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die echten zeigen muß. Wenn mich meine Berechnung nicht täuscht, werde ich heute den Besuch einer Dame bekommen. Ich werde mich mit ihr in meinem Zimmer unterhalten. Du wartest im Vorzimmer. Wenn ich klingele und ein Glas Wasser verlange, so ist dies ein Zeichen für Dich, an Deinen Posten zu gehen – –«

      »An welchen?« fiel der Diener ein.

      »Du bringst mir das Glas Wasser und sagst mir dabei, daß der Haushofmeister mir die gewünschte Rechnung vorlegen wolle. Du kehrst in das Vorzimmer zurück, verlässest dasselbe aber so leise wie möglich. Dort steckst Du Dich unter den Tisch, dessen Decke Dich vollständig verbergen wird. Du nimmst eine solche Stellung ein, daß Du den Geschmeideschrank im Auge hast, und wartest, was da kommen werde. Du kennst Stück für Stück der Kleinodien, welche sich dort befinden?«

      »Sehr genau.«

      »Sollte etwas passiren, so siehst Du dann nach, was fehlt, schreibst es mir auf, steckst den Zettel in ein Couvert als einen Brief, welcher soeben abgegeben wurde. Ist es nöthig, so schreibe ich die Antwort, welche Du öffnest und im Vorzimmer liesest, um Dich darnach zu richten! Hast Du Alles verstanden?«

      Das Gesicht, welches der Diener machte, berechtigte allerdings zu dieser Frage.

      »Verstanden wohl, aber nicht begriffen,« antwortete er.

      »Nun, die betreffende Dame wird, wie ich vermuthe, sich während meiner Abwesenheit in mein Toilettenzimmer begeben, um sich mit dem Schranke zu beschäftigen. In welcher Weise sie dies thun wird, das weiß ich jetzt noch nicht, werde es aber dann sofort durch Dich brieflich erfahren. Laß sogleich anspannen. Anton fährt mit.«

      Während der Diener diesen Befehl vollführte, brachte der Fürst das falsche Geschmeide in Verwahrung und machte dann Toilette. Als er dann unten in den Wagen stieg, befahl er:

      »Zum Baron von Helfenstein!«

      Dabei warf er einen bezeichnenden Blick auf Anton. Dieser verneigte sich verständnißinnig und sprang hinten auf. Die Equipage setzte sich in Bewegung. Am Palaste des Barons angekommen, begab sich der Fürst zur Baronin; der Diener blieb nicht beim Wagen, sondern trat auch ein, um womöglich ein Wort mit der Zofe sprechen zu können.

      Ella von Helfenstein war sehr erfreut, als sie den Fürsten bei sich eintreten sah. Auf seine Entschuldigung, daß er bereits wieder bei ihr vorspreche, erwiderte sie:

      »Sie sind stets hoch willkommen, Durchlaucht. Wie gut aber, daß Sie nicht eine Viertelstunde später kommen.«

      »Sie wollten ausfahren? Ah, ich bedaure! Ich werde Sie also um meine sofortige Verabschiedung bitten müssen.«

      »O nein, nein! Ich wollte nur auf einige Augenblicke zu Oberst von Hellenbach, um mich nach Fanny's Befinden zu erkundigen.«

      »Auch ich will nachher zum Oberst, und zwar zu dem gleichen Zwecke. Die junge Dame ist aller Theilnahme werth. Sie hat sich wirklich heldenmüthig bewiesen. Sie befand sich in Lebensgefahr.«

      »Meinen Sie wirklich?«

      »Gewiß! Dieser Bormann soll ja ein Mensch sein, dem selbst das Schlimmste zuzutrauen ist.«

      »Das habe ich bisher auch gedacht. Aber wird sich ein solcher Mensch denn wirklich mit einem maladen Subject verbinden, wie Derjenige ist, den man mit ihm gefangen hat?«

      »Sie meinen den Schreiber? Ich las von ihm. Beinahe aber möchte ich sagen, daß ich an der Schuld dieses jungen Mannes zweifle.«

      »Ah! Warum?«

      »Wie soll er zu dem Riesen gekommen sein?«

      »Diese Frage wird die Untersuchung beantworten. Aber, Durchlaucht, sind Sie gekommen, damit wir uns mit einem so außerordentlich widerwärtigen Thema beschäftigen?«

      »Allerdings nicht. Ich beabsichtigte, dem Oberst meinen Besuch zu machen und im Vorüberfahren Ihnen meine Ergebenheit zu beweisen.«

      »Nur im Vorüberfahren?« fragte sie schmollend.

      »Wünschen Sie, daß ich eine längere Pause mache?«

      »Gewiß. Oder wäre Ihnen unsere letzte Unterredung wieder entfallen? Das wäre ja beinahe beleidigend für mich.«

      »Ich bin ganz glücklich, daß ich mich eines ausgezeichneten Gedächtnisses erfreue, wenn sich dasselbe auch leider oft mit Dingen zu beschäftigen hat, welche viel, viel weniger interessant sind als der Gegenstand unserer Unterhaltung.«

      »Darf ich vielleicht erfahren, welche Dinge dies sind?«

      »Ich beschäftige mich sehr viel mit Wissenschaften.«

      »Darum sind Sie so ernst. Hätte ich das Recht, Ihnen zu befehlen, so würde ich Ihnen diese Beschäftigung verbieten.«

      »Sie würden mir etwas entziehen, was im Stande ist, dem Menschen die reinsten Freuden und Genüsse zu gewähren.«

      »Genüsse? Sollten diese alten, trockenen Bücher wirklich glücklich machen können? Ich meine, man sollte sein Glück ganz anderwärts suchen. Die Wissenschaft macht menschenscheu; sie drängt zur Einsamkeit. Darum schließen auch Sie sich ab, während Sie doch berufen sind, der Oeffentlichkeit anzugehören. Sie sind reich, sogar unermeßlich reich, wie man sagt. Sie besitzen eine Einrichtung, wie es keine zweite in der Residenz giebt. Warum öffnen Sie Ihr Haus nicht den Kreisen, welche sich nach der Erlaubniß sehnen, bei Ihnen Zutritt zu erlangen?«

      Er bemerkte gar wohl, welches Ziel sie mit ihrer Frage zu erreichen strebte, darum antwortete er:

      »Sollte es wirklich Jemand geben, den es so sehr verlangte, meine Räume zu betreten?«

      »Gewiß, gewiß!«

      »Darf ich vielleicht um Namen bitten?«

      »Ich könnte sehr viele nennen, aber ich will mich mit einem begnügen, zumal ich annehme, daß dieser eine hinreichend sein wird, Sie zu überzeugen, wie grausam Sie handeln, indem Sie sich abschließen.«

      »Ich bin ganz Ohr, diesen Namen zu hören.«

      »Ella von Helfenstein.«

      »Ah, das ist ja der Ihrige!«

      »Allerdings. Genügt er nicht, Sie zur Besserung zu bewegen?«

      Er blickte ihr voll in die Augen. Dieser Blick hatte etwas Triumphirendes an sich. Er erkannte ja, daß er mit seinen Vermuthungen, die immerhin verdienten, kühn genannt zu werden, das Rechte getroffen hatte. Sie aber verstand diesen Blick ganz anders. Sie las aus demselben den Triumph, sie besiegt und erobert zu haben, darum fuhr sie fort:

      »Darf ich hoffen, daß meine erste, allerdings unausgesprochene Bitte in Erfüllung gehen werde?«

      Sein Gesicht wurde ernst.

      »Ella,« sagte er, »wollen Sie mich zwingen, der Einsamkeit zu entsagen, die mir so lieb geworden, so unentbehrlich ist? Wollen Sie mich zwingen, mich in Gesellschaften zu zerstreuen, deren Glieder mir innerlich fern stehen und mir stets fremd bleiben werden?«

      »Nein, das will ich nicht, ganz gewiß nicht. Aber sagen Sie, Durchlaucht, bin auch ich Ihnen fremd?«

      »Welche Frage!«

      Da trat sie zu ihm heran, legte ihm den vollen Arm auf die Schulter und fragte in ihrem süßesten Tone:

      »Also nicht? Ich bin Ihnen nicht fern?«

      »Ich beteure Ihnen, daß Sie mir unendlich nahe stehen!«

      Er sagte mit diesen zweideutigen Worten allerdings das Richtige; denn sie stand ganz nahe bei ihm, so nahe, daß ihr Körper den seinigen berührte.

      »Nun, dann bin ich zufrieden,« versicherte sie. »Dann ist es ja gar nicht meine Absicht, Sie für Andere zu gewinnen. Ich würde dann am Allermeisten verlieren. Aber, Durchlaucht, dann dürfen Sie doch wenigstens mir gewähren, was Sie Anderen versagen!«

      »Den Zutritt zu mir?«

      »Ja. Ich gestehe Ihnen aufrichtig, daß ich vor Verlangen brenne, die Räume zu sehen, welche

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