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vollbeladenen Karren.

      Oder:

      Jeden Morgen, bei Tagesanbruch, weckten sie die dreifachen Rufe des Ausrufers.

      Oder:

      Nach so viel Höllenlärm.

      Schreie, Stimmen, Flüche, Verwünschungen, Beleidigungen, Lachsalven. Aber nicht nur das. Es gibt auch intensive, obsessive Gerüche:

      Aus Der böse Geist (Lo spirito maligno):

      Und ging herum … voller Lust und Begierde sog er den Duft von Teer und Pech ein. Betäubt vom Lärm der Ruderer und Lastenträger im Hafen … inmitten des muffigen Haufens fauliger, getrockneter Algen.

      Aus der Novelle Fräulein Boccarmè (La maestrina Boccarmè):

      Sie hatte sich an den scheußlichen Geruch gewöhnt, der von der Öligkeit des eingeschlossenen Wassers ausströmte.

      Oder auch:

      Die anderen waren schon alle gegangen und ließen sie alleine zurück, und auf dem Strand nahm sie den Geruch des schwarzen Wassers stärker wahr.

      Und dann das Meer, seine Klänge und Farben:

      Das Meer war unruhig und trübe und schwoll an der einen und anderen Stelle, alles unter der Bedrohung eines von riesigen schwarzen Wolken trächtigen Himmels. Die anschwellenden Wogen begannen, ineinander zu stürzen, und es wollte und wollte ihnen nicht gelingen sich zu brechen.

      Nur ein kurzer giftender Schaum kochte an einem Uferstück strichweise hier und dort die Wellenkämme borstig auf … Kurz darauf vertiefte der Himmel sich wie eine Höhle, und für wenige Augenblicke kam eine bestürzende, schreckenerregende Düsterkeit auf. An einzelnen Uferabschnitten jagten nacheinander rasche Windböen an den Strand und wirbelten Sand auf. Endlich brach der erste Donner los, wunderbar, und das war wie ein Signal für das Gewitter.

      Unter den in Porto Empedocle angesiedelten Novellen gibt es zwei, die für das Verständnis des Menschen Pirandello von grundlegender Bedeutung sind. Die eine heißt Fern und gehört gewiß zu den dichtesten und gelungensten der gesamten Novellenliteratur. Sie stellt nicht nur eine summa aller Wahrnehmungen dar, die der Ort seiner frühesten Kindheit in ihm ausgelöst hat (in den er als Erwachsener zurückkehrt, in dem unseligen Versuch, an der Seite seines Vaters zu arbeiten), sondern ist vor allem, unter erzählerischem Aspekt, die Exposition für das, was Pirandello seinen unfreiwilligen Aufenthalt auf Erden genannt hat. Es reicht, nur auf den Umstand hinzuweisen, daß der Protagonist, der Schwede Lars Cleen, gezwungen ist, aufgrund einer Reihe von nicht gewollten und nicht gesuchten Ereignissen ein entfremdetes, aufgehobenes Leben an einem Ort zu führen, der nicht der seine ist.

      Die andere Novelle heißt Der vertauschte Sohn, auf die wir noch ausführlich zu sprechen kommen werden. In dieser Novelle wird nicht ausdrücklich gesagt, daß sich die Begebenheit in Porto Empedocle zuträgt. Allerdings kann man dies aus vielfältigen Hinweisen und vor allem aus der absolut ortstypischen Art schließen, mit der die Hexen bezeichnet werden, die nächtens Wickelkinder oder auch wenig ältere vertauschen. Diese heißen »i donni«, was Pirandello mit le donne übersetzt, die Frauen.

      Ich habe eine persönliche Erfahrung mit »i donni«: ich erinnere mich, daß, als ich zehn Jahre alt war, Freunde mich unter viel Geheimnistuerei zu einem kleinen, ganz sicher noch keine vier Jahre alten Jungen brachten, dem »i donni« das Schwänzchen umwickelt hatten.

      Über Girgenti, über dieses sterbende Städtchen, wird Pirandello allerdings lange und ausführlich schreiben. Dort siedelt er unter anderem den Roman Einer nach dem anderen (Il turno) an, einige Kapitel aus Die Alten und die Jungen (I vecchie i giovani) und zahlreiche Novellen, wobei er Girgenti unterschiedliche Namen gibt, unter anderem »Montelusa«.

      Über sein Verhältnis zu Girgenti hat Leonardo Sciascia geschrieben:

      »Pirandello wurde dort geboren … Dort verbrachte er seine Kindheit und Jugend; als junger Mann und noch in den ersten Jahren seiner Ehe kehrte er jeden Sommer dorthin zurück; danach seltener. Und bei jeder Rückkehr durchtränkte sich seine Phantasie mit grotesken und bemitleidenswerten Vorkommnissen, die sich dort zugetragen hatten und die seine Angehörigen und Freunde ihm erzählten: und was er hörte, gesellte sich zu dem, was in seiner Erinnerung bereits lebhaft herumwirbelte, und bereicherte es. Bis zum Zweiten Weltkrieg war Girgenti das, was es seit seiner Kindheit war, mit Persönlichkeiten und Figuren, die die übererregte, überspannte Selbstliebe bis an die Grenze des Wahnsinns trieb: luzide, bis in die kleinste Kleinigkeit eindringende Analytiker der eigenen Gefühle und des eigenen Elends, bis zum Delirium von der Leidenschaft des ›Räsonierens‹ erfaßt, die die Leidenschaft für die Frau und für Dinge noch in den Schatten stellte, darauf bedacht, besessen ihren Schein vor ihrem Sein zu verteidigen, und das vor den anderen und bisweilen vor sich selbst.«

      Nein, man kann wirklich nicht sagen, daß Pirandello das traurige, im Sterben begriffene Städtchen gern hatte. Aus Die Alten und die Jungen:

      Die öffentlichen Ämter, die Präfektur, das Finanzamt, die öffentlichen Schulen, die Gerichte, all das brachte in der Stadt noch ein wenig Bewegung hervor, freilich eine fast mechanische Bewegung: mittlerweile brodelte das Leben anderswo. Die Industrie und der Handel, die wahren Aktivitäten also, die waren schon seit geraumer Zeit nach Porto Empedocle übersiedelt, das, gelb vom Schwefel, weiß vom Mergel, staubig und lärmend, in kurzer Zeit zu einem der belebtesten und geschäftigsten Hafenplätze auf der Insel geworden war.

      In Girgenti hatten nur die Gerichte und die Verwaltungssenate etwas zu tun, denn sie waren das ganze Jahr über geöffnet. Oben auf dem Culmo delle Forche quoll das Gefängnis von San Vito über von Arrestanten, die manchmal drei oder vier Jahre auf ihren Prozeß warten mußten.

      Auf der Piazza Sant’Anna, wo die Gerichtsgebäude lagen, im Zentrum der Stadt, fand sich in Massen die Kundschaft aus der ganzen Provinz ein, grobe, ungeschliffene, sonnenverbrannte Kerle.

      Die vielen Müßiggänger der Stadt spazierten unterdessen auf und ab, immer im selben Schritt, überwältigt von der Langeweile, mit den automatischen Bewegungen von Schwachsinnigen, immer die Hauptstraße entlang, die einzige ebene Straße der Stadt, mit dem schönen griechischen Namen Via Atenèa; freilich war sie so eng und gewunden wie die anderen. Via Atenèa, Rupe Atenèa, Empedokle – … – Namen waren das: lichtvolle Namen, die das Elend und die Häßlichkeit der Dinge und der Orte noch trauriger erscheinen ließen.

      Träges Schweigen, finsteres Mißtrauen und Eifersucht.

      Vom Palazzo Montoro in Porto Empedocle wird der kleine Luigi ungefähr im Alter von sieben Jahren von der Familie nach Girgenti gebracht, wohin Stefano umgezogen ist, weil er wieder einmal die Arbeit gewechselt hat.

      Sie wohnen jetzt in einem grauen und ziemlich düsteren Haus in der Via San Pietro, die einen schlechten Ruf hat, einsam liegt und der Ort ist, wo Leute aus dem Milieu zusammenkommen oder sich bekämpfen. Von der Via San Pietro aus sieht man noch heute das Meer in großer Ferne, und damals, als es die neuen, eine düstere Wand bildenden Häuser noch nicht gab, konnte man ganz gewiß ein paar Häuser von Porto Empedocle erkennen, zumindest die des Ortsteils Piano Lanterna: doch im Gedächtnis des erwachsenen Luigi kehrt diese Landschaft nicht wieder, es gibt darin keine Erinnerung an ein meerisches Licht, das die Wohnung wenig düster hätte erscheinen lassen. Vielleicht lag die Rückseite der Wohnung zu einem Innenhof hinaus.

      … die Straße zeigte noch die alten Umfassungsmauern mit ihren halb zerfallenen Türmen. Im ersten, notdürftig von einer farbverblaßten, kaputten Türe verschlossen, zeigte man die unbekannten Toten, und dorthin wurden auch die Ermordeten für die gerichtsmedizinische Untersuchung gebracht.

      In der Nähe der Wohnung liegt die Kirche San Pietro, nach der die Straße benannt ist.

      Eines Abends kommt es direkt vor der Haustüre der Pirandellos zu einer lautstarken Auseinandersetzung zwischen Männern aus dem Milieu. Ein Mann wird durch einige Messerstiche tödlich verletzt. Die Angreifer

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