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Wer baut die Bahn?. Rudolf Stratz
Читать онлайн.Название Wer baut die Bahn?
Год выпуска 0
isbn 9788711507360
Автор произведения Rudolf Stratz
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
„Gebt uns das Gold, das wir zur Bestechung des Jildis-Kiosk brauchen! Während wir ihn überrumpeln, besetzt ihr mit eurem armenischen Geheimbund ,Gregor der Erleuchter‘ die Ottomanische Bank und holt euch dort das Geld wieder und die Eisenbahnkonzession dazu!“
„Sei Allah befohlen!“ Lamba stöhnte in seiner Verzweiflung auf türkisch den Abschiedsgruss. Er hastete aus der Nähe des Teufels-Derwischs. Der wagte nicht, ihm in das Zwielicht der Öllaterne zu folgen, und verschwamm als ein Nachtschatten im Dunkel der Ecke.
Der Levantiner betrat, immer noch mit Herzklopfen, sein Stadtpalais, dessen übermoderner Prunk den Allerweltsluxus eines beliebigen Rivierahotels missverstand.
Er lehnte einsam an einem der vielen hohen Saalfenster. Über die ferne, kahle Kammhöhe des Pfeilplatzes und seiner Schiessstände ging der Mond auf und wanderte weiter am Himmel. Er übergoss mit seinem taghellen, bläulichen Licht das Silbergeschuppe des Goldenen Horns und des Bosporus. Er beschien dort am Bosporus einen weissen Palast inmitten eines Gartens Eden. Wagenrollen näherte sich dem Portal. Die schöne Madame Lamba, die Königin der Levantinerinnen, kehrte von dem Stelldichein mit ihrem Liebhaber von heute zurück und schlüpfte in das Haus, ohne nach ihrem abwesenden Gatten zu fragen.
Und auf der andern Seite des Bosporus, in ihrem Haremsstübchen im alttürkischen Konak des Marschalls Schükri, sass Claire Froidure, die kleine französische Gouvernante, und rechnete, wann ihre Geheimgelder für sie und den Oberkellner Brigolaud zum Ankauf des Hafenhotels in Marseille reichen würden.
Und in dem Armenierdorf nicht weit davon überblaute der Mond das hölzerne Häuschen des armenischen Gemüsegärtners, und im oberen Stockwerk lag ein blonder Kopf friedlich auf den Kissen, und Imme Reyck, die Durchschwimmerin des Bosporus, schlief den Schlaf der Gerechten.
Und drüben in Pera, vor dem Cercle d’Orient, schwang sich nach Mitternacht Paul Buddenhaus, der deutsche Russe, auf ein gesatteltes Mietpferd, wie sie an jeder Strassenecke bereit standen, und galoppierte heim nach seinem Gasthaus Thotfalussy neben der russischen Botschaft, so frisch wie heute morgen noch auf der Höhe des Schwarzen Meeres, keine Schatten der Ermüdung in den stählernen blaugrauen Augen.
Und über einen einsamen, vergitterten, rings von Bewaffneten umschrittenen Palast hinter hohen Mauern schien der Vollmond. Die Fenster des Jildis-Kiosk erhellten und verdunkelten sich in rätselhaftem Spiel. Abd ul Hamid, der Grossherr, wechselte heute nacht schon zum drittenmal aus Furcht vor Verrat das Schlafgemach. Pagen leuchteten ihm. Odalisken liefen nebenher. Die Säbel der schwarzen Eunuchen klirrten. Draussen kreischten warnend wie Käuzchen die Papageien im Laub der Platanen.
Bis zum Marmarameer erleuchtete mild der Mond das Land. Von nah und fern bellten unzählige Hunde. Still standen die Sterne über Stambul.
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