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Baron, Durchlaucht! Heute leider infolge eines kleinen Unfalles ein Wenig indisponibel.«

      Der Fürst verbeugte sich. Der Baron hielt es für gerathen, seine Lädur zu entschuldigen:

      »Das Studium gewisser Folianten ist oft mit Unbequemlichkeiten verbunden, fürstliche Durchlaucht. Sie fallen Einem zuweilen dahin, wohin eigentlich ihr Inhalt gehört.«

      Der Baron hatte gestern falschen Bart getragen, aber der Fürst wußte trotzdem sogleich, woran er war. Diesen Mann hatte er also gestern in das Gesicht geschlagen, und dieser Baron war es auch, welchen er unter den Bäumen bei der Frohnveste gesehen hatte. Eine ganze Fluth von Gedanken und Schlüssen stürmte auf ihn ein; er drängte sie aber zurück und antwortete in verbindlicher Weise:

      »Stürzt sich Geist auf Geist, so darf allerdings nichts Körperliches dazwischen sein. Doch ist Arnica der dritte Geist, welcher dem Körper freundlicher gesinnt ist.«

      »Ich kenne ihn und bitte um die Erlaubniß, mich zu ihm zurückziehen zu dürfen.«

      Mit diesen Worten entfernte sich der Baron. Die Baronin hatte bereits ein Tabouret bereit stellen lassen, recht nahe an das Ruhebette. Sie hatte sich die Aufgabe gestellt, diesen seltenen Mann zu fesseln, zu erobern und mit dieser Eroberung in den Gesellschaften zu glänzen. Sie winkte, Platz zu nehmen, und er that es in der gewandten Weise eines Mannes, welcher gewöhnt ist, mit schönen Frauen zu verkehren.

      »Ich habe Sie willkommen geheißen, Durchlaucht,« begann sie, »obgleich ich einen Vorwurf auf den Lippen hatte, als Sie eintraten.«

      »Sie sind unzufrieden mit mir, meine Gnädige?«

      »Sehr!«

      »Das macht mich unglücklich!«

      »Wer glücklich sein will, darf nicht so plötzlich Orte verlassen, an denen er das Glück findet.«

      »Ah! Mein rasches Entfernen hat Sie erzürnt! Pardon! Sie wissen ja, daß wir Indier Barbaren oder doch wenigstens Halbbarbaren sind. Wir bedürfen noch sehr des Unterrichts!«

      »Sie werden Lehrer finden.«

      »Danke! Wer diese Wissenschaft studiren will, muß sich an die Gewogenheit der Damen wenden. Die Kunst des Salons erlernt man nie von einem Manne.«

      »So sollten Sie als Barbar sich schnellstens nach einer Lehrerin umsehen, Durchlaucht!«

      »Der Rath ist vortrefflich, Madame; doch die Beschränkung, welche Sie demselben beifügen, ist nicht glückverheißend für mich.«

      Sie war nicht geistreich genug, ihn sofort zu verstehen. Darum fragte sie:

      »Eine Beschränkung? Wäre das meine Absicht gewesen?«

      »Ich meine das Wort ›schnellstens‹. Wenn ich mir schnellstens eine Lehrerin wählen soll, so finde ich hier ja nur eine einzige Dame, und ich habe kein Recht zu glauben, daß diese Dame mir Ihre Theilnahme und Nachsicht widmen möchte.«

      »Nur die Ueberzeugung vermag zu überzeugen.«

      »Ich gehe auf dieses in das Deutsche übersetzte französische Sprichwort ein. Darf ich mir Ueberzeugung holen?«

      Sie lächelte ihm ermuthigend entgegen und antwortete:

      »Ich gestatte es.«

      »Wie, Sie wollten die Taube sein, nach der ich meinen Flug richten darf?«

      »Gern! Fliegen Sie in unserem Hause so oft ein und aus, als es in Ihrem Wunsche liegt.«

      »So werde ich jetzt als Barbarenkrähe eingeflogen sein und einst als gewandte Schwalbe das Weite suchen.«

      »Ich hoffe, daß bis dahin noch recht lange Zeit vergeht.«

      »Das werden Sie ganz in Ihrer Gewalt haben. Theilen Sie den Unterrichtskursus, den ich hier zu nehmen gedenke, in so viel wie möglich Lectionen ein.«

      »Ich werde dies thun und zugleich den Vortheil verfolgen, mit den Lectionen so spät wie möglich zu beginnen.«

      »Ich finde das sehr weise gehandelt, meine schöne Lehrerin. Aber doch bin ich begierig, zu erfahren, welche Methodik Sie verfolgen?«

      »Sie wünschen eine Probelection?«

      »Allerdings!«

      »Also eine Probelection aus dem Buche über den Umgang mit Menschen?«

      »Ja, und zwar aus der Abtheilung mit dem Umgang mit Damen.«

      »Diese Probelection sei Ihnen gewährt.«

      »Darf ich das Thema wählen?«

      »Ich hoffe, Sie werden wählen den Umgang mit Damen im Salon. Nicht?«

      »Nein!«

      »Im Theater?«

      »Nein.«

      »Auf der Promenade?«

      »Allerdings auch nicht.«

      »Auf Ausflügen, beim Picknick?«

      »Noch weniger.«

      »Auf Reisen, im Coupee?«

      »Ganz und gar nicht.«

      »Ich gestehe, daß Sie mich in Verlegenheit bringen, denn meine Themata sind fast ganz erschöpft!«

      »Geben wir uns Mühe, noch einige aufzufinden.«

      »Ueber den Umgang mit Damen bei Familienfesten?«

      »Das ist es nicht.«

      »In der Häuslichkeit?«

      »Wir nähern uns.«

      »Ah! Im Boudoir?«

      »Ja, das ist es, um was ich bitten möchte.«

      »Sie befanden sich noch nie im Boudoir einer Dame?«

      »Zuweilen doch; aber ich betrug mich als Barbar. Ihre gegenwärtige Lection soll den Fehler mildern.«

      »So meinen Sie, daß ich beginnen soll?«

      »Ich flehe Sie darum an, meine liebenswürdige Erzieherin.«

      Sie lachte glücklich vor sich hin. Sie war der Ansicht, daß sie auf dem besten Wege sei, ihn in sich verliebt zu machen. Darum bemerkte sie mit einem wiederholten Kopfnicken:

      »Ich bemerke bereits, daß mein Zögling nicht ohne gesellschaftliche Talente ist. Nehmen wir also an, daß Sie bei einer Dame eintreten. Sie sind gemeldet, und wenn Sie – –«

      »Pardon!« unterbrach er sie. »Beginnen wir mit etwas Späterem! Ich bin ja bereits eingetreten. Ich sitze sogar bereits bei der Dame. Beginnen wir also bei diesem Zeitpunkte.«

      »Wie Sie wünschen, mein wißbegieriger Schüler! Fragen Sie also gütigst, und ich werde antworten.«

      »Das wird die gegenwärtige Lehrstunde höchst interessant machen. Also ich sitze, nehmen wir an, bei einer Dame, welche mich auf italienische Manier empfangen hat –«

      »So wie ich.«

      »Ja. Diese Dame ist aber leider verheirathet –«

      »So wie leider auch ich.«

      »Wie würde ich dieser Dame zum Beispiel meine Ehrerbietung erweisen? Etwa, indem ich ihr die Finger küsse?«

      »Ja, das würde das Richtige sein.«

      »So erlauben Sie mir, Sie zu verehren.«

      Er nahm ihre Hand in die seinige und drückte seine Lippen auf die Fingerspitzen, ohne aber die Hand dann frei zu geben.

      »Meine Hochachtung würde ich wohl durch einen Kuß auf die Hand beweisen? Etwa so?«

      »Ja, so!« lachte sie vergnügt, als er die Hand wirklich küßte.

      »Das war die Hochachtung und Ehrerbietung. Jetzt kommt die Zuneigung. Natürlich auch durch einen Kuß. Aber wohin?«

      »Nicht

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