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Arbeit ruft«, antwortete sie. »Good by, Mike.« Sie lächelte ihm flüchtig zu, er gab ihr ein Kopfnicken zurück. Sein Blick folgte ihr, wie sie mit raschen Schritten davonging.

      Es wäre schade um sie, wenn sie tiefer in diese Sache mit Basler hineingeriet. Er war nüchtern genug, um keine Chance für sie zu sehen.

      *

      »Verstehst du das, warum der Papa so lange wegbleibt?« fragte Uli seine Mutter. Mit gerunzelter Stirn sah er sie an.

      Aber sie nahm den Blick nicht vom Bildschirm. Immer lief abends der Fernseher, ganz gleich, was da kam.

      »Er überwacht die Arbeiten am Haus«, sagte sie.

      »Aber dafür ist doch der Verwalter da«, begehrte der Junge auf. »Außerdem müßte es jetzt bald fertig sein, findest du nicht?«

      »So schnell wird es nicht gehen, wenn viel zu machen war«, meinte Ingeborg. Es klang vage wie vorher. Uli fand das merkwürdig. Machte ihr das denn nichts aus, daß sein

      Vater sie hier so einfach warten ließ?

      »Anrufen tut er auch immer seltener«, fuhr Uli verdrossen fort, »und wenn du ihn im Hotel anrufst, ist er meistens nicht da. Wo ist er denn bloß immer? Er kann doch nicht immer in der Gegend herumfahren.«

      »Wahrscheinlich ist er im Haus, und da ist noch kein Telefon…«

      »Versteh’ ich nicht«, beharrte Uli. »Sieht grad so aus, als hätte er uns vergessen.«

      »Unsinn. Hör jetzt auf damit, Uli. Der Papa wird schon wiederkommen.«

      »Na hoffentlich! Sonst fliegen wir hin«, sagte Uli in seinem Sessel und schwang die Beine über die Lehne.

      Ingeborg suchte ihren Mann in Gedanken, wie es häufig der Fall war. Um ihnen zu entgehen, ließ sie sich Abend für Abend von belanglosen Spielfilmen »berieseln«. Das Fernsehen war ja immer vorrangig in ihrer Freizeit gewesen. Nun hatte ihren Berthold ein neues Leben gefangengenommen. Das Leben in einem Luxushotel, wie sie es sich kaum vorzustellen vermochte. In einem Sonnenland, mit weißen Traumstränden und subtropischer Natur. Sie versuchte ihm nachzufühlen, daß er sich davon kaum zu lösen vermochte, ihn nichts in die kalte, unwirtliche Heimat zurückzog.

      Auch seine Familie nicht?

      Ach, sie würden ja bald wieder zusammensein. Aber sie waren noch nie wochenlang getrennt gewesen, und er fehlte ihr doch. Wenigstens schreiben oder anrufen könnte er öfter, um sie teilhaben zu lassen an allem, was dort war. So fühlte sie sich irgendwie beiseitegeschoben, und Uli machte es ihr auch nicht leichter mit seinen ewigen Fragen.

      Auch reiche Leute, zu denen sie jetzt gehörten, hatten eben ihre Sorgen. Doch die waren nur selbstgemacht von ihr, denn um ihren braven Mann brauchte sie sich bestimmt nicht zu sorgen. Dem ging es jetzt doch gut wie nie.

      Mit letzterem hatte Ingeborg allerdings recht. Nur mit der »Bravheit« ihres Ehemannes war es nicht so weit her.

      Wenn Bertold morgens in seiner Suite aufwachte, war sein erster Gedanke Gwendolyn. Würde sie heute Zeit für ihn haben? Sie wollte nicht soviel arbeiten. Sie sollte mehr für ihn dasein. Er liebte sie. Diese neue Liebe gehörte zu seinem neuen Leben und verlieh ihm Flügel.

      Und sie liebte ihn auch! Ja, das war ihm fast schon zur Gewißheit geworden. Leuchteten ihre Augen nicht auf, wenn sie ihn sah, überließ sie ihm nicht ihre Hand, wenn er danach griff? Einmal hatte er sie geküßt, überwältigt von dem heißen Gefühl, das zu ihr drängte. Ihr Mund war weich und hingebungsvoll geworden unter seinem Kuß. Wann hätte er je so ein brausendes Glücksgefühl verspürt!

      Er wollte, er mußte sie festhalten. Seine Gwendolyn. Der Name allein erschien ihm wie Musik.

      An diesem Abend waren sie zu einem See gefahren, auf dem Teichrosen mit ihren dichtgedrängten Blättern üppige schwimmende Gärten bildeten. Hochbeinige Silberreiher stolzierten auf Nahrungssuche durch das flache Wasser an seinem Rand.

      Gwendolyn erzählte, daß sie in Lake-City eine Wohnung einrichten sollte und auf der Suche nach passender Wandbekleidung gewesen war.

      »Und was hast du heute den ganzen Tag getan?« fragte sie ihn neckend.

      »Ich habe stundenlang davon geträumt, wie es sein würde, mit dir in Steven-House zu leben«, gab Bertold zur Antwort.

      »Ein phantastischer Traum«, sie hielt das Lächeln um ihren Mund fest, es wurde nur etwas starr, »nur nicht realisierbar.«

      »Warum nicht, Gwendolyn?«

      »Weil ich glaube«, sagte sie, »daß dem einiges im Wege steht.«

      »Man kann den Weg freimachen«, sagte Bertold. »Alles kann man, wenn es um die Liebe und um das Glück geht. Beides bist du für mich, Gwendolyn.«

      Sie blieb stehen. Ihre Augen waren tief und dunkel.

      »Du hast nie darüber gesprochen, und ich habe dich nicht gefragt. Du hast einen Sohn, habe ich gehört.«

      »Ja«, sagte Bertold knapp. »Er kann bei der Mutter bleiben, und ich werde ihn manchmal sehen.«

      »Und diese seine Mutter«, Gwendolyn war jetzt sehr ernst, »ist sie nicht deine Frau? Bist du nicht verheiratet, Bert?«

      »Nur auf dem Papier«, log er. »Von Liebe ist schon lange keine Rede mehr zwischen uns. Du solltest dir darüber keine Gedanken machen.«

      Sie ging weiter, den Kopf gesenkt, so daß das weiche blonde Haar ihr halb über das Gesicht fiel. Sie strich es zurück. »Ich mache mir aber Gedanken«, sagte sie. »Bist du sicher, daß sie nicht unglücklich sein wird, wenn wir zusammenleben? Vielleicht wollte sie auch gern hier leben.«

      »Sie wird sich überall auf der Welt ein Haus kaufen und ein sehr großzügiges Leben mit dem Jungen führen können«, gab Bertold zurück. Es klang, als gäbe es für jene Frau im fernen Deutschland nichts Wichtigeres.

      »Ist sie so?« fragte Gwendolyn denn auch.

      Bertold nickte. Er verriet damit seine langjährige Gefährtin und die Mutter seines Sohnes. Den Anflug schlechten Gewissens schob er rasch beiseite. Hatte nicht jeder Mensch ein Recht darauf, glücklich zu sein?

      Er legte den Arm um Gwendolyns Schulter.

      »Du siehst, es muß kein Traum bleiben«, sagte er eifrig. »Das schönste Zimmer in Steven-House soll dir gehören. Wir werden die alten Möbel hinauswerfen und neue nach deinem Geschmack kaufen, ganz wie du es haben willst.«

      »Und meine Wohnung, und mein Beruf?« gab sie zu bedenken.

      »Deine Wohnung kannst du ja behalten, vorläufig, wenn du das möchtest. Ich will dich nicht bedrängen, Gwendolyn. Und dein Beruf? Vielleicht könntest du ihn aufgeben, für mich.«

      »Das – weiß ich noch nicht, Bert«, sagte Gwendolyn stockend. »Ich bin immer selbständig gewesen. Ich möchte nicht gern nur eine ausgehaltene Frau sein.«

      »Das ist ein Begriff, den man nicht anwenden kann auf zwei Menschen, die sich lieben«, wehrte Bertold heftig ab. Seine Hand griff nach ihrem Kopf, er drehte ihn zu sich und sah ihr tief in die Augen. »Und du liebst mich doch, wie ich dich. Sag es mir.«

      »Ja, ich liebe dich«, sprach sie leise.

      Bertold nahm ihr Bild in sich auf, wie sie da vor ihm stand, vom goldenen Licht der Abendsonne umflossen, und das Herz wollte ihm bersten vor Glück. Ungestüm nahm er sie in seine Arme, und ihre Lippen fanden sich in einem langen, leidenschaftlichen Kuß.

      *

      Beate erhob sich schwerfällig, als das Telefon läutete. Sie war nun hochschwanger und nicht mehr gerade sehr beweglich. Ingeborg war am Apparat.

      »Wie geht es dir, Beate?« war ihre erste Frage.

      »Wie es einem so geht kurz vor der Niederkunft. Ich trag eine liebe Last mit mir herum.« Ein Lächeln lag in ihrer Stimme.

      »Habt ihr schon alles vorbereitet für eure Silvie?«

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