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mir gesagt.«

      So war das also! Frauke hatte das Gefühl, daß der Boden unter ihren Füßen nachgab. Sie begegnete Barbaras Blick. Nein, vor ihr würde sie sich keine Blöße geben, also lächelte sie.

      »Ich wollte mit meinem Mann etwas besprechen. Es war natürlich dumm von mir, daß ich nicht vorher angerufen habe. Ich weiß ja, daß er sehr beschäftigt ist. Was glauben Sie denn, wo er sein könnte?«

      »Vermutlich bei einem Kunden.« Barbara senkte den Blick. »Die Galerie hat bereits einen großen Bekanntheitsgrad, sogar aus München kommen inzwischen Kunstliebhaber. Viele wollen sich auch vom Chef persönlich beraten lassen.«

      Genau das hatte Gero auch gesagt. Aber wo war er jetzt? Das Lächeln fiel Frauke so schwer. »Es ist nicht mehr lange bis zum Feierabend. Es kann sein, daß er jeden Moment wieder zurück ist«, hörte sie Barbara sagen. »Eigentlich hatte er noch einige Kataloge durchsehen wollen.«

      Frauke gab sich einen Ruck. »Dann werde ich eben warten, jedenfalls bis zum Ladenschluß. Ich warte im Büro.« Mit diesen Worten verließ sie den privaten Wohnbereich. Als sie vor Barbara stand, mußte sie sich räuspern, ehe sie sagen konnte: »Sie können in den Ausstellungsraum zurückgehen, ich komme schon zurecht.«

      »Gut! Wenn Sie noch irgend etwas brauchen?«

      »Nein, danke!« Frauke sah Barbara nicht mehr an, und diese war froh, in den Verkaufsraum zurückkehren zu können.

      Sobald sich die Schritte der Angestellten entfernt hatten, wandte Frauke sich um und ließ sich in den Schreibtischsessel fallen. Eigentlich hatte sie ja täglich einige Stunden hier sitzen und Gero helfen wollen, doch es hatte sich rasch herausgestellt, daß dies undurchführbar war. Automatisch begann Frauke, die Listen und Kunstblätter zur Seite zu schieben. Hier mußte unbedingt einmal Ordnung geschaffen werden. Es herrschte wirklich ein fürchterliches Durcheinander. Sie fand einige Skizzen, die ganz offensichtlich von Geros Hand stammten, sowie Farbfotos von Bildern bekannter Maler. Diese hatte Frauke noch nie in Geros Besitz gesehen. Und dann hielt sie plötzlich Jetons in ihren Händen, die offenkundig aus dem hiesigen Spielcasino stammten. Seit wann verkehrte ihr Mann denn im Casino?

      Frauke hatte völlig vergessen, ihren Sohn anzurufen, und auch jetzt dachte sie nicht mehr daran. Einer plötzlichen Eingebung folgend, erhob sie sich und ging hinüber in die Galerie, wo sie Barbara nur flüchtig zunickte. Sie ließ sich nicht von deren fragendem, erstaunten Blick aufhalten und trat auf die Straße. Zu Fuß ging sie in den Casinopark, der fast bis an die Galerie grenzte. Die Urlauber, die sich hier tummelten, sah sie nicht.

      Zielstrebig ging sie auf den Eingang zu und betrat die pompöse Halle. Erst jetzt hielt sie inne und fragte sich, was sie hier eigentlich wollte. Dann spürte sie jedoch die Jetons, die sie in ihrer zur Faust geballten Hand hielt. Wie kam sie nur auf die Idee, daß Gero hier sein sollte, und dies am späten Nachmittag? Nur wegen dieser Spielmarken? Sie konnte sich nicht erinnern, daß Gero je seine Auftraggeber oder Kunden im Casino getroffen hätte.

      Unschlüssig ließ sie ihren Blick schweifen, und dann erstarrte sie. An der Bar, die sich in der Nähe der teppichbespannten Treppe, die nach oben in die Säle führte, befand, sah sie ihren Mann. An seiner Seite saß eine sehr schöne Frau. Frauke mußte zusehen, wie diese mit einer spielerischen Geste ihre Hand auf Geros Arm legte. Sie erkannte diese Schönheit, es war Angelina Mare. Sie war mit einem Industriellen verheiratet und lebte in Rom. Frauke wußte auch, daß Signore Mare ein guter Kunde ihres Mannes war, aber sie hatte nicht gewußt, daß Angelina in Bad Wiessee weilte.

      *

      Katharina Wittenberg saß auf der Bank im Garten. Die Hände im Schoß gefaltet, beobachtete sie die Kinder. Ihr Gesicht nahm einen entschlossenen Ausdruck an. Es mußte etwas geschehen. Wie dünn dieses Mädchen war! Sie erhob sich, klatschte in die Hände und verkündete: »Wir machen einen Spaziergang!«

      »Warum?« Mißtrauisch verzog Meike das Gesicht.

      Florian hingegen schüttelte sofort heftig den Kopf. »Ich warte auf das Telefon. Mami will doch anrufen.« Erschrocken öffnete sich sein Mund. »Vielleicht habe ich das Klingeln nicht gehört!« Er stürzte Richtung Haus davon.

      »Komm, Meike! Wir müssen nach ihm sehen.« Katharina streckte der Achtjährigen ihre Hand entgegen. Diese griff auch folgsam danach.

      »Wenn du willst«, meinte sie, »dann kann ich auf Flori aufpassen. Meistens macht er das, was ich ihm sage.«

      »Hm!« Katharina lächelte auf das Mädchen hinab. »Dann kannst du doch versuchen, Florian zu einem Spaziergang zu überreden.«

      Meike nickte mit ernstem Gesicht.

      »Du willst doch auch spazierengehen, oder?« fragte Katharina.

      »Ich weiß nicht!« Das Mädchen zuckte die Achseln. Sie sah sich um. »Ich weiß aber auch nicht, was ich hier tun soll.«

      Katharina zog es vor, darauf nichts zu erwidern. Sie ging mit Meike ins Haus, wo Florian bereits am Telefon stand und dieses anstarrte. Meike stellte sich an seine Seite und verkündete: »Ich glaube nicht, daß Mami anruft.«

      »Sie hat es versprochen!« Wütend sah Flori seine Schwester an.

      »Stimmt! Mami wird es auch noch tun. Aber ich finde es blöd, vor dem Telefon zu warten. Wenn Mami anruft, und wir sind nicht da, dann ruft sie später sicher nochmals an.«

      Flori sagte nichts. Er schob jedoch seine Unterlippe nach vorn und dachte über die Worte seiner Schwester nach. Sie hatte recht. Am Telefon zu stehen und zu warten, war langweilig.

      »Wenn wir gleich losziehen, dann sind wir auch bald wieder zurück«, schlug Katharina vor.

      Diesmal nickten beide Kinder gleichzeitig. Nun zögerte Katharina nicht länger, sie nahm die Hände der Kinder, und los ging es.

      Katharina hatte ein Ziel, sie wollte ins Doktorhaus. Willig folgten ihr die Kinder. Da die Sechzigjährige den Kindern erzählte, wie es hier früher ausgesehen hatte, als da noch keine Bungalows gestanden hatten, achteten die Kinder nicht auf den Weg, sondern hörten begierig zu. Das Doktorhaus war schon in Sicht, als Meike erstaunt ausrief: »Gehen wir zum Herrn Doktor?«

      »Mal sehen!« Nun war Katharine doch etwas unsicher. »Vielleicht hat der Onkel Doktor gerade etwas Zeit für uns, und wir können ihn besuchen.«

      »Ja, den Hund, den Franzl, den will ich besuchen!« Florian war jetzt Feuer und Flamme.

      Katharina strich dem Kleinen übers Haar, sagte aber entschlossen: »Das machen wir ein andermal.«

      Florian protestierte, aber da schob sie ihn schon durch die Hintertür in den Garten. Auch das Doktorhaus betraten sie durch den rückwärtigen Eingang. Florian löste sich von ihrer Hand.

      »Franzl!« rief er. »Ich bin es! Wo bist du?«

      »Pst! Nicht so laut! Du weißt doch, daß zum Onkel Doktor kranke Menschen kommen. Sicher warten bereits einige Leute, daß sie vom Onkel Doktor untersucht werden.«

      »Tante Katharina, was tun wir dann hier?« Eine dicke Falte stand nun auf Meikes Stirn. »Florian ist nicht krank und ich auch nicht.«

      »Wir sagen dem Onkel Doktor nur rasch Guten Tag.« Katharina hatte nun keine andere Wahl mehr, sie schob die Kinder durch die Hintertür in die Praxisräume. Und sie hatte Glück, denn Dr. Baumann kam gerade aus dem Untersuchungsraum.

      »Eric, hast du einen Augenblick Zeit?« rief sie leise.

      Erstaunt sah der Arzt von Katharina auf die Kinder. »Was gibt es denn nun wieder?«

      »Ich dachte, du wolltest…« Katharina trat von einem Fuß auf den andern. Wahrscheinlich war sie nun doch zu weit gegangen. »Da sind die Kinder, wir haben einen Spaziergang gemacht. Du könntest sie doch vielleicht mal schnell in die Praxis nehmen?« Unsicher wandte sie sich an die Kinder. »Nicht wahr, ihr seid lieb und laßt euch vom Onkel Doktor untersuchen?«

      Florian und Meike waren so überrascht, daß sie zuerst keinen Ton hervorbrachten.

      »Katharina!«

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