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auch die Stütze des Hauses: ›Ein Haus ohne Mütze / ist schon bald ohne Stütze‹.« So schreibt Giuseppe Pitrè.

      Ein Haus, in dem der Mann nicht herrscht (und der Mann wird hier durch die Mütze, das heißt die sizilianische Schiebermütze symbolisiert), kann nur zusammenbrechen.

      Noch 1945 hat Sebastiano Aglianò in einer glänzenden Arbeit über Sizilien geschrieben, daß »das Zusammenspiel in der Familie zwar instinktmäßig entsteht, doch nur selten von gegenseitigem Vertrauen, von Freundschaft zwischen den Ehegatten gestützt wird, was die Blutsbindung betonen könnte.«

      Die Schiebermütze des Vaters von unserem kleinen Luigi ist im Haus immer gegenwärtig, und wohl erst recht dann, wenn er physisch nicht anwesend ist. Wie gesagt, Don Stefano ist selten oder nie zu Hause, er ist wegen seiner Handelsgeschäfte ständig in Sizilien unterwegs. Wenn er in den Heimatort zurückkehrt, zieht er es vor, seine freien Augenblicke außerhalb des Hauses mit Freunden zu verbringen. So ist es Brauch.

      Die Gesellschaft des Mannes sind andere Männer, die der Frauen andere Frauen. Und so bemerkt Aglianò, daß »die Freunde des Ehegatten auch aufrichtige, herzliche Freunde der Gattin werden, ist äußerst selten«.

      Don Stefano gibt kein Blut weiter, das immer schon Inselblut gewesen wäre. In gewisser Weise ist er nur ein halber Sizilianer, aber diese Hälfte genügt, um aus ihm einen hundertfünfzigprozentigen Sizilianer zu machen.

      Die Pirandellos war Ligurer, die im 18. Jahrhundert nach Sizilien gekommen waren und sich durch geschickten, umsichtigen Handel schon bald ein Vermögen erworben hatten.

      Don Stefanos Vater Andrea war mit sechsundvierzig Jahren während einer Choleraepidemie gestorben. Er hatte Zeit, mit seiner sizilianischen Frau ganze vierundzwanzig Kinder zu zeugen, deren Zahl wohl noch gewachsen wäre, wenn der Tod die Fließbandproduktion nicht unterbrochen hätte.

      Stefano war das achtzehnte Kind.

      Als Andrea sich mit der Krankheit angesteckt hatte, wurde er im Haus des Erstgeborenen aufgenommen, der Felice hieß. Dem wurde sehr früh klar, daß sein Vater nicht überleben würde. In dem Maß, in dem die Kräfte des Vaters allmählich schwanden, rieben sich in seinem Kopf die Probleme, die mit der Erbschaft im Zusammenhang standen. Sie waren zwar reich, das schon, doch ein Erbe, das durch vierundzwanzig (einschließlich der Mutter) geteilt werden mußte, bedeutete Armut für alle.

      Und so hatte er einen genialen Einfall.

      Als der Vater gestorben war, machte er keinem Mitteilung davon. Statt dessen lief er von einem Rechtsanwalt zum anderen, von einer Notarskanzlei zur nächsten, um dafür zu sorgen, daß er den besten Teil überschrieben bekam. Ergebnis: vier Tage nach dem Tod (die Leiche befand sich immer noch in seinem Haus) erfuhren Andreas Frau und die anderen dreiundzwanzig Kinder auf einen Schlag zwei Dinge: das erste war, daß der Gatte der einen und der Vater der anderen in ein glücklicheres Leben eingegangen war, und das zweite, daß er ihnen keinen Cent hinterlassen hatte, alles war an Felice gegangen.

      Stefano mußte sich also alleine durchkämpfen, und es gab Augenblicke von großem Reichtum und von wirtschaftlichen Engpässen. Ausgestattet mit starkem Temperament, mit Abenteuersinn, versehen mit körperlichem Mut, oftmals hart und voller Verachtung, hatte er in seinem Leben sieben Auseinandersetzungen mit der Schußwaffe und ein halbes Dutzend Duelle bestanden.

      Gleich nach Garibaldis Ankunft auf Sizilien meldete er sich bei den garibaldinischen Freiwilligenverbänden. Er machte alle Schlachten mit, angefangen mit der an der Admiralsbrücke in Palermo und alle weiteren, und hatte sich, fünfundzwanzigjährig, bereits den Ruhm eines Helden erworben. In der Via Papireto in Palermo befand er sich völlig alleine und schutzlos im Kugelhagel der bourbonischen Füsiliere. Er bewegte sich nicht, er suchte keinen Schutz: unerschrocken schoß er zurück. Garibaldi wurde auf den mutigen jungen Mann aufmerksam, der sich in diesem irrwitzigen Scharmützel engagiert hatte, lief ihm selbst zu Hilfe und brachte ihn in Sicherheit.

      Nach dieser Begebenheit trat Stefano den garibaldinischen Truppen dauerhaft bei und folgte dem General bis zur Schlacht bei Volturno. Zwei Jahre später war er am Aspromonte erneut an dessen Seite, wollte sich aber nicht gefangennehmen lassen und zog es vor, wieder nach Sizilien zurückzukehren.

      Sein Waffenbruder und Freund (eine Freundschaft, die während der garibaldinischen Unternehmungen entstanden war) Rocco Ricci Gramitto, ein Girgentaner, ergab sich dagegen am Aspromonte lieber den Königlich Savoyischen Truppen. Er wurde nach San Benigno überführt, wo er sechs Monate Gefängnis verbüßte. Rocco war der zukünftige Schwager von Stefano.

      Die Ricci Gramittos waren mit Sicherheit die antibourbonischste Familie im Girgentanischen.

      Giovanni Ricci Gramitto war ein hervorragender Rechtsanwalt, einer der Organisatoren der Erhebungen von 1848 in Palermo, Separatist, Minister in der Regierung Ruggiero Settimo.

      Als der König von Neapel die Macht wieder zurückerlangt hatte, wurde Giovanni Ricci Gramitto von der Amnestie ausgeschlossen und, mit Zustimmung des Herrschers, auf die Proskriptionslisten gesetzt. Jeglichen Vermögens beraubt, muße er nach Malta fliehen. Er hatte vier Jungen (Francesco, Rocco, Vincenzo und Innocenzo) und drei Mädchen (Rosalia, Caterina und Adriana). Caterina, die zukünftige Mutter Luigi Pirandellos, war damals dreizehn Jahre alt. Kurz darauf folgte Giovannis Frau mit den Kindern ihm auf einer Tartane von Porto Empedocle aus ins Exil nach. Und Pirandello schreibt 1915 über diese Reise und die Zeit im Exil aufgrund der Erzählung der Mutter. Sie lebten von der Unterstützung eines Onkels, eines Bruders von Giovanni, der Kanonikus war, völlig gegenteilige Ideen vertrat und in der Kathedrale das Te Deum anläßlich der Rückkehr von König Ferdinand II. von Bourbon sang, und zwar am gleichen Tag, an dem Giovanni sich nach Malta aufmacht.

      In Bùrmula auf Malta stirbt Giovanni im Alter von sechsundvierzig Jahren, aufgezehrt von der Verzweiflung und der Ferne von seiner heimatlichen Erde. Bevor er den letzten Atemzug macht, versammelt er an seinem Bett seine Frau und seine Kinder und läßt sie schwören, daß sie ihre ganze Kraft, ja sogar ihr Leben für die Befreiung von den Bourbonen einsetzen werden. Die Familie kehrt nach Sizilien zurück, der Onkel Kanonikus nimmt sie auf, erfährt wegen dieser Verwandten, die er liebt, Demütigungen und Hausdurchsuchungen, ohne sich jemals darüber zu beklagen. Außerdem hatten Giovannis Familienangehörige sich gleich daran gemacht, Verschwörerisches vorzubereiten: Caterina nähte italienische Fähnchen, die sie in einem Kabuff unter der Treppe versteckte. Die gleichen Fähnchen, die ihr Bruder Vincenzo, der vom Onkel in ein Priesterseminar gesteckt worden war, aus dem er aber ausbüchste, bei sich trug, als er auf die bourbonischen Wachen in Girgenti losstürmte. Francesco und Rocco wurden Rechtsanwälte, auch ihre Ausbildung bezahlte der Onkel. Innocenzo schlug die militärische Laufbahn bei den Bersaglieri ein. Rocco und Vincenzo schlossen sich den Truppen von Rosolino Pilo an und folgten dann Garibaldi. Am Aspromonte nahm Rocco, der Leutnant unter Garibaldi war, den blutigen Stiefel seines Generals an sich und brachte ihn nach Girgenti.

      Den schenkte er später Luigi Pirandello, der ihn wiederum dem Rathaus von Rom vermachte. Wie bereits gesagt, ergab sich Rocco Ricci Gramitto, anders als sein Freund Stefano Pirandello, den Königlichen Bersaglieri. Unter diesen war – und das mag wie eine schlechte Erfindung klingen – sein Bruder Innocenzo, der, dem militärischen Befehl gehorchend, auf seinen Bruder und auf dessen künftigen Schwager schoß. Als Donna Anna von dieser Geschichte erfuhr, wollte sie ihren Sohn Innocenzo lange Zeit nicht mehr sehen.

      Rocco wurde in den ersten Oktobertagen des Jahres 1862 endlich freigelassen, kehrte nach Girgenti zurück und wurde dort triumphal empfangen. Bei dieser Gelegenheit trafen sich Rocco und Stefano nach der Schlacht am Aspromonte wieder, und so kam es, daß Stefano Pirandello und Caterina Ricci Gramitto sich zum ersten Mal begegneten.

      Sein Enkel Stefano, Luigis Sohn, schreibt 1936:

      »Er war schön, sie nicht, außer den Augen. Und außerdem kam sie sich im Alter von achtundzwanzig Jahren bereits wie eine alte Jungfer vor. Ihre Jugend hatte sie dem Vaterland hingegeben. Als Stefano Hals über Kopf um ihre Hand anhielt, glaubte sie, er würde sich einen Scherz erlauben. Es war eine patriotische Ehe.«

      Wenn irgendein Gegenstand, und war er auch von geringem

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