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erschütterte, hätte er doch nicht geahnt.

      Es geschah, als er zum ersten Mal Gwendolyn Roberts gegenüberstand. Und es wurde ihm beim zweiten, beim dritten Mal, als sie sich sahen, immer mehr zur Gewißheit, daß er sich in sie verliebt hatte.

      Was war es nur, was ihn an dieser Architektin so faszinierte?

      Sie war schlank, blond, ungeschminkt. Keine Plastikschönheit, kein Glamourgirl, wie es einem hier manchmal über den Weg lief, sondern eine gescheite, berufstätige Frau um die Dreißig.

      Doch ihr Gang, ihre Bewegungen, ihr Lächeln bezauberten ihn. Sogar der Akzent, mit dem sie deutsch sprach. Wer vermochte das schon zu erklären, diese Hingezogenheit zu einem anderen Menschen, der nun eine große Bedeutung für ihn gewann. Das gab es, seit die Welt besteht.

      Wenn sie durch das Haus gingen, sie ihn dieses und jenes erklärte und Verbesserungsvorschläge machte – auch die Fenster riet sie ihm auszuwechseln, weil die Rahmen morsch geworden waren –, dann hörte er nur auf ihre Stimme und nickte zu allem. Es würde schon recht sein.

      Es schien sie zu freuen, daß er ihr freie Hand ließ. Sie wollte wieder ein Schmuckstück daraus machen.

      »Mike und mir hat es schon leid getan, daß es mehr und mehr bergab damit ging«, sagte sie einmal. »Aber ihm waren die Hände gebunden. Es ist gut, daß Steven-House jetzt wieder einen Besitzer gefunden hat.«

      Heute hatte Bertold Gwendolyn Roberts zum Essen eingeladen. Sie hatte erst später kommen können, es war darüber Abend geworden.

      »Ich habe mich mit einigen Firmen beraten und Kostenvoranschläge mitgebracht, die ich Ihnen vorlegen möchte«, sagte sie und griff nach ihrer Aktenmappe, als sie sich in einem Strandhotel gegen-übersaßen.

      »Muß das jetzt gleich sein?« fragte Bertold. »Könnten wir das nicht mal beiseiteschieben und nur den Abend genießen?«

      Gwendolyn ließ von der Tasche ab, sie legte die Hände vor sich auf dem Tisch zusammen und sah ihr Gegenüber mit einem leichten Lächeln an. »Wie Sie wollen. Ich dachte, Sie hätten es eilig damit. Es könnte doch sein, daß Sie Ihren Aufenthalt hier baldmöglichst beenden wollen, da Ihr Haus noch nicht bewohnbar ist.«

      Bertold schüttelte den Kopf. »Ich fühle mich ganz wohl im Hotel.« Er hielt ihren Blick fest. »Und in Ihrer Gesellschaft, Miß Roberts. Es wäre schön, wenn Sie auch mal privat ein wenig Zeit für mich hätten. Oder erlauben Ihnen das häusliche Verpflichtungen neben Ihrem Beruf nicht?«

      »Deren gibt es für mich als Single kaum«, gab sie zurück. »Seit mir eine mehrjährige Beziehung zerbrochen ist, lebt es sich ganz gut allein.«

      »Nun, dann brauchen wir unsere Zusammenkünfte vielleicht nicht nur bei sachlichen Unterredungen wie bisher zu belassen. Ich würde sehr gern das Land näher kennenlernen, die Sehenswürdigkeiten, die angepriesen werden. Aber allein herumzufahren macht auch keinen Spaß.«

      »Sie meinen, Sie wollten mich gewissermaßen als Führerin anheuern«, sagte sie mit einer leisen Verschmitztheit, die Bertold entzückte.

      »Nein, nicht so. Die könnte ich ja über das Hotel bekommen. Das wäre dann sehr unpersönlich. Es geht mir darum, mit Ihnen zusammen zu sein.«

      Sie sah ihn an, in ihren klaren graublauen Augen stand ein eigenartiger Ausdruck. Aber sie schwieg.

      Sie speisten dann und plauderten mehr obenhin. Bertold bewunderte das Schauspiel, das sich ihnen hinter den breiten Fenstern bot, das wechselnde Farbenspiel des Himmels und des Wassers, von Goldrot wurde es zu einem satten Purpurrot. »Das ist traumhaft«, sagte er.

      »Ja, wir haben prächtige Sonnenuntergänge hier«, stimmte Gwendolyn ihm zu. »Man gewöhnt sich daran, wenn man immer hier lebt. Aber ich sehe es jetzt mit Ihren Augen an, da ist es auch wie neu für mich.«

      Ein Hauch von den glühenden Farben lag noch in der rasch einfallenden Dunkelheit, als sie das Restaurant verließen. Sie fuhren in Gwendolyns Auto. Der Bertold zur Verfügung stehende große amerikanische Wagen war in der Hotelgarage geblieben.

      »Dann also bis morgen vormittag zur weiteren Beratung hier, damit ich die Aufträge für die Instandsetzung an die Firmen weitergeben kann«, sagte Gwendolyn, nun wieder ganz sachlich.

      »Gut. Und über meine Bitte – werden Sie nachdenken? Es war nur eine Bitte, Miß Roberts, aber eine ganz herzliche.«

      »Ich werde mir für das Wochenende etwas ausdenken. Zufrieden?«

      *

      Sie kannten sich schon seit einigen Jahren, Mike Jones und Gwendolyn Roberts. Als Hausverwalter hatte er der jungen Architektin schon gelegentlich Aufträge verschafft. Ihr Verhältnis zueinander war im Laufe der Zeit ein nahezu freundschaftliches geworden.

      Mike saß beim Mittagessen bei Joe, als Gwendolyn hereinkam. Grüßend hob er die Hand und deutete auf den freien Stuhl an seinem Tisch. »Auch keine Lust, dir selber was zu kochen«, bemerkte er lässig.

      Sie streifte die leichte Jacke von den Schultern und schoppte die Ärmel ihres Pullis hoch. »Ich habe in einer halben Stunde einen Termin in der Nähe, will nur rasch eine Suppe essen.« Sie setzte sich und bestellte sie bei der Bedienung. Der Wirt hatte in der Küche zu tun.

      »Läuft das Geschäft?« erkundigte sich Mike.

      »Ja, ganz gut.« Gwendolyn schenkte sich einen Schluck Wasser aus der Karaffe ein. »In Steven-House geht es auch vorwärts, da ist eine ganze Kolonne bei der Arbeit.«

      »Ich habe es schon gesehen. Der Besitzer ist ja immer noch da. Das wundert mich. Er wollte doch heimfliegen und erst wiederkommen, wenn alles in Ordnung wäre.«

      Gwendolyn zuckte die Achseln. »Das ist seine Sache«, sagte sie mit gespielter Gleichgültigkeit.

      »Wenn du dich ihm so nett widmest«, Mike entfernte vorsichtig eine Gräte von seinem Fisch, »braucht er ja auch keine Langeweile zu haben.«

      Ihre Haut färbte sich um einen Schein dunkler. »Wie meinst du das?«

      »Nun, ihr macht doch Ausflüge zusammen, du zeigst ihm die Gegend…«

      »Woher weißt du das denn schon wieder?« fragte sie leicht gereizt.

      »Es spricht sich herum.« Er legte sein Fischbesteck hin und sah sie an. »Gwen, es geht mich ja eigentlich nichts an, und ich will mich auch nicht in deine Angelegenheiten einmischen, aber ich bin viel älter als du, da wirst du mir vielleicht ein offenes Wort erlauben…«

      »Danke.« Gwendolyn nickte dem Kellner zu, der die Muschelsuppe vor sie hin stellte. »Worauf willst du hinaus, Mike?«

      »Ich möchte nicht, daß du Dummheiten machst und dich am Ende noch in Basler verliebst. Oder ist das schon geschehen?«

      Gwendolyn griff zum Löffel und rührte damit in der großen Suppentasse. »Wir mögen uns, Mike«, bekannte sie. »Bert ist kein alltäglicher Mensch.«

      »Einen reichen Mann umgibt immer ein gewisser Nimbus«, warf der Ältere sarkastisch ein.

      »Du weißt, daß das für mich nicht ausschlaggebend ist«, wies sie ihn zurück. »Wir verstehen uns sehr gut, wir sind froh zusammen und freuen uns über jede gemeinsame Stunde. Das mag man nennen, wie man will.« Sie lächelte in sich hinein, und das war ein beinahe glückliches, verträumtes Lächeln, wie Mike es kaum an ihr kannte.

      Er ließ sie ihre Suppe löffeln, vollendete geistesabwesend auch seine Mahlzeit. Sie war kein junges, dummes Mädchen mehr, aber wenn Verliebtheit oder gar Liebe ins Spiel kam, war niemand vor einer Torheit gefeit.

      »Er hat doch mit Sicherheit eine Frau zu Hause«, sagte er.

      »Nein, das glaube ich nicht«, erwiderte Gwendolyn überzeugt. »Er würde sonst einen Ring tragen, oder es mal erwähnen.«

      »Aber er hat einen dreizehnjährigen Sohn. Er fragte mich einmal nach einer Schule für ihn.«

      »Das kann schon sein. Ich werde ihn gelegentlich danach fragen.«

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