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Wache einen Mörder, den die Guise mir geschickt hatten.“

      Er selbst war seitdem gesonnen, diesen jungen Kritiker so fern wie möglich zu halten. Vor der Schlacht bei Moncontour, die er auch wieder verlieren sollte, entließ er beide Prinzen zu ihrer Sicherheit nach hinten, obwohl der eine tobte und der andere bittere Tränen vergoß. Nachher erschien wieder Jeanne d’Albret, und es wurde beraten. Das protestantische Heer war nach der neuen Niederlage um dreitausend Mann schwächer, ihm blieb nichts übrig, als nach Süden abzuziehen, anstatt daß sein kleinerer Teil zu ihm nach Norden gekommen wäre.

      Jeanne brachte, wie immer, ihre Pastoren mit. Sie hatte geheime Unterredungen mit Coligny, darin wurde aus dem schon entmutigten Mann noch einmal der Siegreiche. Denn der Sieg, den wir in uns tragen, ist der erste, und der wirkliche Sieg folgt ihm auf dem Fuß; dessen vertraute Jeanne. Dann stimmten ihre Pastoren die Psalmen an, und das Heer wie sein Feldherr wußten sich fromm und stark.

      Das nächste war ein Gewaltmarsch, der die beiden weitgetrennten Teile des Heeres tatsächlich vereinte. Hiernach aber durchmaßen die Protestanten das Land bis hinauf nach der Grafschaft Nevers. Von dem Augenblick an bedrohten sie Paris. Sogleich rührte sich der Hof. Indes das Heer noch vorrückte, verhandelten schon die Damen Katharina und Jeanne. Noch immer war das Heer in Bewegung, da wurde der Friede unterzeichnet, und das Heer stand still. Gewährt wurde durch diesen Vertrag die Gewissensfreiheit.

      Henri freute sich mit seiner Mutter, weil er sie glücklich sah. Er war es sogar selbst, solange er nicht nachdachte. Er hatte aber während des Vormarsches krank in einer Stadt zurückbleiben müssen, damals hatte er Zeit gehabt, sich aller Greuel dieses Krieges zu erinnern, sie für immer zu befestigen in seinem Gedächtnis. Vielleicht war er auch nur erkrankt infolge der Greueltaten des protestantischen Heeres, so wie er früher einmal die Blattern zu bekommen schien, nur, weil er hatte katholisch werden müssen.

      Seinen inneren Widerspruch hielt er vor dem Admiral nicht zurück. Er sagte:

      „Herr Admiral, glauben Sie wirklich, daß Gewissensfreiheit einfach befohlen werden kann durch Verträge und Verordnungen? Sie sind ein großer Feldherr, sind dem Feind entgangen und haben den König von Frankreich in seiner Hauptstadt bedroht. Trotzdem wird das Volk der Provinzen, die wir unsicher gemacht haben, weiterhin sprechen von den Aufrührern, die Hugenotten heißen, und wird uns nirgends in Ruhe beten lassen, wo wir getötet und geraubt haben.“

      Der Sieger Coligny erwiderte:

      „Prinz, Sie sind noch sehr jung, und überdies lagen Sie krank, während wir uns durchschlugen. Die Menschen vergessen alles schnell, und nur Gott wird noch wissen, was wir für seine Sache tun mußten.“

      Henri glaubte es nicht — oder um so schlimmer, dachte er, wenn auch Gott, wie er selbst, solche Bilder vor Augen hatte, unglückliche Menschen, die man in die Luft hängte, bis sie ihr Geld verrieten, und unter ihren Füßen war Feuer angemacht! Um nicht zu viel zu sagen, verbeugte er sich, und verließ den Sieger.

      Familienszene

      Jetzt folgte eine kurze Zeit, während deren Dauer es fast so aussah, als lebten Jeanne und Henri in einer friedlichen Welt ohne Arglist und ohne Haß. Sie verwaltete ihren kleinen Staat und er die große Provinz Guyenne. Sie brauchte nicht mehr zu strafen, denn ihre Untertanen waren wieder gute Protestanten. Er aber vertrat im besten Glauben den König von Frankreich. Er sah wahrhaftig nicht ein, warum er von Natur der Feind des Königshauses hätte sein sollen; so tief saßen die Lehren seiner Mutter bei ihm nicht. Ein junger Mann muß auch den Ehrgeiz vergessen können. Mit achtzehn Jahren, einige kurze Monate lang, sagt er: „Ich habe genug getan fürs Leben! Die Frauen sind so schön, und ihrer sich anzunehmen ist ergiebiger als der Krieg, der Glaube und der Weg zum Thron!“

      Er meinte junge Frauen und den Zustand, in dem sie fast keine Menschenwesen, eher Göttinnen sind, so herrlich ist ihr Körper. Sooft er sie erkannte und sich überzeugte, daß sie Fleisch waren, sie blieben dennoch von einer anderen Welt, denn seine Einbildung und sein Verlangen verwandelten sie sofort wieder. Auch waren es immer andere, sie hatten damals gar nicht Zeit, ihn zu enttäuschen; er behielt sie nicht lange genug. Daher erfuhr er noch nicht, daß statt seiner eigenen Hochgefühle in ihren bewunderten Leibern zumeist Berechnung und Eifersucht wohnten. Während die eine ihn haßte, ritt er zehn Stunden lang, um sich bei einer anderen den Lohn seiner Mühen zu holen. Die erwartete ihn mit glänzenden Augen und dem Antlitz der ewigen Liebe. Er fiel ihr zu Füßen, irgendeiner, und küßte ihren Saum, angelangt am Ziel nach so langer und heftiger Bewegung. Die Augen gingen ihm über, und gesehen durch seine Tränen, wurde die Frau schöner.

      Indes aber Henri für die jungen Frauen lebte, beschäftigten sich mehrere gereifte Damen mit ihm, ohne daß er es wußte. Die erste war Madame Catherine. Eines Morgens erhielt sie im Louvre, in ihrem Schlafzimmer, den königlichen Besuch ihres Sohnes, Karls des Neunten. Er war noch im Hemd, so eilig hatte der vierschrötige Mann sich herbemüht. Er rief, schon bevor er die Tür geschlossen hatte:

      „Mama, es ist soweit!“

      „Deine Schwester hat ihn eingelassen?“

      „Margot schläft mit dem Guise“, bestätigte Karl zornig.

      „Was sagte ich dir? Sie ist eine Sau“, äußerte Madame Catherine so deutlich, wie der Anlaß es verlangte.

      „Das ist der Dank für ihre gute Erziehung“, polterte Karl. „Kann Latein, ist so gelehrt, daß sie sogar beim Essen liest. Tanzt die Pavana, läßt sich von Dichtern besingen.“ Ihm fiel immer mehr ein. „Die Pferde vor ihrer vergoldeten Kutsche tragen auf den Köpfen Federn, so dick wie mein Hinterer. Aber ich weiß, was sie macht, ich habe zugesehen. Schon mit elf Jahren fing das Weibsstück damit an.“

      „Du hast den Leuchter gehalten“, warf Madame Catherine dazwischen. Aber noch ließ er sich nicht stören. Er kannte alle Liebhaber seiner Schwester und zählte sie fluchend her. Dann war er seiner eigenen Wut plötzlich müde, sie erregte ihn zu sehr für seine körperliche Verfassung. Die Stirn dunkelrot, mit keuchendem Atem ließ er sich auf das Bett seiner Mutter fallen, daß die Kissen aufflogen; er murrte nur noch:

      „Und was geht das mich an? Sie wird bleiben, was sie ist, und es weitertreiben mit dem Guise oder einem anderen. Ich pfeif drauf.“

      Seine Mutter betrachtete ihn und dachte: ,Noch vor wenigen Jahren sah er so edel aus wie ein Bild an der Wand. Jetzt fehlt nicht viel, und er könnte ein Fleischerknecht sein, anstatt ein König. Was hab ich da gemacht? Aber das bin nicht ich, das sind die Valois. Das Blut solcher barbarischen Ritter steigt immer wieder aus den Gräbern hervor und formt noch eine von den alten Gestalten!‘ So dachte die Tochter der Medici, weil ihre wenigen bekannten Vorfahren in bequemen Zimmern gelebt hatten, anstatt in Ställen und Feldlagern.

      Sie sagte mit ihrer gleichmäßigen Stimme: „Wie deine Schwester sich aufführt, wird mir bald nichts anderes übrigbleiben, als Henri Guise zum Schwiegersohn zu nehmen. Wer wird dann stärker sein, mein armer Junge, du oder er?“ „Ich!“ brüllte Karl.

      „Ich bin der König!“

      „Von Gottes Gnaden?“ fragte sie. „Das eine hättest du wohl schon lernen können, daß jeder König der Gnade Gottes selbst nachhelfen muß, oder er bleibt es nicht. Heute bist du König, mein Sohn, weil auch ich, deine Mutter, noch da bin.“

      Dies sprach sie in einem gewissen Ton, den er von jeher kannte, und bei dem er aufzustehen pflegte. Er verließ seinen Sitz auf dem Bett, er stand im Hemd, das seine dicke Brust und sein Bauch wölbten, vor der kleinen alten Frau, bereit, ihren Willen anzuhören.

      „Ich will“, entschied sie, „daß Margot nicht den Guise heiratet, denn sein Haus ist mir zu mächtig. Nach meinem Willen bekommt sie einen einfachen jungen Mann, der uns dient.“

      „Wer ist das?“

      „Seine Familie muß gut, aber einflußlos und in Paris unbekannt sein. Vor allem will ich ihn unter der Hand haben. Wer erreichbar ist, wird unschädlich. Seine Feinde muß man sich im eigenen Hause halten.“

      „Du meinst doch nicht

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