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der den Versuch machen wollte, er sei von welchem Stande er wolle; sollte einer es herausziehen, so müßten sie aber wohl Acht geben, wer es sei, um ihn wiederzuerkennen. Während der acht Tage bis zum Neujahrstag versuchten es alle im ganzen Lande, denn sie kamen von weit und breit, um den Versuch zu machen; niemand aber konnte das Schwert aus dem Amboß ziehen, obgleich viele hundert der tapfersten Ritter es versuchten.

      XXXI. Wie Artus versehentlich das Schwert ergriff, das Geheimnis seiner Herkunft erfuhr und etliche Male geprüft wurde, bis zur Krönung

       Inhaltsverzeichnis

      Am Neujahrstag nach der Mahlzeit hielten die Fürsten und Barone schöne Ritterspiele und Rennen auf einem schönen Platze außerhalb der Stadt. Als dies die Ritter und die anderen Leute in der Stadt vernahmen, machte sich ein jeder bereit, auch hinauszugehen, um bei den Spielen zu sein. Als die Männer, die das Schwert bewachten, sahen, daß alles in der Stadt hinauslief, gingen sie mit, und ließen auf diese Weise das Schwert unbewacht. Der gute Ritter Anthor befand sich gerade vor der Stadt, als die Spiele begonnen, nebst seinem Sohn, der am Allerheiligen Tage Ritter geworden war und der Lreux genannt wurde; nebst Artus, seinem Pflegesohn, der so wie jeder glaubte, Lreuxs wirklicher Bruder zu sein, und ihn auch als seinen älteren Bruder liebte und ehrte. Als nun die Spiele angingen, befahl Lreux seinem Bruder Artus, eilends nach Hause zu laufen und ihm sein Schwert zu holen, das er dort hatte liegen lassen. Dienstbar und gefällig ritt Artus sogleich eilends hin, um den Befehl seines Bruders zu vollziehen; als er aber in dem Gasthof ankam, in dem sie wohnten, fand er alles verschlossen und niemand, der ihm öffnete, weil alle Hausleute gleichfalls hinausgegangen waren, den Spielen zuzusehen. Voll Verdruß, und vor Ärger weinend, ritt Artus schnell wieder zurück, und als er vor der Kirche über den Platz kam und sich allenthalben umsah, ob er nicht etwa jemand aus dem Hause gewahr würde, erblickte er den Amboß auf den Marmorstufen; er hatte nie von diesem Wunder etwas gehört und sah es jetzt zum ersten Mal. Voller Freude erblickte er das Schwert darauf, welches niemand bewachte, ritt darauf los, zog es mit so leichter Mühe, als wäre es gar nicht befestigt, aus dem Amboß und ritt so schnell, als sein Pferd nur laufen wollte, zu Lreux hinaus, gab ihm das Schwert, und erzählte ihm, warum er ihm nicht das seinige brächte, und wo er dieses hergenommen.

      Lreux erkannte das Schwert sogleich, suchte eilends seinen Vater, den Ritter Anthor, zeigte es ihm und sagte: »Ich werde König, ich habe das Schwert herausgezogen.« Ritter Anthor war höchst verwundert, glaubte aber seinem Sohn nicht; »Du lügst«, rief er, »sogleich komm mit mir zum Amboß.« Er ritt mit ihm hin, Artus und die Diener begleiteten sie. Als sie auf den Platz kamen und der Ritter sah, wie das Schwert wirklich nicht mehr im Amboß steckte, wandte er sich zum Lreux: »Geliebter Sohn«, sagte er, »ich bitte Dich, sprich die Wahrheit, wie kommst Du zu diesem Schwert? Niemals könnte ich Dich als meinen Sohn lieben, wenn Du mich anlügen möchtest, und ich werde sehr wohl wissen, ob das, was Du sprichst, Wahrheit ist oder nicht.«

      Lreux ward beschämt, als er seinen Vater so sprechen hörte, und sagte: »Mein Vater, ich lüge nicht, mein Bruder Artus hat dieses Schwert mir statt des meinigen gebracht, ich weiß aber nicht, wie er dazu gekommen.« – »Gib es mir«, sprach Anthor, »Du hast kein Recht darauf, sondern der, von dem Du es erhalten hast.« Lreux gab ihm das Schwert, und als Anthor sich umsah, erblickte er den Artus von ferne bei den Dienern und rief ihn her zu sich. »Lieber Sohn«, sagte er ihm, »nimm dieses Schwert, stecke es wieder dahin, woher Du es genommen«; dies tat Artus auch sogleich, und es war so fest im Amboß, als zuvor, so daß niemand es heraus zu ziehen vermochte außer Artus.

      Darauf ging der Alte mit den beiden Söhnen in die Kirche; hier sagte er zu Lreux: »Ich wußte wohl, daß Du das Schwert nicht aus dem Amboß gezogen haben konntest«; Artus aber nahm er in seine Arme und sprach zu ihm: »Teurer, geliebter Herr, wenn ich Euch dazu verhülfe, daß Ihr König würdet, welche Gunst würdet Ihr mir erzeigen?« – »Wie könnte ich«, erwiderte Artus, »wohl dieses Gut oder irgend ein anderes erwerben, worüber Ihr nicht als mein Herr und Vater zu gebieten hättet?« – »Ich bin nur Euer Pflegevater; Euern Vater aber, der Euch erzeugt hat, den kenne ich nicht.« Als Artus dieses vernahm, war er vor Gram und Betrübnis fast außer sich, denn er hatte Anthor als seinen Vater geliebt und geehrt und es war ihm sehr schmerzhaft und äußerst traurig, keinen Vater zu haben. Ganz trostlos rief er: »O mein Gott, was soll mir dieses Gut oder jedes andere, da ich keinen Vater habe!« – »Ihr müßt allerdings einen Vater gehabt haben«, sagte Anthor, »jetzt aber, teurer Herr, sagt mir, welche Gunst Ihr mir zusichert, im Fall daß dieses große Gut Euch von dem Herrn bestimmt ist und ich Euch dazu verhelfe.« – »Ach alles, was Ihr wollt«, rief Artus weinend.

      Nun erzählte Anthor ihm, was er alles für ihn getan, wie seine Frau ihren eigenen Sohn Fremden aufzuziehen gegeben, und wie sie ihn an Sohnes statt angenommen und ihn mit ihrer Milch getränkt, und wie er auf diese Weise ihm wie seiner Ehefrau und seinem Sohn Lreux die größte Dankbarkeit schuldig sei, denn nie wäre ein Kind mit mehr Liebe auferzogen, als er von ihnen allen. »Vater«, erwiderte Artus, »haltet mich als Euern Sohn forthin, bin ich gleich nicht Euer Kind, denn wie sollte ich wohl einen Schritt gehen, oder der Gnade, welche Gott vielleicht mir erweisen und zu welcher Ihr mir verhelfen wollt, wie sollte ich mich ihrer wohl würdig erweisen ohne Euern Rat und väterlichen Beistand; seid also gewiß, daß ich alles zu tun bereit bin, was Ihr mir befehlen werdet.« – »Nun so bitte ich Euch«, fing Anthor wieder an, »wenn Ihr König sein werdet, macht meinen Sohn Lreux zu Euerm Seneschall, und dergestalt, daß er sein Seneschallsamt nie verlieren kann, so lange er lebt, sollte er auch sich eines Verbrechens gegen Eure Person oder gegen irgend einen andern in Euerm Reiche schuldig machen. Sollte er ein Verräter sein, oder übel reden, so bitte ich Euch, erduldet ein kleines von ihm; denn um Euch besser zu erziehen, gab die Mutter ihn in fremde Hände, so daß er dadurch ganz ausgeartet ist, also müßt Ihr Euch auch von ihm mehr als von irgend einem andern gefallen lassen; ich bitte Euch also, diese Bitte gewährt mir.« Als Artus ihm nun die Gewährung zusagte, nahm Anthor ihn bei der Hand und führte ihn zum Altar, vor das Bild der heiligen glorreichen Jungfrau Maria, und hier ließ er ihn auf die heiligen Reliquien schwören, daß er sein Versprechen gegen Lreux halten wolle. Nachdem gingen sie aus der Kirche, wo sie den Fürsten, Baronen und Rittern begegneten, welche von den Spielen zurück kamen und nun in die Vesper gehen wollten. Anthor rief diejenigen unter ihnen, welche seine Freunde waren, ging mit ihnen und seinen Söhnen zum Erzbischof und sagte: »Herr Erzbischof, mein Sohn hier, welcher noch nicht Ritter ist, verlangt den Versuch mit dem Schwert zu machen, und bittet Euch dazu um Erlaubnis.«

      Der Erzbischof ging sogleich mit allen Anwesenden hinaus, sie stellten sich um die Stufen. »Mein Sohn«, sagte Anthor, »steig hinauf, nimm das Schwert und bring es dem Herrn Erzbischof.« Artus tat unverzüglich, wie sein Vater ihm befohlen, stieg mutig die Stufen hinauf, zog ohne alle Mühe das Schwert aus dem Amboß und händigte es dem Erzbischof ein; dieser umarmte den Knaben, und sang mit lauter Stimme Te Deum Laudamus. Die Fürsten und die Herren gingen mit Artus in die Kirche zurück. Voller Verdruß sagte einer zum andern: »Wie kann es sein, daß ein solcher Bursch unser König werde, und über uns herrsche?« Als der Erzbischof diese Reden hörte, geriet er in Zorn; er und Anthor waren auf Artus Seite; aber die Barone und auch das Volk waren gegen Artus.

      Darauf sprach der Erzbischof das kühne Wort: »Und wäre die ganze Welt gegen diese Wahl, und Gott der Herr hat sie beschlossen, so wird er König! Geh' Artus«, fuhr er fort, »stecke das Schwert hin, wo Du es hergenommen.« Artus gehorchte, und das Schwert war so fest als vorher. »Jetzt geht«, fing der Erzbischof wieder an, »Ihr Fürsten, Herzoge, Ihr Reichen und Mächtigen, jetzt geht hin und seht, ob einer unter Euch ist, der es herauszieht.« Sie versuchten es alle noch einmal, einer nach dem andern; keiner vermochte es aber. »Ihr Thoren«, rief der Erzbischof, »wollt Ihr gegen den Willen Gottes streiten?« – »Das wollen wir nicht«, sagten die Fürsten, »sollte es uns aber nicht kränken und uns wehe tun, daß ein solcher Bursche über uns herrschen soll?« – »Der ihn erwählte«, sagte der Erzbischof, »der kennt ihn besser als Ihr ihn kennt.« – »Wir bitten Euch, Herr Erzbischof«, sagten die Fürsten, »laßt das Schwert noch stecken bis zur Lichtmeß, damit noch andere den Versuch machen.«

      Dies wurde ihnen

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