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Falling Skye (Bd. 1). Lina Frisch
Читать онлайн.Название Falling Skye (Bd. 1)
Год выпуска 0
isbn 9783649636410
Автор произведения Lina Frisch
Издательство Bookwire
Dass mein Handy zu Boden gefallen ist, bemerke ich erst, als Dad sich danach bückt. Anstatt es zurück in meine zitternde Hand zu legen, führt er mich zu unserem Sofa und wartet geduldig, bis ich mich hingesetzt habe. Er trägt noch immer sein Jackett und sieht darin auf einmal eigentümlich schmal aus.
»Was bedeutet das?« Die Stimme aus meinem Mund klingt nicht wie meine eigene, und ich wende den Blick ab, damit Dad nicht sieht, dass mir Tränen in die Augen steigen.
Bescheid zur Testung für Skye Anderson. Anreise zum Athene-Zentrum erfolgt per Zug. Finden Sie sich am Samstag an der Central Station ein. Das muss ein Fehler sein. Es ist die einzig logische Erklärung, die mir einfällt – schließlich bin ich noch nicht einmal volljährig! Wahrscheinlich wurde ich bloß mit jemandem aus der Abschlussklasse verwechselt.
»Wir sollten besprechen, was jetzt zu tun ist«, sagt mein Vater mit ernster Stimme und mein Herz sinkt.
Die Administration macht keine Fehler. Mein Vater weiß das und tief in mir drin weiß ich es ebenfalls.
»Aber Cara wurde doch auch erst nach ihrem Achtzehnten getestet«, bringe ich stockend heraus. Wie neidisch ich auf das ältere Mädchen aus der Nachbarschaft war, als sie vor einem Jahr zur Testung aufbrach! Jetzt fühle ich mich einfach nur überfahren. »Man wird mit achtzehn getestet, nach dem Abschluss. So sind die Regeln. So steht es doch in der Ordnung!«
»Ab diesem Jahr nicht mehr«, erwidert mein Vater mit steinerner Miene. »Dein gesamter Jahrgang ist einberufen worden.«
Jetzt weiß ich, warum Dad sein Telefonat so abrupt beendet hat, als er zur Tür hereinkam, und warum seine Stimme so ungläubig klang. Vermutlich hat er dem Kollegen, der ihn vorwarnen wollte, nicht geglaubt, bevor er den Bescheid seiner Tochter mit eigenen Augen gesehen hat. Für einen Moment meine ich, so etwas wie Mitleid in seinem Blick zu erkennen.
»Das Verfahren ist gerade einmal vier Jahre alt, da können rasche Änderungen schon mal vorkommen.« Dad legt seine kühle Hand auf meine Schulter. »Hör zu, Skye. Ich weiß nicht, was den Rat zu dieser Entscheidung bewogen hat, aber wir müssen jetzt das Beste daraus machen. Verstehst du das?«
Nein. Ich verstehe das nicht, denn so sollte mein Leben nicht verlaufen. Ich sollte mich noch zwei Jahre lang über Jasmine ärgern und Sprintwettbewerbe laufen. Ich sollte Elias endlich sagen, was ich für ihn empfinde. Ich sollte ein Abendkleid für unseren Abschlussball kaufen und mit Elias eine passende Krawatte aussuchen. Ich bin noch nicht bereit, eine erwachsene Traitträgerin zu werden!
»Wir können nichts dagegen tun.« Mit seinen hängenden Schultern und den Falten im Gesicht sieht mein Vater auf einmal erschreckend alt aus.
Als ich an diesem Abend meine Patchworkdecke über mich ziehe, bringe ich es einfach nicht über mich, die Augen zu schließen. Starr auf der Seite liegend, betrachte ich den leuchtenden Miniglobus in der Steckdose neben meinem Schreibtisch, den Dad vor vier Jahren installiert hat. Er fängt an zu leuchten, sobald draußen die Dämmerung aufzieht. Die meisten Kinder werden ihr Nachtlicht mit zwölf Jahren los, anstatt eins zu bekommen, aber sein schwacher Schein war das Einzige, was half, meine Albträume zu verdrängen. Dad glaubt, Mums Verschwinden sei der Auslöser für den Horror meiner Nächte gewesen. Ich habe es in seinem Gesicht gesehen, wenn er mich schweißgebadet und zitternd in meinem Bett gefunden hat und wissen wollte, was ich geträumt habe. Doch auf diese Frage konnte ich ihm nie eine Antwort geben.
Ich presse mein Kissen an mich und nehme mein Smartphone vom Nachttisch, aber das Internet hat sich schon ausgeschaltet. Unten wird ein Stuhl zurechtgerückt, dann der Fernseher ausgeschaltet.
Übermorgen.
Schwere Schritte erklingen auf der Treppe, gehen vom Arbeitszimmer ins Bad und vom Bad ins Schlafzimmer. Ungeduldig werfe ich mich unter meiner zu warmen Decke hin und her, aber an Schlaf ist nicht zu denken, und so schlüpfe ich schließlich aus meinem Bett und trete ans Fenster. Die Straße unter mir ist ausgestorben und die Häuser sind dunkel. Nur direkt nebenan, in dem Fenster, nach dem ich gesucht habe, brennt noch Licht.
Bescheid zur Testung für Skye Anderson. Anreise zum Athene-Zentrum erfolgt per Zug. Finden Sie sich am Samstag an der Central Station ein.
Dann kamen Hinweise über Gepäckbegrenzungen und eine Erklärung, dass die Serenity-Highschool automatisch alle verfügbaren Daten übersendet.
Auf einmal weiß ich nicht mehr, wie ich Dads gut gemeinte Ratschläge, die fast schlimmer waren als sein hilfloses Schweigen, und meine eigenen erstickenden Gedanken so lange ertragen konnte. Ich horche ein letztes Mal ins Haus hinein, aber mittlerweile ist alles still. Leise schlüpfe ich in meine weichen Sandaletten und greife nach einer Strickjacke, bevor ich mein Fenster so weit wie möglich öffne und die frische Nachtluft ins Zimmer strömen lasse. Ich setze mich auf die Fensterbank und schwinge meine Beine über den Sims. Nicht einmal der Gedanke an die Dunkelheit da draußen hält mich zurück.
Meine Füße finden Halt auf der glatten Oberfläche des Vordachs. Es ist einfacher als beim letzten Mal, an das ich mich erinnern kann, aber immerhin muss ich seitdem auch um mindestens zehn Zentimeter gewachsen sein. Ich rutsche bis zum äußersten Ende des kleinen Vordachs, dann springe ich herunter und lande mit beiden Füßen auf dem harten Rasen unseres Vorgartens.
Das leise Tappen meiner Schritte ist das einzige Geräusch, als ich über den Bürgersteig laufe. Kurz darauf presse ich mich gegen die hölzerne Wand des Nachbarhauses. Vielleicht ist es leichtsinnig, was ich hier tue, aber ich kann nicht anders. Nicht, nachdem drei furchtbar nüchterne Sätze mein ganzes Leben auf den Kopf gestellt haben.
»Elias?« Es ist nur ein Flüstern, doch sein Fenster steht auf Kipp. »Elias!«
Als sein Gesicht über mir auftaucht, bekomme ich zum ersten Mal, seitdem ich meinen Bescheid gelesen habe, wieder richtig Luft. Er wirft einen hastigen Blick über die leere Straße.
»Gib mir eine Viertelstunde. Wir treffen uns am Baumstamm.«
Das Fenster schließt sich mit einem Klack. Elias hasst Regelverletzungen beinahe so sehr wie ich die Dunkelheit, aber das hier kann nicht bis morgen warten. Ich laufe die Straße entlang, in der ich groß geworden bin, und weiche den Lichtkegeln der Laternen dabei aus, so gut es geht. Einmal bleibe ich stehen, weil ich mir einbilde, das Geräusch von Schritten in der nächtlichen Stille zu hören, doch dann schüttle ich den Kopf über mich selbst. Die Administration würde keinen Ordnungswahrer darauf verschwenden, um in Upperlake die Einhaltung der Sperrstunde zu kontrollieren. Die haben genug damit zu tun, die Clubs und Bars in der Innenstadt zu schließen, deren Betreiber ein paar der lästigeren Ordnungserweiterungen gern mal umgehen.
Am Ende der Straße grenzt der Bürgersteig an eine hohe Hecke, hinter der sich das Niemandsland rund um den See verbirgt. Die Bewohner der hübsch gestrichenen Häuser gegenüber wollen nicht an den tödlichen Unfall erinnert werden, nach dem das Paradies meiner Kindheit vor einigen Jahren für Fußgänger und Badegäste verschlossen wurde. Hinter der letzten Laterne biege ich ein paar störrische Zweige auseinander und schlüpfe durch die Öffnung.
»Bist du sicher, dass wir das schaffen?«
»Gib mir deine Hand.«
Ich lächle, als sich der Nachmittag zurück in meine Gedanken drängt, an dem wir diesen Geheimgang entdeckt haben. Damals passten wir noch mühelos durch die Lücke, für die ich nun die Luft anhalten muss.
Hinter der Hecke umfängt mich eine undurchdringliche Dunkelheit. Die tiefe Schwärze der Nacht lässt mein Herz panisch schlagen, und ich wünschte, ich könnte die Taschenlampe meines Handys aufleuchten lassen. Aber es wäre leichtsinnig gewesen, das Smartphone mitzubringen. Seine Ortungsfunktion erfasst jeden meiner Schritte, und das Letzte,