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Käpp'n Smidt. Wilhelm Ernst Asbeck
Читать онлайн.Название Käpp'n Smidt
Год выпуска 0
isbn 9788711517789
Автор произведения Wilhelm Ernst Asbeck
Жанр Документальная литература
Издательство Bookwire
Hein Smidt fühlte sich himmelhoch über diese Wilden erhaben. Er hatte gehört, dass die ‚Jakobiner’ die waschechtesten Revolutionäre gewesen seien, die je unseren Erdball bevölkerten. Das imponierte ihm gewaltig. Also legte er seiner Partei diesen stolzen Namen bei.
So entschiedene Gegner auch die ‚Semiolen’ und ‚Jakobiner’ sein mochten, in einem Punkte herrschte vorbildliche Einmütigkeit, wenn es sich nämlich um einen Feldzug gegen die benachbarten Realschüler handelte. Dann ‚rauchte man die Friedenpfeife’, schloss Burgfrieden und ‚Blassgesicht’ und ‚Rothaut’ zogen vereint gegen die ‚feinen Pinkels’.
Augenblicklich aber lag gegen diese nichts vor, und so hiess es auf der Hut zu sein.
Heini befand sich mit seinen Kameraden auf dem Heimweg von der Schule. Es war fast eine Stunde über Schulschluss. Einer der Seinen hatte nachsitzen müssen, und das war erfahrungsgemäss eine gefährliche Sache. Mehr als einmal hatten die ‚Semiolen’, diese elenden Feiglinge, sich bei solcher Gelegenheit in den Hinterhalt gelegt und den einzelnen ‚Jakobiner’ überfallen. Er wurde dann trotz tapferster Gegenwehr dank der Übermacht jämmerlich ‚vertrimmt’. Heini hatte daher angeordnet, wenn einer der Ihren ‚nachbrummen’ müsste, so sollte ihm ein halbes Dutzend Kameraden Gesellschaft leisten. Natürlich erachtete er als Führer es für seine verdammte Pflicht und Schuldigkeit, selbst für seine Leute einzustehen. Auf diese Weise kam er fast nie rechtzeitig nach Hause, und seine Mutter kannte es schon nicht mehr anders.
Ihrer sechs zogen sie heute des Weges. Heini erzählte sein grosses Erlebnis von gestern. Das bisschen Schwimmen und den tapsigen Jungen aufs Trockne zu bringen, das war ja das Nebensächlichste an der ganzen Geschichte, aber was dann kam!
Der grosse Kerl mit dem Backenbart besass Riesenkräfte. Als sei Heini ein Wickelkind gewesen, so hatte er ihn trotz allen Sträubens ins Haus getragen. Im Handumdrehen wurde er ‚ausgepellt’ und mit unglaublich grossen Handtüchern trocken gerieben. Dann sei er in anderes Zeug gesteckt worden. Tadellose Klamotten, warm, mächtig warm waren die Plünnen, nur zu eng. Jacke und Weste mussten offen bleiben. Darauf hatte der Alte ihn von vorn und hinten angeguckt und dabei gelacht, dass die Wände wackelten. Endlich musste er sich mit ihm an einen gedeckten Tisch setzen, und ein blitzsauberes Mädel mit einer weissen Haube auf dem Kopfe schenkte heissen Kaffee ein. Der lustige Mann mit dem Backenbart wusste viel spassiges Zeug zu erzählen, und plötzlich habe er gesagt, wer am meisten Kuchen essen könne, solle einen Taler haben! — — Junge, Junge noch mal zu, da kam der Alte aber bald ins Hintertreffen, und er meinte, Heini sei nicht nur ein fixer Kerl im Schwimmen, sondern auch im Kuchenessen leiste er Erstaunliches, und den Taler habe er ehrlich verdient.
Die Bengel guckten sich gegenseitig an und zwinkerten mit den Augen, als ob sie sagen wollten, der Heini tischt uns ein Märchen aus 1001 Nacht auf. Ihr Häuptling merkte wohl, dass sie seiner Erzählung nicht recht Glauben schenkten, und mit einem Male hielt er ihnen einen blanken Taler unter die Nase. — Die Wertschätzung ihres Führers stieg ins Grenzenlose. Alle wollten nun wissen, wie das Abenteuer weiter verlaufen sei.
Und Heini berichtete:
O, er habe von seinen Eltern erzählen müssen, wie er heisse, und wo er wohne; und dann sei eine feine Dame gekommen, die habe ihm die Hand gegeben und sich immer wieder bei ihm bedankt, dass er ihrem Sohne das Leben gerettet habe. Sie war so gerührt, dass sie kaum zu sprechen vermocht hätte, und die Tränen seien ihr man immer so ’runtergelaufen. Darauf musste er mit den beiden zu dem dummen Jungen gehen. Der lag wie ein richtiger ‚Piepjochen’ unter vielen Decken begraben in einem grässlich weichen Federbett; und trotzdem fror ihn so sehr, dass er mit den Zähnen klapperte.
Heini wurde alsdann nach Hause geschickt und bekam noch eine grosse Tüte voll Kuchen mit auf den Weg. Sein Zeug wollte man ihm nicht mitgeben; das werde erst getrocknet; er möge es morgen abholen.
„Na, da haben sie lange was dran!“ sagte Heini. „Mir ist der ganze Kram viel zu fein; das is nix für mich. Thedje, geh’ Du man heute nachmittag hin und bring ihnen auch gleich ihre vornehmen Plünnen zurück.“
Heini Smidt zeigte sich bei dieser Gelegenheit auch gleich von der grosszügigen Seite und versprach ihm einen Groschen, wenn er alles richtig erledige.
Nun war Heini zu Hause angelangt.
Er wohnte in einem engen Hof im Bäckergang. Schmale Stiegen führten nach oben, und als Geländer diente ein straff gespanntes Seil. Mit mächtigem Getrampel stieg er empor und pfiff aus Leibeskräften einen Gassenhauer. —
Sobald die Jungen unter sich waren, meinte Thedje, ob es nicht besser sei, wenn sie alle zusammen hingingen. Er hatte doch wohl nicht die rechte Traute, allein ein so feines Haus zu betreten. — Natürlich! Sie waren alle Mann dabei, denn sie hatten eine mächtige Neugier auf das vornehme Haus und auf den Mann mit dem Backenbart.
Vom ‚Baumwall’ herauf kam Thedje mit seinen vier Kumpanen. Mit grossem Geschrei waren sie losgezogen, tapfer, als gelte es einen Kriegszug gegen die ‚Semiolen’; aber merkwürdig, je mehr sie sich dem Ziele näherten, um so ruhiger wurden sie, und als sie an der grossen Steintreppe angelangt waren, verstummten sie ganz.
Nun hätten sie Thedje am liebsten allein ins Haus gehen lassen, aber das ging auch nicht, wo sie ihm ihr Wort gegeben hatten. — Nein, das war ganz ausgeschlossen. Für echte ‚Jakobiner’ ist es eine Ehrensache, den Kameraden nicht im Stich zu lassen. Aber eines musste Thedje, davon half ihm kein Gott, er musste als Erster durch die Tür treten und ihr Wortführer sein! — Jawohl, das musste er, denn so lautete die Abmachung.
Reden aber war Thedjes schwächste Seite. Er wäre jetzt froh gewesen, hätte er wieder umkehren können; aber das ging natürlich nicht. — Schliesslich war es aber auch kein Pappenstiel, selbst einmal den Führer zu spielen!
Er musterte seine Kameraden. Hm, alle hatten sich gewaschen, auch sahen sie in der Kleidung etwas ordentlicher und sauberer aus als sonst. — Ja, ja, sie hatten auch ihr Ehrgefühl im Leibe!
Im Gänsemarsch kletterten sie die Stufen hinauf. Dann standen die Fünf auf der grossen, mit Steinfliesen bedeckten Diele. Im Hintergrunde führte eine breite Wendeltreppe nach oben. Linker Hand befanden sich zwei Türen, rechts ebenfalls eine, die war grösser als die anderen, und ‚Kontor’ stand darauf zu lesen.
Was nun? Wohin sollte man sich wenden? Es wurde geflüstert und beratschlagt; endlich wagten sie sich an das Kontor heran. Auf ihr zaghaftes Klopfen hin rief eine Donnerstimme: „Herein!“
Die Sache wurde immer unheimlicher. — War das ein grosser, dusterer Raum! Sie standen hinter einer Barriere. Jenseits dieser Schranke waren eine Menge hoher Klappulte aufgestellt; darauf lagen ganze Berge von Papieren oder auch schrecklich dicke Bücher, und davor sassen Männer auf hohen Böcken, die sich bei jeder Bewegung drehten und glänzend zum Karusselspielen geeignet gewesen wären.
Von einem dieser spassigen Dinger rutschte ein kleiner, blasser Knirps herunter, der eine furchtbar ernste Miene aufsetzte und einen Federhalter hinter dem Ohr trug. Er steuerte geradenwegs auf die fünf Jungen los und pflanzte sich vor ihnen auf. Mit kritischen Blicken musterte er die Ankömmlinge und fragte dann herablassend: „Sie wünschen?“
Thedje hätte dem Dreikäsehoch am liebsten eine ‚runter gelangt’. Der Lausejunge wollte sich wohl über ihn lustig machen? Redete ihn mit ‚Sie’ an! Aber er stotterte nur, dass er den ‚Mann mit dem Backenbart’ zu sprechen wünsche.
„Sie meinen wohl Herrn Timm?“ korrigierte der Stift und fügte hochnäsig hinzu: „Der dürfte für Sie kaum Zeit haben; vielleicht können Sie es mir bestellen?“
Solche Frechheit! — Das war für Thedje denn doch zuviel, und er antwortete: „Nein, Dir kann ich es nicht sagen!“ Dabei legte er eine starke Betonung auf das ‚Dir’, und der Lehrling wurde rot bis hinter die Ohren.
Nun fanden auch die Begleiter so allmählich ihren Mut wieder. Es erhob sich ein unwilliges Volksgemurmel, und Edje Sienknecht fauchte: „So’n