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Nibelar - Die Gruft. Christine Troy
Читать онлайн.Название Nibelar - Die Gruft
Год выпуска 0
isbn 9783960743149
Автор произведения Christine Troy
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
Alles schwieg, niemand wagte recht, das Wort zu ergreifen, doch Grandol erkannte die Furcht auf den Gesichtern der Elfen. Er seufzte, warf seinem Begleiter einen flüchtigen Blick zu und wandte sich dann mit mitfühlend zusammengezogenen Brauen ans Volk.
„Sorgt euch nicht ...“ Seine Stimme klang warm und tröstend. „Felsstadt wird Dalwas nicht im Stich lassen. Ich habe gehört, dass Ranon, Rajas Gemahl, den Befehl gab, dreimal so viele Vorräte anlegen zu lassen wie nötig, und auch die Minen wurden so geräumt, dass sie ausreichend Platz für uns alle bieten ... Und ...“ Der Bärtige stemmte die geballten Fäuste auf den Tisch, zog die Lippen zu einem schmalen Strich, sodass sich sein Bart sträubte, und sagte mit tiefer, gedehnter Stimme: „Was auch immer da draußen lauern mag, seid versichert, dass wir, die Königswache, damit fertig werden. Ganz gleich, was es ist, wir zerschlagen es, noch ehe es recht einen Fuß auf unser Land setzt.“ Er pausierte kurz, um sich zu sammeln, und sagte dann, so eindringlich es ihm gelang: „Also bitte, grämt euch nicht, wir werden euch beschützen.“
Ein erleichtertes Raunen ging durch den Saal und Grandol setzte sich wieder.
Nun erhob sich Weldran. „Meine lieben Freunde, da scheinbar keiner von euch mehr eine Frage an die beiden Königswachen hat, werden wir uns nun zurückziehen. Für die Zeit meiner Abwesenheit empfehle ich, dass ihr euch in Sachen Kräuter an meinen Sohn Gweldon oder Marele wendet.“ Weldran deutete auf eine zierliche, in helle Gewänder gekleidete Dame, die zu seiner Rechten saß.
Sie schien schon etwas älter zu sein, obgleich ihre Haut sonderbar faltenlos war. Marele nickte zustimmend, dabei fiel ihr eine ihrer grauen Locken, die sie sorgfältig hochgesteckt trug, in die Stirn.
„Gut. Dann werden wir uns nun zurückziehen. Ich wünsche euch allen eine geruhsame Nacht.“ Es raschelte und knarrte, als sich die Ältesten und die beiden Königswachen aus ihren hochlehnigen Stühlen erhoben und durch eine Hintertür den Saal verließen.
*
Kapitel 2
Das Treffen
Die kühle Nachtluft strich erfrischend über Rajas Haut, als sie die hohe, mit Gold und Kristall veredelte Tür öffnete, die aus König Algars Schlafgemach hinaus auf den Balkon führte. Es klackte leise, als die Zwergin die schwere Tür hinter sich zuzog. Raja schloss die Augen und atmete tief durch. Endlich etwas Zerstreuung. Bis jetzt hatte sie an König Algars, ihres Onkels Bett gesessen, ihn mit getränkten Wickeln und vielversprechender Medizin versorgt. Heftige Schüttelkrämpfe und Fieber hatten den alten Herrn geplagt, doch nun war er endlich eingeschlafen. Erschöpft trat Raja an das steinerne Geländer und richtete den Blick gen Himmel.
Es war eine traumhafte Nacht, die Sterne funkelten und der zunehmende Mond, der seinen Höhepunkt nahezu erreicht hatte, warf sein silberweißes Licht auf die Bergkette, die wie ein steinerner Ring um Felsstadt lag. Auf den Dächern der Häuser unter ihr funkelte der gefrorene Schnee wie Diamantsplitter, und bis auf das Gemurmel der beiden Wachmänner, die auf einem benachbarten Balkon patrouillierten, lag eine angenehm friedliche Stille auf der Stadt. Raja seufzte wehmütig und legte den Kopf in den Nacken. Dabei fühlte sie deutlich, wie der kühle Gegenstand, den sie um den Hals trug, ein wenig verrutschte. Das Amulett von Dawatai.
„Ach“, seufzte die kleine Frau versonnen und zog das Schmuckstück unter ihrer cremefarbenen Weste hervor. „Dich hätte ich ja beinahe vergessen.“
Anmutig ruhte der alabasterfarbene Stein mit der geschmackvollen Silberumrandung in ihren Händen. Raja hatte das Amulett und dessen Zaubermacht keineswegs vergessen. Wie könnte sie auch, besaß das Schmuckstück doch die einzigartige Fähigkeit, seinem Träger Bilder seiner Liebsten, seiner Bekannten oder Freunde zu zeigen. Szenen, anhand derer deutlich zu erkennen war, wo sich die gesuchte Person just in diesem Augenblick befand und was sie tat. Nein, Raja hatte das Amulett nicht vergessen, im Gegenteil, seit Tagen spielte sie nun schon mit dem Gedanken, es zu verwenden, nachzusehen, wie es ihren Freunden ging. Bislang hatte ihr dafür jedoch nicht nur die Zeit, sondern auch der notwendige Mut gefehlt. Doch das sollte sich ändern.
Nervosität stieg in der kleinen Frau auf. Was würde ihr das Schmuckstück zeigen? Dass es Saruna und Gweldon so weit gut ging, wusste sie, schließlich waren sie in Dalwas und somit in Sicherheit. Aber was war mit Zemeas, Azarol und Nalaj? Was war mit dem Volk der Feuerelfen? Hatten sie ihr bis auf die Grundmauern abgebranntes Dorf wieder aufbauen können? Oder mussten sie gar einem weiteren Angriff der heimtückischen Yarge standhalten?
Raja seufzte, gleich würde sie es wissen. Das Amulett fest umklammernd verharrte sie zunächst einen Moment unsicher, dann schloss sie die Augen und drückte den kühlen Stein an ihr Herz. Augenblicklich erschien ein Bild vor ihrem inneren Auge. Unscharf, doch Raja erkannte Walgerad. Sie roch verbranntes Holz, feuchte Erde und irgendein penetrant süßliches Aroma stach ihr in der Nase. Den Geruch ignorierend konzentrierte sie sich auf das Bild, das nun stetig schärfer wurde. Im fahlen Mondschein erkannte sie den zerschlagenen Dorfbrunnen und die bis auf die Grundmauern abgebrannten Häuser. Da und dort lagen zwischen den Ruinen aus verkohlten Holzscheiten und Balken aufgebaute Haufen, doch weit und breit war kein Elf zu sehen. Verständnislos drückte Raja das Amulett fester gegen ihre Brust. Abermals strich ihr Blick durch die Ruinen – nichts. Doch, halt! Da, unmittelbar vor ihr bewegte sich etwas am Boden. Im spärlichen Mondlicht hatte sie die reglose Gestalt, die ein Stück vor ihr auf dem Boden gekauert hatte und die sich nun vor ihr aufbaute, nicht sofort ausmachen können. Das Herz der Zwergin pochte heftig.
„Zemeas?“, fragte sie mit belegter Stimme.
Die Gestalt kam näher, Raja erkannte einen langen Kapuzenumhang. Nun wandte die Gestalt den Blick zum Himmel, schon meinte die Zwergin die Umrisse eines Gesichts erkennen zu können, als jemand unmittelbar neben ihr ihren Namen flüsterte und sie vor Schreck das Amulett fallen ließ.
„Hey, hey, Raja, ist schon gut. Ich bin’s doch, Ranon“, beruhigte sie eine ihr wohlbekannte Stimme.
Raja hatte vor Schreck die Augen aufgeschlagen, das Herz klopfte ihr bis in den Hals und das Amulett von Dawatai schaukelte matt blinkend an der silbernen Kette, die sie um den Hals trug.
„Tut mir leid, mein Schatz, ich wollte dich nicht erschrecken“, entschuldigte sich der stattliche Zwerg mit dem roten Vollbart und drückte seiner Frau einen zärtlichen Kuss auf die Lippen. „Alles in Ordnung mit dir?“
„Wie? Ja ... ja, mit mir ist alles in Ordnung“, stammelte die Zwergin.
„Was machst du denn hier draußen? Es ist doch bitterkalt.“ Mit diesen Worten schlüpfte Ranon aus seinem Mantel und legte ihn seiner Frau behutsam über die Schultern.
„Ach nein“, widersprach diese schwach lächelnd. „Ich finde es angenehm. Und abgesehen davon hatten wir schon lange keine so sternenklare Nacht mehr wie diese.“
„Das stimmt wohl“, pflichtete der Bärtige ihr bei und richtete seinerseits den Blick in den nächtlichen Himmel. „So friedlich, so beruhigend.“
„Ja“, murmelte Raja. „Kaum zu glauben, dass unser wunderschönes Land in naher Zukunft Schauplatz eines grausamen Krieges sein soll.“
Ranon seufzte und senkte den Blick auf seine Frau, die ihn traurig aus ihren großen topasfarbenen Augen ansah. „Denkst du denn wirklich, dass Nalajs Prophezeiungen stimmen? Ich meine, sie ist eine alte, recht verwirrte Frau.“ Raja schürzte die Lippen und strafte ihren Gatten mit einem wütenden Blick. „Schon gut, schon gut. Ich meine ja nur.“
„Ranon, Nalaj mag vielleicht nicht mehr die Jüngste sein und – ja, zugegeben – manchmal wirkt sie etwas verwirrt, aber dennoch glaube ich ihr und ihren Prophezeiungen. Ich meine, ich war da, ich war selbst da, als Walgerad von einem Heer Yarge überfallen und dem Erdboden