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Besonderes?« fragte sie erwartungsvoll.

      »Ja und nein.«

      Sie hatten den Parkplatz des Flughafengebäudes hinter sich gelassen und die Zufahrtsstraße zur Stadt erreicht.

      »Ich habe auch eine Überraschung für dich«, erklärte sie strahlend.

      »Ein besonders gutes Essen?«

      »Das sowieso.«

      »Einen Kuchen?«

      »Nein, gib dir keine Mühe, du rätst es nie!«

      »Dann spann mich nicht länger auf die Folter. Heraus mit der Sprache!«

      »Erst wenn du mir sagst…«

      »Na schön.« Er griff mit der Hand in die Hosentasche, holte einen kleinen Leinenbeutel heraus, warf ihn ihr in den Schoß. »Du mußt ihn öffnen«, sagte er, »aber vorsichtig… sonst rollen sie dir davon!«

      Mit vor Erwartung zitternden Fingern löste sie den Knoten, der kleine Beutel war gefüllt mit schimmernden rosa Perlen.

      »Wie schön!« rief sie, dankbar und begeistert.

      »Perlen aus Cittagong«, sagte er, »Naturperlen. Aber sie müssen natürlich erst noch gelocht werden, bevor man sie verarbeiten kann!«

      »Eine Kette«, sagte sie, »glaubst du, es wird zu einer Kette reichen?«

      »Wenn nicht, bringe ich dir das nächstemal noch eine Handvoll mit!«

      Ihr klares Gesicht verdunkelte sich. »Du hast doch nicht etwa vor, mich so bald wieder allein zu lassen?«

      »Das liegt bei Gott und meiner Firma.«Er berührte mit seiner rechten Hand sanft ihre Knie. »Aber reg dich nicht unnötig auf, so bald wird es bestimmt nicht sein.«

      »Hoffentlich«, sagte sie, »ich habe nämlich nicht geheiratet, um dauernd die Strohwitwe zu spielen.«

      »Jetzt sag mir aber endlich deine Überraschung!«

      Sie ließ sich ablenken. »Du«, sagte sie, »das ist wirklich was ganz Tolles. Ich bin als Geschworene für den Mordprozeß Carola Groß ausgelost worden! Ist das nicht großartig? Der interessanteste Fall des Jahres, und ausgerechnet ich …« Sie stockte mitten im Satz, denn es wurde ihr bewußt, daß er überhaupt nicht reagierte.

      Sie warf einen raschen Blick auf sein Profil, sah, daß er die Lippen zusammengepreßt, das Kinn hart vorgeschoben hatte.

      »Was ist denn?« fragte sie. »Hast du etwas dagegen, Peter?«

      »Ja«, erwiderte er hart, »das gefällt mir ganz und gar nicht!«

      Carola Groß kniete in ihrer Zelle im Untersuchungsgefängnis, fuhr mit der Hand unter die Matratze ihrer Pritsche und zog vorsichtig, ohne das Guckloch in der schweren Eisentür aus den Augen zu lassen, ihren kostbarsten Schatz hervor – einen kleinen Spiegel, den ihr ihr Mann, entgegen allen Vorschriften, ins Gefängnis gebracht hatte.

      Sie ertastete ihn, zog ihn an sich, stand auf und warf, mit dem Rücken zur Tür, einen gequälten Blick hinein.

      Seit mehr als einem dreiviertel Jahr saß sie schon in Untersuchungshaft, und diese Zeit der Isolierung und des bangen Wartens, der schlaflosen Nächte und der monotonen Tage hatte scharfe Spuren in ihr Gesicht gegraben. Ihre Haut war schlaff und grau geworden, die Winkel ihres schönen, jetzt so müden Mundes zogen sich nach unten, Falten hatten sich in ihr Gesicht gegerbt, die früher nicht gewesen waren, andere hatten sich verschärft. Ihr blond getöntes Haar wirkte glanzlos und ungepflegt, wuchs an den Wurzeln dunkel nach.

      Carola Groß versuchte ein Lächeln, aber es wurde nur eine wehe kleine Grimasse daraus.

      Früher hatte sie durch Gymnastik und Körperpflege, regelmäßige Besuche im Kosmetiksalon und beim Friseur ihre ursprünglich etwas farblose Hübschheit vertiefen und sich jugendlich erhalten können. Jetzt, nachdem ihr diese Möglichkeiten schon so lange versagt geblieben waren, sah sie älter aus, als sie war – eine Frau von zweiundvierzig Jahren, der das Leben nur Hoffnungen und keine wirkliche Erfüllung gebracht hatte – eine tief enttäuschte, gedemütigte Frau.

      Sie schob den Spiegel wieder unter die Matratze, als sie draußen auf dem Gang einen Schlüsselbund rasseln hörte – keine Sekunde zu früh, denn schon erschien das Auge einer Justizbeamtin im Guckloch, die schwere Tür wurde geöffnet.

      »Sie haben Besuch«, sagte die Beamtin kurz, aber nicht unfreundlich, »kommen Sie mit!«

      »Mein Mann?« fragte Carola Groß in jäh aufflackernder Hoffnung.

      Die Beamtin zuckte die Achseln. »Weiß nicht!«

      Carola Groß folgte ihr durch den Gang, vorbei an der langen Reihe eiserner Türen, die Treppe hinunter, wieder durch einen Gang in das Sprechzimmer.

      Dann stand sie ihrem Rechtsanwalt Dr. Herbert Suttermann gegenüber. »Guten Tag, gnädige Frau«, begrüßte er sie, »wie geht es Ihnen?«

      »Danke«, sagte sie, »ich hatte gehofft, mein Mann …«

      »Er wollte mitkommen, aber ich hielt es für besser …«

      »Warum?«

      »Weil ich noch einmal unter vier Augen mit Ihnen reden wollte!«

      Der Justizbeamte, der die Begleiterin von Carola Groß abgelöst hatte, zog sich in eine entfernte Ecke des großen Raumes zurück.

      »Die Verhandlung ist für übermorgen anberaumt«, sagte Dr. Suttermann.

      »Ja, ich weiß!« Ohne es selber zu merken, rang Frau Carola Groß die Hände. »Und wie lange wird diese Zurschaustellung dauern?«

      »So dürfen Sie es nicht ansehen, gnädige Frau«, mahnte der Rechtsanwalt, »in diesem Prozeß geht es um Ihr Schicksal! Zwar nicht um Leben und Tod, aber immerhin …«

      »Wie lange wird es dauern?«

      »Das hängt von den Umständen ab …«

      »Ich hatte so gehofft«, sagte Carola Groß, »Sie würden mir diese Demütigung ersparen!«

      »Es wäre besser für Sie … und für den Ausgang des Prozesses … Sie würden sich solche Sentiments abgewöhnen.«

      »Glauben Sie, es ist einfach für mich, mich in aller Öffentlichkeit zu entblößen? Meine unglückliche Ehe, meine Eifersucht …« Sie schluchzte trocken auf. »Nein, ich kann nicht!«

      »Sie müssen.« Dr. Suttermann legte seine Aktentasche auf den kleinen Tisch in der Mitte des Raumes. »Ganz davon abgesehen, daß diese Dinge längst allgemein bekannt sind. Dafür hat schon die Presse gesorgt.«

      »Entsetzlich!« Carola Groß ließ sich auf einen der beiden Stühle sinken.

      »Nein, keineswegs. Sie haben die Sympathien des Publikums auf Ihrer Seite … jedenfalls die Sympathien aller Ehefrauen, die schon einmal von ihrem Mann betrogen worden sind oder doch fürchten müssen, daß es passieren könnte …«

      »Warum erzählen Sie mir das!«

      »Damit Sie die Situation vollkommen klar sehen. Wenn Sie die Tat gestehen würden …«

      »Aber ich habe es nicht getan!« Die Stimme der Frau überschlug sich. »Wie oft soll ich es Ihnen noch sagen? Ich habe es nicht getan, ich bin unschuldig!«

      »Ich glaube Ihnen ja«, sagte Dr. Suttermann beruhigend.

      »Nein, keiner glaubt mir … nicht einmal Sie!«

      »Doch. Aber es ist meine Pflicht als Verteidiger, Sie darauf aufmerksam zu machen, daß Sie bei einem offenen Geständnis bestimmt mit mildernden Umständen rechnen können … wenn wir Glück haben, mit einer ganz unbedeutenden Freiheitsstrafe.«

      »Aber ich kann doch nicht gestehen, was ich nicht begangen habe.«

      »Das ist natürlich vollkommen richtig.« Dr. Suttermann setzte

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