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nach dem Hund und machte sich auf den Weg.

      *

      Das Haus der Familie Ebert befand sich inmitten eines großen Grundstücks. Dr. Baumann hatte seinen Hund an die Leine genommen und schlenderte nun dicht an den Büschen und Sträuchern vorbei, die das Grundstück einschlossen. Das Haus konnte man von hier nicht sehen. Franzl zerrte an der Leine, und Eric ließ sich um die Ecke ziehen.

      Er kam zur Garageneinfahrt, unwillkürlich verhielt Eric nun den Schritt. Irgend etwas schien hier nicht zu stimmen. Menschen standen herum und diskutierten. Als Frauke Ebert dann aufgelöst auf der Bildfläche erschien, ging er auf sie zu.

      »Herr Doktor!« Fraukes Stimme war ein erregtes Aufschluchzen.

      »Was ist denn passiert, Frau Ebert?«

      »Ich kann meinen Mann nicht erreichen.« Man sah Frauke an, daß sie sich bemühte, ruhiger zu werden.

      »Wenn ich helfen kann?« bot Eric an. Er ließ den Blick schweifen und entdeckte Meike, die auf der Gartenmauer saß und vor sich hinstarrte. War etwas mit dem Mädchen?

      »Ich weiß nicht!« Frauke fuhr sich über die Augen. »Florian ist verschwunden. Wir suchen ihn schon die ganze Zeit.«

      Eric versuchte zu verstehen, doch nun schaltete sich eine Nachbarin ein. Sie strich Frauke über die Schulter. »Der Kleine ist im Moment in einem schwierigen Alter. Er versteckt sich sicher nur irgendwo, und wie ich den Schlingel kenne, freut er sich darüber, daß wir ihn alle suchen.«

      »Er ist also weggelaufen?« fragte Eric.

      »Ich weiß es nicht!« bekannte Frauke erneut. »Er ist jedenfalls nicht da.«

      »Hat er das öfter gemacht?«

      »Was?« Frauke sah Dr. Baumann an, und in ihrem Gesicht stand jetzt Abwehr.

      Eric zuckte die Achseln. »Daß er wegläuft und sich versteckt. Ich meine, verschwindet er öfter heimlich?«

      »Nein! Warum sollte er auch? Er ist doch erst fünf!« Hilfesuchend wandte sie sich an die Nachbarin.

      »Er ist ein aufgewecktes Kind und hat sehr viel Phantasie«, meinte diese. »Ich verstehe die ganze Aufregung nicht. Florian wird sicher gleich wieder auftauchen.« Die Nachbarin legte Frauke den Arm um die Schultern. »Es wird doch bereits nach ihm gesucht.«

      Da auch Eric sich nun Sorgen machte, stellte er gleich die nächste Frage: »Wie lange ist Florian denn schon verschwunden?« Er sah Frauke an, und diese senkte den Blick.

      »Ich dachte, er wäre bei Meike im Garten. Als ich ihn holen wollte, war er jedoch nicht da. Meike hat mir geholfen, wir haben das ganze Haus abgesucht.«

      »Wie lange ist das her?« hakte Eric nach, als sie schwieg.

      »Ich weiß es nicht genau, eine halbe Stunde, eine dreiviertel Stunde? Wie gesagt, Bekannte suchen bereits die Umgebung ab. Nur meinen Mann, den konnte ich nicht erreichen.«

      »Sie sind doch Dr. Baumann? Haben Sie nicht die Praxis Ihres Vaters übernommen?« fragte die Frau, die Frauke so offensichtlich zur Seite stand.

      Eric nickte.

      »Florian ist bestimmt nicht verletzt. Er hält sich nur irgendwo versteckt.«

      Eric verstand. »Sie meinen, daß hier kein Arzt benötigt wird?«

      »Genau!«

      »Aber Dorli!« Frauke löste sich von ihrer Nachbarin. »Florian könnte doch wirklich etwas passiert sein. Ich weiß nicht einmal, wie weit er sich vom Haus entfernt hat. Vielleicht ist er auf eine Mauer geklettert und heruntergefallen.« Sie wandte sich an Dr. Baumann: »Ich bin froh, daß Sie hier sind, Herr Doktor. Wenn Florian verletzt ist, dann können Sie ihm doch helfen, oder?«

      Automatisch nickte Eric. »Wenn er bisher noch nie weggelaufen ist, dann wird er sicherlich irgendwo in der Nähe sein«, versuchte er die aufgeregte Frau dann jedoch zu beruhigen. »Ich bleibe jedenfalls hier. Wenn es Ihnen recht ist, sehe ich mich nur etwas um.«

      Frauke nickte, doch dann fuhr sie herum. Rufe uns Stimmen klangen auf. Es waren vier Kinder, die herangesprungen kamen. Jeder versuchte, den anderen zur Seite zu drängen und somit der Erste zu sein. Gleichzeitig versuchten sie sich gegenseitig zu übertönen. Es dauerte einige Sekunden, bis Eric und die anderen verstanden, daß die Kinder Florian gefunden hatten. Alle wollten sie gleichzeitig berichten.

      »Moment!« Eric hob die Hände. Jetzt hätte er sich Katharina an seine Seite gewünscht. Die verstand es, auch mit Kindern umzugehen, und hätte sich ihnen gegenüber durchgesetzt.

      Frauke redete nun ihrerseits hastig auf die Kinder ein. Sie brachte keine Geduld auf, und so dauerte es noch einige Minuten, bis die Kinder nacheinander berichteten. Florian war also auf einen Hochsitz geklettert und wollte nicht herunterkommen. Der Hochsitz befand sich nicht allzu weit vom Haus entfernt, oben am Waldrand.

      »Seid ihr auch ganz sicher?« fragte Frauke. »Ich war vorhin schon im Wald und habe nach Florian gerufen. Er müßte mich eigentlich gehört haben.« Sie wartete aber eine Antwort nicht mehr ab, sondern drehte sich um und eilte Richtung Wald davon. Die Kinder liefen hinter ihr her, und auch die Nachbarin folgte.

      Eric zögerte. Er wußte nicht so recht, was er tun sollte. Franzl, der bisher desinteressiert herumgeschnüffelt hatte, begann nun heftiger an der Leine zu ziehen. Schließlich nahm er vor seinem Herrchen Aufstellung und bellte fordernd.

      »Du hast recht«, meinte Eric und beugte sich zu seinem Hund hinunter. »Warum sollen wir nicht auch zum Waldrand gehen, wenn wir schon mal hier sind. Es ist ja nicht weit.«

      Franzl bellte freudig. Nach einem treuherzigen Blick lief er los, und Eric folgte ihm. Hinter der Hecke führte ein Feldweg zum Wald. Eric beschleunigte seinen Schritt nicht, gemächlich schlenderte er hinter den Voraneilenden her. Er hörte Florian schon schreien, noch bevor er den Hochsitz erreicht hatte.

      »Ich will nicht«, brüllte der Kleine. »Ich komme nicht herunter!«

      »Aber Flori, was willst du denn da oben?« Frauke bemühte sich um ihren Sohn, obwohl sein Gebrüll an ihren Nerven zerrte.

      »Ich schlafe heute hier«, kam es schluchzend von oben. »Ich komme nicht zurück.«

      »Es wird bald dunkel. Die Sonne geht unter, und dann ist es finster.« Frauke setzte den Fuß auf die Holzleiter, die nach oben führte. Sie streckte die Hand in die Höhe. »Komm, ich helfe dir!«

      »Geh weg!« schrie Florian. »Ich will nicht…« Seine Stimme war durch sein hysterisches Schluchzen kaum noch zu verstehen. Er kniete auf dem Sitz und schlug heftig mit den Armen um sich. Nun beugte er sich auch noch nach vorn.

      »Nicht, Flori!« rief Frauke erschrocken.

      »Mami, er wird herunterfallen«, rief Meike, die ebenfalls unter dem Hochsitz stand.

      »Lassen Sie mich mit ihm sprechen.« Eric trat nach vorn.

      »Mami soll weggehen«, kreischte Florian. »Ich lasse mich nicht anfassen! Weg! Alle sollen weggehen!«

      Eric legte der Mutter die Hand auf die Schulter. »Bitte«, sagte er, »Ihr Sohn ist sehr aufgeregt. Lassen Sie es mich versuchen. Florian, erinnerst du dich an mich?«

      »Ich will nicht«, schluchzte der Kleine. Er legte die Hände vor das Gesicht, dann streckte er die rechte Hand sofort wieder aus. »Alle sollen weggehen, alle!« Er schnupfte laut auf. »Du, Onkel Doktor, du kannst bleiben.«

      »Da siehst du es« brummte die Frau, die Frauke vorhin Dorli genannt hatte. »Er ist in einer Trotzphase! Er will nur seinen Willen durchsetzen. Was denkst du, wie schnell er herunterkommt, wenn es dunkel wird?«

      »Ich will nicht nach Hause«, ertönte es von oben. Das Weinen schwoll wieder an. In Erics Ohren klang es sehr verzweifelt. Daher wandte er sich auch erneut an Frauke Ebert.

      »Frau Ebert, es ist sicher besser, wenn Sie zurückgehen. Ich werde mit Ihrem Sohn sprechen. Ich bringe ihn dann nach Hause.« Er wartete Fraukes

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