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ihre Töch­ter so reich zu ver­hei­ra­ten, wie eine gött­li­che Gna­de an­se­hen und er­grei­fen. Wür­den sie nicht ei­nes Ta­ges ein Ein­kom­men von sech­zig-, acht­zig- oder hun­dert­tau­send Fran­ken Ren­te ha­ben? So vor­teil­haf­te Par­ti­en bo­ten sich nicht alle Tage für Mäd­chen ohne Mit­gift. Es wäre auch schließ­lich Zeit, ans Spa­ren zu den­ken, um das Gut der Fon­tai­nes zu ver­grö­ßern und den al­ten Land­be­sitz der Fa­mi­lie wie­der­her­zu­stel­len. Die Grä­fin füg­te sich, wie es alle Müt­ter an ih­rer Stel­le und viel­leicht mit schnel­le­rem Ent­ge­gen­kom­men ge­tan hät­ten, so über­zeu­gen­den Grün­den; aber sie er­klär­te, we­nigs­tens müß­te ihre Toch­ter Emi­lie so ver­hei­ra­tet wer­den, daß der Stolz, den man un­glück­li­cher­wei­se in die­ser jun­gen See­le mit hat­te sich ent­wi­ckeln hel­fen, zu­frie­den­ge­stellt wer­den wür­de.

      So hat­ten die Er­eig­nis­se, die ei­gent­lich Freu­de in die­ser Fa­mi­lie hät­ten her­vor­ru­fen müs­sen, ihr einen klei­nen Keim zur Zwie­tracht ein­ge­pflanzt. Der Ge­ne­ral­un­ter­neh­mer und der jun­ge Rich­ter wur­den mit ze­re­mo­ni­el­ler Küh­le, die die Grä­fin und ihre Toch­ter Emi­lie um sich zu ver­brei­ten wuß­ten, auf­ge­nom­men. Ihr Auf­recht­hal­ten der Eti­ket­te fand noch ein weit grö­ße­res Be­tä­ti­gungs­feld für ihre häus­li­che Ty­ran­nei: Der Ge­ne­ral­leut­nant hei­ra­te­te Fräu­lein Mon­ge­nod, die Toch­ter ei­nes rei­chen Ban­kiers; der Prä­si­dent ver­mähl­te sich ver­stän­di­ger­wei­se mit ei­ner Dame, de­ren Va­ter, zwei- oder drei­fa­cher Mil­lio­när, sein Ver­mö­gen im Salz­han­del er­wor­ben hat­te; schließ­lich be­kann­te sich auch der drit­te Bru­der zu sol­chen bür­ger­li­chen An­schau­un­gen, in­dem er ein Fräu­lein Gros­setête, die ein­zi­ge Toch­ter des Ge­ne­ral­steuer­ein­neh­mers von Bour­ges, zur Frau nahm. Die drei Schwä­ge­rin­nen und die bei­den Schwä­ger fan­den so viel Reiz und per­sön­li­ches In­ter­es­se dar­an, sich in der ho­hen Sphä­re der po­li­ti­schen Macht­ha­ber und in den Sa­lons der Fau­bourg Saint-Ger­main be­we­gen zu dür­fen, daß sie alle ver­eint einen Hof­staat um die hoch­mü­ti­ge Emi­lie bil­de­ten. Die­ser auf In­ter­es­se und Stolz ge­bau­te Pakt war aber doch nicht so fest ge­zim­mert, daß die jun­ge Sou­ve­rä­nin nicht häu­fig Re­vo­lu­tio­nen in ih­rem Hof­krei­se her­vor­rief. Sze­nen, die sich al­ler­dings in ge­mes­se­nen Gren­zen hiel­ten, hat­ten bei al­len Glie­dern die­ser ein­fluß­rei­chen Fa­mi­lie einen mo­kan­ten Ton ent­ste­hen las­sen, der, wenn er auch die öf­fent­lich zur Schau ge­tra­ge­nen freund­schaft­li­chen Be­zie­hun­gen nicht we­sent­lich be­ein­träch­tig­te, doch bis­wei­len im Fa­mi­li­en­krei­se we­nig wohl­wol­len­de Ge­füh­le zum Aus­druck kom­men ließ. So hielt sich die Frau des Ge­ne­ral­leut­nants für eben­so vor­nehm wie eine Ker­ga­rou­et und be­haup­te­te, daß ihre schö­nen hun­dert­tau­send Fran­ken Ein­kom­men ihr das Recht gä­ben, sich eben­so hoch­fah­rend zu be­neh­men wie ihre Schwä­ge­rin Emi­lie, der sie zu­wei­len iro­nisch ihre Wün­sche für eine glück­li­che Ehe aus­sprach, wo­bei sie ihr mit­teil­te, daß die Toch­ter ir­gend­ei­nes Pairs so­eben einen Herrn, der ganz kurz Sound­so hieß, ge­hei­ra­tet habe. Die Frau des Vi­com­te von Fon­taine ge­fiel sich dar­in, durch den Ge­schmack und den Reich­tum ih­rer Toi­let­ten, ih­rer Mö­bel und ih­rer Equi­pa­gen Emi­lie aus­zu­ste­chen. Die spöt­ti­sche Mie­ne, mit der die Schwä­ge­rin­nen und die bei­den Schwä­ger manch­mal die von Fräu­lein von Fon­taine gel­tend ge­mach­ten Prä­ten­tio­nen auf­nah­men, er­reg­te bei ihr einen Zorn, den sie kaum durch einen Ha­gel von bos­haf­ten Be­mer­kun­gen be­schwich­ti­gen konn­te. Als das Haupt der Fa­mi­lie die Ab­küh­lung der ver­schwie­ge­nen und schwan­ken­den Freund­schaft des Mon­ar­chen ver­spür­te, war er um so mehr in Sor­ge, als in­fol­ge der spöt­ti­schen Her­aus­for­de­rung ih­rer Schwes­ter sei­ne ge­lieb­te Toch­ter ihre An­sprü­che hö­her schraub­te als je­mals.

      Wäh­rend die Din­ge so la­gen, und zu der Zeit, da die­ser häus­li­che Krieg recht ernst ge­wor­den war, ver­fiel der Mon­arch, bei dem Herr von Fon­taine wie­der in Gunst zu kom­men hoff­te, in eine Krank­heit, die ihm den Tod brin­gen soll­te. Der große Po­li­ti­ker, der sein Schiff durch alle Stür­me zu steu­ern ver­stan­den hat­te, muß­te jetzt un­ab­wend­bar un­ter­lie­gen. In Un­ge­wiß­heit, auf wel­che Gunst er in Zu­kunft wür­de rech­nen kön­nen, gab sich der Graf von Fon­taine die größ­te Mühe, sei­ner jüngs­ten Toch­ter die Eli­te der hei­rats­fä­hi­gen jun­gen Män­ner vor­zu­füh­ren. Wer das schwie­ri­ge Pro­blem, eine stol­ze und phan­tas­tisch ge­sinn­te Toch­ter zu ver­hei­ra­ten, zu lö­sen ver­sucht hat, wird viel­leicht ver­ste­hen, was für An­stren­gun­gen der arme Ven­déer mach­te. Wäre ihm das nach dem Wun­sche sei­nes ge­lieb­ten Kin­des ge­glückt, so hät­te die­ser letz­te Er­folg den Weg, den der Graf seit zehn Jah­ren in Pa­ris zu­rück­ge­legt hat­te, in wür­di­ger Wei­se ab­ge­schlos­sen. In der Art, wie sei­ne Fa­mi­lie sich ihre Ein­künf­te von al­len Mi­nis­te­ri­en er­obert hat­te, konn­te sie sich mit dem Hau­se Ös­ter­reich ver­glei­chen, das durch sei­ne Ver­bin­dun­gen ganz Eu­ro­pa an sich zu rei­ßen droht. So ließ sich auch der alte Ven­déer nicht ab­schre­cken, im­mer neue Be­wer­ber vor­zu­stel­len, so sehr lag ihm das Glück sei­ner Toch­ter am Her­zen; aber nichts war amüsan­ter als die Art und Wei­se, mit der die­ses hoch­fah­ren­de We­sen ihr Ur­teil ab­gab und die Ei­gen­schaf­ten ih­rer An­be­ter kri­ti­sier­te. Man hät­te mei­nen sol­len, Emi­lie wäre, wie eine Prin­zes­sin aus ara­bi­schen Mär­chen, so reich und so schön, daß sie das Recht hät­te, un­ter sämt­li­chen Prin­zen der Welt ihre Wahl zu tref­fen; von ih­ren Ein­wän­den war ei­ner lä­cher­li­cher als der an­de­re: der eine hat­te zu di­cke Bei­ne oder zu kno­chi­ge Kni­en, der an­de­re war kurz­sich­tig, die­ser hät­te den Na­men Du­rand, je­ner hin­ke, fast alle wa­ren ihr zu dick. Leb­haf­ter, rei­zen­der und ver­gnüg­ter als je, stürz­te sie sich, nach­dem sie zwei oder drei Be­wer­ber ab­ge­wie­sen hat­te, in den Tru­bel der Win­ter­fes­te und Bäl­le, wo ihr durch­drin­gen­der Blick die Ta­ges­be­rühmt­hei­ten prüf­te, und wo sie ein Ver­gnü­gen dar­in fand, Be­wer­bun­gen her­aus­zu­for­dern, die sie dann im­mer zu­rück­wies. Für die­se Ce­li­me­nen­rol­le war sie von der Na­tur mit den er­for­der­li­chen Vor­zü­gen über­reich aus­ge­stat­tet wor­den. Groß und schlank, be­saß Emi­lie von Fon­taine ein nach ih­rem Be­lie­ben ho­heits­vol­les oder mut­wil­li­ges Auf­tre­ten. Ihr et­was lan­ger Hals er­laub­te ihr, eine rei­zen­de Hal­tung vol­ler Hoch­mut und Rück­sichts­lo­sig­keit an­zu­neh­men. Sie hat­te die man­nig­fal­tigs­ten Ge­sichts­aus­drücke und weib­li­chen Ges­ten, die so grau­sam und so gut zu ih­ren halb­lau­ten Wor­ten und ih­rem Lä­cheln paß­ten, zur Ver­fü­gung. Schö­nes schwar­zes Haar und sehr star­ke, kräf­tig ge­schwun­ge­ne Au­gen­brau­en ver­lie­hen ih­rer Phy­sio­gno­mie einen stol­zen Aus­druck, den sie mit Hil­fe ih­rer Ko­ket­te­rie und ih­res Spie­gels durch Fes­tig­keit oder Süße des Blicks, durch Starr­heit oder leich­te Be­we­gung der Lip­pen, durch Küh­le oder Lie­bens­wür­dig­keit des Lä­chelns schreck­lich zu ma­chen oder zu mil­dern ver­stand. Wenn Emi­lie ein Herz er­obern woll­te, dann hat­te ihre kla­re Stim­me einen me­lo­di­schen Klang; aber sie konn­te sie eben­so scharf und schnei­dend er­klin­gen las­sen, wenn sie die in­dis­kre­te Spra­che ei­nes Ka­va­liers zum Schwei­gen brin­gen woll­te. Ihr wei­ßer Teint und ihre Ala­bas­terstirn er­in­ner­ten an die durch­sich­ti­ge Ober­flä­che ei­nes Sees, die sich ab­wech­selnd un­ter dem Hauch ei­ner Bri­se kräu­selt und ihre hei­te­re

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