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segelte im September von Norwegen her den Tyne hinauf und wurde in der Schlacht von Stamford Bridge zurückgeschlagen. Die zweite unter der Führung von Herzog Wilhelm von der Normandie, dem Enkel normannischer Wikinger, überquerte im Oktober den Ärmelkanal und errang nach der Schlacht bei Hastings die Herrschaft über England. In den Jahren nach 1066, als das Land zu einer normannischen Kolonie wurde, verbrachte Wilhelm der Eroberer viel Zeit mit dem sogenannten »Harrying of the North« – der Unterwerfung Northumbrias und dem Einmarsch in Schottland. Der Vertrag von Abernethy (1072) zwischen England und Schottland schloss einen Huldigungsakt ein, der die englische Rechtsposition, wonach Schottland jetzt ein Lehen Englands war, weiter stärkte.

      Nordbritannien nahm in dieser Zeit eine Gestalt und Prägung an, die im ganzen Mittelalter erkennbar bleiben sollten. Orkney und Shetland, Sutherland und die Äußeren Hebriden blieben zwar in den Händen der Nordmänner, doch die große Masse des Territoriums wurde unter einem Herrscher vereint. Darüber hinaus führten die Könige von Alba immer häufiger den Titel des rex Scottorum oder »König der Schotten« und stärkten damit das Konzept eines einigen »Schottland«; die Eroberung des Nordens von Northumbria nach der Einnahme von Edinburgh 1020 erzeugte einen weiteren Identitätswandel. Die Eingliederung der Lallans sprechenden Lowlands, deren Adel jetzt enge Kontakte zu Engländern und Normannen pflegte, stellte die vorherige Dominanz des Gälischen infrage.

      Dennoch kontrollierte das Haus macAlpin das Königreich Alba/Schottland fast das ganze Jahrhundert lang. Im Jahr 1031 unterwarfen sich Malcolm I. und seine Verbündeten ohne weitere Kämpfe dem Wikinger Knut, als der in den Norden kam. Die einzige Unterbrechung in der Thronfolge der macAlpins begann 1040, als Donnchad I. (Duncan) durch die Hand von MacBethad mac Findlaich (reg. 1040–1057), Herr von Moray – den Zeitgenossen als Ri Deircc oder »Roter König« und Shakespeare-Lesern als Macbeth bekannt – den Tod fand. Fast alle Historiker, die sich mit dieser Zeit beschäftigen, heben hervor, dass Shakespeares Stück ein großes Drama, aber schlechte Geschichtsschreibung sei.68 Kein einziger zeitgenössischer Bericht beschreibt Macbeth als Tyrannen. Er herrschte am Vorabend der normannischen Eroberung und gewährte Exilanten aus England Zuflucht. Als letzter König von Alba stand er einem gälisch sprechenden Hof vor. Schließlich töteten ihn Soldaten Malcolms III. Canmore (reg. 1058–1093), der ein Sohn des ermordeten Donnchad war.

      Das war das Umfeld der letzten Phase der politischen Geschichte von Strathclyde. Das Königreich erstreckte sich bis tief in die zwischen Schottland und England umkämpfte Zone hinein und wurde unweigerlich in diese englischschottische Rivalität mit hineingezogen. Lange ging man davon aus, dass Eogan II., auch als Owain der Blinde († 1018) bekannt, der Letzte seiner Linie gewesen sei. Seine Teilnahme an der Schlacht von Carham nahe Durham zwischen den Schotten und den Engländern im Jahr 1016 oder 1018 ist sicher belegt. Das gilt aber nicht für seinen Tod auf dem Schlachtfeld. Tatsächlich hatten die Unterkönige von Strathclyde und ihr Staat noch einige Jahrzehnte vor sich. Es gibt deutliche Hinweise darauf, dass Donnchad Strathclyde als königliche Apanage übertragen bekam, bevor er den Thron von Alba bestieg; und es bestehen kaum Zweifel, dass die Engländer Strathclyde in den letzten Jahren von Macbeth’ Herrschaft angriffen. Im Jahr 1054 führte Siward, der mächtige Graf von Northumbria, der zu Knuts Zeit nach Britannien gekommen war, eine große Flotte und ein riesiges Heer nach Norden und richtete in der bisher nicht lokalisierten Schlacht am Siebenschläfertag ein gigantisches Blutbad an. Macbeth wurde in die Flucht geschlagen, Siwards Sohn getötet. Vor allem aber »machte« Siward nach Aussage eines englischen Chronisten »Mael Coluim, den Fürsten der Cumbrier, zu einem König«.69 In der schottischen Überlieferung wurde dieser Fürst zumeist mit Macbeths Feind Malcolm Canmore gleichgesetzt; wahrscheinlicher ist jedoch, dass er ein Cumbrier aus Strathclyde mit demselben Namen war, der von Siward das Land seiner Vorfahren übertragen bekam.70 In diesem Fall hätte Strathclyde im 11. Jahrhundert abwechselnd Phasen schottischer und englischer Oberhoheit erlebt.

      Eines steht jedenfalls fest: Der gälische Druck auf die britische Kultur Strathclydes und auf die cumbrische Sprache wurde noch durch gleichzeitigen Druck aus England verstärkt. Die ständige Gälisierung seit der Zerstörung von Alt Clud durch die Wikinger in den Jahren 870/71 konkurrierte nun mit einer Anglisierung. Die sprachlichen Veränderungen sind schlecht dokumentiert, aber sie vollzogen sich wahrscheinlich in verschiedenen Gebieten und Milieus unterschiedlich schnell. Von Rhun map Arthgal (der eine gälische Ehefrau hatte) an waren die Unterkönige von Strathclyde wohl zweisprachig gewesen, wobei das Gälische das Brythonische immer mehr zurückdrängte. Dank der englischen Invasion von 1054 hatten sie nach der Mitte des Jahrhunderts wahrscheinlich immer stärker auf das Lallans zurückgegriffen, genau wie der Hof von Macbeth. Die brythonischen Untertanen der Kleinkönige hatten diesen sprachlichen Wandel sicher nicht so schnell übernommen. Als Erste hatten sich wahrscheinlich die Bewohner der nördlichen Distrikte in der Nachbarschaft zu Argyll angepasst, wo der Einfluss des Gälischen am stärksten war, oder die Einwohner der wenigen winzigen städtischen und kirchlichen Zentren wie Glasgow. Da die Zuweisungen von Kirchenpfründen durch die herrschenden Kreise beeinflusst und die Bildung von der Kirche kontrolliert wurde, folgte die kleine gebildete Schicht vermutlich den Moden bei Hofe. Die Bauern und Hirten auf dem Land waren da schwerer zu erreichen. Es könnten Jahrhunderte vergangen sein, bevor die alten Dialekte wirklich verschwanden.

      Auch im 12. Jahrhundert führte das Schwinden des Brythonischen bei den Bewohnern von Strathclyde nicht zur Aufgabe ihrer Identität. Strathclyde erinnerte sich noch lange an seine Wurzeln, und das Volk unterschied sich noch lange durch besondere Bräuche, besondere Gesetze und zweifellos auch durch einen besonderen Akzent von seinen Nachbarn. Es ist zum Beispiel kaum daran zu zweifeln, dass die brythonische Identität noch bis in die Zeit der schottischen Highland-Clans überdauerte. Verschiedene Clan-Namen sind eindeutig brythonischen Ursprungs, und einige Clan-Genealogien rühmen sich brythonischer Vorfahren. Das deutlichste Beispiel ist der Clan Galbraith, dessen gälischer Name »britischer Fremder« bedeutet und dessen Stammburg auf der Insel Inchgalbraith im Loch Lomond stand. Die Galbraiths führen ihren Stammbaum auf Gilchrist Breatnach, »Gilchrist den Briten«, zurück, der im späten 12. Jahrhundert eine Tochter des Earl of Lennox heiratete. Ihr Emblem, ein Keilerkopf, gleicht dem der früheren Könige von Strathclyde. Die Colquhouns aus Luss, die Kincaids, die MacArthurs und der Clan Lennox haben ähnliche Beziehungen zu diesem Territorium, in dem einst Gälen wie Briten zu Hause waren.71

      Im Jahr 1113 erhielt David, der Sohn von Malcolm Canmore und der hl. Margaret (1045–1093), der enge Kontakte zu den Engländern pflegte, den Titel eines »Fürsten der Cumbrier«. Dieser Ehrentitel mag wenig mehr als eine Aufmerksamkeit vonseiten des Königs gewesen sein (wie der des Fürsten von Wales am mittelalterlichen englischen Hof), aber man kann ihn auch als Hinweis darauf sehen, dass Strathclyde noch immer eine getrennte Verwaltungseinheit war und dass die Könige von Schottland die Besonderheiten der Region anerkannten. In seinen Jahren als cumbrischer Fürst errichtete David sein Jagdschloss in Cadzow (heute Hamilton), und die Glasgower Bischöfe des Mittelalters nannte ihre Diözese gewöhnlich »Cumbria«.72 Zwanzig Jahre später brachte David, nachdem er den schottischen Thron bestiegen hatte, normannische Barone und damit, sicher ganz im Sinne seiner verstorbenen Mutter, eine weitere politische und sprachliche Kulturschicht nach Strathclyde. Seit dem Fall von Alt Clud im Jahr 870/871 hatten Govan und seine aus Steinen errichtete alte Kirche als Strathclydes Kultur- und Regierungszentrum gedient. Der Ort war Sitz der königlichen Residenz und Stätte einer Großproduktion keltischer Kreuze gewesen. Jetzt aber musste er hinter Glasgow zurücktreten, wo David I. den Kult des hl. Mungo förderte.

      Man könnte durchaus vermuten, dass die nicht weit von Glasgow entfernt liegenden Inseln des Firth of Clyde die hartnäckigsten Hochburgen der brythonischen Kultur waren. Doch ganz offenbar hatte sich das Gälische dort bereits durchgesetzt, und irische Dichter der Zeit sprachen vom Firth als einem Teil ihrer eigenen Welt. Im berühmten Acallam na Senórach, der »Unterhaltung der Alten«, schildert ein gälischer Dichter des 12. Jahrhunderts ein fiktives Treffen zwischen dem hl. Patrick, dem Briten, der Irland bekehrt hatte, und Caílte, einem Schüler von »Fingal«, dem berühmtesten der sagenhaften Helden Irlands. Das Treffen ist völlig unhistorisch; der hl. Patrick gehört in das nachrömische Britannien, während Fingal zu verschiedenen Zeiten bis hinein in die Wikingerzeit immer wieder auftauchte. Die späteste Legende berichtet, dass er Glencoe gegen einen Trupp Nordmänner verteidigte, der in den Loch Leven hineingesegelt

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