister von Ortaköi, die Armenierinnen in Weiss, die Jüdinnen in meerblauen und pfirsichrötlichen Kleiderröcken und grasgrünen goldgestickten Jäckchen. Davor pfefferundfalzfarben die Europäer. Ein kraushaariger griechischer Photograph brachte eilig seinen Apparat gegen das Mädchen im Meer in Stellung. Sie winkte ihm drohend zu.
„Wollen Sie wohl!“ Und dann, sich umschauend und ungeduldig in die Hände klatschend: „Indschi — Elmas — wo steckt ihr denn?“
Und Indschi, „die Perle“, und Elmas, „der Diamant“ — zwei junge Armeniermädchen mit seidenen weissen Tüchern über den kohlefarbenen Scheiteln, liefen eilig mit einem grossen schwarzen Frauenmantel herbei und reichten ihn ihr, die gelben Pantoffelspitzen am Wassersaum, in das Meer hinüber, und sie wickelte sich hinein und sprach: „So! — Nun können Sie mich knipsen!“ Und dann, gelassen dastehend, auf türkisch: „Habe dich nicht so, Sohn der tausend Jahre!“
Ein steinalter, verwitterter türkischer Ziegenhirt hatte sich, die Herde drüben seinem riesigen Wolfshund überlassend, keuchend vor Angst zwischen sie und den schwarzverhangenen Kasten gestellt, um im Namen Allahs das Abbild eines Menschen zu verhüten! Aber der Ordnung haltende Gendarm von der neuen blauen tscherkessischen Stadtpolizei zu Pferde jagte den Greis im zerrissenen, weissen Hemd zu seinen Böcken zurück und öffnete ehrerbietig seine Hand zum Backschisch:
„Belieben Eure hohe Person, aus dem Wasser zu steigen!“
Die hohe Person stieg aus dem Wasser und schüttelte sich wie ein Pudel, dass die Spritzer flogen, und sagte befriedigt:
„Also das wäre der Bosporus!“
Sie drückte kameradschaftlich den Deutschen und den andern Franken die Hände. „Vater — du streust Blumen aus deinem Munde!“ dankte sie auf türkisch dem glückwünschenden armenischen Gärtner, bei dem und seinen Töchtern, der Perle und dem Diamant, sie wohnte.
Sie begrüsste mit Händegeschüttel den kaftangegürteten, rotschärpigen Rabbiner der Judengemeinde von Ortaköi, und mit einem freundlichen: „Na — ihr Spitzbuben!“ ihre Jagdfreunde, die beiden riesigen, aus ihrem Raubnest in den Bergen herabgerittenen Tscherkessen, das Adlerhaupt und den Löwenfürsten, in ihren hohen Pelzmützen und langen, schwarzen, mit aufgenähten Patronentaschen besetzten Leibröcken. Dabei sah sie mit einem leisen Unbehagen den langen, schmalen Luxuskaik von vorhin ganz nahe am Ufer, dicht vor ihr, still, mit gesenkten Rudern, auf dem Wasser liegen, und aufrecht in ihm, immer mit dem starren, heissen Blick auf sie, den unheimlichen Levantiner.
Bettler krächzten armeausstreckend im Staub. „Gott wird euch geben! Ich bin in Trikots!“ Sie scheuchte eine Brut nackter nussbrauner Zigeunerkinder nach ihrer nahen Höhle im Kaktusdickicht. „Tut mir den einzigen Gefallen und putzt euch mal die Nase!“ Und wieder zu den Europäern: „Wie’s war? Spielerei!“ Sie überzeugte sich mit einem beruhigten Blick, dass der Kaik draussen jetzt langsam seitwärts davonruderte. „Aber nun muss ich ins Haus! . . . Gott — da kommt mein Bruder eben ’rausgerannt! . . . Klassisch ist er, der Eduard! Der ist imstande und hat von der ganzen Expedition nichts bemerkt!“
Ein jüngerer Mann lief aus dem niederen hölzernen Hause des armenischen Gemüsegärtners. Sein blosser Kopf war blond wie der seiner Schwester, blond sein kurzer Vollbart. Er hatte hinter dem Zwicker denselben blauen Blick wie sie in einem deutschen Gesicht, das im ersten Eindruck träumerisch versonnen schien. Aber dahinter lag dann etwas Stilles, Deutsch-Unbeirrbares, Sachlich-Zähes. Er rief aufgeregt schon von weitem:
„Imme — kann man dich denn nicht eine Sekunde aus den Augen lassen, ohne dass du Dummheiten machst!“
„Dies grosse Kind!“ sagte Imme zu den andern. „Der Eduard wäre ohne mich ja hier verraten und verkauft!“
„Gestern versuchst du, bei dem Schlangenbändiger da oben auf offenem