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noch leise zu: »Die Antwort auf meine Frage hole ich mir ein anderes Mal, Hanna.«

      In diesem Moment wurde von innen die Tür geöffnet, und Schwester Laurie kam aus dem Zimmer. Ein wenig überrascht sah sie Hanna an, deren Gesicht in dunkle Glut getaucht war. Aber rasch fragte Knut: »Gefällt es meinem Jungen, Schwester Laurie?«

      »Ja, aber Sven hat schon gefragt, wann denn endlich sein Vati und seine Tante Hanna kommen. Ich wollte gerade nachfragen.«

      Hanna hatte sich etwas gefasst und antwortete: »Wir sind ja jetzt hier, Schwester Laurie. Ich werde Sie rufen, wenn Herr Berkel und ich Sven wieder allein lassen. Vielleicht können Sie in der Zwischenzeit für Herrn Berkel einen Kaffee besorgen?«

      »Gern, Frau Doktor, ich bereite gleich frischen zu. Ich hatte es ohnehin vor. Soll ich den Kaffee dann ins Zimmer bringen?«

      »Ja, das wäre sehr nett«, antwortete Hanna und betrat nun mit Knut Berkel das Krankenzimmer.

      »Na, mein Kleiner, wie gefällt es dir hier bei Tante Hanna in der Klinik?«, wollte Knut von seinem Jungen wissen.

      »Prima, Vati, und Schwester Laurie ist auch ganz lieb. Sie hat gesagt, dass ich den ganzen Tag im Bett bleiben darf. Und das Essen, das bekomme ich auch immer ans Bett gebracht.«

      Svens Stimme klang trotz der Freude, die man heraushörte, ein wenig erschöpft.

      Weich sagte Hanna: »Fein, dass es dir bei uns gefällt, Sven. Aber du solltest jetzt versuchen, ein wenig zu schlafen. Wie ich sehe, bist du auch müde.«

      »Ja, ich bin müde, Tante Hanna. Aber ist Vati denn noch hier, wenn ich später wieder wach werde?«

      »Bestimmt, mein Kleiner, und ich schaue auch nach dir, wenn ich zwischendurch Zeit habe. Dein Vati muss jetzt gleich nur noch einmal für ein Weilchen fortfahren. Er braucht ein Zimmer, wo er in den nächsten Nächten schlafen kann. Das verstehst du sicher, du bist ja schon ein großer und vernünftiger Junge, nicht wahr?«

      »Natürlich ist Sven vernünftig, Hanna, er hat es mir daheim noch ganz fest versprochen. Sven weiß auch, dass man ein gegebenes Versprechen halten muss. Hab ich recht, mein Junge?«

      »Ja, Vati«, kam es ein wenig kleinlaut von den Lippen des Jungen, der Augenblicke später ohne Übergang eingeschlafen war.

      Leise verließen Hanna und Knut Berkel das Zimmer. Fast wären sie an der Tür mit Schwester Laurie, die für Knut den Kaffee brachte, zusammengestoßen. Es ging gerade noch einmal gut.

      Fragend sah Schwester Laurie ihre Chefin an.

      »Der Junge ist gerade eingeschlafen, Schwester Laurie. Herr Berkel wird den Kaffee in der Teeküche trinken. Achten Sie nachher ein wenig auf den Jungen, denn Herr Berkel muss noch einmal fort. Er will wegen eines Zimmers zum Heidekrug.«

      Schwester Laurie reichte Hanna das Kaffeegedeck und entgegnete freundlich: »Ich werde schon auf den kleinen Kerl aufpassen, und wenn er erwacht, sage ich ihm, dass sein Vati bald zurückkommt.«

      Während Hanna und Knut in die kleine Teeküche der Krankenstation gingen, verschwand die junge Schwester schon hinter einer anderen Zimmertür.

      Nachdem Knut seine Tasse geleert hatte, sagte er bittend: »Ich würde mich freuen, wenn Sie heute Abend etwas Zeit für einen Spaziergang hätten, Hanna. Es ist doch schöner, zu zweit durch die abendliche Heide zu spazieren als allein. Was ich während der Herfahrt von der Umgebung gesehen habe, gefiel mir sehr gut. Vielleicht kennen Sie in der näheren Umgebung auch ein hübsches Gasthaus, in das wir für ein Stündchen einkehren können. Bitte, Hanna, sagen Sie nicht nein.«

      »Ich sage nicht nein, Knut, ich freue mich auf den Abend. Sagen wir um acht Uhr, dann wird Sven schon schlafen. Aber Sie müssen mich jetzt entschuldigen, ich muss an meine Pflichten denken. So weit es meine Zeit erlaubt, schaue ich aber auf jeden Fall noch einige Male zu Sven ins Zimmer.«

      »Ich freue mich auf den Abend, Hanna. Aber jetzt werde ich Sie nicht länger aufhalten, ich muss mich ja auch um eine Unterkunft für die nächste Woche kümmern.«

      Einen Moment blieb Hanna noch allein in der Teeküche zurück. Er, an den sie während der vergangenen Woche unablässig gedacht hatte, wollte mit ihr allein sein. Ihr Herz begann unsinnig zu klopfen, und ein nie vorher gekanntes Glücksgefühl war auf einmal in ihr und ließ ihr Gesicht von innen her leuchten.

      Schwester Laurie kam in die Teeküche und schreckte sie aus ihren Gedanken auf.

      »Die kleine Rita auf Zimmer zwölf klagt über Bauchschmerzen, Frau Doktor.«

      »Ich komme, Schwester Laurie.« Sofort war Hanna wieder ganz Ärztin, und die privaten Gedanken traten in den Hintergrund.

      *

      »Was hältst du von dem Jungen, Kay?«, wollte Hanna von ihrem Bruder wissen, als sie gegen siebzehn Uhr mit ihm hinauf in die Wohnung ging.

      »Deine erste Diagnose, was die Herzschwäche betrifft, steht auch für mich, Hanna. Ich habe schon mit Dr. Dornbach gesprochen. Wir werden gleich morgen früh die ersten Untersuchungen durchführen, denn da muss auch noch etwas anderes sein. Wir werden sehen, was dabei herauskommt.«

      »Und Herr Berkel, Kay?«

      Kay musste leicht schmunzeln, denn er hörte die heimliche Spannung aus Hannas kurzer Frage heraus.

      »Ein äußerst sympathischer Mensch, Hanna, und ich meine es ehrlich. Und dass er seinen Jungen zärtlich liebt, das steht außer Frage. Halte aber trotz allem dein Herz mit beiden Händen fest. Du bist meine einzige Schwester, und ich möchte nicht, dass du eine Enttäuschung erlebst. Siehst du ihn heute noch?«

      »Ja, Kay, Knut Berkel hat mich gebeten, ihn auf einen Spaziergang und zu einem kleinen Umtrunk zu begleiten. Es macht dir doch nichts aus, dass ich dich heute Abend allein lasse?«

      »Warum sollte es? Du bist doch frei in deinen Entscheidungen. Und wie es aussieht, ist es wohl das Beste, dass ich mich recht schnell daran gewöhne, zumindest für die kommende Woche.«

      »Du bist wie immer ein verständnisvoller Bruder. Das macht unser beider Leben hier in Birkenhain so angenehm. Aber jetzt mache ich uns erst einmal eine kleine warme Mahlzeit. Ich bin heute Mittag nicht dazu gekommen, in die Kantine zu gehen.«

      Ein paar Minuten vor acht verließ sie dann die kleine Wohnung oben im Giebelturm.

      Knut stand wartend neben seinem Wagen, als Hanna aus dem Gebäude ins Freie trat.

      »Fahren wir zuerst ein Stück, Hanna? Sie kennen die Umgebung hier ja wohl am besten. Zeigen Sie mir ein paar Stellen, noch ist es nicht dunkel.«

      »Gern, Knut, fahren wir. Ich werde Ihnen sagen, wie Sie fahren müssen.« Hanna wies ihm den Weg zum Heidesee, den sie sehr mochte, aber sie kam viel zu selten dorthin.

      Langsam gingen sie am See entlang und er sagte: »Wunderschön ist es hier. Hierher möchte ich noch einmal bei Tag. Wenn man wie ich in einer Großstadt lebt oder zum größten Teil im Inneren eines riesigen Gebäudes, dann ist ein Spaziergang in dieser herrlichen Umgebung etwas Besonderes. Etwas erinnert es mich auch an die schönen Tage im Schwarzwald. Sehen Sie doch, wie dunkel und geheimnisvoll, fast ohne Bewegung die Wasserfläche wirkt. Ein wunderschönes Fleckchen Erde. Ich danke Ihnen, dass Sie mich hierhergeführt haben. Hier kann man die Sorgen ein wenig vergessen.«

      »Darum habe ich Ihnen auch den See zeigen wollen. Sie dürfen sich nicht nur um Sven sorgen. Er befindet sich jetzt in der Obhut ausgezeichneter Fachkräfte, und für ihn wird alles getan, was ihm hilft.«

      »Sie sind eine bemerkenswerte Frau, Hanna. Sie haben immer das Gefühl für das Richtige. Allein Ihre Gegenwart wirkt ungemein beruhigend. Ich bin sehr gern mit Ihnen zusammen. Mir ist, als würde ich Sie schon eine Ewigkeit kennen.«

      Hanna wollte etwas sagen, aber in diesem Augenblick trat sie in ein Loch und wäre fast gestürzt, wenn Knut nicht im letzten Moment fest zugegriffen hätte. Ihr Herz begann heftig zu pochen, als sie seinen Herzschlag spürte. Ehe sie wieder einen klaren Gedanken fassen konnte, legten sich seine Arme

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