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außer den kurzen rotbraunen Haaren und diesen Augen. Ungefähr fünf Sommersprossen auf dem Nasenrücken.

      Maxi starrte die Ärztin mit dem etwas lustigen Nachnamen an. Für einen kurzen Moment vergaß sie, dass sie Schmerzen hatte und warum sie hier lag. Eine kurze unbedachte Bewegung mit der Schulter, eigentlich nur ein intuitives Anheben, erinnerte sie dann aber unschön daran, dass sie wirklich Besseres zu tun hatte, als Frauen anzuschmachten.

      Und besagte Angeschmachtete auch. Die hatte auch Besseres zu tun. Die würde sie gleich untersuchen. Mit ihren Händen. Direkt auf ihrer nackten Haut. Maxi hielt in Erwartung der Berührung die Luft an.

      »Ist Ihre Atmung eingeschränkt?«, fragte Doktor Schneck auch gleich und schaute ihr jetzt direkt in die Augen. Ihre geschwungenen, dunkelroten Augenbrauen waren fragend angehoben. Sie hatte den Kopf leicht schiefgelegt.

      Maxi stieß sofort die Luft wieder aus. »Eigentlich nicht. Wobei ich mich noch nicht getraut habe, ganz tief durchzuatmen.«

      »Das sollten Sie aber. Deshalb bekommen Sie auch die entsprechend starken Schmerzmittel mit nach Hause. Und die nehmen Sie auch bitte. Bei Rippenverletzungen ist eine der Gefahren, dass die Lunge nicht richtig eingesetzt wird, und dadurch kann eine Lungenentzündung entstehen.« Die Ärztin musste Maxis entsetzte Augen gesehen haben, denn sie fügte hinzu: »Ich sagte, kann

      Dann fackelte sie nicht weiter, legte Maxi eine Hand auf den Bauch und fing an, sie erst einmal großräumig abzutasten.

      Die widerstreitenden Gefühle in Maxi waren kaum auszuhalten. Einerseits befürchtete sie, jederzeit Schmerz zu spüren, andererseits bereitete es ihr ein perverses Vergnügen, von den zarten, weißhäutigen Händen der Ärztin vorsichtig ertastet zu werden. Und das waren seeeehr angenehme Hände, die sehr vorsichtig vorgingen.

      Maxi schaute auf ihren Bauch und diese geschmeidigen Hände. Sie sahen dort sehr gut aus, sehr passend. Wie stolz sie immer auf ihre flachtrainierten Bauchmuskeln war, in diesem Moment umso mehr. Sie hatte zwar kein Sixpack und würde das in diesem Leben auch nicht mehr erreichen, aber auch kein Gramm Speck überschüssig. Nicht wie Elli, die mit einem Rettungsring aus überflüssigen Pfunden zu kämpfen hatte, und das, obwohl sie ein paar Jahre jünger war als sie.

      Doktor Schnecks Hände wanderten fachkundig weiter, und Maxi schwankte erneut zwischen Befürchtungen und abstrusen Gedanken an sämtliche Arztromane, die sie jemals gelesen hatte. Bilder aus Krankenhausserien geisterten durch ihren Kopf. Da waren die Ärztinnen auch immer wahnsinnig gutaussehend, und sie fragte sich, ob das so sinnvoll war. Dass das Krankenhauspersonal mit seiner Optik die Patienten ganz wuschig machte. Sie fühlte sich jedenfalls ganz wuschig. Wie Doktor Schneck wohl mit Vornamen hieß?

      Maxi war klar, dass die Schmerzspritze sie immer noch geistig etwas beeinträchtigte. Solche unkontrollierbaren Fantasien waren nicht unbedingt normal für sie. Und sie hatte den Krankenwagen schließlich zeitweise für ein Raumschiff gehalten. Dass der Notarzt über die Schlaglöcher und den Oberbürgermeister, der nichts dagegen unternahm, gelästert hatte, hatte sie allerdings noch in Erinnerung.

      Sie kam sich immer noch vor wie auf Droge. Sie hatte keine nennenswerten Drogenerfahrungen außer gelegentlichem Alkoholkonsum und einem Haschplätzchen in ihrer Jugend, aber genauso stellte sie sich das vor mit chemischen Drogen. Dass man nicht mehr ganz kontrollieren konnte, wohin das Gehirn einen führte. Dass sie bei der Untersuchung jetzt entweder die Hände der Ärztin anstarren musste, oder wie jetzt, als sie sich an ihrer Schulter entlangtasteten und Maxi sie aus dem Blick verlor, ihr Gesicht fasziniert fixierte, das gehörte genau in diese Kategorie.

      Maxi war natürlich in ihrem Leben schon einigen schönen Frauen begegnet, mit der einen oder anderen hatte sie auch was am Laufen gehabt, aber sie tendierte wirklich nicht zum lüsternen Starren. Nicht so, wie sie es jetzt tat.

      Was für hübsche Augen! Umrahmt von rötlich schimmernden dunklen Wimpern. Das hatte sie so noch nie gesehen. Obwohl die Ärztin gänzlich ungeschminkt war. Wer sah denn in seiner Nachtschicht so verboten gut aus? Ein bisschen blass vielleicht. Doktor Schneck kam wohl nicht so viel an die frische Luft und die Sonne, so deutlich, wie sich ihre paar eingestreuten Sommersprossen auf der Nase abzeichneten. Aber das machte sie fast noch anziehender. Maxi konnte sich gar nicht sattsehen. Der Mund war auch hübsch. Nicht zu dünne Lippen, nicht zu dicke Lippen. Genau perfekt proportioniert. Und diese Lippen bewegten sich jetzt. Sehr schön, wie das aussah. Mit einem kleinen, amüsierten Kräuseln im Mundwinkel. Und der Kopf wieder leicht schräggestellt wie schon einige Male. Sehr charmant.

      Maxi lächelte zurück.

      Und erst dann wurde ihr klar, dass sie vermutlich angesprochen worden war. In dem Moment, als diese betörenden Hände sich von ihrer nackten Haut verabschiedet hatten.

      »Maxi!«, rief ihr Elli förmlich zu. Dann sprach sie die Ärztin an, bevor Maxi sich äußern konnte. »Ist das normal, dass sie so weggetreten ist?«

      »Mein Kollege hat ihr vor dem Transport ein sehr starkes Schmerzmittel verabreicht. Das hält noch ein paar Stunden an. Sorgen Sie dafür, dass sie die Schmerztabletten in genau den Abständen nimmt, die ich Ihnen aufschreibe.« Die Ärztin saß immer noch direkt neben ihrer Liege, aber jetzt rollte sie in Ellis Richtung.

      »Ich wollte eigentlich wieder heimfahren«, sagte ihre Schwester zu der Ärztin.

      Das Gespräch fand gänzlich ohne Maxi statt. Aber sie war auch immer noch mit dem Anblick von Doktor Schneck beschäftigt. Sie hatte eine wirklich schöne Kurzhaarfrisur, die ihre glatten, kräftigen Haare richtig gut zur Geltung brachte. Wie sie im kalten Neonlicht glänzten, war ein Faszinosum für Maxi.

      »Sie sollte nicht allein sein. Lebt sie denn allein?« Das war eine komische Frage der Ärztin, und Maxi wurde klar, dass sie mal so langsam etwas sagen musste, sonst würde das mit dem Nachhausegehen nichts werden.

      »Ich komme schon zurecht«, klinkte Maxi sich mehr oder weniger unelegant ins Gespräch ein.

      Doktor Schneck sah fragend zu Elli.

      Glücklicherweise ließ ihre Schwester sie nicht hängen. »Ich bleibe bei dir. Ich ruf Gerald an. Er muss die Mädchen eben mal allein in die Kita bringen.« Sie hörte sich nicht begeistert an, aber wenn Not an der Frau war, konnte Maxi sich immer auf sie verlassen. Und umgekehrt galt das schließlich auch.

      Doktor Schneck erhob sich zögernd von ihrem Hocker. »Wenn das geklärt ist, schreibe ich Ihnen noch ein Rezept aus. Die Apotheken, die Nachtdienst haben, stehen am Schwarzen Brett.« Sie schien ihre Untersuchung damit beendet zu haben, blieb aber immer noch neben der Liege stehen, den Kopf wieder leicht zur Seite geneigt.

      Eine Eigenart, die Maxi sehr reizend fand.

      Die Ärztin schaute zuerst sie an, kurz Elli und dann irgendwie unsicher in den Raum. Was jetzt? Vertraute sie ihrer Diagnose nicht ganz? Wollte sie sie doch einweisen? War es das? Dachte sie, Elli würde sich vom Acker machen? Sie sah wirklich so aus, als ob ihr etwas Ernstes auf der Zunge läge. Und Maxi wollte auf keinen Fall im Krankenhaus bleiben müssen. Bevor sie nicht am Abnippeln war, wollte sie heim in ihr eigenes Bett.

      Deshalb kam sie Doktor Schneck ganz schnell zuvor, bevor sie sprechen konnte. »Dann noch eine angenehme Nachtschicht. Vielen Dank für Ihre freundliche Hilfe. Bestimmt gibt es noch interessantere Fälle als eine langweilige Feuerwehrfrau mit Pferdetritt.« Sie plapperte einfach einen Satz nach dem anderen. Auch das schrieb sie innerlich den Medikamenten zu, aber sie konnte nicht aufhören, bis sie sah, dass die Ärztin sich der Tür zuwandte.

      »Hm, ja, gut also«, sagte Doktor Schneck noch immer etwas zögerlich.

      »Ja, also, gute Nacht. Danke noch mal«, schloss Maxi die Situation endgültig ab. Nur nicht hierbleiben müssen. Auch wenn der Anblick der Ärztin eine enorme Aufmunterung war und sie ihre Verletzung für die paar Minuten ihrer Anwesenheit fast vergessen ließ.

      Wie sie ohne diese Ablenkung wieder in ihr T-Shirt kommen sollte, wusste sie noch nicht. Zur Not musste Elli ihr ein Handtuch aus ihrer gepackten Reisetasche umschlingen. Wie voreilig von ihrer Schwester, gleich eine Tasche für den Krankenhausaufenthalt zu packen. Maxi grinste bei dem Gedanken. Sie durfte heim!

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