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Käpp'n Smidt. Wilhelm Ernst Asbeck
Читать онлайн.Название Käpp'n Smidt
Год выпуска 0
isbn 9788711517789
Автор произведения Wilhelm Ernst Asbeck
Жанр Документальная литература
Издательство Bookwire
Frau Timm lächelt. Sie liebt aufrichtige, schlichte Menschenkinder.
Nach der Kaffeetafel geht es dann ins Spielzimmer. — Nein, so etwas; das ist ja ein richtiger Spielwarenladen! — Alles ist fein säuberlich in Schränken und Borten aufgestellt, und mitten im Raum befindet sich ein riesiger Ausziehtisch.
Heini soll wählen, aber er weiss nicht, wofür er sich bei allen den schönen Sachen entscheiden soll. Da holt Karl eine Anzahl Schachteln hervor und beginnt etwas Grossartiges aufzubauen. Erst fügt er Schiene an Schiene, dazwischen kommen Weichen und Kreuzungen, bis alles ein buntes Gewirr bildet, das neben und durch einander läuft und fast den ganzen Tisch bedeckt. Dann werden Wärterhäuser, Bahnübergänge mit Schranken, ein grosser Tunnel und zwei Bahnhöfe aufgestellt. Zuletzt kommt noch ein Personen- und ein Schnellzug hinzu.
Das gibt ein Gaudium!
Mit grossen Schlüsseln ziehen sie die Uhrwerke auf, und dann geht’s los! Von jedem Tischende ein Zug. Hallo, wie die vorüberflitzen, an Stationen vorbei, durch den Tunnel hindurch; erst laufen sie kreuz und quer, dann eine Zeitlang neben einander, und dann gibt es einen Zusammenstoss! — Bums! — Die Lokomotive vom Personenzug schlägt um und mit ihr alle Wagen. — Diese Eisenbahnkatastrophe war das Schönste am ganzen Spiel!
So herrlich hatte Heini noch nie gespielt. In strahlender Laune kam er im Hause an; vergessen waren Kapitäns- und Zeugnissorgen!
Heini ist fuchsteufelswild!
Wo er sich in seiner Klasse blicken lässt, ruft man ihn ‚Käpp’n Smidt’ zu, und seine ‚Jakobiner’ sind darin nicht einen Deut besser als die ‚Semiolen’.
Mit Gewalt ist bei der Übermacht nichts auszurichten. So lässt er die dummen Bengel gewähren; aber wenn er erst einmal ein Mann geworden ist und die meisten dieser Idioten es zu nichts gebracht haben, so werden sie schon zu hören kriegen, dass er Käpp’n geworden ist, aber nicht auf einem Alsterdampfer oder gar Schiffskarussel! Oho! Er wird ihnen den Beweis liefern, dass Hein Smidt das Ziel erreicht, das er sich gesteckt hat! — —
Heini hat sich auf Grund seiner traurigen Erfahrungen von den ‚Jakobinern’ losgesagt und schloss mit den ‚Semiolen’ Frieden; jetzt soll nachsitzen, wer Lust dazu hat, er nicht!
Heute ist unser Held erbeblich weniger siegesbewusst ins Privatbüro hineingegangen als gestern.
Der alte Reeder hat erst lange Zeit die Schulzeugnisse angesehen, dann hat er Heini lange Zeit angeguckt und schliesslich gemeint: „Mit solchen Zeugnissen kannst Du es vielleicht zum Schiffsjungen, auch bis zum Leichtmatrosen bringen — weiter aber nicht!“
Darauf hat Heini mit verbissenem Tone geantwortet: „Ich will aber Kapitän werden!“
„Gut,“ entgegnete der Reeder „dann setze Dich aber auf Deinen Hosenboden und lerne. Wenn ich Dein nächstes Zeugnis vor Augen habe, können wir weiter darüber reden.“
Der Junge freute sich, so leichten Kaufs davongekommen zu sein. Er atmete erleichtert auf, als er diesen schweren Gang hinter sich hatte. Den Weg vom Kontor zum ersten Stockwerk pflasterte er mit guten Vorsätzen.
Heute war es wie gestern. Es wurde Kaffee getrunken, und dann ging es ins Spielzimmer.
Dieses Mal bauten sie mit dem Ankersteinbaukasten eine grosse Burg mit Türmen, Mauern, einem breiten Tor, sogar eine Zugbrücke fehlte nicht, und ringsherum wurde Silberpapier gelegt, das sollte den Burggraben darstellen.
Dann holte Karl grosse Schachteln mit Zinnsoldaten hervor, Ritter, Landsknechte, Indianer, Neger, Franzosen mit roten Hosen, Engländer, Deutsche und viele andere Völker lagen hier in trauter Harmonie bei einander.
Heini bekam den Löwenanteil, denn er war der Feldherr, der die Burg belagerte. Karl benügte sich mit einer kleinen Anzahl, die hinter Mauern und Schiessscharten aufgestellt wurde oder auf den Türmen hinter den Zinnen. Dafür hatte er aber drei kleine Kanonen, die wurden mit ‚Piepmantsches’ geladen. Zündete man so ein Ding an, so sagte es ‚tscht’, und es fuhr ein kleiner Feuerstrahl aus dem Rohr. Ausserdem besass er noch ein Geschütz, das wurde mit Erbsen geladen.
Heini erhielt eine ganz grosse Kanone; die hatte eine besonders starke Feder, und als Geschosse wurden Eisenstücke benutzt.
Als er nun seine Heerschar aufgestellt hatte, forderte er den Herrn der Feste auf, sich freiwillig zu ergeben, denn Widerstand gegen eine so vortreffliche und zahlreiche Truppenmacht zu leisten, sei zwecklos.
Karl war indessen anderer Ansicht, er liess erst seine drei kleinen Geschütze ‚tscht’ sagen und Feuer speien, und dann schoss er eine Erbse in den dichtesten Heerhaufen, worauf eine ganze Anzahl der Belagerer umfiel.
Nun eröffnete Heini das Feuer. Es entbrannte eine furchtbare Schlacht. Die Soldaten sanken zu Boden wie die Fliegen, und Tore, Türme und Mauern stürzten mit grossem Gepolter zusammen. Schliesslich wurde die Burg im Sturm genommen, und Heini war sehr stolz auf seinen Sieg.
Als er fortgehen wollte, schlug die hübsche, blasse Frau vor, die Jungen sollten doch ihre Schularbeiten künftig gemeinsam machen.
Heini musste seine Ansicht, dass Karl ein ‚Piepjochen’ sei, mehr und mehr zu dessen Gunsten abändern. Neulich fragte er ihn, wie er denn eigentlich in die Elbe habe fallen können; und da erfuhr er, dass der Junge seinen Spass daran gehabt hatte, an den Rändern der Ladeschuten entlang zu laufen und von einer zur anderen zu springen. Er habe darin schon eine meisterhafte Sicherheit erlangt, aber irgendetwas Glattes, wahrscheinlich grüne Seife oder so etwas Ähnliches, sei ihm unter die Füsse gekommen und habe den Sturz verschuldet.
„Mensch,“ sagte Heini „und denn kannst Du nicht mal schwimmen?“
„Doch, aber als ich plötzlich so unerwartet im kalten Wasser lag, hatte ich es vor Schreck ganz vergessen.“
„Pass mal auf,“ erwiderte Heini „so musst Du Arme und Beine bewegen, dann kannst Du einfach nicht untergehen!“ Und dabei legt er sich mit dem Bauch auf einen Stuhl und macht es ihm vor.
Karl gibt sorgfältig acht, dann legt er sich auf den anderen Stuhl und ahmt die Bewegungen seines Kameraden nach.
„Grossartig,“ ruft Heini „und morgen fahren wir zur Veddel, und dann sollst Du mal sehen, wie fein Du schwimmen lernst!“
Etwas Unglaubliches hat sich ereignet!
Mit der Morgenpost ist ein Brief eingetroffen! — Ein Brief! An Herrn Adolf Schmidt adressiert. Er steckt in einem blauen Geschäftsumschlag und ist in Hamburg zur Post gegeben.
Adje dreht ihn zwischen den Fingern hin und her, aber er findet nicht den rechten Mut, ihn zu öffnen. Da nimmt Stine eine Schere zur Hand, schneidet die Hülle auf und liest:
Sie wollen sich heute nachmittag zwischen 4 und 5 Uhr bei mir vorstellen. Zeugnisse sind mitzubringen.
Hochachtungsvoll
Karl Timm.
Lange Zeit sitzt Adje am Tisch, den Kopf in die Hände gestützt, und liest immer und immer wieder das kurze und doch so inhaltsschwere Schreiben.
Endlich erhebt er sich langsam in seiner schwerfälligen Art und schaut in den Spiegel. So kritisch hat er sich noch nie betrachtet. Herrgott, haben wenige Jahre ihn entstellt; und wie alt er geworden ist!
Stine steht hinter ihm: „Hab man Mut!“ sagt sie.
Er schüttelt den Kopf: „Zu spät, Stine!“
„Dieses Mal wird es etwas!“ entgegnet sie, und in so hoffnungsfreudigem, zuversichtlichem Ton, dass ein Funke von ihrer Zuversicht auf ihn überspringt.
Am Messberg liegt der grüne Hafendampfer ‚Senator Kirchenpauer’. Eine Menge Kinder, alle ein Bündel unterm Arm sind ausgestiegen, und ein grosser Haufe steht schon wieder wartend da. Nun entsteht ein Schieben und Schupsen, ein Drängen und Lärmen; das trennende Tau ist gefallen, und die Horde stürmt das Schiff.