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Eberhard Arnold. Markus Baum
Читать онлайн.Название Eberhard Arnold
Год выпуска 0
isbn 9783862567164
Автор произведения Markus Baum
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
6. August: Eberhard Arnold quittiert die Entwicklung mit einem Zitat Ludwig von Gerdtells: Es sei furchtbar, dass die Taufpropaganda auch diesmal der Tod der Erweckung sei, wie so oft.
10. August: Emmy hat sich von einer Gemeinschaftsschwester anhören müssen, sie sei „noch eine Leiche, mit Jesus gestorben, aber da nicht getauft noch nicht begraben und auferstanden.“
Antwort am 11. August: „Hältst Du mich für eine Leiche? Ich nicht! Das ist bedauerlicher Unsinn!“
Indessen sucht er aber weiter nach endgültiger Klärung und berichtet am 3. September: „Über Galater 3,26.27 komme ich nicht hinweg. Ich sehe mich vor kolossalen Entscheidungen und werde einfach und bestimmt Gott gehorchen, sobald ich Gewissheit habe. Dem Lamme nach, wo es hingeht!“
4. September: „Diese Stunde des Gebets und der Hingabe hat mir eine ernste, folgenschwere Entscheidung gebracht, die unserm Leben eine scharf abgegrenzte, leidenschwere Richtung gibt. Du, meine mutige, treue Braut, bist natürlich der erste Mensch, dem ich mitteile, dass ich heute von Gott in Ruhe und nüchtern biblischer Gewissheit von der einzigen Berechtigung der Gläubigentaufe überzeugt bin.“
Wie kam es zu der Erkenntnis, wohin führt sie? „Von Gal. 3,26.27 ausgehend bin ich in fortwährendem Überlegen mit Jesus, in einfach wahrhaftigem Gebet klargeworden, dass die Schrift nur Eine Taufe kennt, die der Gläubiggewordenen. (...) Ich sehe mich somit als ungetauft an und erkläre damit den bestehenden Kirchensystemen den Krieg.“ Er möchte natürlich auf Emmys Stellungnahme warten und dann die Eltern und Schwiegereltern unterrichten, deutet an, dass er möglichst bald getauft werden und die Landeskirche verlassen will. Er werde sich noch vor dem Wintersemester erkundigen, ob er unter diesen Umständen das erste theologische Examen ablegen kann, und andernfalls sofort zur Philosophie umsatteln.
Zunächst nahm er Emmy das Versprechen ab, über seine Absichten vorerst zu schweigen. Nur ganz kurz dachte er an den Fall, dass sie wider Erwarten zu einem anderen Schluss kommen könnte: „... so brauche ich ja nicht erst zu sagen, dass unsere völlige Gemeinschaft davon in keiner Weise berührt wird ...“ Nicht auszudenken, was in dem Fall tatsächlich passiert wäre. – Emmy erklärte wenige Tage später ihrerseits, sie könne „die Kindertaufe nicht als die Taufe ansehen, wie die Bibel sie kennt“, und müsse sich daher taufen lassen.
Theologisch suchte sich Eberhard Arnold gründlich abzusichern. „Gerade ich muss nachweisen: Es ist ruhige, klar begründete Überzeugung vom Willen Jesu und der Apostel“, schrieb er schon am 13. Juli. „Sonst sagt man rasch: Ach, erst Heilsarmee! Jetzt Baptismus! Eben immer Extreme! Das liegt in seinem Temperament! Nein, was ich tue, will ich mit ganzem Nachdruck tun.“ Das Ergebnis der Recherchen fiel zu seiner Überraschung eindeutig aus: fünf seiner Theologieprofessoren waren selbst der Ansicht, dass die Kindertaufe biblisch nicht zu belegen sei. Unabhängig davon: „Nicht die Bücher und Artikel kirchlicher und außerkirchlicher Theologen sind mir entscheidend, sondern die Worte des Geistes in der Schrift.“
Innerer Bruch mit der Landeskirche
Dass eine Ablehnung der Kindertaufe zwangsläufig auch den Bruch mit der evangelischen Landeskirche bedeuten würde, sah Eberhard Arnold schon am 17. Juli deutlich voraus. Er machte sich die Entscheidung deshalb doppelt schwer: „Ich habe viel von der Kirche gehabt.“ Mit der Haltung zur Taufe klärte sich auch sein Verhältnis zur Kirche, wiederum Schritt für Schritt:
„Es ist doch eine herrliche Gelegenheit, in so einer Kirche zu reden, und noch mehr, es jeden Sonntag zu tun. Hier kann doch eine sehr gründliche Arbeit getan werden“ (28. Juli).
„Die Taufe nicht glaubender Säuglinge ist mir als nicht aus dem Heiligen Geist stammend entlarvt“ (4. September).
„Jesus wollte nie unbekehrte Massen getauft und formal christianisiert haben. Die historische Entstehung der Massenkirche bestätigt ihren Ursprung als nicht vom Heiligen Geist, der nur in wiedergeborenen Menschen wohnt“ (9. September).
Schließlich sah er gar im „Lügensystem“ der Landeskirche „den tückischsten Feind apostolischen Christentums“7. Wohlgemerkt – sein Argwohn galt der Institution, dem menschengemachten Gebäude, nicht generell den Vertretern und Angehörigen der Kirche: „Natürlich verkenne ich nicht die Ehrlichkeit und gesegnete Gotteskindschaft mancher Kirchenmänner ...“ Deshalb auch: „Ich würde gern den Austritt aus der Kirche vermeiden (...). Aber sooft ich mein Gewissen und die Schrift frage, lässt mir meine Erkenntnis keinen anderen Ausweg“ (13. September). Für einen Moment liebäugelte er mit dem Gedanken, einer Baptistengemeinde beizutreten, „da ihr Bekenntnis, weniger ihr Leben, sehr meinem Ideal entspricht“. Wenige Tage später nahm er davon schon wieder Abstand. Warum? Emmy hatte ihn darauf aufmerksam gemacht, dass die Baptistengemeinden die Glaubenstaufe kategorisch bei jedem Mitglied forderten. Dadurch wurden sie in seinen Augen zur „Sonderpartei“. Seine Meinung: „Wir wollen nur eins betonen in Zeit und Ewigkeit: Jesus Christus! Jesus allein! Er als Herr und Gott in alle Konsequenzen hinein. Dazu gehört die Taufe, beim einzelnen aber nur bei entsprechender Erkenntnis.“
Irritierte Eltern
In diesem Sinn schrieb er am 16. September „An die Eltern von Hollander: (...) Die Tauffrage ist auch bei mir akut geworden. (...) Gegen meine frühere Meinung habe ich die wissenschaftliche Überzeugung erlangt, dass das Urchristentum und Neue Testament nur die Taufe der Gläubiggewordenen kennt. Im Zusammenhang damit ist mir die systematische Unwahrhaftigkeit unserer großen Volkskirchen (...) so zwingend zu Bewusstsein gekommen, dass ich die Landeskirche verlassen muss. Mein Ideal ist (...) der Zusammenschluss aller wahren Christen zu dem ausschließlichen Zweck des Glaubensgehorsams gegen Jesus. Ich schließe mich daher keiner Denomination an und bleibe mit den vielen aufrichtigen und wahrhaft christlichen Persönlichkeiten in der Landeskirche wie in allen Freikirchen aufs engste verbunden.“ Er bat „um Nachsicht mit Emmy und mir, die wir wirklich nur schweren Herzens die Tradition durchbrechen, weil wir es müssen“. Ähnlich, allerdings knapper und schlichter, schrieb Emmy von Hollander nach Hause.
Die Antwort der Eltern fiel „sehr lieb, aber schroff entschieden“ aus. Johann Heinrich von Hollander erkannte die Gewissensbindung seiner Tochter und seines Schwiegersohnes grundsätzlich an, verband dieses Zugeständnis aber mit Auflagen. Wie schon von Emmys Schwester Else verlangte er auch von ihr selbst ein Jahr Warte- und Bedenkzeit bis zur Taufe. Härter noch: er forderte, sie müsse ihr Urteil ganz selbstständig bilden und dürfe deshalb in diesem einen Jahr nicht mit ihrem Verlobten zusammenkommen. Die Korrespondenz müsse auf je zwei Briefe wöchentlich eingeschränkt werden. – Von Eberhard Arnold verlangte er außerdem das erste theologische Examen, bevor die Verlobung öffentlich publik werden dürfe.
Elisabeth Arnold nahm die Ankündigung ihres Sohnes anfangs nicht sonderlich ernst. Carl Franklin Arnold war überhaupt erst nach einigen Tagen länger zu sprechen und war dann „über alles Erwarten lieb und geduldig“, als ihm Eberhard Entschluss und Beweggründe eröffnete. Seine Bedenken betrafen vor allem das Studium: er hielt es für ausgeschlossen, dass sein Sohn als „Wiedertäufer“ zum Examen zugelassen würde.
Bei den Hollanders fühlte sich Eberhard Arnold mit der Zusage des Abschlusses im Wort. Die Einwände seines Vaters interpretierte er so, dass ihm das 1. Theologische Examen nicht verwehrt werden konnte, solange er nicht aus der Landeskirche austrat oder die Gläubigentaufe an sich vollziehen ließ. Er fand sich rasch damit ab, Taufe und Kirchenaustritt auf die Zeit nach dem Examen zu verschieben. Emmy wollte hinsichtlich des Zeitpunktes ihrer Taufe kein Versprechen abgeben. Hinsichtlich des eingeschränkten Briefwechsels willigten beide ein, für den Augenblick jedenfalls. Sie vermieden es, sich dem einjährigen Besuchsverbot ausdrücklich zu unterwerfen, wollten aber auch nicht direkt dagegen verstoßen. Immer unter dem Vorbehalt, dass „Gott es nicht deutlich anders zeigen würde.“