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uns will.“

      Der kleine Piet seufzt. „Von dir natürlich nur Gutes. Wahrscheinlich will er dir ’ne Belohnung geben für deine Wachsamkeit, oder wenigstens vierzehn Tage Urlaub. Aber ich! Wenn der Alte mich rufen läßt, dann ist bestimmt was faul. Bei meinem Pech!“

      „Quatsch, mein Junge!“ Hans langt seinen Rock aus dem Wandschrank und zieht ihn an. „Na, hoffentlich dauert die Geschichte nicht zu lange. Feierabend ist Feierabend, und ich möcht nachher noch einen Sprung hinüber in den ‚Kohinoor‘ machen.“

      „Und welches enthält den Diamanten?“

      Mr. Skuller blickt, ohne aufzusehen, auf die beiden völlig gleichartigen, versiegelten und verschnürten Päckchen, die vor ihm auf dem Schreibtisch liegen. Die schmale, gepflegte Hand des Sekretärs taucht vor seinem Gesicht auf und weist auf das links liegende Päckchen.

      „Dieses hier, Mr. Skuller, enthält den „Stern von Südafrika. Das andere Päckchen, wie üblich, nur einen Kiesel von ähnlicher Größe.“

      Mr. Skuller greift nach dem Päckchen mit dem fingierten Inhalt und schiebt es achtlos in die Schublade. Das andere, das den kostbaren Stein birgt, behält er sinnend in der Hand. Der Sekretär räuspert sich diskret.

      „Wollen Sie nicht doch lieber drei Ausfertigungen beordern, Mr. Skuller? Wir pflegen doch sonst immer drei Kuriere abzusenden.“

      Mr. Skuller schaut auf. „Zwei Mann genügen auch. Dazu natürlich die übliche Überwachung. Ich bin ein bißchen abergläubisch, Seymour, das wissen Sie doch. Der Mann, dem ich den „Stern von Südafrika“ zu übergeben gedenke, bringt ihn entweder sicher nach London oder — zehn Kuriere nützen auch nichts. Ist Mr. Balck da?“

      „Wartet im Vorraum, Mr. Skuller. Auch Mr. Keulen.“

      „Well. Lassen Sie erst einmal Mr. Balck reinkommen.“

      „Ich möchte Ihnen mein ganz besonderes Vertrauen beweisen, Mr. Balck“, sagt der Chef langsam, als Hans vor ihm steht. „In diesem Päckchen liegt der „Stern von Südafrika“. Sie werden ihn wohlbehalten nach Amsterdam bringen. Name und Anschrift der Schleiferei, an die Sie den Stein abliefern sollen, finden Sie in Ihrer schriftlichen Instruktion, die Sie jedoch erst bei der Ankunft in Amsterdam öffnen werden.“

      Hans Balck ist kein Neuling im Betrieb. Er weiß sofort, worum es sich handelt. „Schön, Mr. Skuller. Wann soll ich fahren?“

      „Am Donnerstag geht der deutsche Dampfer „Köln“ von Port Elizabeth. Den können Sie noch erreichen, wenn Sie morgen mittag von hier aufbrechen.“

      „Gemacht, Mr. Skuller.“

      Der Generaldirektor betrachtet nachdenklich das forsche, vielleicht ein bißchen leichtsinnige Gesicht des jungen Mannes. „Sie erhalten eine reichliches Spesenpauschale, Mr. Balck und dazu eine Extravergütung von hundert Pfund, die sich auf das Doppelte erhöht, sobald der Stein richtig abgeliefert ist. Außerdem läuft Ihr Gehalt hier natürlich ungekürzt weiter. Ja, und was ich noch sagen wollte: Ihre Heimat ist Berlin, nicht wahr?“

      „Berlin an der Spree, Mr. Skuller.“

      „Well. Ich gebe Ihnen sechs Wochen besonderen Urlaub, damit Sie nach Ablieferung des Steines eine Erholungsreise in Ihre Heimat machen können.“

      „Besten Dank!“

      Mr. Skuller reicht das Päckchen über den Tisch. Seine Hand zögert unwillkürlich eine Sekunde dabei. „Ich brauche Ihnen besondere Vorsicht wohl nicht anzuempfehlen, Mr. Balck! Der Fund des „Sterns von Südafrika“ ist durch die Begleitumstände ja leider im Camp bekannt geworden. Es könnte Leute geben, die sich für Diamanten interessieren. Deshalb rate ich Ihnen zu strengster Verschwiegenheit gegen jedermann.“

      „Mr. Skuller“, sagt Hans Balck, sich vertraulich über den Schreibtisch lehnend. „Ich bin mit sechzehn Jahren meinem Onkel ausgerissen. Ich hab die Ostküste befahren von Singapur bis hinauf nach Wladiwostok, ich hab am Amazonas Wälder gerodet und bin in USA als Scharfschütze im Cirkus aufgetreten, und hab als Digger zwei Jahre im afrikanischen Busch gelegen. Der Mann, der mir den Diamanten klaut, muß erst noch geboren werden!“

      „Ich weiß, daß ich Ihnen vertrauen kann“, lächelt Mr. Skuller, „wenn Sie zurückkehren, hoffe ich Ihnen einen handgreiflichen Beweis dafür geben und Sie auf einen anderen Posten als bisher berufen zu können. Reisen Sie also getrost.“

      „Na, Hans, was wollte der Alte?“

      Piet Keulen, der wie ein Häuflein Elend auf der Bank im Vorraum hockt, sieht neugierig auf, als sein Freund aus dem Direktionsbüro tritt. Hans Balck schlägt ihm munter auf die Schulter.

      „Hast richtig getippt, mein Junge! Sowohl mit der Belohnung wie mit dem Urlaub! Beides in der Tasche!“

      „Bist ein Glückspilz, Hans! Aber ich . . .“

      „Warte doch erst mal ab, was er von dir will, alte Trauerunke. Was mich anbelangt, ich hab erst noch ’ne Kleinigkeit zu besorgen, aber dann bin ich im „Kohinoor“ zu finden. Natürlich kommst du hin, so bald du hier fertig bist. Mann, heute abend wird aufgedreht, daß Sam Wymmers ganze Bude wackelt!“

      „Mr. Keulen, bitte!“ Das Gesicht des Sekretärs ist in der Tür erschienen. Hans Balck knufft dem gehorsam sich erhebenden Kollegen aufmunternd in den Rücken und eilt mit langen Schritten die Treppe hinunter. Extragage, Beförderung und Gehaltsaufbesserung in Aussicht, raus aus dem staubigen Camp und der Schufterei in der Kontroll-Office, Seereise und — Hurra! — Deutschland in Sicht! Hans Balck trägt den Kopf unverschämt hoch und pfeift laut und frech, unbekümmert um das mißbilligende Gesicht, das der würdige, uniformierte Pförtner unten am Portal des Verwaltungsgebäudes macht.

      II

      Es gibt entschieden bessere Lokale in Kimberley als Sam Wymmers „Kohinoor-Bar“, aber keines, das die Digger mehr anheimelt, als dieses, ein wenig außerhalb der Stadt zwischen der Barackensiedlung und dem Schürfgebiet der Skuller Mine Co. gelegen, weiß eben den Geschmack seiner Leute zu treffen.

      Zunächst einmal ist die „Kohinoor-Bar“ ein „weißes“ Lokal. Nigger und Japs finden dort keinen Einlaß und — wenn sie mit Diamanten um sich schmissen. Alle überbrückenden Gleichheitsbestrebungen der Südafrikanischen Union haben daran nichts ändern können. Sam Wymmers weiß genau, daß der „white man zwar zur Not neben einem Nigger schuftet, aber nicht gern seinen Whisky am gleichen Tische trinkt.

      Äußerlich entspricht die „Kohinoor-Bar“ ebenfalls dem Digger-Geschmack. Der Hauptraum ist betont blockhausartig eingerichtet und gäbe mit seinen ungehobelten Tischen, niedrigen Deckbalken und primitivem Musikpodium eine echte „Filmkulisse“ für einen Wildwestfilm ab, wenn man statt der wirklichen Besucher wohlgebaute Komparsen in hohen Schaftstiefeln, verwegenen Halstüchern, bunten Hemden und Cowboyhüten in das Lokal setzte. Denn die tatsächlichen Gäste Sam Wymmers sehen ganz anders aus und passen eigentlich gar nicht zu der primitiven Aufmachung. Es verkehren dort zwar nicht nur die Angestellten der Skuller Minen, die „white collar men“ aus den Büros, sondern noch viel mehr Arbeiter und Digger, aber gerade diese halten streng darauf, nach der Schicht nur in vollem bürgerlichen „dress“ zu erscheinen, und es ist ganz im Sinne der Gäste selbst, daß Petrus, der baumlange, schwarze Portier des „Kohinoor“, den strengen Befehl hat, Herren ohne Kragen und Schlips an der Tür zurückzuweisen.

      Übrigens ist natürlich nicht die ganze Kohinoor-Bar auf Wildwest eingerichtet, sondern nur das große vordere Lokal, das den langen Schenktisch enthält, den bevorzugten Aufenthaltsort der Digger. Weiter hinten schließen sich noch ein paar „Claims“ an, mit gedeckten Tischen und dunkelroten Plüschmöbeln, ja sogar ein paar lauschige „chambres séparées“. Diese werden allerdings selten benutzt, denn die glücklichen Diamantengräber, die aus dem Busch heimkehren und blaue Erde mitbringen, pflegen ihre Freudenfeste selten in Sam Wymmers Bar abzuhalten, und die Arbeiter aus den Minen vertrinken ihren Lohn lieber in gemütlicher Gemeinschaft als in vornehmer Zurückgezogenheit.

      Sam Wymmers ist Witwer, aber selbstverständlich

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