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des Herzogs geben, so daß sie Dich für ihren Gemahl halten muß. Auch hat der Herzog zwei Ritter, seine und Dame Yguernens vertraute Freunde, sie heißen Bretiaux und Jourdains. Die Gestalt des ersten will ich annehmen, Du, Ulsius, sollst die des Jourdains haben. Wenn es dunkel wird, wollen wir in dieser Verwandlung auf das Schloß Tintayol reiten, die Wachen werden uns den Eingang nicht verwehren, da sie uns für die Ihrigen ansehen. Nur des Morgens müssen wir wieder früh uns fortbegeben, denn wir werden wunderbare Dinge hören. Dein Lager laß unterdessen wohl bewachen, und daß Deine Leute niemandem sagen, wo Du hingegangen bist. Vergiß von allem dem nichts, was ich Dir hier sage, und seid zwischen hier und morgen bereit, wenn ich Euch holen komme.«

      Der König erwartete den Merlin mit der größten Ungeduld; endlich kam er wieder und sagte: »Jetzt ist alles in Bereitschaft und fertig, nun zu Pferde.« Sie ritten bis eine kleine halbe Meile von Tintayol; »hier müssen wir uns ein wenig aufhalten«, sagte Merlin, »steigt ab von Euren Pferden und erwartet mich hier.« Sie stiegen alle ab, Merlin ging etwas abwärts, pflückte Kräuter ab, rieb dem König das Gesicht und die Hände damit, dann dem Ulsius und sich selber, und sofort verwandelten sie sich alle drei; der König sah vollkommen wie der Herzog von Tintayol aus, so wie Merlin und Ulsius dem Bretiaux und Jourdains glichen, so daß sie sich einander ansahen und sich wirklich lange dafür hielten. Mit hereinsinkender Nacht kamen sie an das Schloßtor von Tintayol, wurden ohne Schwierigkeit eingelassen, und gaben der Wache den Befehl, es niemandem bekannt zu machen, daß der Herzog zu Tintayol da sei. Die Herzogin war schon zu Bette, als die drei in ihr Schlafzimmer kamen, die Ritter halfen ihrem Herrn sich entkleiden und in das Bett zur Dame Yguerne steigen, und entfernten sich alsdann. In dieser Nacht ward sie mit einem Sohn schwanger, der nachmals der gute König Artus genannt wurde. Der König genoß große Freude und Liebe die ganze Nacht hindurch von Yguerne, denn sie umarmte ihn und begegnete ihm mit herzlicher Freundlichkeit, wie sie ihren treugeliebten Gemahl umfing.

      Mit Tagesanbruch hörten Merlin und Ulsius, die schon aufgestanden waren, das Gerücht in der Stadt, der Herzog sei erschlagen und seine Seneschalls gefangen. Sie liefen also gleich ins Schlafzimmer zu ihrem Herrn und riefen: »Herr Herzog, steht auf und begebt Euch in Euer andres Schloß, denn die Nachricht ist gekommen, das Eure Leute Euch für tot halten.« Ihr Herr stand auch sogleich auf, nahm zärtlichen Abschied von der Dame Yguerne, empfahl sie dem Schutze Gottes, küßte sie und ritt davon mit den beiden Begleitern. Niemand im Schlosse wußte darum, daß der Herzog die Nacht bei seiner Gemahlin gewesen, außer ihren Kammerfrauen und den Torwächtern.

      Als sie glücklich wieder hinausgekommen waren, sich des gelungenen Anschlags freuten und sich fröhlich unterhielten, fing Merlin an und sagte zum König: »Ich habe, denke ich, Dir mein Wort gehalten, jetzt denke auch Du darauf, daß Du Deinen Eid hältst.« – »Du hast mir«, antwortete der König, »mehr Freude gegeben und einen viel größeren Dienst geleistet, als je ein Mensch dem andern leistete, und ich bin bereit, Dir mein Versprechen zu halten; jetzt sag an, was Du verlangst.« – »Wisse«, sprach Merlin, »daß Yguerne in dieser Nacht mit einem Kind männlichen Geschlechts ist schwanger worden, dieses Kind verlange ich von Dir.«

      Der König entsetzte sich, durfte aber sein Wort nicht zurückziehen. »Ich legte einen Eid ab«, sagte er, »Dir zu geben, was Du verlangen würdest; es sei Dir also zu Deiner Willkür übergeben.«

      XXVI. Was Ulsius und Merlin dem König rieten, und wie Merlin dann Abschied nahm

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      Hierauf wuschen sie sich alle drei in einem Fluß, wo sie hinüber mußten, und bekamen ihre natürliche Gestalt wieder. Als sie im Lager anlangten, kamen alle ihnen mit der Nachricht entgegen, der Herzog sei erschlagen. Der König war sehr betrübt über diese Nachricht, denn er hatte seinen Tod nicht gesucht. »Und wie geschah dies?« fragte er seine Leute. Nun hörte er, der Herzog, der es gemerkt, daß der König nicht im Lager sei, habe in der Nacht still seine Leute waffnen lassen, und habe einen Ausfall auf die Belagernden getan. Diese, von dem Getöse aufgeweckt, bewaffneten sich schnell und schlugen jene in ihr Schloß zurück; als sie sich aber mit ihnen ins Tor drängen wollten, sei der Herzog vom Fußvolk, das ihn nicht kannte, überwältigt und getötet worden. Die im Schlosse hätten sich nicht länger verteidigt, als sie den Tod ihres Herrn erfahren, sondern sich sogleich mit dem Schlosse ergeben.

      Der König ließ seine Räte zusammenrufen und legte ihnen die Sache vor, daß sie ihm rieten, wie er Genugtuung für des Herzogs Tod zu geben habe, denn er betrübte sich sehr um diesen Unfall. Er hatte den Herzog nicht gehaßt und seinen Tod nicht begehrt; »darum«, sagte er, »will ich seinen Anverwandten hinlänglich Genugtuung verschaffen, wie Ihr mir raten sollt.«

      Ulsius saß mit im Rat des Königs, und da die Räte verlangten, daß er zuerst sprechen sollte, sagte er ihnen: »Wer dem König und dem Reich zum Besten raten will, der verlange, daß der König den Freunden und Verwandten der Herzogin Yguerne sagen lasse, wie sie sich alle zu Tintayol versammeln, dort sich über ihre Angelegenheit beratschlagen, und alsdenn alle zusammen sich nach Kardueil zu begeben haben, wo der König ihnen Genugtuung geben und Frieden mit ihnen schließen würde.«

      Während Ulsius dies den Räten des Königs sagte, sie seine Meinung begriffen und sich auf ihn verließen, weil er der vertrauteste Freund des Königs war und wohl wissen mußte, was dem König am angenehmsten zu hören war – sie auch dem Ulsius versprachen, dem König nicht zu sagen, daß dieser Rat von ihm allein käme, sondern daß sie allesamt solches beschlossen, kam Merlin in das Zelt des Königs und sagte ihm: »Ulsius spricht und denkt gut und weislich über Deine Angelegenheit, auch ist er Dir treu ergeben, Du darfst ihm also sicher trauen und genau alles tun, was er von Dir verlangt; denn es ist zu Deinem Besten, was er verlangen wird, und alles wird gut bestehen nach seinem Rat. Folge also dem treuen und verständigen Ulsius, ich muß mich jetzt von Dir trennen; wenn Yguerne, der Du Dich jetzt vermählen wirst, das Knäblein geboren hat, mit dem sie von Dir ist schwanger worden, dann werde ich wiederkommen und es holen, denn Du weißt, es ist mein nach Deinem Eid. Auch werde ich dann noch nicht mit Dir reden, sondern nur mit Ulsius, dem ich sagen werde, auf welche Art er mir das Kind einhändigen müsse.« Der König war äußerst betrübt, daß Merlin von ihm gehen wollte, doch wurde er wieder froh, als Merlin ihm die Versicherung gab, daß er sich auf Ulsius verlassen könne; und daß Yguerne seine Gemahlin werden solle, erfüllte sein Herz mit großem Entzücken.

      »Hüte Dich aber«, fügte Merlin hinzu, »bei dem Leben der Dame Yguerne, daß Du ihr nie das Geheimnis entdecktst, wie das Kind, das sie unter ihrem Herzen trägt, nicht von ihrem Gemahl dem Herzog, sondern von Dir sei, und daß Du bei ihr geschlafen habest, ehe sie Dir vermählt ward; denn sie ist von großer Tugend und Frömmigkeit, und wenn Du sie so beschämtest, könntest Du wohl ihre Liebe verlieren.« Darauf beurlaubte er sich vom König und begab sich zum Meister Blasius, wo er ihn alles so aufschreiben ließ, wie wir es hier lesen.

      XXVII. Wie durch geschicktes Reden der König die Witwe Yguerne zur Frau bekam und dafür noch gepriesen wurde

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      Die Botschafter des Königs kamen nach Tintayol, wo sie Dame Yguerne und alle ihre Verwandte und Freunde versammelt fanden. Sie begrüßten die Herzogin, als sie vor sie gelassen wurden, und stellten ihr vor, der Herzog sei durch eigne Schuld und durch seine dem König zugefügte Beleidigung erschlagen worden. »Der König«, sagten sie, »ist in große Betrübnis durch seinen Tod versetzt und läßt Euch anbieten, mit Euch Frieden zu schließen nach Eurem eignen Begehren. Er ist ganz bereit, Euch und Euern Freunden und den Verwandten des Herzogs jede Genugtuung zu geben, die Ihr zusammen von ihm verlangen wollt.« – »Wir wollen uns«, antwortete die Dame und ihre Verwandten den Botschaftern, »wir wollen uns darüber beratschlagen.«

      Nachdem sie sich besonnen und sich untereinander beraten hatten, sagten sie der Dame Yguerne, ihre Meinung sei, daß man Frieden schließe mit dem König. »Da der Herzog durch seine eigene Schuld getötet wurde«, sagten sie, »kann der König nichts dafür, auch tut

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