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wie er hinweggeritten, da geriet er in großen Zorn und sprach zu den Abgesandten: »Mit nichten werde ich wieder an seinen Hof gehen, denn er hat sich so sehr an mir und an den Meinigen vergangen, daß ich ihn nicht mehr lieben und ihm nicht fürder gehorsam sein kann. Mehr sage ich Euch jetzt nicht.«

      Als die Abgesandten keine andre Antwort als diese vom Herzog erlangen konnten, zogen sie wieder ab und ritten nach Kardueil. Der Herzog aber ließ alle seine Ritter und die weisen Räte seines Landes zusammenberufen und erzählte ihnen nun, welche Verräterei der König an ihm begangen und wie übel er ihm mitgespielt; »darum«, setzte er hinzu, »ritt ich plötzlich, und ohne Urlaub von ihm zu nehmen, von Kardueil weg; jetzt aber hatte er mir die Botschaft wissen lassen, daß ich des Verbrechens der beleidigten Majestät schuldig sei und deshalb wieder an seinen Hof kommen müsse, um ihn um Verzeihung desfalls zu bitten; eben so müßte ich wieder kommen, wie ich den Hof verlassen: das heißt aber, nicht ohne meine Gemahlin Yguerne dürfe ich kommen.« – »Ihr habt wohl getan«, sagten seine Ritter und Räte, »daß Ihr solches nicht getan, denn es ist Eure Pflicht, daß Ihr Eure Ehre in Obacht nehmt. Übel hat der König getan, solchen Verrat an seinem Lehnsmann zu verüben.« – »Nun«, antwortete der Herzog, »so ersuche ich und bitte Euch, um meiner Ehre und der Eurigen willen, daß Ihr mir Euern Beistand gewährt und mir Hilfe leiht gegen den König, wenn dieser Krieg und Streit mit mir anfängt; daß Ihr mein Land mir beschützen helft und in allen Dingen mir zu Hilfe kommt.« Die Ritter und Räte versprachen ihm und schwuren, daß sie ihm helfen und dienen würden, sollte es auch ihr Leben kosten; wofür der Herzog ihnen sehr dankte. Nachdem der König den Bericht der zurückkehrenden Botschafter vernommen, geriet er sehr in Zorn und bot alle seine Barone und Fürsten auf, ihn an dem Herzog von Tintayol rächen zu helfen, und sie sagten ihm alle ihre Hilfe zu. Vorher ließ er, wie im rechtmäßigen Krieg, dem Herzog den Frieden aufsagen und ihm verkündigen, daß, wo er nicht dem König ehrenhafte Genugtuung täte, er sich nach vierzig Tagen in Bereitschaft zu halten habe, sich zu verteidigen, weil der König ihm in vollen Waffen zusprechen würde. Als der Herzog dieses Aufgebot vernommen, antwortete er den Boten, daß er sich wo möglich zu verteidigen gedächte; ließ darauf auch seine Ritter und Kriegsmänner entbieten und sie zur Verteidigung des Landes vorbereiten. »Ich besitze nur zwei feste Schlösser«, sagte er seinen Rittern, »die imstande sind, gegen den König zu halten, diese beiden soll er aber sicher nicht bekommen, so lange ich lebe. Meine Gemahlin soll hier zu Tintayol bleiben, nebst zehn der tapfersten und kühnsten Ritter zu ihrer Beschützung, welche die Burg wohl zu verteidigen im Stande sind; ich aber will mit den übrigen zu dem anderen Schlosse ziehen.«

      XXIV. Von einer langanhaltenden Belagerung und dem Liebeskummer des Königs

       Inhaltsverzeichnis

      Der König zog mit seinem Heer in das Land des Herzogs von Tintayol und nahm alle Städte, Dörfer und Burgen, wo er durchzog, ohne Widerstand ein. Hier erfuhr er, daß Dame Yguerne zu Tintayol geblieben, der Herzog aber zur Verteidigung einer anderen Burg fortgezogen sei; er versammelte also seinen Rat und fragte, ob er besser täte, erst Tintayol zu erobern und alsdann das andere Schloß, oder ob er erst den Herzog daselbst belagern solle. Seine Räte waren alle der Meinung, er müsse erst den Herzog in seinem festen Schlosse belagern; wenn er ihn selber erst in seiner Gewalt habe, so würde alles übrige von selbst kommen. Der König mußte diesen Gründen nachgeben, zog mit seinem Heer vor das feste Schloß und belagerte den Herzog. Als er nun vor dem Schlosse lag, sagte er heimlich zu Ulsius: »Was wird aus mir, so ich nicht Yguerne sehe?«-»Sire«, erwiderte Ulsius, »Ihr müßt jetzt Geduld haben: denkt darauf, den Herzog zu bezwingen, so sind dann alle Eure Wünsche erfüllt. Ihr würdet Eure Gesinnungen zu früh verraten haben, wenn Ihr gleich zuerst nach Tintayol gezogen wärt, ohne erst den Herzog zu belagern; also faßt Euch, und seid guten Mutes.«

      Die Belagerung ward mit großer Hitze betrieben und mancher Sturm auf das feste Schloß gelaufen; der Herzog aber verteidigte sich tapfer, so daß die Belagerung sehr lange dauerte, worüber der König sehr mißmutig war, denn er erkrankte ganz in Sehnsucht nach Yguerne.

      Als er eines Tages traurig in seinem Zelt saß, überfiel ihn eine solche Schwermut, daß er heftig anfing zu weinen; und als seine Leute ihn so weinen sahen, entfernten sie sich erschrocken aus seinem Zelt und ließen ihn allein mit Ulsius. »Warum weint mein König?« fragte der ihn mitleidig. »Ach! Ulsius«, sprach der König, »ich sterbe vor Sehnsucht nach Yguerne! Ja der Tod ist mir gewiß, schon habe ich Eßlust und Trinklust verloren, und in der Nacht finde ich keine Ruhe mehr, weil der Schlaf mich flieht; und kein Mittel sehe ich, wie mir Heilung würde!« – »Faßt Mut, mein König, Ihr sterbt sicherlich nicht aus Liebe für eine Frau! Wenn Ihr doch den Merlin haben könntet«, fuhr er fort, »laßt ihn aufsuchen, vielleicht gibt er Euch guten Rat.« – »Gewiß weiß Merlin, was ich leide«, sprach der König, »aber ich habe ihn erzürnt, als ich den leeren Platz an der Tafelrunde versuchen ließ, und nun läßt er nichts von sich hören; auch glaube ich, findet er es wohl übel von mir getan, daß ich für Dame Yguerne in Liebe entbrannt bin, denn ich sollte wohl nicht begehren das Weib meines Untertanen, meines Lehnsmannes. Es ist Sünde, das weiß ich wohl; und dennoch muß ich sie begehren, ich bin nicht Schuld daran, kann mich dessen doch nicht erwehren.«

      »Ich bin sicher«, sagte Ulsius, »Merlin liebt Euch so sehr, daß er nicht ausbleiben wird, wofern ihm Euer Leid und Euer Schmerz bekannt ist, sondern er kommt gewiß und bringt Trost für Euch. Faßt nur Mut, mein König, habt nur noch Geduld, seid etwas fröhlicher, versucht Euch mit guten Speisen und Getränken zu stärken, laßt Eure Barone oft um Euch sein und vertreibt Euch in ihrer Gesellschaft auf eine ergötzliche Weise die Zeit, damit Ihr in etwa Euer Leid vergessen mögt!« – »Gern tue ich, was Du mir sagst«, antwortete ihm der König; »doch werde ich nicht meine Liebe, und nicht mein Leiden vergessen können.«

      XXV. Wie sich Uterpendragon, Ulsius und Merlin verwandelten und die Herzogin damit täuschten. Wie König Artus gezeugt wurde und Merlin das Neugeborene für sich verlangte

       Inhaltsverzeichnis

      Als der König einige Tage darauf nach der Messe in sein Zelt kam, fand er den Merlin daselbst. Groß war seine Freude, als er ihn erblickte, mit offenen Armen eilte er auf ihn zu, schloß ihn an sein Herz und küßte ihn. »Merlin«, fing er an, »ich sage Dir nichts von meinen Angelegenheiten, Du weißt sie besser als ich selber; aber ich bitte Dich um Gottes Willen, hilf mir von meinem Herzeleid, das Dir so wohl bekannt ist.« – »Laß erst den Ulsius kommen«, sagte Merlin, »dann will ich Dir antworten.«

      Ulsius wurde sogleich gerufen, und als er kam und der König zu ihm sagte: »Sieh, hier ist Merlin!« wurde er vergnügt, begrüßte ihn und sagte zum König: »Nun dürft Ihr nicht mehr weinen, denn sicherlich bringt er Euch Trost und Hilfe.« – »Ach«, sagte der König, »könnt er Yguernes Gunst mir verschaffen, so gäbe es nichts, was ich nicht für ihn täte, wenn es nur in meiner Macht steht.« – »Wagst Du«, sagte Merlin hierauf, »mir das zu versprechen, was ich Dir anfordern werde, so will ich Dir Yguerne zu verschaffen suchen, so daß Du bei ihr in ihrer Kammer und in ihrem Bette schläfst.«

      Ulsius lachte, als er dieses hörte, und sagte: »Jetzt wird man sehen, was eines Königs Herz wert ist.« – »Fordere, was Du willst«, rief der König, »es gibt nichts, was ich Dir nicht dafür gäbe, fordere nur!« – »Ich will dessen gewiß sein«, erwiderte Merlin, »Du und Ulsius, Ihr müßt beide mir einen Eid auf die heiligen Reliquien ablegen, daß ich von Dir bekomme, was ich Dir den Morgen abfordern werde, nachdem Du die Nacht bei Yguerne zugebracht haben wirst. Willst Du mit dem König schwören, Ulsius?« – »Mir währet die Zeit lang, ehe ich geschworen habe«, erwiderte dieser. Hierauf ließ der König die heiligsten Reliquien vor sich bringen, er und Ulsius legten die Hände darauf, und so schwuren beide, daß der König den Merlin das geben müsse, was Merlin am Morgen nach der Nacht, die er bei Yguerne zubrächte, von ihm fordern werde.

      Nachher eröffnete Merlin ihnen die Art und Weise, wie er dem König Yguernens Gunst verschaffen wollte. »Du«,

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