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Männer ihre Ansichten über alles Mögliche austauschen. In einem Abschnitt fragt Patrick Caílte, ob die Jagdgründe an der irischen oder der schottischen Küste besser seien. In der Antwort wird eine Insel in Sichtweite des White Tower Crag genannt:

      Arran blessed with stags, encircled by the sea,

      Island that fed hosts, where black spears turn crimson.

      Carefree deer on its peaks, branches of tender berries,

      Streams of icy water, dark oaks decked with mast,

      Greyhounds here and beagles, blackberries, fruit of sloe,

      Trees thick with blackthorns, deer spread about the oaks,

      Rocks with purple lichen, meadows rich with grass,

      A fine fortress of crags, the leaping of fawns and trout,

      Gende meadows and plump swine, gardens pleasant beyond belief,

      Nuts on the bough of hazel, and longships sailing by.

      Lovely in fair weather, trout beneath its banks,

      Gulls scream from the cliffs, Arran ever lovely.73

      Arran, gesegnet mit Hirschen, vom Meer umkreist,

      Insel, die Rudel nährte, wo schwarze Speere blutrot werden.

      Sorgloses Wild auf ihren Spitzen, Zweige mit reifen Beeren,

      Bäche mit eiskaltem Wasser, dunkle Eichen voller Mast,

      Windhunde hier und Beagle, Brombeeren, die Frucht des Heckendorns,

      Bäume voller Schlehen, Wild, das sich unter den Eichen verteilt,

      Felsen mit purpurroten Flechten, Wiesen mit üppigem Gras,

      Eine schöne Klippenfestung, das Springen der Kitze und Forellen,

      Sanfte Weiden und fette Schweine, Gärten, unvorstellbar schön,

      Nüsse am Haselstrauch und Langboote, die vorbeisegeln.

      Lieblich bei schönem Wetter, mit Forellen, die unter den überhängenden Ufern stehen,

      Möwen, die von den Felsen schreien, Arran, immer wunderschön.

      Als dieser Zauber beschworen wurde, verschwanden Alauna, Aloo, Alt Clud und das cumbrische »Königreich Strathclyde« gerade in den Tiefen der Geschichte.

      Dumbarton Rock selbst gerät außer Sicht. Dun Breteann, die »Festung der Briten«, findet sich zwischen 944 und dem Spätmittelalter nicht in der Geschichtsschreibung. Archäologische Befunde lassen vermuten, dass sie nie völlig aufgegeben wurde, aber bestenfalls ein rückständiges Bauerndorf war. Das aktive Leben von Strathclyde fand jetzt anderswo statt. Andere Häfen dienten dem Verkehr auf dem Fluss.

      Schiffe segelten vorbei, ohne anzulegen. Ein Stück flussaufwärts florierte die Stadt Glasgow; und auf der anderen Flussseite diente die Baronie von Renfrew einer großen normannischen Familie, den fitzAlan-Stewarts, als Sprungbrett in eine königliche Zukunft.74

      Einigen Schätzungen zufolge zog sich die Endphase der cumbrischen Sprache bis ins 13. Jahrhundert hinein, also bis in die Zeit von William Wallace, Robert Bruce und Schottlands Kampf um die Unabhängigkeit. Dank seiner Heldentaten in den Kriegen gegen England stieg Wallace zum schottischen Nationalhelden auf. Doch seine Herkunft liegt völlig im Dunkeln, und Historiker zweifeln schon lange an den Angaben zu seiner Geburt und Abstammung. Man räumt bereitwillig ein, dass Wallaces Ruf »sagenumwoben«75 und »sein frühes Leben ein Rätsel« sei.76 Dennoch hält eine Gruppe von Fachleuten an seinem Geburtsjahr 1272 und dem Geburtsort im Dorf Elderslie nahe Paisley fest, wo heute ein beeindruckendes Denkmal steht.77 Eine andere Gruppe gibt Riccarton Castle in Ayrshire den Vorzug.78 Eines der wenigen harten Fakten dieser Geschichte ist, dass der Nachname Wallace – Uallas auf Gälisch – »Waliser« oder »Brite« bedeutet. Wie die englische Bezeichnung für Wales ist auch dies eine Variante der gängigen germanischen Bezeichnung für »Fremder« und wurde von englischsprachigen Bewohnern des Grenzlandes zwischen England und Wales wie auch in den cumbrischen Bezirken weiter nördlich so verwendet. In der Folge gab es im Mittelalter viele Menschen namens Wallace, nicht nur in englischen Countys wie Shropshire, sondern auch in Teilen Südschottlands. Früher erklärte man den Nachnamen des Helden mit der genialen Vermutung, dass seine Vorfahren im Gefolge der fitzAlans aus Shropshire eingewandert seien. Doch diese Annahme entbehrt jeder Grundlage. Es war der Doyen der schottischen Namensforschung, George Fraser Black, der als Erster die Idee in Umlauf brachte, dass William Wallace väterlicherseits Briten aus Strathclyde im Stammbaum gehabt haben könnte.79

      Der geografische Kontext spielt dabei eine große Rolle. Der für Wallace überlieferte Geburtsort Elderslie, heute ganz in der Nähe der südlichen Startbahn des Flughafens Glasgow, liegt buchstäblich in Sichtweite von Dumbarton Rock und lag vor der Ankunft der fitzAlans in den 1130er-Jahren mitten im früheren britischen Kernland. Zudem befinden sich alle Stätten, die mit den frühen Jahren des Helden verbunden sind, sei es Elderslie, Riccarton oder Lanark (wo er 1297 den englischen Sheriff tötete), in derselben einst brythonischen Gegend. Da das Gälische dort das Cumbrische weitgehend ersetzt hatte, verleiht diese Verortung dem Bericht Glaubwürdigkeit, demzufolge Wallace unter seinen gälisch sprechenden Gefährten als Uilleam Breatnach oder »William der Brite« bekannt war. Das beweist noch nicht, dass Wallace selbst Kumbrisch sprach. Aber es verweist auf die vage Möglichkeit, dass »Braveheart« eine ähnliche Verbindung zum Schottentum gehabt haben könnte wie der hl. Patrick zum Irentum.80

      Ähnliche Fragen umgeben auch die Ursprünge des mächtigsten Highland-Clans überhaupt, der Campbells. Ihre ältesten bekannten Besitzungen konzentrierten sich im Distrikt Cowal, direkt gegenüber der Insel Bute; und ihr späteres Kernland rund um Loch Awe und den oberen Loch Fyne liegt in fußläufiger Entfernung zum Loch Lomond. Ihr gälischer Name MacCailinmor leitet sich von einem berühmten Krieger des 13. Jahrhunderts ab, von »Colin Campbell dem Großen«, doch der Clan MacArthur Campbell von Strachur kann eine parallele Abstammung vorweisen, und dessen Beiname Campbell kommt vom gälischen caim beil oder »verzerrter Mund« und wird gewöhnlich übersetzt mit »eine Person, deren Rede nicht zu verstehen ist«. Sie waren mit anderen Worten keine gälisch sprechenden Schotten. »Der Clan Campbell«, so liest man in einer neueren historischen Arbeit über die Clans, »stammte wahrscheinlich von den altwalisischen Verwandten im alten Königreich Strathclyde ab.«81

      Man könnte also annehmen, dass irgendwo im Schatten von Dumbarton Rock die alten Sitten und Gebräuche fortbestanden. Vielleicht plauderten die alten Leute in ein paar bescheidenen Tavernen und Fischerhütten noch in der alten cumbrisch-brythonischen Sprache, sangen die alten Lieder und erzählten die alten Geschichten über Ceredig und Patrick, über Mungo und den Lachs, über die großen Schlachten bei Catraeth, Nechtansmere und am Siebenschläfertag.

      Sie fragten sich sicher, was aus ihren Verwandten geworden war, die ins Exil gesegelt und nie zurückgekommen waren. Und sie brachten ihren Kindern bei, an den Fingern abzuzählen: yinty, tinty, tetheri, metheri, bamf

      III

      Die Geschichte Schottlands hat wie die Geschichte Englands mehrere Phasen mit ebenso weitreichenden kulturellen und sprachlichen wie politischen Veränderungen durchlaufen. Man muss sich von der gängigen Vorstellung verabschieden, dass Sprache und Kultur endlos von einer Generation an die nächste weitergegeben werden, als seien »Schottentum« oder »Britentum« wesentliche Bestandteile eines bestimmten nationalen genetischen Codes. Wenn dies der Fall wäre, könnten aus verschiedenen ethnischen Elementen keine neuen Nationen – wie die Vereinigten Staaten von Amerika oder Australien – entstehen. Die Fähigkeit menschlicher Gesellschaften, Kulturen zu integrieren wie auch verschwinden zu lassen, wird stark unterschätzt. So wie Einzelne im Ausland in einer fremden Gemeinschaft aufgehen, so kann auch eine ortsansässige Bevölkerung, wenn sich die sprachliche und kulturelle Umgebung ändert, leicht dazu gebracht werden, sich anzupassen. Dominante Kulturen sind eng mit dominanten Gruppen

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