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Käpp'n Smidt. Wilhelm Ernst Asbeck
Читать онлайн.Название Käpp'n Smidt
Год выпуска 0
isbn 9788711517789
Автор произведения Wilhelm Ernst Asbeck
Жанр Документальная литература
Издательство Bookwire
Aber dann mussten doch beide über sich selbst lachen und gingen in guter Freundschaft auseinander.
Die Herbstzeugnisse wurden ausgestellt.
Früher war Heini immer froh, wenn dieses Ereignis hinter ihm lag und Mutter mit Geschelt und Gebrumm ihren Namen darunter gesetzt hatte.
Das alles war jetzt mit einem Schlage anders geworden. In die erste Reihe war er gerückt. — Sein Klassenlehrer lobte ihn vor allen Schülern.
Dann musste er zum Hauptlehrer kommen. Na, das war früher auch so ein Gang, über den man lieber nicht sprach; aber dieses Mal drückte er Heini die Hand und sagte, dass er sich zu seinen Leistungen sehr gefreut habe; nun solle er aber auch so fortfahren, dann werde sicher einst ein tüchtiger Mann aus ihm, der es im Leben zu etwas bringe.
Unser kleiner Held musste bei aller Freude, die er empfand, ein wenig lächeln. Er dachte, es sei im Grunde gar nicht so dumm gewesen, bisher recht träge und nachlässig gewesen zu sein; von den Musterschülern wurden beste Leistungen als etwas Selbstverständliches vorausgesetzt, von ihnen sprach kein Bein; er aber war jetzt in aller Munde und in der Schule plötzlich die grosse Nummer geworden.
Im Hause war Mutter ganz stolz auf ihren Jungen und sagte, so ein gutes Zeugnis müsse unweigerlich der Vater unterschreiben.
Und nun gar der ‚Mann mit dem Backenbart’. Der tat, als falle er vor freudigem Schreck aus allen Wolken. Dann griente er so gemütlich, wie eben nur der olle Reeder Timm es fertig bringen konnte, und meinte, jetzt fasse er fast selbst Hoffnung, dass es mit der Kapitänslaufbahn doch vielleicht noch etwas werden könne. „Na, wir wollen erstmal das Osterzeugnis abwarten.“ Damit drückte er Heini ein blankes Goldstück in die Hand. Jawohl, ein richtiges, goldenes Zehnmarkstück!
O, wie sein Ansehen gestiegen war!
Die blasse, liebe Frau Timm sagte zu ihm, er sei der tapferste und tüchtigste Kerl, den sie je gesehen habe. Sogar das hübsche, saubere Dienstmädchen mit der Haube lächelte ihm freundlich zu und gratulierte ihm zu seinem schönen Zeugnis.
Im Spielzimmer führte Karl ihm zu Ehren einen Indianertanz mit Siegesgeheul auf und sagte, er solle sich 50 Zinnsoldaten aussuchen, ausserdem schenke er ihm zwei der ‚Piepmantjes’-Kanonen mit einer vollen Packung Munition; und das war allerhand!
Heini wollte nichts davon wissen; er behauptete, das sei ja eigentlich gar nicht sein sondern Karls Zeugnis.
Darauf wurde Karls Zeugnis angeguckt. Na, das war aber bestimmt nicht schlechter als seines; aber darüber verlor nun kein Mensch einen Ton, er war eben ein Musterschüler, hatte es mithin zu sein und zu bleiben, sonst bekam er ein Fell voll — und damit basta!
Als Heini nach Hause kam, hatte sein Vater bereits unterschrieben. Die Buchstaben sahen ein wenig ungelenk aus, als hätten seine Hände etwas gezittert; er hatte eben seinen Tatterich immer noch nicht ganz überwunden. Der gute Alte hatte sich von Stine eine ganze Reichsmark geben lassen und hierfür ein wundervolles, knallrotes Juchtenlederportemonnaie gekauft. Die Mutter hatte zehn Zehnpfennigstücke hineingesteckt, damit es sich recht dick und wohlhabend ausnehme. War das nicht eine grossartige Überraschung und Belohnung?
Im Bett musste Heini noch über allen seinen Reichtum nachdenken: Ein Goldstück, eine gespickte Geldbörse, eine Armee von fünfzig bunt durch einander gewürfelten Soldaten aller Zeiten, Zonen und Nationen und obendrein zwei ‚Piepmantjes’-Kanonen mit einem Munitionsreichtum, der mit tausend Schuss wohl kaum zu niedrig veranschlagt war. Ja, ja, so kann über Nacht aus einem kleinen Jungen im Bäckergang ein reicher Mann und Feldherr werden! — Dann erinnerte sich Heini wieder seiner schon etwas näher gerückten Kapitänswürde, und endlich schlief er ein. Die ganze Nacht hindurch träumte er wieder von kühnen Fahrten durch weite Meere und erlebte die unglaublichsten Abenteuer. —
Am anderen Tage war Sonntag! — Die kleine Familie machte einen Ausflug; zum ersten Male seit vielen Jahren. Bisher waren noch so vielerlei Anschaffungen besonders an Wäsche und Garderobe zu machen gewesen, dass man sich keine aussergewöhnlichen Ausgaben leisten konnte. Aber nun war es geschafft.
Alle Drei prangten in Sonntagskleidung, und Heini hatte seinen neuen Anzug heute zum ersten Male an, dazu trug er ‚Kremper’, die bis zu den Knien reichten. Stine hatte Adje einen blanken Taler in die Hand gedrückt. Sie gingen ja so selten aus; wenn sie es aber taten, so wollten sie sich nicht lumpen lassen und den Groschen nicht zehnmal in der Tasche umdrehen.
Zum Jungfernstieg gingen sie und fuhren nach Winterhude. Ei, solche Alsterfahrt war etwas Feines! Sass man in der Kajüte, so befand man sich mit dem Wasserspiegel in einer Linie; setzte man sich aber auf das um einige Stufen erhöhte Hinterdeck, so konnte man sehen, wie die Schiffsschraube das Wasser aufwühlte und eine lange, schäumende Schlangenlinie hinter sich liess.
Nach einiger Zeit kam der Kapitän. Der trug eine schmucke Uniform und ausserdem eine blanke Dose vor dem Bauch, aus deren Öffnung bunte, kleine Scheine hervorguckten; und wer seine zehn Pfennig bezahlt hatte, bekam eine solche Quittung. Heini dachte, wenn er einmal Kapitän wäre, dann dürfte es bestimmt nicht auf einem Alsterdampfer sein, darüber war er sich völlig im Klaren. Er würde sich bestens bedanken, als ‚Käpp’n’ mit einer blanken Dose vor dem Bauch umherzulaufen und Groschen einzusammeln. Ausserdem musste der bedauernswerte Mann an jeder Haltestelle abspringen und das Schiff vertäuen. Besten Dank — dafür hatte er seine Schiffsjungen und Matrosen!
Dann marschierten die Drei am alten Schiessstand vorüber, hart am Moor vorbei, um schliesslich im ‚Borstler Jäger’ Rast zu machen. Jeder bekam ein Glas Bier, und Heini konnte nun so viel umhertoben, wie er wollte. Der kleine Wald interessierte ihn nicht sonderlich; da liefen ihm zu viele Leute umher. Aber die dem Lokal gegenüberliegende, tiefe Sandkuhle mit der Entwässerungsmühle, die gefiel ihm. Herrlich könnte man da Indianer und Trapper spielen, aber er war ja allein, und da ging das nicht.
Nun lag er unten am Abhang und guckte in den blauen Septemberhimmel hinein; und da kam es ihm in den Sinn, Mutter doch einmal zu fragen, ob er ein Sonntagskind sei, denn sonst wäre so viel Glück, wie er es hatte, doch gar nicht zu erklären. — Wenn er sich noch etwas wünschen könnte, was sollte es wohl sein? Und gerade, als er sich eine Antwort geben will, ertönt von oben lautes Gekreisch, und den Hügel herunter kommt es gestürmt wie die wilde Jagd. Zwei Beine rasen geradeswegs auf ihn zu, erkennen das unvermutete Hindernis zu spät, können im hastigen Lauf weder stoppen noch ausbiegen, und schon ist die Katastrophe da. Direkt über ihn purzelt es hin, kollert sich zur Seite und liegt nun ganz ausser Atem zu seiner Rechten. Gleich darauf wiederholt sich die Geschichte, und als er erstaunt um sich blickt, liegt er zwischen zwei niedlichen, achtoder neunjährigen Mädchen, die, kaum etwas zu sich gekommen, sich über sein erstauntes Gesicht totlachen wollen. — Nein, es ist kaum glaublich, eine von ihnen ist Marie! — Na, jetzt gibt es einfach keinen Zweifel mehr, er ist ein Sonntagskind!
Die beiden Mädel sind auf eigene Faust losgezogen, fanden die grosse Sandkuhle ebenfalls wunderschön und hatten Kriegen gespielt. Nun tobten sie zu Dreien umher, bergauf, bergab; es kommt ihnen auch nicht sonderlich darauf an, wenn eines von ihnen in der Nähe der Entwässerungsmühle nasse Fusse bekommt. — Junge, Junge noch mal zu, ist das ein feiner Sonntag!
Da aber leider jede Freude auf Erden ihr Ende findet, wenn es gerade am schönsten ist, so kamen die Rufe: „Heini! Heini! Komm! Wir wollen nach Hause gehen!“ immer noch viel zu früh, obgleich es schon ziemlich spät war.
Die beiden Mädel wollten sich verabschieden, aber Hein Smidt war jetzt in seinem Fahrwasser; er nahm sie einfach mit und stellte sie seinen allerdings etwas überraschten Eltern vor: „Das ist Marie Schult; das ist die, mit der ich letzte Woche bei Karl gespielt hab’, und die ich morgen besuchen soll, und die, ja, Margot heisst sie, weiter kenn’ ich sie auch nicht.“
„Margot Wolf“ stellt sich das niedliche Ding vor und macht einen zierlichen Knicks.
„Sie wohnt im zweiten Haus von uns, und ihre Mutter ist Witwe“ vervollständigte Marie die Vorstellung.
„Und