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Män­ner für dich viel­leicht ein ge­wis­ses Et­was ha­ben, wor­an du sie er­kennst. Üb­ri­gens hältst du ja dein Herz am Zü­gel wie ein gu­ter Rei­ter, der si­cher ist, daß sein Pferd nicht stol­pern wird. Also viel Glück, mei­ne lie­be Toch­ter!«

      »Sie ma­chen sich über mich lus­tig, lie­ber Va­ter. Aber ich er­klä­re Ih­nen, daß ich mich lie­ber im Klos­ter des Fräu­leins von Con­dé be­gra­ben will, als daß ich dar­auf ver­zich­te, die Frau ei­nes Pairs von Frank­reich zu wer­den.«

      Sie ent­zog sich den Ar­men ih­res Va­ters, und stolz dar­auf, daß sie Sie­ge­rin ge­blie­ben war, sang sie beim Fort­ge­hen die Arie »Cara non du­bi­ta­re« aus der »Heim­li­chen Ehe«. Zu­fäl­lig fei­er­te die Fa­mi­lie an die­sem Tage den Ge­burts­tag ei­nes Mit­glie­des. Beim Nach­tisch sprach Frau Pla­nat, die Frau des Ge­ne­ral­ein­neh­mers, die äl­te­re Schwes­ter Emi­lies, ziem­lich laut von ei­nem jun­gen Ame­ri­ka­ner, dem Be­sit­zer ei­nes un­ge­heu­ren Ver­mö­gens, der sich lei­den­schaft­lich in ihre Schwes­ter ver­liebt und ihr ganz be­son­ders glän­zen­de Aner­bie­tun­gen ge­macht hat­te.

      »Ich glau­be, das ist ein Ban­kier«, warf Emi­lie hin. »Ich lie­be die Finanz­leu­te nicht.«

      »Aber Emi­lie,« sag­te der Baron von Vil­lai­ne, der Mann ih­rer zwei­ten Schwes­ter, »da du den Richter­stand eben­so­we­nig liebst, so sehe ich nicht, wenn rei­che Leu­te, die nicht von Adel sind, nicht in Be­tracht kom­men, aus wel­chen Krei­sen du dir einen Mann wäh­len willst.«

      »Zu­mal, Emi­lie, bei dei­nem Be­ste­hen auf Schlank­heit«, füg­te der Ge­ne­ral­leut­nant hin­zu.

      »Ich weiß sel­ber, was ich will«, er­wi­der­te das jun­ge Mäd­chen.

      »Mei­ne Schwes­ter ver­langt einen schö­nen Na­men, einen schö­nen jun­gen Mann, schö­ne Zu­kunfts­aus­sich­ten«, sag­te die Baro­nin von Fon­taine, »und hun­dert­tau­send Fran­ken Ren­te, kurz einen Mann, wie zum Bei­spiel Herrn von Mar­say.«

      »Ich weiß nur so viel, mei­ne Lie­be,« ver­setz­te Emi­lie, »daß ich kei­ne so tö­rich­te Par­tie ma­chen wer­de, wie ich sol­che so vie­le habe ma­chen se­hen. Und im üb­ri­gen er­klä­re ich, um die­sen Hei­rats­dis­kus­sio­nen ein Ende zu ma­chen, daß ich je­den, der mir noch vom Hei­ra­ten re­det, als Stö­rer mei­ner Ruhe an­se­hen wer­de.«

      Ein On­kel Emi­lies, ein Vi­zead­mi­ral, des­sen Ver­mö­gen sich kürz­lich in­fol­ge des In­dem­ni­täts­ge­set­zes um zwan­zig­tau­send Fran­ken Ren­te ver­grö­ßert hat­te, ein sieb­zig­jäh­ri­ger Greis, der sich her­aus­neh­men durf­te, sei­ner Groß­nich­te, in die er ver­narrt war, deut­lich die Wahr­heit zu sa­gen, er­klär­te, um der Dis­kus­si­on ihre Schär­fe zu neh­men: »Laßt doch mei­ne arme Emi­lie in Ruhe! Seht ihr denn nicht, daß sie war­tet, bis der Her­zog von Bor­deaux ma­jo­renn ist?«

      »Neh­men Sie sich in acht, daß ich Sie nicht hei­ra­te, Sie al­ter Narr!« ent­geg­ne­te das jun­ge Mäd­chen, des­sen letz­te Wor­te glück­li­cher­wei­se im all­ge­mei­nen Ge­läch­ter ver­lo­ren­gin­gen.

      »Kin­der,« sag­te Frau von Fon­taine, um die­se un­be­schei­de­ne Be­mer­kung zu be­schö­ni­gen, »Emi­lie wird eben­so­we­nig, wie ihr alle, sich von ih­rer Mut­ter be­ra­ten las­sen.«

      »Nein, wahr­haf­tig, in ei­ner Sa­che, die nur mich an­geht, wer­de ich auch nur auf mich hö­ren«, sag­te Fräu­lein von Fon­taine sehr be­stimmt.

      Alle Bli­cke rich­te­ten sich jetzt auf das Haupt der Fa­mi­lie. Je­der schi­en be­gie­rig zu sein, zu se­hen, wie er sich un­ter Wah­rung sei­ner Wür­de dazu stel­len wür­de. Der ver­eh­rungs­wür­di­ge Ven­déer ge­noß nicht bloß in der Ge­sell­schaft großes An­se­hen; glück­li­cher als vie­le an­de­re Vä­ter, wur­de er auch von sei­ner Fa­mi­lie ver­ehrt, de­ren sämt­li­che Mit­glie­der sei­ne be­währ­te Fä­hig­keit, für die Sei­ni­gen zu sor­gen, an­er­kann­ten; ihm wur­de da­her die re­spekt­vol­le Ach­tung ent­ge­gen­ge­bracht, die eng­li­sche Fa­mi­li­en und ei­ni­ge ari­sto­kra­ti­sche Häu­ser des Kon­tin­ents dem Re­prä­sen­tan­ten ih­res Stamm­baums zu be­zeu­gen pfle­gen. Es ent­stand ein tie­fes Schwei­gen, und die Au­gen der Tisch­ge­nos­sen wa­ren ab­wech­selnd auf das schmol­len­de, hoch­mü­ti­ge Ge­sicht des ver­wöhn­ten Kin­des und auf Herrn und Frau von Fon­tai­nes erns­te Mie­nen ge­rich­tet.

      »Ich habe es mei­ner Toch­ter Emi­lie über­las­sen, über ihr Schick­sal sel­ber zu ent­schei­den«, war die Ant­wort, die der Graf in trü­bem Tone fal­len ließ.

      Die Ver­wand­ten und die Gäs­te be­trach­te­ten Fräu­lein von Fon­taine mit ei­nem Ge­misch von Neu­gier und Mit­leid. Die­ses Wort schi­en an­zu­kün­di­gen, daß die vä­ter­li­che Güte müde ge­wor­den war, ge­gen einen Cha­rak­ter an­zu­kämp­fen, den die Fa­mi­lie als un­ver­bes­ser­lich kann­te. Die Schwie­ger­söh­ne spra­chen lei­se mit­ein­an­der, und die Brü­der war­fen ih­ren Frau­en ein spöt­ti­sches Lä­cheln zu. Ihr al­ter On­kel war der ein­zi­ge, der, als al­ter See­mann, es wag­te, mit ihr eine Breit­sei­te zu wech­seln und ihre Lau­nen zu er­tra­gen, ohne daß er je­mals dar­um ver­le­gen war, ihr Feu­er zu er­wi­dern.

      Als es nach der Ver­ab­schie­dung des Etats durch die Kam­mer Früh­ling ge­wor­den war, flüch­te­te die Fa­mi­lie, ein ech­tes Ab­bild der par­la­men­ta­ri­schen Fa­mi­li­en von jen­seits des Kanals, die in al­len Ver­wal­tungs­zwei­gen drin ste­hen und zehn Par­la­ments­sit­ze zu ver­ge­ben ha­ben, wie eine Vo­gel­he­cke in die schö­nen Ge­gen­den von Aul­nay, Ant­ony und Cha­ten­ay. Der rei­che Ge­ne­ral­ein­neh­mer hat­te kürz­lich hier ein Land­haus für sei­ne Frau ge­kauft, die sich nur wäh­rend der Kam­mer­ses­sio­nen in Pa­ris auf­hielt. Ob­gleich die schö­ne Emi­lie das Bür­ger­pack ver­ach­te­te, ging die­se Emp­fin­dung doch nicht so weit, daß sie die An­nehm­lich­kei­ten ei­nes von Bour­geois zu­sam­men­ge­brach­ten Ver­mö­gens ver­schmäh­te; sie be­glei­te­te also ihre Schwes­ter in die kost­ba­re Vil­la, we­ni­ger aus Freund­schaft für ihre Fa­mi­li­en­an­ge­hö­ri­gen, die sich dort­hin zu­rück­zo­gen, als weil der gute Ton, von je­der Frau, die et­was auf sich hält, ge­bie­te­risch ver­langt, daß sie Pa­ris wäh­rend des Som­mers mei­det. Die grü­nen Fel­der von Sceaux er­füll­ten vor­treff­lich die Be­din­gun­gen, die der gute Ton und die Ver­pflich­tun­gen ge­gen­über der Öf­fent­lich­keit ver­lang­ten.

      Da es ziem­lich zwei­fel­haft er­scheint, ob der Ruf des länd­li­chen Bal­les von Sceaux je­mals über die Gren­zen des Sei­ne­de­par­te­ments hin­aus be­kannt ge­wor­den ist, müs­sen not­wen­di­ger­wei­se ei­ni­ge Ein­zel­hei­ten über die­ses all­wö­chent­li­che Fest ge­ge­ben wer­den, das in­fol­ge sei­ner Be­deu­tung eine öf­fent­li­che Ein­rich­tung zu wer­den schi­en. Die Um­ge­bung der klei­nen Stadt Sceaux ge­nießt einen gu­ten Ruf in­fol­ge ih­rer Lage, die als rei­zend gilt. Sie mag viel­leicht ziem­lich ge­wöhn­lich sein und ihre Berühmt­heit nur der An­spruchs­lo­sig­keit der Pa­ri­ser Bour­geois ver­dan­ken, die, wenn sie aus der Tie­fe ih­rer Stein­kas­ten, in de­nen sie be­gra­ben sind, her­aus­kom­men, so­gar im­stan­de wä­ren, die kah­len Ebe­nen der Beau­ce zu be­wun­dern. Im­mer­hin, da sich in dem poe­ti­schen schat­ti­gen Wal­de von Aul­nay, auf den Hü­geln von Ant­ony und in dem Tal von Bièvre auch et­li­che

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