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Werk über die Farbenlehre (1810) erfahren, in dem er die von Newton aufgestellte Theorie bekämpfte. Dagegen zeugen die geologischen und auch die, namentlich von G. in seinem Greisenalter gepflegten, meteorologischen Studien wiederum von der Lebendigkeit seiner fruchtbringend selbständigen Betrachtung.

      Wie Goethes naturwissenschaftliches Denken mit seinem religiös-philosophischen zusammenhängt, so hat es auch auf sein poetisches Schaffen ebenso stark wie bedeutsam zurückgewirkt. Ihm schien es die höchste Aufgabe, die menschliche Seele in ihren mannigfaltigen Typen nach den in der Wirklichkeit geltenden Gesetzen, gleichsam im Sinne der schaffenden Natur, von innen heraus neu erstehen zu lassen; er will dem Erdgeist das Gesetz seines Schaffens ablauschen und im Sinn und Auftrag der natura naturans eine neue Welt bilden, gleich seinem Prometheus. Aber nicht das Gewordene, sondern das Werdende ist ihm immer der vorzüglichste Gegenstand seines Interesses. Indem er die treibenden Kräfte erkennt und erfaßt, hält er sich frei von aller Unsicherheit der die Natur bloß nachahmenden Künstler; er baut eine neue Welt auf, aber nach dem Gesetz der wirklichen. Hiermit ist auch bereits angedeutet, daß G. mit innerer Notwendigkeit sich von der naturalistischen und realistischen Darstellungsweise schließlich abwenden und der idealistischen Kunst zuwenden mußte, die nicht die zufälligen Einzelheiten des Gewordenen, sondern die wesentlichen, treibenden Ideen in ihren Darstellungen festzuhalten sich bemüht.

      Und mit diesen ästhetischen Anschauungen sind weiterhin auch die ethischen Überzeugungen Goethes eng verknüpft. Wenn in dem Werden, in der lebendigen Betätigung der Kräfte, der göttliche Kern zu suchen ist, so ist es auch des Menschen höchste Aufgabe, die in ihm wirkende Kraft zu höchster Betätigung zu entfesseln. Alles dasjenige ist daher von Übel, was die Triebkräfte einschränken und hemmen kann; man soll sie nicht hindern, sondern anregen, beleben und nur auf den rechten Weg weisen. Dasjenige, was die Gottheit als Keim in uns angelegt hat, soll zur höchsten Entwickelung gelangen: nur so bildet sich der Einzelne zu einer Persönlichkeit aus, und darin, eine Persönlichkeit zu werden, liegt das »höchste Glück der Erdenkinder«. In diesem Sinne durfte sich G. mit Recht als den Befreier der Deutschen bezeichnen. Nichts war ihm so zuwider wie stockende Untätigkeit und zweckloses Treiben; er war der Überzeugung, daß der Mensch göttlicher werde, je lebendiger die Tätigkeit in ihm angeregt sei, aber diese Tätigkeit dürfe sich nicht im Zerstören und Verneinen offenbaren, sondern nur in positiver Förderung, im Aufbauen und Erschaffen. Goethes gesamtes Wirken besteht in einem Kampf gegen die Hemmnisse, die von innen und außen an uns heranstürmen; er ergreift dankbar alles, was die innere Bewegung fordert, und er weist alles zurück, was uns niederdrückt und erschlafft. Und so wird er, der der größte moderne Dichter nicht nur Deutschlands, sondern aller Völker genannt werden darf, zugleich ein lebenweckender Heros eines neuen Weltideals, dessen Durchführung in der Wirklichkeit vielleicht erst im Laufe von Generationen erwartet werden darf. Da aber das Neue seiner Lebensanschauung so groß und mannigfaltig ist, war es zu begreifen, daß manche der Zeitgenossen (z. B. Börne und Menzel), aber auch der spätern Geschlechter die Hoheit seines Strebens und die fruchtbringende Kraft seiner Weltanschauung gröblich verkannt haben; unter den neuern hat der Jesuit A. Baumgartner in seiner Schrift »G., sein Leben und seine Werke« (2. Aufl., Freiburg 1885–86, 3 Bde.) die verhängnisvollsten Irrtümer über den Dichter verbreitet.

      Goethes äußere Erscheinung, Bildnisse, Statuen.

      (Hierzu Tafel »Goethe-Bildnisse«.)

      Die Zeugnisse der Zeitgenossen sind einstimmig in der Bewunderung von Goethes stattlicher, eindrucksvoller Erscheinung, namentlich seines großen, leuchtenden und sprechenden Auges. Malerei und Plastik haben denn auch gewetteifert, sein Äußeres in Gemälden, Kupferstichen, Lithographien, Medaillen, Büsten und Statuen darzustellen. Über die Bildnisse hat vor allen Fr. Zarncke eingehende Forschungen angestellt, der in seiner Schrift »Kurzgefaßtes Verzeichnis der Originalaufnahmen von Goethes Bildnis« (Leipz. 1888) 124 hierher gehörige Kunstwerke aufzählt. Als die bedeutendsten sind zu nennen: das Brustbild von Kraus (1776), das Ölgemälde von May (1779, s. Tafel), die Büste von Trippel (Rom 1787, s. Tafel), das große Ölgemälde Tischbeins (G. unter antiken Steintrümmern, Rom 1787), der große Stich von Lips (nach einer Zeichnung, 1791), das Aquarell von Heinr. Meyer (G. im Reisekleid, 1797), die Büsten von Fr. Tieck (1801 u. 1820), die Bildnisse von Jagemann (1806 u. 1817, s. Tafel), das Ölgemälde von G. Kügelgen (1808), die Büste und das Medaillon von Schadow (1816 u. 1817), die Büste und Statuette von Rauch (1820, s. Tafel, u. 1825), die Zeichnungen von Schwerdtgeburth (1822 u. 1832), die Bildnisse von Kolbe (1822, s. Tafel) und Vogel v. Vogelstein (1824 u. 1826), das Porzellangemälde von Sebbers (1826), das Ölgemälde von Stieler (1828, s. Tafel), der Stich von Barth (mit Benutzung des Stielerschen Bildes, 1829), die wunderliche Kolossalbüste Davids (Weimarer Bibliothek, 1829), die Zeichnungen von Schmeller (1830) und Preller (am Tag nach Goethes Tod, 1832). Eine Erzstatue Goethes von Schwanthaler ist seit 1849 in Frankfurt a. M., eine Marmorstatue von Marchesi ebenda seit 1840, eine Doppelstatue Goethes und Schillers von E. Rietschel seit 1857 in Weimar (Abguß davon seit 1901 im Golden Gate Parc zu San Francisco), eine Goethestatue von Widnmann seit 1869 in München, eine solche von F. Schaper (s. Tafel »Bildhauerkunst XVII«, Fig. 8) seit 1880 in Berlin, von E. Hellmer seit 1900 in Wien aufgestellt; Statuen des jungen G. wurden 1903 von K. Seffner für Leipzig, 1904 von E. Wägener für Straßburg geschaffen, und 23. Juni 1904 fand auch die Enthüllung der von Kaiser Wilhelm II. der Stadt Rom geschenkten Goethestatue Eberleins in Villa Borghese statt. Von Abgüssen viel verbreitet sind die charakteristische Statuette und die Büste Rauchs sowie diejenige Trippels. Die von Zarncke zusammengebrachte reichhaltige Sammlung von Goethe-Bildnissen befindet sich gegenwärtig auf der Leipziger Stadtbibliothek.

      Ausgaben von Goethes Werken.

      Die erste vom Dichter selbst besorgte Ausgabe waren »Goethes Schriften« in 8 Bänden (Leipz., bei Göschen, 1787–90), an die sich »Goethes neue Schriften« (Berl., bei Unger, 1792–1800, 7 Bde.), die seit 1790 erschienenen Werke enthaltend, anschlossen. Dann erschienen im Verlag der J. G. Cottaschen Buchhandlung zu Goethes Lebzeiten drei Ausgaben. »Goethes Werke« in 13 Bänden (Tübing. 1806–10), »Goethes Werke« in 20 Bänden (das. 815–19, im wesentlichen identisch mit einer von 1816–22 in Wien veröffentlichten authentischen Ausgabe in 26 Bänden) und »Goethes Werke, vollständige Ausgabe letzter Hand« (Tübing. 1827–31, 40 Bde., Taschenformat), ergänzt durch »Goethes nachgelassene Werke« (das. 1833–42, 20 Bde.); ein Druck der Ausgabe letzter Hand in Oktav, gleichfalls in 60 Bänden, erschien von 1827–42 (dazu »Inhalts- u. Namensverzeichnisse« zu Bd. 1–55 von Musculus u. Riemer, 1835). Für den gesamten Inhalt der letzten Ausgabe, bei deren Redaktion er durch Eckermann, Riemer und den Philologen Göttling unterstützt wurde, verschaffte sich G. vom Bundestag ein Privilegium gegen Nachdruck. Auf der Ausgabe letzter Hand beruhen: »Goethes poetische und prosaische Werke«, in 2 Bänden (sogen. Quart-Ausgabe, Tübing. 1836–37); »Goethes sämtliche Werke«, vollständige, neugeordnete Ausgabe (das. 1840, 40 Bde.); »Goethes sämtliche Werke« (das. 1850–51 u. 1858, 30 Bde.); »Goethes sämtliche Werke« (mit Einleitungen von Goedeke, das. 1866–68, in 3 Ausgaben: Großoktav und Miniatur [36 Bde.], Taschenformat [40 Bde.]). Von den zahlreichen Ausgaben, die nach dem Erlöschen der Cottaschen Privilegien erschienen, verdienen die des Hempelschen Verlags, von Loeper u.a. besorgt (Berl. 1868 ff., 36 Bde.), und die aus Kürschners »Deutscher Nationalliteratur«, von Düntzer, Schröer u.a. (Stuttg. 1882 ff., 32 Bde.), mit Auszeichnung genannt zu werden; jetzt sind sie überholt durch die Cottasche Jubiläumsausgabe, besorgt von E. v. d. Hellen u.a. (das. 1902 ff., 40 Bde.), namentlich aber durch die einheitlich redigierte, mit reichem Kommentar versehene Ausgabe des Bibliographischen Instituts, von K. Heinemann u.a. (Leipz. 1899 ff., 30 Bde.). Die wissenschaftlich wertvollste ist die alles umfassende kritische Ausgabe der Goetheschen Werke, die im Auftrage der Großherzogin von Sachsen veranstaltet wird (s. unten: Goethe-Gesellschaft, S. 167); sie ist bisher ebensowenig wie die zuvor genannten zwei Ausgaben ganz zum Abschluß gelangt; sie besteht aus vier Abteilungen, von denen die erste die poetischen, die zweite die naturwissenschaftlichen Werke, die dritte die Tagebücher, die vierte die Briefe Goethes enthält. Die Dichtungen und Briefe Goethes aus den Jahren 1764–76 auf Grund der ersten Ausgaben gab Salomon Hirzel im Verein mit M. Bernays heraus u. d. T.: »Der junge G.« (mit einer Einleitung von Bernays, Leipz. 1875, 3

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