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immerhin für todt, und lassen Sie mich weiter forschen.«

      »Gott, welch eine Freude, welch ein Glück, wenn er noch lebte!«

      »Ja. Welch eine Freude für Sie, und welch ein Schlag für Ihren Cousin!«

      »Er müßte die ganze Erbschaft herausgeben!«

      »Dazu würde er allerdings gezwungen sein!«

      »Durchlaucht, schreiten wir so rasch wie möglich auf der Bahn fort, die Ihr Scharfsinn uns eröffnet hat! Lassen wir schleunigst nachgraben, ob sich eine Kinderleiche im Sarge befindet!«

      »Gemach, gemach!« meinte er lächelnd. »Zur Exhumirung einer Leiche gehört ein langer Actenweg. Und selbst für den Fall, daß wir nur einen leeren Sarg vorfänden, was hätten wir erreicht? Nichts als die persönliche Ueberzeugung, daß meine Schlüsse correct gewesen sind.«

      »Aber man muß doch Etwas thun!«

      »Allerdings! Die beiden Schmiede müssen gefaßt werden. Der Alte wird nicht mehr lange leben; man muß sich also beeilen. Eine grimmige Feindschaft mit ihrem früheren Verbündeten, Ihrem Cousin, würde am Schnellsten zum Ziele führen. Lassen Sie mir Zeit zum Nachdenken und zu meinen Arrangements, so kann ich Ihnen die Hoffnung geben, daß wir früher oder später in jeder Beziehung zum Ziele gelangen.«

      Bei diesen Worten erhob er sich. Sie fragte:

      »Sie wollen sich verabschieden?«

      »Ja. Es sind Stunden vergangen, und der Tag möchte mich hier überraschen. Wollen Sie mir die Art und Weise verzeihen, in der ich heute bei Ihnen Zutritt nahm?«

      »Gern, Durchlaucht! Aber diese Art und Weise ist mir ein Geheimniß. Wer hat Sie eingelassen?«

      »Niemand.«

      »Aber wie konnten Sie zu dieser Stunde –?«

      Er unterbrach sie durch eine Handbewegung und antwortete in sehr launigem Tone:

      »Sie haben heute bei Oberst von Hellenbach gesehen, daß ich teuflische Künste treibe. Fragen Sie heut nicht! Vielleicht weihe ich Sie später in meine magischen Geheimnisse ein!«

      »So werde ich auch in dieser Beziehung warten müssen!«

      »Hoffentlich nicht sehr lange Zeit! Und nun möchte ich endlich mit einer Bitte scheiden!«

      »Bitten Sie getrost, Durchlaucht! Ich gewähre, was zu gewähren mir möglich ist.«

      »Lassen wir nicht öffentlich merken, daß wir befreundet und Verbündete sind! Je weniger wir uns zu kennen scheinen, desto mehr werden wir durch heimliches Zusammenwirken erreichen.«

      »Ich stimme bei, denn ich sehe ein, daß Ihre Ansicht die richtige ist. Aber, wie jetzt?« fuhr sie lächelnd fort. »Werden Sie so ohne Hilfe verschwinden, wie Sie uns ohne unseren Beistand erschienen sind?«

      »Ich will die Geister nicht zu viel belästigen und ersuche Sie, mir durch die Zofe öffnen zu lassen!«

      Sie nahmen freundlichen Abschied von einander, und als er fort war und das Mädchen schon längst wieder im Schlummer lag, saß Alma noch bei der Lampe und hatte das Bild des Geliebten in den Händen. Der Rahmen war Tausende werth, aber das Bild war ihr doch noch tausendmal theurer! – –

      Am anderen Vormittage hielt ein prächtiger Schlitten vor dem Palais des Barons von Helfenstein. Der Fürst stieg aus und begab sich in das Innere.

      »Die Frau Baronin bereits zu sprechen?« fragte er den Diener, indem er ihm seine Karte überreichte.

      Der dienstbare Geist warf einen Blick auf die Krone und die Buchstaben, verbeugte sich dann so tief, daß er mit der Nase beinahe den Boden erreichte, und antwortete:

      »Werde sofort Meldung machen. Treten Euer Durchlaucht einstweilen gütigst hier ein!«

      Er begab sich schleunigst nach dem Vorzimmer der Baronin, wo er die Zofe fand.

      »Hulda, Donnerwetter, ist Deine Gnädige schon auf?« fragte er in einem Tone, als ob er ein außerordentliches, unbegreifliches Ereigniß zu berichten habe.

      »Nein! Warum denn?«

      »Der Fürst von Befour, der eine ganze Milliarde im Vermögen hat, will zu ihr!«

      »O weh! Sie liegt noch im Bette! Was machen wir?«

      »So einen Cavalier kann man nicht fortschicken!«

      »Ist denn bereits Visitenstunde?«

      »Natürlich! Schon seit einer halben Stunde, ihr verschlafenes Volk!«

      »Ich kann aber nicht hinein zu ihr!«

      »Warum nicht?«

      »Der Herr trinkt die Chocolade bei ihr!«

      »Der Teufel hole den Herrn, die Madame, die Chocolade und Dich! Was muß der Fürst von mir denken, wenn ich ihn so lange warten lasse! Wo bleiben dann die Trinkgelder, he?«

      »Bleib da! Ich will es versuchen!«

      Sie klopfte und trat ein.

      Der Baron hatte sich allerdings in das Schlafzimmer seiner Frau begeben, um ihr über seine gestrigen Erlebnisse zu berichten, denn sie hatte ihr Wort nicht gehalten und sich früher zur Ruhe begeben, als er nach Hause gekommen war.

      Als er eintrat, war sie soeben erst aufgewacht.

      »Guten Morgen!« grüßte er im gleichgiltigen Tone eines Mannes, der eine saure Pflicht zu erfüllen hat.

      Sie fand gar keine Zeit, seinen Gruß zu erwidern. Ihr erstes Wort war ein Ausruf des Schreckes:

      »Herjesses, wie siehst Du aus, Mann!«

      »Ich? In wiefern?«

      »Hast Du denn noch nicht in den Spiegel gesehen?«

      »Freilich, doch!«

      »Nun, was ist das mit Deinem Auge?«

      »Das geschah heute nacht in der Bibliothek. Ich suchte noch nach einem Buche. Da stürzte ein Foliant von oben herab und mit der Ecke mir gerade auf das Auge.«

      Sie lächelte ihm merkwürdig malitiös zu und sagte:

      »Armer Teufel! Es soll auch Fäuste geben, welche die Kraft und das Gewicht von zehn Folianten besitzen. Doch setze Dich! Hier hat das Mädchen bereits die Chocolade servirt. Erzähle, wie Euer gestriges Unternehmen geendet hat!«

      In diesem Augenblicke trat die Zofe ein.

      »Der Herr Fürst von Befour wünscht die gnädige Frau Baronin zu sprechen.«

      »Ah!« meinte die Genannte. »Wir saßen gestern mit einander zur Tafel. Welche Aufmerksamkeit! Er kommt, sich nach meinem Befinden zu erkundigen.«

      »Hm! Aber hier kannst Du ihn doch nicht empfangen!« warf der Baron ein.

      »Tölpel!« flüsterte sie ihm zu. Und sich an die Zofe wendend, befahl sie derselben: »Sage dem Diener, daß ich in einer Minute zur Verfügung bin, doch möge Durchlaucht entschuldigen, daß ich Hochdieselbe in italienischer Weise empfange. Du aber kommst sofort wieder, um das Bett zu ordnen.«

      Das Mädchen trat hinaus und meinte zum Lakaien:

      »In einer Minute ist Madame bereit. Durchlaucht sollen entschuldigen, daß Hochdieselben in italienischer Weise empfangen werden.«

      »Kreuzelement! Was heißt das, in italienischer Weise?«

      »Im Bett. Dummkopf!«

      »Hm! Da lobe ich mir freilich Italien!«

      Er trat ab. Als er den Fürsten brachte, stand die Zofe bereit und öffnete die Thür. Die Baronin lag in malerischer Stellung auf dem Ruhebette und lächelte dem Eintretenden verbindlich entgegen. Der Baron stand bei ihr und verbeugte sich tief vor ihm.

      »Verzeihung, meine Gnädige, daß die Sehnsucht, eine süße Pflicht zu erfüllen, mich nicht länger warten

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