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nicht zu sprechen, mein Fräulein!“

      Peter Bruhn wendet rasch den Kopf nach der Schranke, hinter der der Portier eben bedauernd die Schultern hebt. Ein junges Mädchen in einem einfachen, aber geschmackvollen Nachmittagskleid steht davor und macht ein bedauerndes Gesicht. „Schade. Aber können Sie mich nicht wenigstens anmelden und nachfragen? Ich hätte gern Herrn Bruhn persönlich etwas mitgeteilt.“

      „Pardon, gnädige Frau! Man verlangt mich!“ Aufatmend springt Peter Bruhn auf und eilt mit ein paar raschen Schritten auf das Mädchen zu. „Peter Bruhn. Sie wünschen mich zu sprechen, gnädiges Fräulein?“

      „Ja, ich ... ich wollte mich nur erkundigen, Herr Bruhn ...“ Überrascht sieht Ellen Vinge den Mann an, der da plötzlich vor ihr steht, und alle schön überlegten Redensarten fliegen jählings fort. Ganz unwillkürlich hat sie sich in ihrem Köpfchen ein Bild von „Herrn Peter Bruhn“ gemacht: ein eleganter schwarzhaariger Mann mit dämonischen Augen und einem brutalen Kinn. Und nun steht da auf einmal ein sympathischer junger Mann, blondhaarig, blauäugig und mit einem gewinnenden, offenen Gesicht. Ellen Vinge ist so verdutzt, daß sie nur noch die Frage stammeln kann:

      „Sind Sie wirklich Herr Bruhn?“

      „Allerdings!“ Bruhn wirft einen raschen Blick in die Richtung der Halle, wo Frau von Gejerstramm Miene macht, sich zu erheben und den Ausreißer wieder in ihre mütterliche Unterhaltung zurückzuschleifen, und fährt rasch fort: „Wenn Sie mich sprechen wollen, dann bitte kommen Sie hinüber in das Konferenzzimmer, oder noch besser: machen Sie mir die Freude, drüben im Wintergarten eine Tasse Tee mit mir zu trinken, während Sie mir erzählen, was Sie zu mir führt!“

      Ohne Ellens Antwort abzuwarten, drängt er sie förmlich zu der Tür, die der Boy beflissen aufreißt. Der Portier sieht ihm kopfschüttelnd nach. „Weiß auch nicht, was er will, der Herr Bruhn,“ grämelt er verdrießlich. „Vor zwei Stunden sagte er mir noch, er sei für keinen Damenbesuch zu sprechen, und nun zieht er gleich mit der ersten, die ihn sprechen will, los. Inkonsequente Menschen!“

      *

      „So! Das war eine regelrechte Entführung!“ lacht Peter Bruhn, als er das junge Mädchen im Wintergarten an einen kleinen Tisch genötigt hat. „Seien Sie mir nicht böse, aber Sie kamen mir wie ein Engel vom Himmel. Ohne Sie hätt’ ich vielleicht noch stundenlang aushalten und die liebenswürdigen Offerten der alten Dame, die neben mir saß, über mich ergehen lassen müssen. Dem Himmel sei Dank, daß ich durch Ihr Dazwischentreten ihr entwetzt bin!“

      „Eine Bekannte von Ihnen, Herr Bruhn?“

      „Erst seit einer Stunde. Sie hat den Beruf, Menschen glücklich zu machen, und will mir absolut eine passende Lebensgefährtin vermitteln!“ Bruhn schüttelt in humoristischer Verzweiflung den Kopf. „Ich hab’ da eine furchtbare Dummheit begangen vor einigen Tagen. Wollte mir durch die Zeitung eine Frau suchen. Das Ergebnis: Seit gestern mittag waren schon ganze acht Kandidatinnen hier, die mich unbedingt persönlich sprechen wollten, obwohl ich ihnen auf ihre freundliche Offerte mit ergebenstem Dank abgesagt hatte. Aber daß auch diese vornehme alte Dame ... nee, das hatte ich nicht erwartet!“

      Ellen Vinge sieht betreten auf. „Vielleicht sind Sie vom Regen in die Traufe gekommen, Herr Bruhn. Was werden Sie sagen, wenn Sie hören, daß auch ich eine von den Bewerberinnen bin?“

      „Hatte ich mir schon halb und halb gedacht,“ lächelt Bruhn und mißt mit einem schnellen Blick die zierliche, jugendfrische Gestalt vor ihm. „Ich kenne nämlich sonst gar keine Damen hier in Kopenhagen.“

      Ellen hat ihre Verlegenheit überwunden und lacht plötzlich hell auf. „Da hab’ ich also Glück gehabt und muß eigentlich dieser alten Dame dankbar sein. Ohne sie hätten Sie sich wahrscheinlich hartnäckig vor mir verleugnen lassen.“

      „Na, ich weiß nicht!“ Bruhns Augen hängen noch immer an dem frischen Mädchengesicht, so lange und eindringlich, daß ein leises Rot Ellens Wangen zu färben beginnt.

      „Es handelt sich um mein Bild,“ stößt sie unvermittelt hervor, als müsse sie eine falsche Vermutung abwehren. „Ich hatte es auf Ihre Annonce eingesandt. Leider lag es dem Schreiben, das ich von Ihnen erhielt, nicht bei.“ Ein klein bißchen muß sie schlucken bei der Lüge, aber Bruhn merkt es nicht. Er hat die Augenbrauen hochgezogen und denkt nach.

      „Sonderbar. Ich habe doch alle Bilder gewissenhaft zurückgesandt. Aber wenn Sie es sagen ... Nun, ich werde nachsehen und das versehentlich zurückgebliebene Bild Ihnen natürlich zur Verfügung stellen.“

      Der Kellner serviert das Teegedeck, während Ellen absichtlich schweigt und interessiert auf das Tanzparkett blickt, auf dem sich zu zarten Geigenklängen die Paare drehen. Peter Bruhn beschäftigt sich ein paar Minuten eifrig damit, den Tee einzuschenken.

      „Ja, ich wohne in Rio de Janeiro,“ sagt er auf eine hingeworfene Frage Ellens. „Aber von Geburt bin ich Deutscher. Mein Vater stammt aus Rendsburg, meine Mutter war Dänin. Daher meine guten dänischen Sprachkenntnisse. Seit Vaters Tod leite ich unser Haus in Rio. Maschinenfabrik. Bannig viel Arbeit, kann ich Ihnen sagen. Die amerikanische Konkurrenz ist zähe. Man muß sich schon scharf ranhalten, wenn man von ihr nicht an die Wand gedrückt werden will.“

      „Eine Maschinenfabrik haben Sie?“

      „Ja. Landwirtschaftliche Maschinen. Warum sehen Sie mich so erstaunt an? Ist das so sonderbar?“

      „Nein. Es ist nur ... ich dachte, Sie hätten ein Varieté ... oder einen Tanzsalon ... oder so was.“

      „Keine Spur. Seh’ ich denn aus wie ein Impresario? Oder sind Sie vielleicht selber von der Bühne?“

      „Gar nicht, Herr Bruhn. Ich kam nur auf den Gedanken, weil Sie in Ihrem Inserat eine ‚gute Tänzerin‘ suchten.“

      „Ich tanze leidenschaftlich gern,“ sagt Bruhn und lauscht einen Augenblick unwillkürlich den Klängen der Geigen. „Wollen Sie mir diesen Tango schenken?“

      Als sie zu ihrem, Tisch zurückkehren, strahlen beider Augen. „Fabelhaft tanzen Sie,“ sagt Peter Bruhn begeistert. „Sind Sie wirklich nicht Tänzerin von Beruf?“

      „Bestimmt nicht. Ich bin eine ganz einfache kleine Kontoristin!“ Ellen Vinge hat rote Wangen und glänzende Augen bekommen und vergißt ganz, daß sie „dienstlich“ hier ist, um einen gefährlichen Mädchenhändler auszuspionieren. „Aber ich könnte Ihnen ebensogut die Frage zurückgeben. Ich hab’ noch nie mit einem Herrn getanzt, der soviel Rhythmus hat wie Sie!“

      „Vielleicht ein Erbteil von meiner Mutter her. Die war Leiterin eines choreographischen Instituts, bevor sie heiratete. Gnädiges Fräulein!“ Bruhn rückt unwillkürlich ein wenig näher und sieht ihr hell in die Augen. „Ich glaube, wir beide verstehen uns! Wenigstens was das Tanzen anbetrifft. Und überhaupt ...“ Er schüttelt amüsiert den Kopf ... „Ich danke dem Schicksal, daß ich aus Versehen Ihr Bild nicht zurückgeschickt habe. Ich will mich nicht damit herausreden, daß Ihr Bild, irgendeinen Eindruck auf mich gemacht hat. Ganz offen gestanden: Als ich Sie vorhin in der Halle sah, hatte ich keine Ahnung, daß ich Ihr Bild schon gesehen hatte. Bilder täuschen doch gewaltig. Hätte es ausgesehen wie Sie, dann hätte ich bestimmt nicht ...“ Peter Bruhn vollendet den Satz nicht, aber seine Augen umfassen fast zärtlich die ganze Gestalt des Mädchens und sagen deutlich genug, was der Mund verschweigt.

      Ellen Vinge zuckt unter diesem Blick unwillkürlich zusammen und denkt verwirrt an ihre Aufgabe. Um Gottes willen, was macht sie denn? Dieser Peter Bruhn, das ist doch kein beliebiger junger Mann, mit dem man harmlos tanzen und plaudern kann. Ein Schwindler, ein Verbrecher, ein gefährlicher Mensch trotz seines sympathischen Äußeren. Wie viele Mädchen mag er schon umgarnt haben mit seinem Tanzen, mit seinen fröhlichen Sommeraugen. Und sie sitzt da und ... Eine heiße Scham steigt plötzlich in Ellen empor, das Bewußtsein: Ich hätte ihm ebenso vertraut und mich blenden lassen wie andere arme Mädchen, wenn ich nicht von vornherein wüßte, daß er ein Verbrecher ist!

      „Ich muß jetzt gehen, Herr Bruhn,“ stößt sie plötzlich erregt hervor. „Man ... erwartet mich zu Hause.“

      „O

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