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und hatte an einer engen Stelle das Gefühl, stecken zu bleiben, doch mit großer Kraftanstrengung schaffte auch er es in die Höhle hinein. Janina nahm seinen Rucksack aus dem engen Gang entgegen und half ihm auf.

      Der Professor keuchte vor Anstrengung und brauchte etwas Zeit, bis sich seine Augen an die Dunkelheit um ihn gewöhnt hatten.

      »Das Licht der Stirnlampen ist zu schwach«, meinte Janina.

      Alexandro Novotny nickte, öffnete seinen Rucksack, holte eine extrem starke LED-Taschenlampe heraus und begann, damit die Wände abzusuchen.

      Janina runzelte die Stirn: »Also, wenn Sie mich fragen, dann ist das ganze Gewölbe hier eine Sackgasse!«

      Der Professor beachtete ihren Einwand nicht, sondern richtete die Taschenlampe auf eine steile Felswand und ließ den Lichtkegel an einer mit leicht herausstehenden Felszacken übersäten Wand entlang nach oben gleiten, bis ein Felsvorsprung zu erkennen war: »Ich vermute, dort oben geht’s weiter. Sie sind leichter als ich. Können Sie mal zu diesem Absatz hochklettern und nachschauen?«

      »Klar!« Janina Adams trat mit dem Fuß auf die unterste Felszacke, fasste mit der Hand in eine Ritze über sich und kletterte vorsichtig hinauf. »Ist hier alles zwar etwas glitschiger als in meiner Lieblings-Boulderhalle, aber ich komme gut voran«, rief sie hinab. »Es scheint fast so, als ob diese Vorsprünge künstlich in die Wand gehauen worden sind.«

      Wenig später erreichte sie den Absatz und stutzte: »Hier gibt es tatsächlich eine Öffnung, oder besser gesagt einen Spalt, der von unten nicht zu sehen ist.« Janina leuchtete mit ihrer Taschenlampe hinein. »Und dahinter gibt es auch einen begehbaren Tunnel. Er steigt stark an – wenn mich nicht alles täuscht, führt er nach Westen hin.«

      »Warten Sie, ich komme hinter Ihnen her.«

      Vorsichtig kletterte der Professor ebenfalls die Felswand hinauf, und seine studentische Hilfskraft staunte nicht schlecht, wie sicher er sich trotz seiner über hundert Kilogramm an der glitschig-steilen Wand nach oben bewegte.

      »Kompliment, Herr Novotny. Das hätte ich Ihnen nicht zugetraut«, neckte sie ihn.

      »Unterschätzen Sie mich mal nicht, Mädchen«, grinste Novotny. »Ansonsten gehe ich jetzt mal lieber voran, sonst sind Sie noch diejenige, die den Tempel als Erste entdeckt. Und den Ruhm möchte ich doch lieber selbst einstreichen.«

      Janina Adams nahm ihre Baseballkappe ab, streifte ihre Hände durch ihr langes seidenblondes Haar und zwinkerte ihm mit ihren hübschen blauen Augen zu: »Gerne nach Ihnen, Professor!«

      * * *

      Irgendwo in Texas – 13. Juli, 07:00 Uhr

      Ein blonder Hüne parkte seinen Porsche Carrera S am Straßenrand, nahm sein Smartphone in die Hand und wählte eine Nummer, die nur er kannte.

      »Ja?«

      »Wir haben alles vorbereitet. Sie sagen, wann die Party steigen soll«, raunte der Hüne in den Hörer hinein.

      Gilbert Winter, der sich noch im US-Bundesstaat Illinois befand, atmete tief durch und dachte voller Genugtuung daran, dass er sich endlich an seinem Feind, Lion Daniels, rächen konnte. Er würde sich seine Familie vornehmen und ihn damit aus der Reserve locken.

      »Am besten, solange die Kerzen auf der Torte noch brennen. Viel Spaß!«

      »Danke!«

      Der große blonde Mann beendete das Gespräch, legte sein Smartphone zur Seite und startete den Motor.

      Winter steckte sein Smartphone in seine Tasche und schaute grimmig auf ein Passfoto seines ärgsten Rivalen. Es hatte ihn schwer getroffen, dass es Lionel Abraham Daniels, einem achtzehnjährigen Jugendlichen aus Texas, einem Niemand, gelungen war, ihm derart übel mitzuspielen und seine Pläne zu durchkreuzen. Er ließ die Ereignisse der letzten Wochen noch einmal Revue passieren:

      Vor einem Monat war für ihn, Gilbert Winter, alles noch in bester Ordnung gewesen. Er hatte zwei erfolgreiche Projekte am Laufen gehabt, die kurz vor dem Durchbruch standen. Eines in den USA im Bundesstaat Colorado, wo er in einem geheimen unterirdischen Labor Viren hatte züchten lassen, mit deren kontrolliertem Einsatz er die Welt verändert hätte – wenn die Anlage nicht durch die Sabotage eines ehemaligen Mitarbeiters in die Luft gesprengt worden wäre. Das andere Projekt lief in einer Spezialklinik in den Bergen oberhalb des Comer Sees in Norditalien. Für die dort stattfindenden Experimente hatte er mit der sechzehnjährigen Jacqueline Arielle Bordeaux die ideale Kandidatin gefunden, ein Versuchskaninchen der Extraklasse, das alle vorherigen Probanden in den Schatten stellte.

      Gilbert grinste, als er daran dachte, wie sie auf Jacqueline gestoßen waren, die von ihren Freunden auch Jackie genannt wurde. Sie war Monate zuvor schlichtweg zur falschen Zeit am falschen Ort gewesen und hatte etwas gesehen, was sie nicht hätte sehen dürfen. Jacqueline kannte damit ein Geheimnis, das niemals ans Licht kommen durfte, ein Geheimnis, das vielleicht die Existenz der Geheimorganisation gefährdete, für die er arbeitete. Aber anstatt sie zu liquidieren, hatte er sich entschieden, dieses hübsche, hoch begabte Mädchen in die Versuchsreihe des Laboratoriums am Comer See einzugliedern. Zunächst hatten sie bei ihr eine künstliche Amnesie hervorgerufen, dabei aber darauf geachtet, dass Jackies brillanter Verstand nicht angetastet wurde. Und es hatte funktioniert. Alle Testergebnisse und Prognosen waren mehr als zufriedenstellend gewesen. Ja, Jackie war etwas ganz Besonderes, ein Diamant, aus dem man etwas machen konnte, eine Waffe, mit der man ganz spezielle Ziele der Organisation umsetzen konnte, wenn man sie nur richtig einsetzte.

      Aber dann war dieser achtzehnjährige Lionel Daniels gekommen. Und mit einer unglaublichen Dreistigkeit und Kaltschnäuzigkeit war es diesem Draufgänger gelungen, das Mädchen aus dem Laboratorium zu befreien; er wusste bis heute nicht, wie er das geschafft hatte.

      Gilbert hatte sofort alle Hebel in Bewegung gesetzt, um Daniels zu fassen und zu liquidieren. Aber alle Versuche waren gescheitert, und der Bursche war nach einer dramatischen Verfolgungsjagd mit Jackie entkommen und von der Bildfläche verschwunden. Doch zum Glück hatte der Kerl eine Familie, und Gilbert wusste, wo er sie finden konnte.

      Winter ballte noch einmal die Hand zur Faust: »Lionel Abraham Daniels, du hättest dich nicht mit uns anlegen sollen. PENTATRAXON schlägt zurück.«

      * * *

      Auf einer Pferderanch in Texas – 07:05 Uhr

      Amelie Daniels war verunsichert. Soeben hatte sie eine verschlüsselte Textnachricht von Lion bekommen, deren Inhalt ihr Leben und das Leben der ganzen Familie Daniels auf den Kopf stellen würde. Lion hatte die Nachricht mit seinem Kosenamen unterschrieben, den Amelie für ihn verwendet hatte, als Lion noch ein ganz kleiner Junge war:

»Mum! Ihr müsst untertauchen, sofort!Koordinaten anbei. Am Zielort steht eine Motorjacht für euch bereit. Bis später, Lionelly PS: Lieb' dich!«

      Amelie atmete tief durch. Bernie, ihr Mann, der soeben zur Tür hereingekommen war, legte von hinten seine Hand auf ihre Schulter, zaghaft und unsicher. Der vertraute Duft eines würzig herben Aftershaves stieg in ihre Nase. Und für einen kurzen Moment überströmte sie ein Hauch von Wildwest, ein unbändiges Gefühl der Freiheit. Wie sehr sie diesen Mann liebte, der ihrem Leben so viel Wert gegeben hatte.

      »Dich quält irgendetwas, Amelie. Was ist los? Seit ein paar Tagen kann man sich mit dir nicht mehr richtig unterhalten. Was verbirgst du vor mir?«

      Amelie, die tatsächlich ein Geheimnis vor ihrem Mann hatte, drehte sich zu ihm um und legte ihre beiden Hände auf seine Schultern, zog ihn ganz spontan an sich heran und umarmte ihn. Er streichelte ihr über den Rücken, küsste sie sanft auf die Stirn und schaute ihr tief in die Augen.

      »Amelie, was ist los?«

      Hilfesuchend schaute sie zur Seite, überlegte, ob sie sich ihrem Mann wirklich anvertrauen konnte. Sie fühlte sich an ihr Versprechen gebunden, niemandem ihr Geheimnis zu verraten, auch nicht ihrem Mann. Aber konnte sie sich in dieser Situation noch daran halten?

      Amelie

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