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unter der Anleitung ihres Vaters machte, hatte sie trotz der zurückgezogenen Gewohnheiten Beider einige Bekanntschaft mit ihm und ich denke mir, daß zwischen ihnen eine Art von Gedankenaustausch bestand.

      Meine Elise war über alle Beschreibung reizend, kokott ohne Affektastion und offenbar von dem Verlangen beseelt, meine Aufmerksamkeit mehr als die der ganzen übrigen Gesellschaft zu fesseln. Ihr Entzücken, mich in ihrer Nähe zu haben, wenn ich neben ihr saß oder stand, ihr ins Ohr flüsterte oder ihre Hand im Tanze drückte, war ihrem glühenden Gesichte und wogenden Busen deutlich lesbar, wie sehr sie dasselbe auch durch schelmische Worte Geberden zu verleugnen suchte; aber ich würde besser thun davon zu schweigen; denn wenn ich mich jetzt dieser Dinge rühme, werde ich später erröthen müssen.

      Um also mit den verschiedenen Individuen unserer Gesellschaft fortzufahren.

      Rosa war einfach und natürlich, wie immer, und voller Munterkeit und Lebenslust.

      Fergus war impertinent und absurd, aber seine Impertinenz und Thorheit brachte Andere zum Lachen, wenn sie ihn auch nicht in ihrer Achtung hob.

      Und schließlich — denn ich lasse mich selbst aus — Mr. Lawrence war gentlemänisch und harmlos gegen Alle und höflich gegen den Vikar und die Damen, besonders seine Wirthin und ihre Tochter und Miß Wilson — der irre geleitete Mensch, er hatte nicht den guten Geschmack, Elise Milward vorzuziehen.

      Mr. Lawrence und ich standen in ziemlich vertrautem Verhältnisse. Von wesentlich zurückhaltenden Gewohnheiten und nur selten den abgeschiedenen Ort seiner Geburt verlassend, wo er seit dem Tode seines Vaters in einsamer Pracht gelebt hatte, besaß er weder die Gelegenheit noch die Neigung, viele Bekanntschaften zu machen und von Allen, die er je gekannt hatte, war ich — nach dem Resultate zu urtheilen — der für seinen Geschmack angenehmste Gefährte. Ich konnte den Mann gut genug leiden, aber er war zu kalt und scheu und verschlossen, um meine herzliche Sympathie zu erhalten. Er bewunderte an Andern Offenheit und ein freimüthiges Wesen, wenn es ganz ohne Rohheit war, konnte sich diese Eigenschaften selbst aber nicht aneignen. Seine ausnehmende Zurückhaltung in Bezug auf alle seine eignen Angelegenheiten war in der That ärgerlich und erkältend genug,aber ich verzieh sie, in der Ueberzeugung, daß sie weniger aus Stolz und Mangel an Vertrauen auf seine Freunde, als einem gewissen krankhaften Gefühle von Delikatesse und einer eigenthümlichen Schüchternheit, die er recht gut kannte, welche er aber zu besiegen nicht Energie genug besaß, entsprang. Sein Herz glich einer Sinnpflanze, die sich zwar im Sonnenschein auf einen Augenblick öffnet, aber bei der leichtesten Berührung des Fingers oder dem schwächsten Windhauche zusammenrollt und in sich selbst zurückzieht.

      Im Ganzen war unser vertrautes Verhältniß eher gegenseitiges Vorziehen unseres Umgangs, als eine tiefe feste Freundschaft, wie sie sich seitdem zwischen mir und Ihnen, Halford, erhoben hat, den ich trotz seiner gelegentlichen Rauhheit mit nichts besser vergleichen kann, als mit einem alten Rocke von untadelhaftem Gewebe, aber bequemer Facon, der sich der Gestalt des ihn Tragenden angeschlossen hat, und den er gebrauchen kann, wie er will, ohne sich von der Furcht, ihn zu verderben, quälen zu lassen — während Mr. Lawrence einem neuen Kleide glich, dessen Aussehen wohl recht nett und fein, das aber in den Ellbogen so eng ist, daß man fürchten muß, durch die freie Bewegung der Arme die Nähte aufzusprengen und eine so platte feine Oberfläche besitzt, daß man Anstand nimmt, es auch nur einem einzigen Regentropfen auszusetzen.

      Bald nach der Ankunft der Gäste erwähnte meine Mutter der Mrs. Grahams, bedauerte, daß sie nicht da sei, erklärte den Milwards und Wilsons, welche Gründe für die Vernachlässigung, ihre Besuche zu erwiedern, gegeben, und hoffte, daß diese sie entschuldigen würden, da sie sicherlich keine Unhöflichkeit beabsichtigt habe und jederzeit erfreut sein würde, sie bei sich zu sehen.

      »Aber sie ist eine höchst sonderbare Dame,« Mr. Lawrence, fügte sie hinzu. — »Wir wissen nicht, was wir aus ihr machen sollen — aber Sie, werden uns wohl etwas von ihr sagen können, denn Sie sind ja ihr Gutsherr, wissen Sie, — und sie sagte, daß sie Sie ein wenig kenne.«

      Alle Augen richteten sich auf Lawrence, es war mir, als sähe er unnöthig verwirrt aus, als man sich so auf ihn berief.

      »Ich, Mrs. Markham,« sagte er, »Sie irren sich — ich weiß nicht — das heißt — ich halbe sie allerdings gesehen, bin aber die letzte Person, an die Sie sich wenden dürfen, um Auskunft über Mrs. Graham zu erlangen.«

      Hierauf wendete er sich augenblicklich zu Rosa und bat sie, die Gesellschaft mit einem Liede oder einem Clavierstücke zu erfreuen.

      »Nein,« sagte sie, »da müssen Sie Miß Wilson fragen, die uns im Gesang und in der Musik Alle verdunkelt.«

      Miß Wilson erhob dagegen Einwendungen

      »Sie wird zum Singen bereit genug sein,« warf Fergus ein, »wenn Sie ihr versprechen, bei ihr zu stehen, Mr. Lawrence, und ihr die Noten umzuwenden.«

      »Ich werde dies mit dem grüßten Vergnügen thun,« Miß Wilson; wollen Sie mir erlauben, Sie an’s Clavier zu begleiten.«

      Sie streckte ihren langen Hals in die Höhe, und lächelte, und ließ sich von ihm an das Instrument führen, wo sie auf das Beste ein Stück nach dem andern hören ließ, während er geduldig dabeistand, die eine Hand auf die Lehne ihres Stuhles legte und mit der andern die Notenblätter umwendete. Er war vielleicht von ihrem Spiele eben so sehr entzückt, als sie; es war in seiner Art recht schön, ich, kann aber nicht sagen, daß es mich sehr tief gerührt hätte, es war Geschicklichkeit und Brillanz genug darin, aber ausnehmend wenig Gefühl.

      Wir waren mit Mrs. Graham aber noch nicht fertig.

      »Ich trinke keinen Wein, Mrs. Markham,« sagte Milward, als die Gläser kamen; »ich will lieber etwas von ihrem Hausbiere trinken. Ich ziehe Ihr Hausbier allem andern vor.«

      Von diesem Complimente geschmeichelt, zog meine Mutter die Klingel und bald darauf erschien ein Porzellankrug von unserm besten Ale und wurde vor den hochmütigen Herrn gesetzt, der dessen gute Eigenschaften so zu schätzen verstand.

      »Nun, das ist das Rechte!« rief er, indem er sich in einem langen Strome, der geschickt aus dem Kruge in das Glas gegossen wurde, so daß er eine Menge von Schaum hervorbrachte, ohne einen Tropfen zu verschütten, einfüllte, und nachdem er es einen Augenblick gegen das — Licht betrachtet, that er einen tiefen Zug, schwatzte dann mit den Lippen, athmete tief auf und füllte sein Glas abermals, wobei ihm meine Mutter mit der größten Zufriedenheit zuschaute.

      »Es giebt nichts Besseres als dies, Mrs. Markham,« sagte er, »ich bleibe dabei, daß sich mit Ihrem Haus-Ale nichts vergleichen läßt.«

      »Ich bin wirklich froh, daß es Ihnen behagt, Sir, ich beaufsichtige das Brauen eben so gut wie das Käse und Butter-machen immer selbst — ich habe es gern, wenn Alles gut gemacht wird.«

      »Ganz richtig« Mrs. Markham.«

      »Aber, Mr. Milward, Sie halten es doch nicht für unrecht, von Zeit zu Zeit etwas Wein oder etwas Branntwein zu genießen?« fragte meine Mutter, als sie einen dampfenden Becher mit Gin und Wasser gegen Mrs. Wilson hinreichte, die behauptete, daß ihr der Wein schwer im Magen liege, und deren Sohn Robert sich in diesem Augenblicke ein ziemlich starkes Glas von demselben Getränke bereitete.

      »Keineswegs,« antwortete das Orakel mit jupitergleichem Kopfnicken. »Diese Dinge sind Segensgaben Gottes, wenn wir nur den rechten Gebrauch davon machen.«

      »Aber Mrs. Graham denkt nicht so. — Hören Sie, was sie neulich zu uns sagte — ich habe es ihr aber gesagt, das kann ich Ihnen sagen.«

      Hierauf beglückte meine Mutter die Gesellschaft mit einer ausführlichen Darstellung der irrigen Ideen und Benehmungsweise dieser Dame in Bezug auf den vorliegenden Gegenstand und schloß mit:

      »Nun, denken Sie nicht, daß es unrecht ist?«

      »Unrecht!« wiederholte der Vikar mit mehr als gewöhnlicher Salbung; »sündhaft würde ich es nennen — sündhaft! — sie macht nicht nur aus dem Jungen einen Narren, sondern verachtet auch die Gaben der Vorsehung und lehrt ihm, sie mit Füßen zu treten.«

      Hierauf ging

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