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Der Ball duftete vertraut nach glücklichen Kindertagen. Während es draußen immer lauter wurde und die bekannten ersten Akkorde von „You’ll Never Walk Alone” erklangen, schwor ich mir, diesen Moment nicht mehr so schnell zu vergessen.

      Es heißt ja oft, dass 95 Prozent von dem, was im Fußball passiert, hinter verschlossenen Türen stattfindet. Glauben Sie mir: Sie machen sich kein Bild davon, wie es wirklich zugeht. Vielleicht sehen Sie samstags ein Spiel und bilden sich anhand dieser flüchtigen Eindrücke Ihre Ansichten über den Fußball. Oder Sie hören dem sinnlosen Geschwafel sogenannter Experten zu, ohne sich klarzumachen, dass die leeren Phrasen nur dazu dienen, eine vorgegebene Geschichte zu erzählen, die mit der Realität kaum etwas zu tun hat. Oder Sie haben in der Zeitung über unsere berüchtigten Weihnachtsfeiern gelesen und fragen sich, ob es dabei wirklich so wild zugeht, wie immer behauptet wird. Oder Sie begreifen einfach nicht, warum junge, scheinbar kerngesunde Sportler, die alles haben, unglücklich und depressiv sein können. Oder Sie haben im Fernsehen einen Bericht über Spielerfrauen gesehen und fragen sich, wie deren Leben wirklich ist. Oder Sie wollten schon immer mal wissen, warum ein Spieler bei einem Verein grottenschlecht ist und nach einem Wechsel plötzlich aufblüht. Gibt es unterschwelligen Rassismus im modernen Fußball? Wie wichtig ist der Trainer oder der Kapitän? Pfeifen die Schiedsrichter zugunsten der großen Klubs? Was denken die Spieler wirklich über TV-Experten, die Funktionäre und die FIFA? Wie läuft das mit den Spielervermittlern und der Wechselbörse? Wie funktioniert das mit den Prämien? Was ist wichtiger: Kohle oder Titel? Und wie denken die Spieler wirklich über die Fans?

      Wenn Sie die Antworten auf die meisten dieser Fragen wissen möchten, dann sollten Sie dieses Buch lesen, das völlig anonym von einem Spieler geschrieben wurde, der das Geschäft auf höchstem Niveau kennengelernt hat. Anhand meiner eigenen Erfahrungen versuche ich, zu beschreiben, wie es hinter den Kulissen im Fußball wirklich läuft. Viele der folgenden Geschichten sollte ich Ihnen besser nicht erzählen. Ich mache es aber trotzdem.

       KAPITEL 2

       Trainer

      WAS macht einen guten Trainer aus? Ich habe für ein paar großartige Trainer gespielt, aber auch für den einen oder anderen, der so mies war, dass ich mit Freude meinen eigenen Tod vorgetäuscht hätte, um keine Minute länger mit ihm arbeiten zu müssen. Die besten Trainer haben das uneingeschränkte Vertrauen der Spieler und erhalten ungeteilte Aufmerksamkeit, sobald sie den Raum betreten. Sie vertreten eine Spielphilosophie, die von allen begeistert angenommen und mit Einsatz und Leidenschaft auf dem Platz umgesetzt wird. Vor allem aber muss ein Trainer von jedem im Klub respektiert werden.

      Bestimmte Charaktereigenschaften sind Gold wert. Spieler wünschen sich einen Trainer, der konsequent und ehrlich ist. Niemand sitzt gerne auf der Bank, aber eine kurze Erklärung kann schon reichen, einer eventuell aufkommenden Unzufriedenheit vorzubeugen. Auch wenn sie mit seiner Entscheidung vielleicht nicht einverstanden sind, respektieren die Spieler den Trainer dafür, sie zur Seite genommen zu haben. Gute Menschenführung signalisiert den Spielern, dass sie ernst genommen werden. Das fördert den Zusammenhalt und äußert sich letztlich in geschlossenen Mannschaftsleistungen auf dem Platz.

      Ist dies nicht gegeben, macht sich Unmut breit, und früher oder später liest man in der Zeitung, der Trainer habe „den Draht zu den Spielern verloren”. So etwas passiert tatsächlich – vielleicht nicht so oft, wie einen die Medien glauben machen wollen, aber es kommt durchaus vor, dass eine ganze Mannschaft den Respekt vor dem Trainer verliert. Ich habe es selbst erlebt. Wir waren damals der Meinung, dass wir taktisch falsch eingestellt waren und deswegen auch kein besonders gutes Bild abgaben und Spiele verloren. Sicherlich müssen Trainer manchmal zu Unrecht den Kopf für das Versagen ihrer Mannschaft hinhalten, aber in diesem Fall war unsere Unzufriedenheit absolut gerechtfertigt.

      Anders als die Spieler haben Trainer keine disziplinarischen Maßnahmen oder Geldstrafen zu befürchten. Stattdessen geben die Spieler nicht mehr alles im Training und im Spiel oder verlieren den Mut. Ein Freund von mir erlebte vor nicht allzu langer Zeit eine solche Situation bei seinem Klub. Es war so schlimm, dass die Spieler darüber spekulierten, ob der Trainer es absichtlich auf seine Entlassung anlegte. Denn wo sonst, außer im Bankwesen, wird man für totales Versagen auch noch mit einer Abfindung in Millionenhöhe belohnt? Gut möglich, dass so etwas häufiger vorkommt. Mir würden jedenfalls ein paar Kandidaten einfallen.

      Trainer müssen nicht geliebt werden. Ich kenne einige Spieler, die ihren Boss verachten, aber dennoch sehr erfolgreich mit ihm sind. Andererseits gibt es auch den einen oder anderen Trainer, der bestimmten Spielern eine Menge Blödsinn durchgehen lässt, weil sie enorm wichtig sind für das Team. Letztendlich geht es nicht um gegenseitige Zuneigung, sondern gegenseitigen Respekt.

      Manche Spieler wären gerne Trainer. Und manche Trainer wären gerne immer noch Spieler. Ich habe mir einmal eine Strafe eingehandelt, weil ich mit ein paar Kumpels abends ausgegangen bin, als ich verletzt war. Es war ein Dienstagabend, ich verstieß also keineswegs gegen die Vorschrift, mich in den letzten 48 Stunden vor einem Match nicht in einer Kneipe aufzuhalten. Aber der Trainer meinte, jedweder Alkohol wäre meiner Genesung abträglich, also brummte er mir eine Geldstrafe von zwei Wochengehältern auf. Ich beklagte mich nicht, aber als ich gehen wollte, wandelte er sich vom Trainer zum Spieler und fragte mit einem blöden Grinsen: „Und: Hast du eine abgeschleppt?” Dabei wusste er ganz genau, dass ich seit Jahren liiert war. Letztlich war er wohl enttäuschter darüber, dass ich nichts zu erzählen hatte, als über meinen vermeintlichen Fehltritt. Damals verloren wir den Respekt voreinander, wenn auch aus jeweils ganz unterschiedlichen Gründen.

      Geldstrafen sind ein beliebtes Thema. Manche Leute scheinen sich vor allem dafür zu interessieren, wie viel Profis verdienen, und ich schätze, Geldstrafen gehören da irgendwie dazu. Ich weiß nicht mehr genau, wie oft ich offiziell zur Kasse gebeten wurde, aber sicher nicht mehr als ein halbes Dutzend Mal. Ganz anders sieht es bei den Kleinigkeiten aus, für die man in die Mannschaftskasse einzahlen muss (irgendwie müssen die wilden Weihnachtsfeiern schließlich finanziert werden). Dabei geht es um Summen zwischen 10 und 200 Pfund, die für alle möglichen Vergehen fällig werden wie z. B. Verspätungen oder irgendwelchen Kram, den man auf dem Trainingsplatz herumliegen hat lassen.

      Bei ernsthaften Verfehlungen können es aber auch durchaus bis zu 2.000 Pfund werden. Letztlich liegt es im Ermessen der Spieler, die über die Höhe der Strafen entscheiden. Ich hatte mal einen Kollegen, der grundsätzlich zu spät zum Training kam, also legte der Rest der Mannschaft eine Sonderabgabe von 500 Pfund für dieses Vergehen fest. Natürlich kam er weiterhin zu spät, so dass ein hübsches Sümmchen zusammenkam, mit dem wir für die Weihnachtsfeier einen Privatjet anmieten konnten. Die Strafe mag hoch erscheinen, aber meiner Meinung nach – und der vieler meiner Kollegen – sind solche Verspätungen unnötig und respektlos den anderen gegenüber.

      Ich habe mich lange geweigert, überhaupt irgendwelche Strafen zu bezahlen. Ich sah nicht ein, für etwas belangt zu werden, das nicht in rechtsverbindlicher Form festgelegt worden war. Bei einem meiner Klubs schafften wir Geldstrafen zu meiner großen Freude zeitweise ab, was leider zu einem Zusammenbruch jeglicher gesellschaftlicher Konventionen führte. Viele Spieler nutzten die neuen Freiheiten schamlos aus. Sie kamen und gingen, wann sie wollten, ließen überall ihren Kram herumliegen und parkten, wo es ihnen gerade einfiel. Manche schwänzten sogar die gemeinschaftsfördernden Besäufnisse, die, ob man’s glaubt oder nicht, für die Integration neuer Spieler sehr wichtig sein können. Nach einer Weile wünschte ich mir die Strafen zurück, um den Jungs eine Lektion zu erteilen. Das System scheint also zu funktionieren.

      Offizielle, von der Klubleitung verhängte Strafen sind eher die Ausnahme und werden nur bei wirklich schweren Vergehen gegen die Vorschriften ausgesprochen. Ich kenne ein paar Spieler, denen ein Wochengehalt abgeknöpft wurde, weil sie den jährlichen Weihnachtsbesuch der Kinderstation im Krankenhaus verweigert haben. Traurigerweise haben sie sogar gerne gezahlt, solange sie nur nicht mitgehen mussten.

      Als ich bei einem meiner Klubs noch nicht lange dabei war, konnte ich das Schwimmbad nicht finden, an dem wir verabredet waren. Navis gab es damals noch nicht, also fuhr ich einfach nach Hause. Am nächsten Morgen fragte mich der Trainer, welche Strafe ich für angemessen hielte.

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