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war schon ein paar Meter entfernt.

      „Hoppla!“ rief Stine, „Mensch, Petra! Anja!“ Stine parierte durch. Petra kam angehumpelt.

      „Na, mir den Boden unter den Füßen wegzuziehen, ist ja nicht gerade höflich“, murrte sie. Beide Knie durch, ich werde eine schöne Figur bei Cornelias Hochzeit abgeben.“

      „Wolltest du im Minirock tanzen?“ fragte Stine.

      „Hab’ gar keinen.“ Petra kletterte stöhnend auf den Wagen.

      „Na also“, sagte Stine. Damit war die Sache abgetan.

      Die Hochzeit

      „Himmel, die Spülmaschine geht nicht, was hab’ ich da nur falsch gemacht“, jammerte Mutter. Sie kniete davor, hatte alle Knöpfe der Klapptür hintereinander gedrückt und ließ die Hände sinken. „Und ich hab’ sie gestrichen voll gestellt – was soll ich nur machen?“

      Vater hatte ihr die Maschine geschenkt, als sie aus dem Krankenhaus kam, „statt Blumen“, damit sie Zeit sparte. Und Mutter, noch immer wacklig auf den Beinen, hatte sich ganz mächtig gefreut. Sie sagte, sie sparte damit einen halben Tag Arbeit. Wenn das auch etwas übertrieben war, so freute sich Vater über diesen Ausspruch doch sehr – und Anja über die Maschine, als habe sie sie selbst bekommen. Sie brauchte nun nicht mehr abzutrocknen – Abtrocknen war ihr ein Greuel, wie überhaupt alles „Helfen“ zu Hause. Jetzt guckte sie recht bedenklich zu Mutter hinüber, während sie am Küchentisch saß und frühstückte, gleichzeitig Vokabeln lernend. Von drüben hörte man die Stimmen der kleinen Brüder, die angezogen werden mußten. Und Mutter sah schon wieder aus, als habe sie einen Zehnstundentag hinter sich. Vater war bereits gegangen.

      Anja gab sich einen Ruck, klappte das Schulbuch zu und stand auf.

      „Laß, Mutter. Ich spül’ dir mit der Hand“, sagte sie, besser: hörte sie sich sagen, eigentlich ohne es sich vorher überlegt zu haben. Im Grunde war sie genauso erstaunt wie Mutter über dieses Angebot.

      „Ja, mußt du nicht fort?“

      „Ich hab’ erst zur zweiten Stunde Schule. Komm, geh zu den Jungs, die schreien sich ja die Lunge aus dem Leib. Ich mach’ dir’s.“ Sie schob Mutter beiseite und drehte den Heißwasserhahn der Handspüle auf.

      „O Anja, du bist ein Engel!“

      Anja grunzte. So was hatte Mutter noch nie gesagt – jedenfalls konnte sie sich nicht erinnern.

      „Nun geh schon. Ich weiß doch Bescheid.“

      Mutter sah sie an, zwischen Lachen und Weinen. Ja, wahrhaftig, ihr standen schon wieder die Tränen in den Augen. Sie war noch sehr anfällig und schwach. „Wenn sie bloß nicht anfängt zu heulen“, dachte Anja.

      Aber Mutter heulte nicht. Sie überlegte noch einen Moment und lief dann hinaus. Anja machte sich an die Arbeit.

      Im Grunde war das Spülen mit der Hand gar nicht so schlimm, wenn man Heiß-und-Kalt-Wasser hatte. Anja nahm das Geschirr aus der Spülmaschine, stellte die Tellerhalter daraus auf ein Küchentuch, welches sie auf dem Tisch ausgebreitet hatte, und ließ das Spülwasser fast kochend heiß werden. Auf diese Weise trockneten die Teller ganz von allein. Sie hatte das Vater mal abgeguckt, der, ehe sie die Maschine hatten, mitunter gespült hatte.

      Wahrhaftig, die Teller waren trocken. Sie räumte sie in den Schrank und stellte neue in das Gestell, geriet in Feuer und suchte nach allem, was noch zu spülen war. Wie würde Mutter sich wundern, wenn schon alles weggeräumt war! Nun noch die Töpfe! Wenn sie sich beeilte, konnte sie sogar die Küche noch trockenwischen, denn herumgespritzt hatte sie, daß es ringsum schwamm.

      Es gelang. Mutter kam herein, als Anja gerade das letzte Stück des Küchenfußbodens aufgetrocknet hatte, und erging sich in Lob und Dank.

      „Nein, nicht nur gespült, sondern die ganze Küche fertig gemacht, und so schön und so flink – Anja, du bist wirklich prima!“ sagte sie glücklich. „Und alles eingeräumt! Nun mußt du aber sicherlich ganz schnell weg!“

      „Ich komm’ schon noch zurecht!“ Anja lief in ihr Zimmer, um die Schulmappe zu holen. „Vater repariert dir die Maschine sicherlich, er kann doch so was –“ Und sie entfleuchte. Mutter schüttelte den Kopf. Wirklich, es gab noch hilfreiche Engel!

      Mittags kam Vater nicht nach Hause, er hatte nachmittags Unterricht und blieb dann meist in der Schule, um zu korrigieren. So hatte Mutter nur einen Eierkuchen für Anja gebacken, die Eierkuchen sehr liebte, und Apfelmus dazugestellt – sie war noch immer dankbar und gerührt. Um so mehr bedauerte sie, als Anja sich gar nicht zu freuen schien, mit dem Löffel spielte und sich keineswegs auf das Essen stürzte.

      „Was hast du denn? Ist dir nicht gut?“ fragte Mutter schließlich vorsichtig. Anja sah auf.

      „O ja, doch. Und Eierkuchen – fein –“, aber so ganz echt klang es nicht. Mutter sah Anja noch einmal kurz an, setzte sich dann zu ihr – eigentlich hatte sie sich ein bißchen hinlegen wollen, da die Jungen jetzt auch schliefen – und fragte dann, und es klang herzlich und lieb:

      „Kannst du mir’s nicht sagen? Etwas ist doch los. Hast du Pech gehabt in der Schule?“

      „Nein. – Ach, Mutter – wir hatten so etwas Schönes vor, und nun –“, sie schob den Teller weg, „nun ist alles verdorben.“

      „Was ist verdorben? Vielleicht kann man es doch noch irgendwie hinkriegen. Was ist es denn?“ fragte Mutter sachte. Anja sah sie an. Und dann brach es aus ihr heraus.

      „Also wir wollten – wenn Cornelia und Onkel Kurt heiraten – wir haben uns ausgedacht – als Überraschung –“ sie sprudelte auf einmal alles hervor. Daß sie Stine kennengelernt und sie gebeten hatten, das Brautpaar vierspännig zur Kirche zu fahren, mit einem blumengeschmückten Ponywagen, Stine auf dem Bock und Petra und sie als Beifahrerinnen neben ihr, alle drei in Reitkluft, Stine sogar mit Zylinder und weißen Handschuhen, wunderbar festlich. Und nun –

      „Nun?“

      „Ja, nun geht es nicht. Wir haben gehört, daß Onkel Kurt und Cornelia, die natürlich davon nichts ahnen dürfen, mit ihren beiden Autos direkt zur Kirche fahren werden. Aufs Standesamt gehen sie schon am Tag vorher, und nun ist alles verdorben. Petra brachte es heute vormittag mit in die Schule. Stine weiß es noch gar nicht –“

      Anjas Gesicht war ganz trostlos. Mutter sah sie nachdenklich an.

      „Ja, das wäre natürlich schade. Das ist –“

      „Und wir haben schon Fahren geübt. Petra hat sich dabei die Knie aufgeschlagen beim Aufspringen – und Stine freut sich auch – und –“ Sie verstummte. Mutter spürte ihren tiefen Kummer.

      „Vierspännig, sagst du? Mit Pferden?“

      „Mit Ponys. Mit kleinen – also süß –“ Anja kam ins Schildern. Sie erzählte alles. Es war vielleicht das erste Mal, daß sie Mutter so ausführlich von Pferden erzählte. Immer hatte sie gemeint, Mutter interessierte sich ja doch nicht dafür. Jetzt aber wurde sie eines Besseren belehrt.

      „Hör mal, Anja“, sagte Mutter nämlich nach einer Weile, in der sie nachgedacht hatte, „ich wüßte was. Wie wäre es, wenn wir Onkel Kurt und Cornelia vorschlügen – ganz harmlos, ohne was von Pferden zu erwähnen –, daß sie sich nicht erst vor der Kirche, sondern schon vorher hier bei uns träfen? Ich könnte sie doch zu einem kleinen Frühstück mit einem Glas Sekt einladen, ehe sie zur Kirche fahren? Und wenn sie herauskommen, um ins Auto zu steigen, steht die Kutsche da! Und ihr führt sie hin!“

      „Mutter –“

      „Und nach der Kirche kutschiert ihr sie in das Lokal, in dem wir dann essen und feiern wollen! Was meinst du?“

      „Zu einem kleinen Frühstück? Hättest du denn Zeit dafür?“ fragte Anja verhalten, aber aufs äußerste gespannt. „Die Hochzeit ist am Samstag, am schulfreien Samstag, Cornelia hat das so eingerichtet, damit Vater frei hat und wir auch. Aber so ein Frühstück

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