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      Marie Louise Fischer

      Herzen in Aufruhr

      Roman

      SAGA Egmont

      Herzen in Aufruhr

      Genehmigte eBook Ausgabe für Lindhardt og Ringhof Forlag A/S

      Copyright © 2017 by Erbengemeinschaft Fischer-Kernmayr, (www.marielouisefischer.de)

      represented by AVA international GmbH, Germany (www.ava-international.de)

      Originally published 1977 by Verlag Buch und Welt, Germany

      All rights reserved

      ISBN: 9788711718896

      1. Ebook-Auflage, 2017

      Format: EPUB 3.0

      Dieses Buch ist urheberrechtlich geschützt. Kopieren für andere als persönliche Nutzung ist nur nach Absprache mit Lindhardt og Ringhof und Autors nicht gestattet.

      SAGA Egmont www.saga-books.com und Lindhardt og Ringhof www.lrforlag.dk – a part of Egmont www.egmont.com

      1

      Sehnsüchtig schaute Eva Krüger für einen Moment zum Himmel. Es war Ende Juni, zwei Tage vor den großen Ferien. Aber die Sonne schimmerte nur schwach durch den gelbgrauen Dunst, der über Düsseldorf lag.

      Ihre Schulmappe schlenkernd lief sie zum Fabrikgelände der »FA-Werke«, wo ihre Freundin Regine Karlson als Stenotypistin arbeitete.

      Die große Uhr am Eingang zeigte eine Minute vor 17 Uhr, und da kam auch schon Regine.

      »Gina«, rief Eva.

      »Nett, daß du mich abholst«, sagte Regine. Doch ihre Stimme klang frostig. »Ich hoffe nur, du kannst mir endlich einen klaren Bescheid geben.« Sie ging auf den Parkplatz zu.

      Eva, drei Jahre jünger und einen halben Kopf kleiner, bemühte sich, Schritt zu halten. »Wie oft soll ich es dir noch sagen«, beteuerte sie, »ich komme mit … ganz bestimmt!«

      Regine schloß ihr Auto, einen weißen sportlichen Zweisitzer, Baujahr 1963, auf. »Komm, Schätzchen, mach’ mir nichts vor! Deinen Eltern hast du doch noch keinen Pieps gesagt!«

      »Ich, Mensch, versteh mich doch!« flehte Eva. »Ich hatte einfach keine Gelegenheit.«

      »Ach was, du hast die Hosen voll!« Regine schlüpfte auf den Sitz hinter dem Steuer und öffnete die andere Tür.

      Eva warf die Mappe nach hinten und stieg ebenfalls ein. »Du weißt doch, wie schwierig mein Stiefvater ist«, maulte sie.

      »Schwierig! Daß ich nicht lache.« Sie startete und fuhr mit einer scharfen Rechtskurve los.

      Als sie die Ausfahrt passiert hatten, sprach Regine im schulmeisterlichen Ton weiter: »Gerade, daß du einen Stiefvater hast, sollte die Angelegenheit doch erleichtern. Schließlich ist er ein Mann, und du bist ein hübsches Mädchen!«

      »Bitte, Regine …«

      Aber die Freundin fiel ihr ins Wort: »Glaub nicht, daß ich kein Verständnis für dich hätte. Aber das alles hängt mir allmählich zum Hals heraus. Bring mir endlich die Erlaubnis, daß du mitfahren darfst …«

      »Aber die kriege ich doch, das ist doch gar kein Problem!«

      Regine ließ nicht locker. »Bis spätestens heute abend!«

      Eva seufzte. »Na, schön, ich spreche mit meinen Leuten.«

      »Woll’n wir’s hoffen. Wenn du mich suchst, ich bin in der ›Remise‹.«

      »Gut, ich komme und sag dir Bescheid.« Eva spürte selber, daß das nicht sehr überzeugend klang. Sie schlug die Sonnenblende herab, auf der an der Rückseite ein kleiner Spiegel war, und betrachtete mißvergnügt ihr kleines Gesicht mit der hellen Haut und den winzigen Sommersprossen auf Nase und Stirn. Der Mund war zu groß, die Nase zu stumpf, und der glatte schwarze Pagenkopf trug auch nicht dazu bei, sie interessanter zu machen.

      Sie sah genauso alt aus, wie sie war: 15. Warum sollte ein Mädchen wie Regine Geduld mit ihr haben?

      Sie schnitt ihrem Spiegelbild eine Grimasse und klappte die Blende wieder hoch. »Ich bekomme die Erlaubnis, Gina, ganz bestimmt«, versprach sie, »wenn du wüßtest, wieviel mir daran liegt!«

      »Mir doch auch, Kleines!« Regines Stimme klang plötzlich viel weicher als vorher. Sie brachte das Auto vor dem Wohnblock in Düsseldorf-Hamm, wo Eva wohnte, zum Stehen. »Also, mach’s gut. Bis heute abend!«

      2

      Aus dem Wohnzimmer plärrte der Fernseher. Am liebsten hätte Eva sich auf ihr Zimmer geschlichen, um mit ihren Gedanken allein zu sein. Aber das konnte sie sich heute nicht erlauben. Sie mußte eine Entscheidung erzwingen. So oder so.

      Sie lehnte ihre Mappe gegen die Flurgarderobe und öffnete leise die Tür. Die Vorhänge waren zugezogen, über den Bildschirm flimmerte die Tagesschau. Davor stand nur der schwarze Ledersessel ihres Stiefvaters.

      »Guten Abend, Vati«, sagte Eva so liebenswürdig, wie es ihr eben möglich war.

      »Tag, Eva«, kam die Antwort aus der Tiefe des Sessels.

      »Wo sind die anderen?«

      »Bei Tante Anna. Sie hat Geburtstag.«

      Zögernd trat Eva näher und schwang sich zu ihm auf die Sessellehne.

      Sein Blick war unentwegt auf die Mattscheibe gerichtet.

      »Vati …«, wollte Eva das Gespräch beginnen.

      »Pssst!« machte er.

      Mit Überwindung legte sie ihre Hand auf seine Schulter. »Vati, bitte, es ist wirklich sehr wichtig für mich!«

      »Das kann ich mir schon vorstellen … wenn du mich bittest!«

      Er streckte den Arm nach ihr aus und zog sie auf seinen Schoß.

      »Du kannst alles von mir haben, wenn du nur ein bißchen nett zu mir bist …«

      Sie hielt sich stocksteif. »Ja, Vati.«

      »Also … was willst du? Ein neues Kleid? Eine neue Hose? Einen Mantel?«

      »Nein, Vati, es ist etwas ganz, ganz anderes. Meine Freundin Regine und ich … Du weißt doch, Regine hat sich zu ihrem 18. Geburtstag ein Auto gekauft. Jedenfalls will sie in diesem Urlaub ein wenig wegfahren …, und mich will sie mitnehmen! Falls ihr es erlaubt, heißt das!«

      »Na, und wohin soll denn die Reise gehen?« fragte er ganz sanft und streichelte ihr Knie.

      »Über die Schweiz, Frankreich, Spanien, Tanger, Casablanca, Afrika«, platzte sie heraus.

      »Was …? Da habt ihr euch aber allerhand vorgenommen!«

      »Aber du erlaubst es doch, Vati?« fragte sie erregt.

      »Mal überlegen.« Seine Hand kletterte an der Innenseite ihres Oberschenkels hoch, dabei lehnte er sein Gesicht an ihres.

      Eva überlegte nicht, sie reagierte ganz instinktiv. Sie stieß den Kopf ihres Stiefvaters zurück und rutschte blitzschnell von seinem Schoß.

      Herr Krüger sprang auf. »Du blöde Gans!« brüllte er. »Das wirst du mir büßen! Ich werde mich bei deiner Mutter beschweren!«

      »Ja, tu’s nur! Tu’s nur!« rief sie zurück. »Aber vergiß nicht, ihr alles zu erzählen! Hörst du? Allesj« Dann stürzte Eva auf den Flur hinaus und in ihr Zimmer. Schluchzend warf sie sich über ihr Bett. Sie heulte vor Wut und Enttäuschung. So nahe hatte sie sich schon ihrem Ziel geglaubt, und dann das! Wenn sie ihren Stiefvater herumgekriegt hätte, wäre bestimmt

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