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Die schwarze Schlange. Rudolf Stratz
Читать онлайн.Название Die schwarze Schlange
Год выпуска 0
isbn 9788711507421
Автор произведения Rudolf Stratz
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
„Ah — da legst di nieder!“
„Warum treibt sich denn der Bitterwasserreiter gerad’ immer im einsamsten Karst, in den entlegensten Gebirgsdörfern umeinand? Jetzt eben war er dreigeschlagene Tage da oben, wo die Cepelica entspringt und es kaum ein paar Hirtenhütten gibt! Ich lass’ gerade eben durch meine Organe in dem Steingeröll a bissel visitieren!“
Der Kamillo Kienhofer stand vor dem Hoteleingang. Er hatte den, den er suchte, entdeckt: da lehnte an der Wand der säbelbeinige bosnische Kellner, an dem Haare, Augen, Kleidung. Kragen alles schwärzlich war, und gähnte, die altersmüde Serviette über dem Arm, den Abend an. Der Oberleutnant winkte dem Gjorgje.
„Springen S’ mal nauf zu dem Herrn Leutnant von Schlägl, ob er net recht bald mal zu mir runterkommen könnt’!“
„Ise gutt!“
„Bitterwasser verschachert er den Einheimischen schon!“ sprach seitlings gedämpft der Rizzi zum Kabusch. „Das steht fest. Aber ob in den Kisten, mit denen er ins Tal zurückreitet, wirklich nur leere Flaschen drin sind oder englische Schiessprügel von der Grenze herüer — was wir bisher mal an geschmuggelten Waffen entdeckt haben, das hat fast ausnahmslos einen englischen Fabrikstempel getragen . . .“
„Da tät’ ich doch die Kisten mal aufmachen!“
„Und wenn ich nachher nix find’? Dann is die hohe Obrigkeit blamiert! Da heisst’s vorsichtig sein. Da heisst’s noch mehr Verdachtsmomente haben!“
„Wird sich Leutnant gleich kommen!“ meldete der Kellner Gjorgje drüben dem Kienhofer, der einsam für sich, wartend, auf und ab schritt. Der Rittmeister von Rizzi wandte sich zu dem Hauptmann.
„Der Pistinner verbrennt im Ofen alles, was er an Briefen kriegt. Aber neulich hat er aus Versehen einen Umschlag auf dem Tisch liegen lassen. Den hat mir das Stubenmadel gebracht. Die is, ebenso wie der Kellner, von mir abgerichtet, den Pistinner zu überwachen. Auf dem Umschlag is a englische Marke und der Poststempel London. Jetzt frag’ ich mich, Kabusch: seit wann steht so a Mensch, der hier mit seinem Wiener Tränkl den Eingeborenen die Därme ausputzt, mit den Engländern auf du und du? Das ist höchst belastend, mein Lieber!“
„Der Kerl macht doch so einen blöden Eindruck!“
„Das is ja gerad’ die Verstellung: der gibt sich so dummdreist und tappig, damit eine hohe Behörde nicht merkt, was hinter dem Aff’ in Wirklichkeit steckt —nämlich der Waffenschmuggel aus dem Sandschak herüer!“
„Schauen wir halt, wie’s weiter wird!“ Der Hauptmann Kabusch beugte sein bartloses, nüchternes, längliches Gesicht über seine Taschenuhr. „Ich muss jetzt zu meine Leut’!“
„Wann du bloss in deine Defensivkaserne laufen kannst!“ sagte der Gendarmeriekommandant. „Ich hab’ doch auch meine Wachhäusel, eins nach dem andern, längs der Grenze. Aber ich steck’ doch nicht den ganzen Tag in den Karaulas drin! Man is doch auch Mensch!“
„Und Dienst is Dienst!“ sprach der Thaddäus Kabusch trocken und ging. Der Ritter von Rizzi entzüdete sich eine lange, dünne Virginia und schaute, den flackernden Strohhalm in der Hand, der Hauptmann kopfschüttelnd nach.
„Wenn ich so eine schöne Frau daheim hätt’ wie der Kabusch“, sprach er zu dem Oberleutnant Kienhofer, der nachdenklich herantrat, „da tät’ ich mich mehr der widmen statt den ärarischen Hosen und Nagelschuhen, die er sich jetzt wieder beim Appell unter die Nase halten lässt. Du . . . ich möcht’ die mal was anvertrauen! Aber du hörst ja gar nicht her?“
„Doch! Doch! Mich hat gerad’ was beschäftigt. Alsdann: was befiehlst, Herr Rittmeister?“
„Weisst: der Kabusch sollt’ seine Frau net immer so allein herumsitzen lassen!“
„Das is doch dem Kabusch seine Sach’!“
„Freilich! Aber ich frag’ mich: tut die Frau das jetzt aus Langeweile oder . . .?“
„Was tut die Sina?“
„Sie hat als irgendwas mit dem Pistinner! Ich sag’s dem Kabusch bloss noch net! Ich bitte: was braucht eine Dame mit der galizischen Vogelscheuch’ die Köpf’ zusammenstecken und zu plauschen? Er weist ihr ja jedesmal a g’stickte Jacken oder an alten Gürtel oder was er so im Land gekaust hat! Aber das is doch nur a Vorwand! Das sieht doch a Fatschelkind!“
„Verguckt hat sich halt das Krapeindel in die Sina, obwohl ihm der Mann schon a paar Tachteln angeboten hat!“
„Glaubst net, dass mehr dahinter steckt?“
„Da fragst mich zuviel!“ sprach der Oberleutnant Kienhofer. „Ich möcht’ mich da net einmischen! Ich steh’ mit meinem Herrn Kompaniekommandanten net so, dass ich . . . Mit dem wird keiner warm . . . Entschuldig’ mich, Herr Rittmeister! Da kommt eben der Schlägl!“
„Mit seinem Weiberl! Sauber is sie schon!“
„Warum hast denn gleich die Maruschka mitgebracht?“ fragte der Oberleutnant Kienhofer leise den Niki, während dessen Frau den Rittmeister Rizzi begrüsste.
„Ich hab’ ihr die ganze Zeit beim Auspacken und Einrichten geholfen! Sie ist doch ganz fremd im Land. Ich kann sie doch net sitzen lassen!“
„Aber du weisst doch ganz genau, dass ich dich unter vier Augen sprechen muss!“
„Warum?“ sagte der Niki Schlägl geistesabwesend. Sein hübsches, leichtsinniges Gesicht war sehr bleich.
„ . . . weil du mir vor ein paar Stunden erzählt hast, du wüsstest nicht, ob du morgen um diese Zeit noch am Leben sein würdest!“
„Das weiss ich auch net — auf Ehr’ und Gewissen!“
„ . . . und ich sollt’ mich um deine Frau annehmen!“
„Das tät’ ich von dir hoffen, Kamillo!“
„Wenn man so was seinem besten Freund sagt, ist man ihm auch eine Erklärung schuldig. Um die kommst bei mir net herum! Ich lass dich net aus!“
„Aber jetzt net!“ sprach der Leutnant von Schlägl. „Jetzt hat’s hier zu viel Leut’ um einen. Nach dem Nachtmahl, Kamillo — da machen wir beide zusammen im Mondschein einen Spaziergang durch das Dorf. Da erzähl’ ich dir alles, wie’s war!“
5.
Die Sonne war noch kaum als blutrotes Feuerange hinter den bleigrauen Bergketten der Herzegowina verschwunden, da blies schon der erste kalte Nordwind hoch oben über den Karst. Unter dem Sterngefunkel greinte der Steinkauz. Über die Militärgrenze herüber, aus dem Sandschak Novibasar, bellte in heiserem Bass ein Wolf. Die Strafuna, die Streifpatrouille der k. u. k. bosnischen Gendarmerie, hatte ihre hechtgrauen Mäntel über die grüne Montur angezogen. Die Hufen ihrer zottigen Gebirgsgäulchen klapperten auf dem Steingeröll. Behutsam ritten die grauen Schatten den Zickzack des Ziegenpfades hinab zu den Lichtern im Tal. Der Wachtmeister an der Spitze hielt einen länglichen Gegenstand aufrecht vor sich in dem Sattel und bewahrte ihn in der Linken, als er vor dem ärarischen Hotel in Vrbica steifbeinig vom Pferd kletterte.
„Ist der Herr Rittmeister einheimisch, Gjorgje?“
„Nix Rittmeister jetzt stören!“ Der bosnische Kellner stellte sich säbelbeinig in den Weg. „Rittmeister nachtmahlen im Garten mit Offizieren und die drei Gnäddige!“
„Schau, dass d’ weiterkommst, mein Lieber. Ich hab’ was Wichtigeres als deine Backhähndel!“ Der Wachtmeister schob den schwärzlichen Bosniaken zur Seite und stiefelte sporenklirrend an den Tisch voll buntem Tuch und hellen Damenkleidern. Dort verstummte Geplausch und Gelächter vor seiner dienstlich-ernsten, schnauzbärtigen Miene. Er stand mit „Habt acht!“ vor dem Gendarmeriezugskommandanten Ritter von Rizzi und salutierte mit der Rechten, in der Linken das geheimnisvolle Etwas.
„Melde