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Wohnung aus einen Augenblick beobachten konnten.

      »Ja, bitte, zu wem möchten Sie?« Fragend sah Kay die junge Frau an, deren hübsches Gesicht sehr erregt wirkte.

      »Sind Sie der Chefarzt, Herr Dr. Martens?«, stellte sie eine Gegenfrage.

      »Ja, der bin ich. Und mit wem habe ich das Vergnügen?«

      »Mein Name ist Berkel, Cornelia Berkel. Ich möchte zu meinem Sohn Sven, der hier in der Kinderklinik Birkenhain liegen soll. Ich habe erst gestern Nachmittag erfahren, dass mein Sohn krank ist und sich hier in der Kinderklinik Birkenhain befindet.«

      »Sie sind Frau Berkel, die Mutter von Sven? Bitte, kommen Sie doch einen Augenblick mit mir in mein Sprechzimmer, Frau Berkel. Ich möchte erst noch ein paar Worte mit Ihnen sprechen.«

      »Wenn es unbedingt sein muss, bitte«, antwortete die junge Frau mit abweisend klingender Stimme.

      Kay ging nicht weiter darauf ein. Er ging ihr voran in sein Sprechzimmer und hielt ihr höflich die Tür auf.

      »Bitte, nehmen Sie doch Platz, Frau Berkel.«

      Nur widerstrebend setzte sich die junge Frau hin, und Kay nahm gleichfalls ihr gegenüber Platz.

      »Was wollen Sie mir sagen, Herr Dr. Martens? Verstehen Sie nicht, dass ich zu meinem Jungen möchte?«

      »Ich möchte von Ihnen wissen, ob Ihr Mann damit einverstanden ist, dass Sie den Jungen so unverhofft besuchen wollen, Frau Berkel. So viel mir bekannt ist, leben Sie von Ihrem Mann getrennt. Seit mehreren Monaten schon.«

      »Ja, das stimmt. Aber was hat das mit meinem Jungen zu tun? Ich bin doch die Mutter.«

      »Nun, Sven ist krank, er hat einen Herzschaden. Ihr plötzliches Auftauchen könnte ihm schaden, denn jede Aufregung muss von ihm ferngehalten werden. Aber warten Sie bitte einen Augenblick, ich lasse meine Schwester herunterbitten. Sie ist gleich mir Chefärztin und mit dem Jungen vertraut.«

      Bevor Cornelia Berkel noch etwas erwidern konnte, setzte er sich mit dem Schwesternzimmer auf der Krankenstation in Verbindung und bat Schwester Laurie, Hanna doch auszurichten, dass er sie unten in seinem Sprechzimmer erwarten würde.

      Nachdem Kay den Hörer wieder aufgelegt hatte, sagte er, sich seiner Besucherin wieder zuwendend: »Sie haben mir meine Frage, ob Ihr Mann von Ihrem Kommen weiß, noch nicht beantwortet, Frau Berkel.«

      »Nein, natürlich nicht, Herr Doktor. Aber ist das nicht meine private Angelegenheit?«

      »An und für sich schon, Frau Berkel. Aber da es hier um das Wohl des Kindes geht, nehme ich mir das Recht zu dieser Frage heraus. Ich weiß ja nicht, ob Ihr Mann nach Lage der Dinge damit einverstanden ist, dass Sie den Jungen besuchen.«

      »Er ist immer noch mein Sohn. Und wenn er krank ist, wird mir wohl niemand verwehren können, bei ihm zu sein.«

      »Das fällt Ihnen spät ein«, entgegnete Kay mit ernster Stimme.

      In diesem Moment klopfte es kurz an die Tür und Hanna trat ein.

      »Du hast mich zu dir bitten lassen Kay?«

      »Schön, dass du so rasch kommen konntest, Hanna. Meine Schwester Dr. Hanna Martens«, stellte er Hanna vor und an Hanna gewandt sagte er: »Darf ich vorstellen, Hanna? Frau Cornelia Berkel, die Mutter von Sven.«

      Das ist sie also, die Frau, die Mann und Kind einfach im Stich gelassen hat, fuhr es in Bruchteilen von Sekunden durch Hannas Kopf. Aber mit einem höflichen Lächeln streckte sie der Besucherin ihre Rechte entgegen und sagte mit kühler Stimme: »Guten Morgen, Frau Berkel. Ist es nicht etwas früh am Morgen für einen Klinikbesuch?«

      »Ich habe es doch nicht früher gewusst«, kam es nun etwas bedrückt von Cornelias Lippen. »Ich habe es erst gestern durch meinen Anwalt erfahren. Sie sind doch auch eine Frau. Können Sie nicht verstehen, dass ich bei meinem Jungen sein möchte, jetzt, da er krank ist? Wenn ich auch von meinem Mann getrennt lebe und er es nicht für notwendig gehalten hat, mich über Svens Erkrankung zu informieren, so ist mein Platz doch jetzt an der Seite meines Jungen. Er braucht mich. Vor unserer Trennung war Sven nicht krank. Bitte, lassen Sie mich zu ihm. Ich passe ganz bestimmt auf, dass er sich nicht aufregt. Es mag Ihnen beiden seltsam vorkommen. Aber was immer meinen Mann und mich getrennt hat, ich liebe meinen Jungen.«

      »Wollen Sie sich denn nicht zuerst mit Ihrem Mann in Verbindung setzen, Frau Berkel? Er hat hier ganz in der Nähe, im Heidekrug in Ögela, ein Zimmer genommen. Er kommt jeden Tag gegen zehn Uhr zu Sven in die Klinik.«

      »Nein, ich möchte zu Sven, ich muss wissen, wie es ihm geht. Bitte, sagen Sie mir, wie es um ihn steht, was genau ihm fehlt. Ihr Bruder sagte eben, dass Sven einen Herzschaden hat.«

      »Ja, und er muss in absehbarer Zeit in einer Spezialklinik operiert werden. Im Augenblick wird er mit Medikamenten behandelt, damit sich sein Gesamtbefinden etwas stabilisiert.«

      »O nein, so schlimm ist es?« Die Augen der jungen, sehr hübschen Frau, die Hanna auf höchstens zweiunddreißig Jahre schätzte, füllten sich mit Tränen. Wie ein Häufchen Elend saß sie vor Kay und Hanna.

      Hanna war nur nach außen hin kühl und beherrscht, in ihrem Innern tobte ein Sturm von Gefühlen. Diese Frau, die Knut und den Jungen verlassen hatte und die nun voller Angst vor ihr saß, stand es ihr zu, diese Frau wegen ihres Handelns zu verurteilen?

      Nein, sie hatte dazu kein Recht. Hatte nicht sie auch den geliebten Mann aufgegeben, weil ihr etwas anderes lieber war als persönliches Glück? Spielte es da wirklich eine so große Rolle, dass sie die Entscheidung erst getroffen hatte, als sie vor die Wahl gestellt worden war?

      Durften sie und Kay sich als Richter aufspielen und dieser Mutter den Zutritt zu ihrem Kind verwehren?

      »Bitte, Frau Doktor, lassen Sie mich zu meinem Kind«, flehte Cornelia Berkel mit tränennassen Augen.

      Hanna sah Kay an, und nur ihm verständlich nickte sie und sagte zu Cornelia Berkel: »Ich bin einverstanden, Frau Berkel, aber ich möchte Sie begleiten und den Jungen auf Ihren Besuch vorbereiten. Auch ein freudiger Schreck könnte ihm schaden. Wenn Sie damit einverstanden sind, dann folgen Sie mir bitte.«

      Hanna wagte nicht, daran zu denken, dass Knut gegen den Besuch seiner Frau bei Sven sein könnte. Sie musste Cornelia Berkel einfach helfen. Sie war die Mutter des Jungen, und dieser kleine Junge sehnte sich nach der Liebe und Zärtlichkeit seiner Mutter.

      »Und ob ich einverstanden bin, Frau Doktor. Mir ist alles recht, wenn Sie mich nur zu meinem Jungen lassen.«

      Hastig wischte sich Cornelia Berkel über die Augen, in denen es jetzt aufleuchtete.

      Hanna öffnete die Tür und ließ Svens Mutter an sich vorbei auf den Gang treten. Sie selbst drehte sich noch einmal um und sah Kay an.

      An seinen Blicken sah sie, dass er mit ihrer Entscheidung nicht recht einverstanden war, aber er ließ sie schweigend und mit einem ernsten Lächeln gehen.

      *

      Schwester Laurie sah erstaunt auf Hanna und ihre Begleiterin, als diese auf sie zukamen.

      »Das ist Frau Berkel, die Mutter von Sven«, sagte Hanna zu der jungen Schwester, die Hanna daraufhin einen Moment erschrocken anstarrte, dann aber rasch sagte: »Da wird Sven sich aber bestimmt sehr freuen.«

      »Wir werden sehen«, gab Hanna zurück und sagte zu Cornelia Berkel: »Ich gehe zuerst allein hinein, Frau Berkel. Ich werde den Jungen etwas vorbereiten. Sie werden den richtigen Moment für Ihr Eintreten schon erkennen.«

      Mit angestrengtem Gesicht nickte die junge Frau, und Hanna betrat zum zweiten Mal an diesem Morgen das Zimmer. Die Tür ließ sie einen Spalt offen stehen.

      Mit wild pochendem Herzen, beide Hände gegen die Brust gepresst, blieb Cornelia Berkel hinter der Tür stehen. Sie hörte die helle Stimme ihres Jungen ausrufen: »Tante Hanna, Tante Hanna, du hast doch noch etwas Zeit für mich?«

      »Ja, Sven, mein Junge, ich möchte dich gern etwas fragen.«

      »Ja,

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