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so werde ich ihn auch noch zum dritten Mal auf die Probe stellen. Morgen gehe ich zu einer Abtei, dort will ich als Mönch mich krank stellen und Euch den Abt zuschicken, Euch zu mir zu holen; er wird Euch sagen, ich sei einer seiner nächsten Verwandten und läge auf den Tod krank, wird Euch auch bitten, den Merlin mitzunehmen, damit er sage, ob ich wiederhergestellt werde oder sterben müsse. Dies soll aber die letzte Probe sein.« Der König versprach es ihm und ging nach Hause, der Kranke aber reiste zu der Abtei, und schickte des andern Tages nach ihm, wie sie zusammen abgeredet. Der König nahm Merlin mit, und sie ritten zusammen zu der Abtei, wo sie zuerst Messe hörten. Nach der Messe kam der Abt, mit etwa zwanzig von den Nonnen, und bat den König, doch Merlin sogleich zu seinem Verwandten zu führen, der schon seit einem halben Jahr krank liege, damit er ihm die Ursache seiner Krankheit und seines Todes sage. »Wollt Ihr mit mir zu dem Kranken gehen?« fragte der König. »Sehr gern«, sagte Merlin; »vorher aber wünsche ich dem König und seinem Bruder Uter etwas insgeheim zu sagen.« Die drei gingen beiseite, und Merlin sagte zum König und seinem Bruder: »Je mehr ich Euch kennen lerne, desto törichter finde ich Euch. Glaubt Ihr denn, ich wisse nicht, welches Todes der Narr sterben wird, der mich zu prüfen gedenkt? Ich werde es ihm noch einmal in Eurer Gegenwart zu wissen tun, so daß Ihr Euch wundern sollt.« – »Wie kann es denn sein«, fragte der König, »daß er zwei Todesarten haben wird?« – »Mehr noch als dies«, antwortete Merlin, »und wenn es nicht so eintrifft, so sollt Ihr mir nimmer glauben; ich gebe Euch mein Wort, nicht von Euch zu gehen, bis wir mit Augen gesehen, was ich ihm prophezeit.« Darauf gingen sie zusammen ins Zimmer zu dem Kranken.

      Als nun der Abt dem Könige den Kranken zeigte und ihn den Merlin zu fragen bat, ob er genesen, und welchen Todes er sterben würde, tat Merlin, als wäre er sehr erzürnt und sagte zum Abt: »Herr Abt, Euer Kranker mag nur aufstehen, denn er fühlt kein Übel. Nicht allein die beiden Todesarten sind ihm bestimmt, die ich ihm schon einmal genannt, sondern noch eine dritte dazu: am Tage seines Todes wird er den Hals brechen, wird hängen, und ertrinken. Wer dann am Leben ist, der wird diese drei Dinge bestätigt finden. Mein Herr«, fuhr er, zu dem Kranken gewandt fort – »mein Herr, verstelle Dich nicht länger, ich kenne Deine böse Gemütsart, Deine Falschheit und Deine argen Gedanken.«

      Da setzte der Kranke im Bett sich aufrecht und sprach: »Sire, nun mögt Ihr seine Narrheit erkennen, wie könnte ich wohl den Hals brechen, und hängen, und ertrinken? Das kann weder mir noch irgend einem andern widerfahren. Nun seht, wie weise Ihr handelt, einem solchen Menschen zu vertrauen.« – »Ich kann es nicht eher entscheiden«, antwortete der König, »bis die Erfahrung es lehrt.«

      Die Anwesenden waren alle über Merlins Reden erstaunt und sehr begierig zu erfahren, wie sie sich bewähren würden. Nach geraumer Zeit ritt dieser vornehme Mann in Begleitung vieler anderer auf einer hölzernen Brücke über einen Fluß. Das Pferd, worauf er ritt, wurde scheu, als er mitten auf der Brücke war, und sprang über das Geländer; der Reiter stürzte, brach auf dem Geländer den Hals und fiel hinüber, blieb aber mit seinem Kleid an einem der Pfähle hängen, so daß die Beine in der Höhe waren, der Kopf samt den Schultern aber unter dem Wasser steckten. Unter den Begleitern waren zwei, die dabei waren, als Merlin ihrem Herrn seine dreifache Todesart prophezeite; diese gerieten in einen solchen Schrecken, da sie diese so pünktlich erfüllt sahen, daß sie ein entsetzliches Geschrei erhoben. Die übrigen fingen auch an, so zu schreien und zu rufen, daß man es im nahegelegenen Dorf hörte, wo denn die Dorfleute eilends herzu liefen, um zu sehen, was es auf der Brücke gebe. Sie zogen den Herrn sogleich aus dem Wasser und brachten ihn hinauf; die beiden Männer aus seinem Gefolge riefen aber: »Laßt uns gleich sehen, ob er wirklich den Hals gebrochen?« Da es sich nun so befand, waren sie voll Schrecken und Erstaunen über Merlins Macht. »Der wäre töricht«, sagten sie, »der Merlins Worten nicht glauben wollte, denn sie sind die lautre Wahrheit.« Darauf nahmen sie den Leichnam auf und bestatteten ihn nach seiner Würde gar prächtig zur Erde.

      Merlin ging sogleich zu Uter, erzählte ihm den Tod des Mannes, und wie alles dabei sich zugetragen; »geht«, sagte er, »erzählt es dem König Euerm Bruder.« Uter gehorchte, und als Pendragon es von ihm vernommen, sagte er: »Geh zu Merlin und frage ihn, wann dies geschah?« – »Es sind jetzt vier Tage«, antwortete Merlin, »seitdem ihm das geschah, und nach sechs Tagen werden seine Diener kommen, es dem König zu vermelden. Weil sie mich aber vielerlei fragen werden, und ich auf nichts ihnen antworten will, werde ich fortgehen. Wisset auch, daß ich überhaupt nicht mehr so vor den Leuten auf alles antworten will, was sie mich fragen; sondern meine Antworten sollen dunkel sein, so daß sie diese nicht eher verstehen, als nachdem sie in Erfüllung gegangen sind.«

      Merlin ging, und Uter erzählte seinem Bruder alles, was er gesagt. Der König glaubte, Merlin sei erzürnt gegen ihn, und war sehr bestürzt wegen seines Weggehens. »Wohin ist er gegangen?« fragte er den Uter. »Das weiß ich nicht«, antwortete dieser; »aber er sagte, er wolle nun nicht länger hier bleiben.«

      Nach sechs Tagen kamen die Diener jenes Herrn und verkündigten dem König feierlich die ganze Begebenheit, wie ihr Herr den Tod gefunden. Der König, und alle, die damals lebten, sagten, daß es niemals einen weiseren Menschen als Merlin gegeben, und ehrten ihn sehr. Der König, sein Bruder Uter, und Ambrosius Aurelius beschlossen auch, aus großer Ehrfurcht vor Merlin, alles aufzuschreiben, was sie ihn würden sagen hören.

      Dies ist der Ursprung der Prophezeiungen des Merlin, was er nämlich von den Königen von England, und von vielen anderen Dingen, über die er sprach, prophezeite. In diesem Buch der Prophezeiungen ist nicht die Rede davon, was oder wer Merlin gewesen, sondern einzig nur von den Dingen, welche er gesagt. Merlin, der es wußte, daß Pendragon seine Reden aufschreiben ließ, sagte es dem Meister Blasius. »Werden sie«, fragte dieser, »ein ähnliches Buch wie das meinige machen?« – »Das nicht«, antwortete Merlin, »sie können nur das aufschreiben lassen, was sie sehen und hören, denn anderes wissen sie nicht.«

      Er nahm darauf Abschied vom Meister Blasius und ging zurück an den Hof Pendragons. Die Freude und Ehrenbezeigungen waren sehr groß, als man ihn ankommen sah, und der König war seiner Ankunft sehr froh.

      XVIII. Wie Merlin die Schlacht gegen die Heiden vorausplante und welchen dunklen Todesspruch er fällte

       Inhaltsverzeichnis

      Weil das Volk seine Reden alle wieder erfuhr, und jeder Mann ihn auf die Probe zu stellen gedachte, beschloß Merlin, nun nicht mehr so offen zu sprechen; alle seine Sprüche und Worte wurden nun dunkler und man verstand sie erst, nachdem sie eingetroffen. So kam Merlin eines Tages zu Pendragon und Uter, mit sehr niedergeschlagenem Gesicht: »Ihr werdet Euch«, sagte er, »wohl des Hangius erinnern, der durch Uter seinen Tod fand. Dieser Hangius war aus der adeligen und größten Familie des Heiden-Landes; seine zahlreichen Anverwandten haben geschworen, seinen Tod zu rächen, und nicht eher Ruhe zu halten, bis sie dies Land erobert haben. Von allen Seiten haben sie ihr Volk versammelt, auch haben viele Herzöge und Fürsten ihres Landes sich mit ihren Männern zu ihnen gesellt. Sie werden nun nicht lange mehr ausbleiben, sondern kommen in gewaltiger Menge und werden nicht eher nachlassen, bis sie das ganze Land unterjocht haben.«

      König Pendragon und Uter, sein Bruder, erschraken über diese Worte Merlins. »Sind denn«, fragten sie, »die Anverwandten des Hangius so mächtig, daß wir ihnen nicht sollten widerstehen können?« – »Für einen streitbaren Mann, welchen Ihr stellt, haben sie zwei; und wenn Ihr nicht große Klugheit anwendet, so erobern und zerstören sie Euer Reich.« – »Wir tun nichts ohne Deine Zustimmung, Merlin; sage uns nur, wann werden sie ankommen?« – »Im Monat Juni werden sie bei den Flächen von Salisbury auf dem Fluß sein. Ihr müßt nun so viel Bewaffnete wie möglich haben, um Euer Land zu verteidigen.« – »Wie«, rief der König, »ich sollte sie ins Land kommen lassen?« – »Ja, das müßt Ihr, wenn Ihr mir glaubt. Laßt sie erst weit vom Fluß absein, ehe Ihr mit ganzer Macht gegen sie streift, und Ihr müßt es so einrichten, daß einer von Euch mit einer starken Macht sie vom Flusse abschneidet, damit es ihnen an Mundvorrat und allem Kriegszubehör fehle. So müßt Ihr sie zwei Tage lang drängen, und erst am dritten müßt Ihr es zur Schlacht kommen lassen; werdet Ihr meiner Weisung genau folgen, so ist der Sieg Euer.« – »Sage uns

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