Скачать книгу

dieser Aufwand!« meinte diese, drehte sich um und ging den Weg zurück.

      »Flori«, begann Frauke. Sie sah zu ihrem Sohn hinauf.

      »Nicht«, mahnte Eric leise. Er hatte wirklich Angst, daß der Kleine herunterfallen könnte. Für ihn war es sowieso rätselhaft, wie der Fünfjährige überhaupt dort hinaufgekommen war.

      Franzl, der Mischlingshund, der sich bis jetzt ruhig verhalten hatte, bellte und sprang am Pfosten hinauf. Prompt erschien Florians Kopf über der Plattform. Er beugte sich nach vorn, und Frauke stieß einen erschrockenen Laut aus.

      Florian beachtete seine Mutter nicht. Er schniefte, dann fragte er: »Ist das dein Hund, Onkel Doktor?«

      »Ja«, sagte Eric. »Er begleitet mich immer, wenn ich spazierengehe.«

      »So einen Hund möchte ich auch«, kam es von oben.

      »Gut, Flori, wir können darüber sprechen. Komm jetzt bitte herunter.« Erneut hob seine Mutter die Arme empor.

      »Zu dir komme ich nicht! Ich bleibe für immer hier.« Die letzten Worte gingen bereits wieder in einem heftigen Schluchzen unter.

      Kurz berührte Eric Fraukes Schulter. »Bitte, gehen Sie und nehmen Sie Ihre Tochter mit.«

      Im ersten Augenblick sah es so aus, als ob die einunddreißigjährige Mutter protestieren wollte, doch dann griff sie nach der Hand ihrer Tochter und wandte sich wortlos ab. Jetzt war Eric mit dem Jungen allein. Er fragte sich, was in diesem wohl vorgehen mochte.

      Franzl begann wieder zu bellen. Ihm dauerte dies alles zu lange.

      »Wirst du wohl ruhig sein«, schimpfte Eric automatisch. Florians Interesse war jedoch geweckt. Er hörte auf zu schluchzen und beugte sich wieder über den Rand.

      »Wie heißt er?«

      »Franzl!« Eric lächelte. »Ich helfe dir herunter, dann kannst du ihn streicheln.«

      Florian sagte nichts. Aber er zog sich nicht zurück, als Eric die Sprossen hinaufstieg und nach ihm griff. Er ließ sich auch herunterheben und hockte sich dann sofort vor den Hund hin. Franzls Knopfaugen blickten in das verweinte Kindergesicht. Der Hund hielt still, als Florians Hände über sein Fell strichen.

      »Ein lieber Hund«, sagte Florian und seufzte.

      »Na ja, er hat auch seine Mucken«, meinte Eric. Er setzte sich auf eine Sprosse. »Er kann manchmal ein richtiger Gauner sein. Zwingen läßt er sich zu nichts, da ist er genauso wie du.«

      Der Kleine hob den Kopf, und da kullerten auch schon wieder dicke Tränen über seine Backen. »Ich will nicht nach Hause zu Mami.«

      Eric griff nach dem Fünfjährigen und zog ihn auf seine Knie. »Warum denn, Florian? Deine Mami hat sich große Sorgen um dich gemacht.«

      Florian senkte den Kopf. Leise kam es dann über seine Lippen: »Papa kommt auch nicht mehr nach Hause.«

      Eric wurde hellhörig. Vorsichtig begann er, den Kleinen auszufragen. Es dauerte eine ganze Weile, aber schließlich erfuhr er doch den Grund, warum das Kind weggelaufen war. Florian hatte ein Telefongespräch belauscht. Seine Mami hatte mit seinem Papa gesprochen. Unter Tränen berichtete Florian, daß seine Mami sehr zornig gewesen war. Sie hatte laut in den Hörer geschrien und gesagt, daß sein Papa überhaupt nicht mehr nach Hause zu kommen brauchte.

      *

      Katharina Wittenberg war auf der Couch eingenickt, jetzt schreckte sie hoch. Es war bereits dunkel im Wohnzimmer. Nur durch die halbgeöffnete Tür fiel vom Flur etwas Licht herein. Sie hörte Schritte und dann das Bellen des Hundes. Auf der Türschwelle hielt der Hund inne und winselte.

      »Was ist denn hier los?« Dr.

      Eric Baumann starrte ebenfalls in die Dunkelheit. Seine Hand griff zum Lichtschalter. »Katharina«, rief er erschrocken. »Ist etwas nicht in Ordnung?«

      Katharina blinzelte, die plötzliche Helligkeit machte ihr zu schaffen. Franzl sprang nun freudig bellend an ihr hoch.

      »Ruhig, ruhig!« Katharina versuchte ihn abzuwehren. Dann sah sie zu Eric und meinte schnippisch: »Ich dachte, du wolltest nur einen Spaziergang machen?«

      »Meine Aufgabe war es, ein weinendes Kind zu trösten. Ob mir das allerdings ohne Franzl gelungen wäre, das kann ich nicht sagen.«

      Franzl hatte seinen Namen gehört und kehrte zu seinem Herrchen zurück. Treuherzig sah er zu ihm auf.

      »Du bist wirklich ein kluger Hund. Ich bin stolz auf dich.« Eric kraulte Franzl an den von ihm besonders bevorzugten Stellen. »Wir werden aber unser Versprechen halten müssen und Florian öfter besuchen.«

      »Florian?« Katharina runzelte die Stirn. »Willst du mir nicht endlich sagen, was geschehen ist?«

      »Schon!« Ein spitzbübisches Lächeln huschte über Erics Gesicht. »Da mußt du mir aber zuerst verraten, warum du im Dunkeln gesessen hast?«

      »Hm!« Katharina brummte ungehalten.

      »Das Haus lag völlig im Finstern. Da dachte ich, du wärst schon zu Bett gegangen. Ich will dich auch jetzt nicht länger aufhalten. Es ist ja schon nach zehn Uhr. Wenn du müde bist, dann solltest du zu Bett gehen.«

      »Unsinn!« Ihre Hände fuhren in die Höhe. Sie versuchte, ihr zerzaustes Haar zu richten. »Ich… ich…« Sie wußte nicht weiter.

      »Du hast geschlafen!« Eric lächelte. »Aber im Bett ist dies sicher bequemer.«

      »Ich habe ein kleines Nickerchen gemacht«, gab sie jetzt zu. Dann streckte sie sich jedoch. »Und was ist auch schon dabei?« Sie ging auf ihren Schützling zu. »Nun bin ich jedoch wieder hellwach und möchte wissen, wer dieser Florian ist. Setz dich, ich hole dir etwas zu trinken.« Sie wollte sich an Eric vorbeischieben, aber dieser wich nicht zur Seite.

      »Du hast schon lange Feierabend. Du bist es, die sich wieder hinsetzen wird. Ich hole eine Flasche Wein aus dem Keller. Wenn du nicht zu müde bist, kannst du gerne ein Glas mit mir trinken.«

      »Natürlich will ich das, aber ich kann doch…«

      »Wenn du nicht still bist, dann hole ich mir die Weinflasche und ziehe mich damit in mein Zimmer zurück. Ich muß nämlich über diesen Florian nachdenken.«

      Da Katharina ihren Eric kannte, lächelte jetzt auch sie. »Ich versichere dir, daß meine kleinen grauen Zellen wieder voll einsatzbereit sind. Ich kann dir also beim Nachdenken helfen.«

      »Das freut mich«, gab Eric offen zu. »Ich nehme das Angebot aber nur an, wenn du dich wieder hinsetzt.«

      »Ja, ja«, brummte Katharina. Sie bewegte sich auf das Buffet zu.

      »Du holst nicht einmal Gläser«, sagte Eric. Er drohte: »Wenn du es dir nicht wieder auf der Couch gemütlich machst, dann lösche ich das Licht und verschwinde.«

      Franzl bellte, er lief von Eric zu Katharina und kehrte dann wieder zu Eric zurück.

      »Für dich ist auch Feierabend, mein Lieber«, meinte Eric. Er bückte sich und griff nach Franzls Halsband. »Wir beide gehen jetzt zuerst in die Küche. Dort bekommst du noch etwas von mir, und dann geht’s ab ins Körbchen.«

      Franzl winselte und senkte den Kopf. Dann wagte er nochmals einen Blick in das Gesicht seines Herrchens. Er erkannte, daß dieser es ernst meinte. Da zog er den Schwanz ein und verschwand in Richtung Küche. Eric richtete sich wieder auf. Er sah auf seine Haushälterin.

      »Schon gut«, brummte diese und bewegte ihren fülligen Leib in Richtung Couch.

      »Ich bin gleich zurück, und dann hoffe ich, daß du mir etwas über die Familie Ebert erzählen kannst.«

      »Ebert? Richtig, der Kleine von den Eberts heißt Florian.« Nachdenklich ließ Katharina sich auf die Couch fallen. »Hast du etwa den kleinen Flori trösten müssen?«

      Sie bekam keine Antwort, denn Eric war bereits seinem Hund in die Küche gefolgt. Er füllte Franzls

Скачать книгу