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zu verstehen sei oder dass er Christus in einem hierarchisch-monarchischem Verständnis untergeordnet sei. Der Geist Gottes ist immer auch der Geist Christi und der Geist des Vaters. Der Geist wird immer auf Christus und sein Erlösungswerk hindeuten, er wird immer Kreuz und Auferstehung aufleuchten lassen. Der Geist Gottes wird die Worte, die Lehre Jesu „weiterlehren“. Jesus sagt in seinen Abschiedsreden:

      „Ich hätte euch noch viel mehr zu sagen, aber jetzt würde es euch überfordern. Wenn aber der Geist der Wahrheit kommt, hilft er euch dabei, die Wahrheit vollständig zu erfassen. Denn er redet nicht in seinem eigenen Auftrag, sondern wird nur das sagen, was er gehört hat. Auch was euch in Zukunft erwartet, wird er euch verkünden. So wird er meine Herrlichkeit sichtbar machen; denn alles, was er euch zeigt, kommt von mir. Was der Vater hat, gehört auch mir. Deshalb kann ich mit Recht sagen: Alles, was er euch zeigt, kommt von mir“ (Joh 16,12–15).

      Die Lehre des Geistes wird niemals der Lehre Jesu widersprechen oder sie in einer widersprüchlichen Weise ergänzen. Die Einheit Jesu Christi mit dem Geist wird durch die doppelte neutestamentliche Aussage in der Christologie markiert: Der, auf dem der Geist ruht und bleibt, der Messias, ist auch der, der den Geist mit dem Vater sendet und der mit dem Geist tauft (Joh 1,33).

      Anhand dieser Überlegungen liegt es nahe, die Lehre von Christus aus einem pneumatischen Gesichtspunkt zu entwerfen, das heißt, „die Person und das Werk Jesu Christi als die Folge und den Anfangspunkt, als die Mitte der Leben schaffenden Gegenwart Gottes, der Werktätigkeit des Geistes unter den Menschen zu begreifen.“82 Die Versuche, eine pneumatologische Christologie zu entwerfen, sind dennoch in der Theologiegeschichte relativ selten. Der Geist ist weit mehr, als nur eine Gabe oder eine Energie, die von Christus gesandt wird. Er ist handelndes Subjekt, der Identifikator mit dem Christus. So, wie der auferstandene Christus sich mit dem Geist identifiziert in seiner Zusage der Gegenwart „Ich bin immer bei euch, bis das Ende dieser Welt gekommen ist“ (Mt 28,28). Christus ist gegenwärtig, wo der Geist gegenwärtig ist (1Joh 2,24). Da, wo der erhöhte Herr sein Wort an die Gemeinden richtet, ist zu hören „was der Geist den Gemeinden sagt“ (Offb 2,7 u. ö.). Der Geist ist der irdische Repräsentant des erhöhten Herrn. „Im Geist wird der auferstandene Eine offenbar in seiner Auferstehungsmacht.“83 Eine pneumatologische Christologie kann vor den Gefahren eines Christomonismus bewahren84. Der Geist Gottes ist immer auch der Geist Jesu Christi.

       b.Der Geist des Vaters

      Die Ausführungen über eine pneumatische Christologie haben bereits aufgezeigt, dass eine isolierte Theologie zu einer der drei Personen der Trinität nur in einer gesamttrinitarischen Zuordnung möglich ist. Eine Aussage über den Heiligen Geist ist immer zugleich auch eine Aussage über den Vater und den Sohn; eine Aussage über den Sohn weist zudem immer auf den Vater und den Geist. Ebenso ist eine Aussage über den Vater auch eine Aussage über den Sohn und den Geist. Während wir in den Texten des NT – besonders in den johanneischen Schriften – eine Fülle von Aussagen über die Beziehung zwischen dem Sohn und dem Vater bzw. dem Sohn und dem Geist finden, wird die Relation zwischen Vater und Geist weniger ausgeführt. Dennoch ist der Vater nur als Vater zu denken durch den Sohn, und somit der Geist des Sohnes auch nur in einer Verbindung mit dem Vater wahrzunehmen. Der Vater hat in sich selbst das Leben, ebenso der Sohn (Joh 5,26). So wie alle Vaterschaft ihr Urbild in dem Vatersein Gottes hat, definiert sich auch alle Kindschaft durch die Vaterschaft Gottes.

      „Darum knie ich nieder vor Gott, dem Vater, und bete ihn an, ihn, dem alle Geschöpfe im Himmel und auf der Erde ihr Leben verdanken und den sie als Vater zum Vorbild haben. Ich bitte Gott, dass er euch aus seinem unerschöpflichen Reichtum Kraft schenkt, damit ihr durch seinen Geist innerlich stark werdet und Christus durch den Glauben in euch lebt. In seiner Liebe sollt ihr fest verwurzelt sein; auf sie sollt ihr bauen“ (Eph 3,14–17).

      In dem Gespräch Jesu mit der Samaritanerin geht es um die Anbetung des Vaters und die Anbetung des Geistes. Jesus sagt. „Doch es kommt die Zeit – ja, sie ist schon da –, in der die Menschen den Vater überall anbeten werden, weil sie von seinem Geist und seiner Wahrheit erfüllt sind. Von diesen Menschen will der Vater angebetet werden. Denn Gott ist Geist. Und wer Gott anbeten will, muss von seinem Geist erfüllt sein und in seiner Wahrheit leben“ (Joh 4,23–24). Die Anbetung Gottes, des Vaters, muss im Geist und in Wahrheit geschehen. Sodann wird der Geist selber zum Empfänger der Anbetung, der Epiklese85. Der Geist wird als Subjekt und als Objekt in der Verbindung mit dem Vater betrachtet. Genau diese Bibelstelle sollte auch jene Anbeter ermutigen, die Anbetung nicht nur dem Vater und dem Sohn zukommen lassen, sondern auch dem Heiligen Geist. Es ist schlichtweg biblisch nicht haltbar, die Anbetung des Heiligen Geistes abzulehnen.

      Im Nicänum Konstantinopoletanum (451 n. Chr.)86, einem der ältesten Glaubensbekenntnisse, wird die Anbetung des Heiligen Geistes angesprochen, der „mit dem Vater und dem Sohn zugleich angebetet und verehrt wird.“ Die eucharistische Doxologie nimmt diese Aufforderung mit den Worten auf: „Ehre sei dem Vater und dem Sohn und dem Heiligen Geist, wie es war im Anfang, jetzt und immerdar und von Ewigkeit zu Ewigkeit“. Der Vater sendet den Geist (Joh 14,26), aber er ist auch ein „Geist des Vaters“, denn er „nimmt“ von dem, was Jesus vom Vater empfangen hat. Dieser Geist wirkt in den Empfängern eine Kindschaft gegenüber dem Vater.

      „Ist der Geist Gottes in euch, so wird Gott, der Jesus von den Toten auferweckt hat, auch euren sterblichen Leib wieder lebendig machen; sein Geist wohnt ja in euch. Darum, liebe Brüder und Schwestern, sind wir nicht mehr unserer alten menschlichen Natur verpflichtet und müssen nicht länger ihren Wünschen und ihrem Verlangen folgen. Denn wer ihr folgt, ist dem Tod ausgeliefert. Wenn ihr aber mit der Kraft des Geistes eure selbstsüchtigen Wünsche tötet, werdet ihr leben. Alle, die sich vom Geist Gottes regieren lassen, sind Kinder Gottes. Denn der Geist Gottes, den ihr empfangen habt, führt euch nicht in eine neue Sklaverei, in der ihr wieder Angst haben müsstet. Er macht euch vielmehr zu Gottes Kindern. Jetzt können wir zu Gott kommen und zu ihm sagen: ‚Vater, lieber Vater!‘ Gottes Geist selbst gibt uns die innere Gewissheit, dass wir Gottes Kinder sind. Als seine Kinder aber sind wir – gemeinsam mit Christus – auch seine Erben. Und leiden wir jetzt mit Christus, so werden wir einmal auch seine Herrlichkeit mit ihm teilen“ (Röm 8,11–17).

      Der Geist des Vaters wirkt die Zugehörigkeit zu Gott, die Gewissheit der Gotteskindschaft, die angstfreie Anbetung Gottes als „Abba“, die Teilhabe am Leiden Gottes und an dem Erbe der Herrlichkeit. Während Paulus im Römerbrief die Gotteskindschaft als Folge des Geistempfangs charakterisiert, betont er im Galaterbrief den Geistempfang als Folge der Gotteskindschaft: „Weil ihr nun seine Kinder seid, schenkte euch Gott seinen Geist, denselben Geist, den auch der Sohn hat. Deshalb dürft ihr jetzt im Gebet zu Gott sagen: ‚Lieber Vater!‘“ (Gal 4,6). Es gibt offenbar eine wechselseitige Verwobenheit der Erfahrung der Gotteskindschaft, sprich der Vaterschaft Gottes, und der Geisterfahrung. Der Geist Gottes ist immer auch der Geist des Vaters.

       c.Die trinitarische Gemeinschaft

      Das Wesen des Geistes wird in seiner Relation zu den ihm wesensgleichen Personen der Trinität wahrgenommen.87 J. Moltmann verdeutlicht das in der Darstellung und Wertung unterschiedlicher Denkkonzepte einer trinitarischen Pneumatologie.88 Er bezeichnet sie als bewegliche Denkkonzepte und untergliedert sie in das monarchische, das geschichtliche, das eucharistische und das doxologische Trinitätsmodell. Dabei geht er in seiner Beurteilung von einer sozialen Trinitätslehre aus, welche die Dreieinigkeit Gottes als ein soziales Miteinander, als ein Gemeinschaftsgeschehen, betrachtet, das jedoch eine Einheit in der Verschiedenheit verdeutlicht. Die Realität des Heiligen Geistes wird als personales Gegenüber des Vaters und des Sohnes gedeutet. Jede alleinige Reduzierung des Geistes auf eine bestimmte Wesens- oder Seinsart Gottes wird damit ausgeschlossen. Moltmann lehnt deshalb ein Verständnis der Trinität als drei Seinsweisen bzw. Substanzweisen (Hypostasen)89 ab. Problematisch zeigt sich für Moltmann der Personenbegriff. Person soll nicht auf Relation begrenzt sein90, im Sinn einer Beziehungsgröße, sondern wird als ein Aktionszentrum, als ein Beziehung schaffendes Subjekt

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