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Felix nickte nachdrücklich. »Dir nicht, Mama? Ich meine, findest du ihn nicht so besonders?«

      »Früher«, Beate nahm den Stift, der da lag, und drehte ihn zwischen den Fingern, »früher habe ich Nils Eckert mal sehr gemocht.«

      »Echt?« Der Kleine rückte etwas näher an sie heran. »Und dann? Dann nicht mehr?«

      »Dann ist er fortgegangen, zur See«, sprach Beate langsam. »Weit, weit fort. So sind wir auseinandergekommen.«

      »Schade«, bedauerte Felix. »Da warst du wohl sehr traurig?«

      »Ja. Zuerst schon. Das heißt, ziemlich lange war ich sehr traurig. Aber dann –«, Beate zögerte, dann gab sie sich innerlich einen Ruck, »dann kamst du auf die Welt, und ich konnte wieder froh sein.«

      Mit halboffenem Mund sah Felix seine Mutter an. Er begann zu begreifen. »Dann kam ich auf die Welt«, wiederholte er stammelnd. »Hast du – hast du mich von Nils bekommen?«

      »Ja. Nils ist dein Vater, Felix«, bekannte Beate mit enger Kehle.

      Die Augen ihres Kindes verdunkelten sich.

      So hatte es sie noch nie angesehen! Beate sank das Herz.

      »Und du hast immer gesagt, mein Vater wär tot.«

      Es lag mehr als ein Vorwurf in der zitternden Kinderstimme. Es war eine Anklage. Und als eine Angeklagte fühlte sich Beate auch.

      Sie standen nun beide auf.

      Beate verschlang die Finger und preßte die Hände zusammen. Ihr Sohn stand und sah sich in seinem Zimmer um, als sähe er es zum ersten Mal.

      »Felix«, begann Beate unglücklich, »ich glaubte, es wäre leichter für dich, als zu wissen, daß er lebt und doch nichts von ihm zu haben.«

      »Er hätte aber doch wissen müssen, daß ich da bin«, sagte Felix.

      »Ich wußte doch gar nicht, wo er war!«

      »Das hättest du aber rauskriegen können«, meinte der Junge mit einem starren Blick gegen die Wand.

      »Du bist noch zu klein, Felix, um das zu verstehen«, erwiderte Beate gepreßt. »Daß eine Frau nicht nur geheiratet werden will, weil ein Kind da ist. Wo ihm doch seine Freiheit mehr galt als alles andere.«

      »Das glaub ich nicht«, sagte der Junge trotzig. »Sicher wäre Nils gekommen, wegen uns.« Düster, mit unkindlichem Ernst sah er seine Mutter an. »Daß du gelogen hast, Mama, das find’ ich nicht gut. Zu mir hast du immer gesagt, daß man die Wahrheit sagen müßte.«

      »Wenn man aber doch glaubt, mit der bitteren Wahrheit dem liebsten Menschen, den man auf der Welt hat, weh zu tun«, sprach Beate leise. »Du hättest dich womöglich immer nach ihm gebangt, und nach ihm gefragt. Ich wollte dich nicht leiden sehen, Felix.«

      »Nur meinetwegen hast du das getan?« fragte Felix zweifelnd.

      »Ja. Damit du mein unbefangener, fröhlicher Bub sein konntest. Und das warst du doch auch all die Zeit.«

      »Und warum hat Nils mir nicht gleich die Wahrheit gesagt?« forschte der Junge weiter.

      »Ich wollte das nicht. Schwer genug mag es ihm gefallen sein. Aber es sollte nicht so ein Schock für dich sein. – Nur war es das jetzt doch, nicht wahr.« Sie lächelte traurig.

      »Was hat er denn gesagt, daß es mich gibt?« Ach, es war doch alles so verwirrend. So viel mehr, als ein kleiner Junge es auffassen konnte.

      »Er hat sich gefreut«, antwortete Beate. »Und er meinte, du würdest dich auch freuen. So einfach sieht Nils das. Er ist so, weißt du.«

      Felix starrte vor sich nieder. »Ich glaub, er hat es gleich gewußt, wie er mich gesehen hat, darum hat er mich auch so komisch angeguckt. Wir sehen uns ähnlich, nicht?«

      »Ja, sehr«, flüsterte Beate.

      Sie ging hinaus, als das Telefon klingelte. Es würde doch nicht schon wieder Nils sein?

      Es war der Verlag, der wegen eines neuen zukünftigen Auftrages etwas mit ihr bereden wollte.

      Das Gespräch zog sich ziemlich in die Länge, sie mußte sachlich und konzentriert sein. Als sie endlich aufgelegt hatte und einen Blick auf die Uhr warf, sah sie, daß es allmählich Zeit zum Abendessen wurde. Felix rührte sich nicht, er war noch in seinem Zimmer. Nur der Wellensittich gab sein Gezwitscher von sich.

      Es wurde eine ziemlich schweigsame Mahlzeit. Hinter der Kinderstirn schienen unablässig Gedanken hin- und herzugehen. Unwillkürlich überlegte Beate, was Nils jetzt wohl tat. War er im Hotel, lief er durch die Straßen und dachte, daß hier sein Sohn war?

      »Wann kommt er wieder?« fragte Felix nach einem Bissen, an dem er lange und abwesend gekaut hatte.

      »Bald«, antwortete Beate. Ein Ausweichen gab es nun nicht mehr. Sie konnte Vater und Sohn nicht voneinander fernhalten.

      »Morgen?« bohrte Felix weiter.

      Beate nickte. »Aber iß jetzt, Felix.«

      Er beugte sich über seinen Teller.

      »Mein Vater.« Wie ein Hauch nur kam es, kaum daß er die Lippen dabei bewegte.

      Am späteren Abend, als Felix eingeschlafen war, rief Beate im Hotel an. »Kann ich bitte Herrn Eckert sprechen?« fragte sie.

      »Herr Eckert ist noch im Restaurant, Moment, ich hole ihn«, kam es zurück. Zwei Minuten später war er am Apparat. »Ja?« fragte er atemlos.

      »Felix weiß nun Bescheid«, erklärte sie mit spröder Stimme. »Du kannst morgen kommen.«

      »Beate, und wie…«

      Aber er kam nicht weiter. Beate hatte schon aufgelegt.

      *

      Sie verließen zusammen die Klinik, Fabrizius und sein Kollege Hentze.

      »Was ist denn mit Ihrer Frau passiert?« fragte Hentze teilnahmsvoll. »Ich habe es zufällig gelesen. Das ist doch hoffentlich übertrieben, was das Blatt da schreibt.«

      Clemens Fabrizius stutzte. »Was haben Sie gelesen?«

      »Nur die Überschrift in großen Lettern: WIRD SIE NIE MEHR SPIELEN KÖNNEN? Ihre Frau mußte wohl Konzerte absagen wegen einer Handverletzung.«

      Fragend sah Hentze den anderen an, der jäh erblaßt war. Wußte der denn gar nichts davon? Er wurde plötzlich verlegen. Man munkelte, daß es in der Ehe nicht mehr so ganz stimmte. Man sah die schöne Bianca ja auch kaum noch an seiner Seite.

      Da waren sie schon am Parkplatz, auf dem ihre Wagen standen.

      »Jedenfalls, alles Gute«, sagte Dr. Hentze etwas hastig. »Sie werden froh sein, daß Sie in den nächsten Tagen Ihren Urlaub antreten können. Guten Abend, Herr Kollege.«

      Schweratmend setzte sich Clemens hinter das Steuer. Ihm war, als habe er einen Schlag gegen den Kopf bekommen. Was war mit Bianca? Eine Handverletzung? Das konnte eine Katastrophe für sie bedeuten!

      Wo war sie? Warum meldete sie sich nicht? Das war doch zum Verzweifeln, daß er nicht einmal wußte, wo sie war!

      War sie am Ende schon in ihrem Haus in Südfrankreich. Wo sich das befand, wußte er inzwischen. Den Ort hatte sie ihm genannt.

      Er fuhr nach Hause. Sandra kam ihm entgegen. »Papi, Frau Scholl hat gesagt…«

      »Jetzt nicht, Schätzchen«, sacht schob der Vater sie beiseite. »Ich muß dringend telefonieren.«

      Von der Auslandsauskunft erfuhr er die Nummer der neuen Eigentümerin. Der Ruf ging mehrmals ab, bis sich jemand meldete. Es war Lucy, die seit Jahren die Pianistin auf ihren Tournéen begleitete, Garderobiere, Friseurin, kurz ihr guter Geist war. Dann konnte Bianca nicht weit sein.

      »Ich werde sie rufen«, sagte sie denn auch, und dann, leiser, vertraulich, »es ist gut, daß Sie anrufen, Herr Doktor. Sie ist total

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