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doch, dem du dein Herz geschenkt hattest – dein Nils!«

      Bei diesen Worten, die sich ihm so leidenschaftlich über die Lippen drängten, floß Beate das Blut rascher durch die Adern. Sie hatte sich ihm gegenüber in all diesen Tagen versteift, war ihm keinen Schritt entgegengekommen. Auf einmal schien die Wand, die sie zwischen ihm und sich aufgerichtet hatte, ins Wanken zu kommen.

      Da griff Nils nach ihr. Heftig und zärtlich zugleich schlang er seine Arme um sie, dann küßte er sie…

      Irgendwo stand es geschrieben: Wenn unter der Asche auch nur noch der kleinste Funke glimmt, genügt ein Windhauch, um das Feuer wieder zu entfachen.

      So geschah es Beate, daß sie zu ihrer einzigen Liebe zurückfand. Sich dazu bekannte, bekennen mußte, weil nun alles in ihr zu ihm hinströmte. Wie vertraut wieder sein Mund, die breite Brust, an der sie lag.

      Und so fand Felix die beiden, als er aus seinem Zimmer kam. Mit offenem Mund sah er auf sie, die da eng umschlungen standen.

      »Hast du ihn nun doch wieder lieb, Mami?« fragte er atemlos. Denn das schien doch bisher gar nicht so, und das hatte ihn bekümmert.

      »Ja.« Beate löste sich aus der Umarmung, mit bebenden Lippen lächelte sie ihrem Sohn zu, der jetzt und für immer auch Nils’ Sohn sein sollte.

      Es gab dann bei dem kleinen Jungen doch noch ein paar Tränen, daß sein Vater wieder fortgehen mußte. Sie kullerten ihm über die runden Wangen.

      Nils tupfte sie ihm weg. »Ich komme ja wieder«, sagte er tröstend. »Frag deine Mama, sie weiß es genau.«

      Er sah Beate an, wie um sich zu vergewissern, daß sie ihm glaubte und seiner Liebe sicher war.

      »Ja, ich weiß es, daß dein Papa wiederkommen wird, Felix«, sagte sie verhalten, mit einem leisen Lächeln, in dem alle Zuversicht lag.

      *

      Ganz allmählich hatte sich Bianca Fabrizius körperlich und seelisch erholt. Das gebrochene Gelenk schmerzte nicht mehr, der Verband, der darum lag, war leichter geworden, und Dr. Prévert war mit dem Heilungsprozeß zufrieden. Dennoch riet er zu größter Vorsicht und Schonung, als sie sich von ihm verabschiedete.

      Einen Abschied gab es auch mit Lucy, als die Ferienwochen vorbei waren. »Ich werde nun mit meinem Mann nach Hause fahren«, sagte sie zu der Getreuen. »Ob ich Sie noch jemals brauchen werde, das steht in den Sternen. Tournéen wird es nicht mehr geben, und ob ich jemals noch einen ganzen Konzertabend als Solistin durchstehen werde, ist auch sehr fraglich.«

      »Jetzt nicht wieder traurig werden«, bat die um einen halben Kopf kleinere Frau, als sie sah, wie Biancas Züge sich verschatteten. »Sie werden vielleicht nicht mehr für ein Riesenpublikum, aber doch noch für sich und Ihre Lieben spielen können, später.«

      »Hoffentlich«, flüsterte Bianca. Dann küßte sie Lucy auf beide Wangen. »Leben Sie wohl, Lucy, und haben Sie Dank für alles. Es waren gute Zeiten mit Ihnen.«

      Lucy hatte eine neue Aufgabe gefunden bei einer Sängerin, die an allen großen Opernbühnen gefragt war. Sie reiste zuerst ab, einen Tag später verschloß Clemens das Haus. Eine zuverlässige Frau aus dem Dorf, die auch schon stundenweise hier gearbeitet hatte, würde ein Auge darauf haben, bis sie einmal wiederkamen.

      »Nach Hause, nach Hause!« jubelte Sandra. Sie saß schon im Wagen, als ihr Papa noch die Gepäckstücke verstaute. Es war hier ja ganz schön gewesen, nachdem es ihrer Mami nicht mehr gar so schlecht ging. Aber wie schön würde es erst wieder zu Hause sein, wenn sie nun bei ihnen blieb.

      »Sie sind wieder da«, verkündete Felix, der auf seinem neuen Fahrrad, einem Geschenk seines Vaters, in den stillen Straßen spazierengefahren war. »Ich hab gesehen, wie sie angekommen sind, aber ich bin nicht hin. Sandras Mutter war auch dabei. Sie hat den Arm verbunden in so ’ner Schlinge um den Hals.«

      Beate nickte ernst. »Ja, das ist eine schlimme Sache für Frau Fabrizius«, meinte sie.

      »Morgen«, fuhr Felix fort, »geh ich mal gucken, ob Sandra im Garten ist. Da werde ich ihr alles erzählen, von meinem Vater.«

      »Warte lieber noch ein bißchen damit, bis sie sich eingewöhnt haben«, riet Beate dem Kleinen.

      Er lauerte dennoch, ob sie da wäre, sah sie nur mit ihrer Mutter, und da traute er sich nicht näher.

      Doch am nächsten Tag hielt seine kleine Freundin Ausschau nach ihm, lebhaft winkte sie ihm zu. Endlich waren sie nun wieder zusammen. Auf ihrem Stammplatz, dem Klettergerüst, hockten sie sich dicht nebeneinander, Felix platzte geradezu vor Mitteilungsdrang.

      Staunend hörte die Kleine ihm zu, als er ihr gestenreich von den bevorstehenden Veränderungen in seinem Leben erzählte.

      »Dann zieht ihr wohl fort, zu deinem Vater?« fragte sie kleinlaut.

      »Das ist alles noch nicht so raus, das dauert alles, weil er ja jetzt mal erst auf großer Fahrt ist«, sagte Felix überlegen. »Hauptsache, ich weiß jetzt, daß wir zusammenbleiben, Mami, Nils und ich.« Er sah Sandra an. »Und jetzt bist du dran. Wie war das denn da so, in Frankreich?«

      »Zuerst nicht so schön, weil Mama so unglücklich war. Aber dann doch, wie sie wieder rausging. Da ist alles viel bunter als hier, die Häuser und so, und Palmen gibt’s da, und überhaupt viel, was es hier nicht gibt. Aber ich bin doch lieber hier«, schloß sie.

      »Und deine Mama, ist die immer noch traurig, weil ihre Hand kaputt ist?« erkundigte sich Felix.

      »Die ist nicht kaputt«, widersprach Sandra empfindlich. »Die wird schon wieder. Nur eben nicht mehr so wie früher.« Sie senkte den Kopf und sah auf ihre Fußspitzen. »Wie wir nach Hause kamen«, flüsterte sie ganz leise weiter, »und sie ihren Flügel gesehen hat, da hat sie da drüber gestrichen mit der gesunden Hand, und dabei hat sie ein Gesicht gemacht, daß ich weggelaufen bin und weinen mußte.«

      »Hm«, machte Felix etwas ratlos und versuchte zu verstehen. Dann lenkte er ab: »Nächsten Monat komm ich in die Schule, Sandra, dann muß ich viel lernen und werde nicht mehr soviel Zeit haben.«

      Es klang sehr wichtig.

      »Kommst du dann nicht mehr zu mir?« fragte Sandra.

      »Ach klar doch«, lachte Felix und zog spielerisch an einer Locke, die ihr über das kleine Ohr fiel, »du bist doch meine Freundin.«

      Wie bald war es soweit, daß Felix ABC-Schütze wurde. In der Klasse machte er sich interessant mit Erzählungen von seinem Vater, der ein Seemann war und gerade auf dem Atlantischen Ozean ’rumschipperte. Er schmückte sie mit viel Phantasie aus. »Solltest nur mal sehen, wie die die Augen aufreißen, Mama!«

      Beate tippte ihrem Söhnchen auf die sommersprossige Nasenspitze. »Sie werden dich für einen Prahlhans halten, du Schlingel.«

      Felix zwinkerte ganz vergnügt. »Wenn’s aber doch wahr ist! Fast alles!«

      Diesmal kamen nicht nur bunte Ansichtskarten, die sein Sohn sich neben das Bett pinnte, sondern Nils rief auch manchmal an. »Liebst du mich, Beate? Denkst du an mich? Wirst du meine Frau, sobald ich zurück bin?«

      Er konnte es nicht oft genug hören, ihr ja in dem ein heiteres Lächeln schwang. Das Lächeln einer Frau, die sicher war, daß die Zukunft ein neues Glück für sie bereithielt.

      *

      Als Clemens Fabrizius vom Dienst kam, fand er seine Frau im Musikzimmer. Sie ordnete Notenhefte, legte sie zu mehreren Stapeln zusammen.

      »Belaste nur dein Handgelenk nicht, Liebes«, ermahnte er sie.

      »Daran hindert mich schon die steife Manschette, die man mir verpaßt hat«, lächelte Bianca. »Ich will nur ein bißchen Ordnung schaffen. Ich brauche das alles ja nun nicht mehr.«

      »Vorläufig«, verbesserte er sie. »Warst du beim Arzt, waren die Übungen wieder so schmerzhaft?«

      »Ja, ziemlich schmerzhaft. Aber damit werde ich noch viele Monate lang leben müssen.«

      »Nimm

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