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darauf gelegt, die ich Ihnen hier zusammen gerichtet habe, das wäre schon genug für Kinder, aber ich denke mir, dass Sie noch von anderen Familien, denen Sie aushelfen, etwas bekommen, oder nicht?«

      »Frau Hartwig hat mich angerufen, ich solle nachher zu ihr herein kommen, sie habe etwas für mich und die Kinder.«

      »So lange lassen Sie die Kleinen bei uns, und in einem andern Jahr tragen Sie alles heimlich nach Hause, dann wird bei Ihnen der Jubel gerade so groß wie im reichsten Haus, und Ihr Mann wird sich dann schon auch daran freuen.«

      »Es ist wahr,« sagte die Schmidtmeierin, »er hat am vorigen Sonntag gezankt, weil ich den Kindern die neuen Winterkleider, die sie von der Schulschwester bekommen haben, vor Weihnachten angezogen habe. Aber sie haben so lang gebettelt und nicht geruht, bis ich ihnen den Willen getan habe.«

      »Aber Schmidtmeierin, da würde ich doch lieber tun, was der Mann will, als was die Kinder verlangen und erbetteln! Was wäre das jetzt für eine Freude, wenn die Kleidchen noch neu auf dem Tisch lägen! So würde mein Mann auch den Sinn für Weihnachten verlieren. Das müssen Sie mir versprechen, Schmidtmeierin, dass Sie meine Sachen, und die von Frau Hartwig, und was etwa sonst noch kommt, verstecken, und dann eine schöne Bescherung halten. Wo können denn Ihre Kinder bleiben, solange Sie herrichten, ist's zu kalt in der Kammer?«

      »Kalt ist's, aber ich stecke sie eben ins Bett so lang!«

      »Ja, das tun Sie. Und noch etwas: können die Kinder nicht unter dem Christbaum dem Vater ein Weihnachtslied hersagen, aus der Kinderschule? Das gehört auch zur rechten Feier. Und wenn Sie noch von Ihrem Waschlohn ein paar Pfennige übrig hätten, dann sollten Sie für den Mann noch einen Kalender kaufen, oder was ihn sonst freut, und dann erzählen Sie mir, Schmidtmeierin, ob er wirklich keine Freude gehabt hat am heiligen Abend, und ob es nicht schön bei Ihnen war.«

      »Ich mach's wie Sie sagen, Frau Pfäffling, und ich danke für die vielen Sachen, die Sie mir zusammen gerichtet haben.«

      »Es ist recht, Schmidtmeierin, aber glauben Sie mir's nur, die Sachen allein, und wenn es noch viel mehr wären, machen kein schönes Fest, das können nur Sie machen für Ihre Familie; fremde Leute können die Weihnachtsfreude nicht ins Haus bringen, das muss die Mutter tun, und die Reichen können die Armen nicht glücklich machen, wenn die nicht selbst wollen.«

      Frau Pfäffling hielt die fremden Kinder noch eine gute Weile zurück; als diese endlich heimkamen, waren alle Schätze im Schrank verborgen und der Schlüssel abgezogen.

      Da sich aber die Kinder schon darauf gefreut hatten, fingen sie an, darum zu betteln und schließlich laut zu heulen. Damit setzten sie gewöhnlich bei der Mutter ihren Willen durch. Heute aber nicht; »brüllt nur recht laut,« sagte die Schmidtmeierin, »damit man es im Nebenhaus hört. Nichts Gutes gibt's heute, nichts Schönes, erst am Abend, wenn ihr dem Vater eure Lieder aufsagt. Bei Pfäfflings ist's auch so.«

      Da ergaben sich die Kinder.

      Frau Pfäffling und Walburg hatten noch alle Hände voll zu tun mit Vorbereitungen auf das Fest. Aber die Arbeit geschah in fröhlicher Stimmung. »Man muss sich seine Feiertage verdienen,« sagte Frau Pfäffling und rief die Kinder zu Hilfe, die Buben so gut wie die Mädchen.

      »Oben auf dem Boden hängen noch die Strümpfe von der letzten Wäsche,« sagte sie, »die sollten noch abgezogen werden. Das könnt ihr Buben besorgen.« Wilhelm und Otto sprangen die Treppe hinauf. Auf dem freien Bodenraum war ein Seil gespannt, an dem eine ungezählte Menge Pfäffling'scher Strümpfe hing. Walburg war eine große Person und pflegte das Seil hoch zu spannen, die Kinder konnten die hölzernen Klammern nicht erreichen, mit denen die Strümpfe angeklemmt waren. »Einen Stuhl holen und hinaufsteigen,« schlug Otto vor, aber Wilhelm fand das unnötig, »Hochspringen und bei jedem Sprung eine Klammer wegnehmen,« so war es lustiger. Er probierte das Kunststück und brachte es fertig, Otto gelang es nicht auf den ersten Sprung, und ein Trampeln und Stampfen gab es bei allen beiden. Sie bemerkten nicht, dass die Türe von Frau Hartwigs Bodenkammer offen stand und die Hausfrau, die eben ihren Christbaumhalter hervorsuchte, ganz erschrocken über den plötzlichen Lärm herauskam und rief: »Was treibt ihr denn aber da oben, ihr Kinder?«

      »Wir nehmen bloß die Strümpfe ab«, sagte Otto. »So tut es doch nicht, wenn man Strümpfe abzieht,« entgegnete Frau Hartwig. »Wir müssen eben darnach springen,« sagte Wilhelm, »sehen Sie, so machen wir das,« und mit einem Hochsprung hatte er wieder eine Klammer glücklich erfasst, der Strumpf fiel herunter.

      »Aber Kinder, so fallen sie ja alle auf den Boden!« sagte die Hausfrau.

      »Es sind ja nur Strümpfe,« entgegnete Wilhelm, »die sind schon vorher grau und schwarz, denen schadet das nichts.«

      Eine kleine Weile stand Frau Hartwig dabei und machte sich ihre Gedanken. Welche Arbeit, für soviel Füße sorgen zu müssen! Fast alle Strümpfe schienen zerrissen! Und welche Körbe voll Flickwäsche mochten sonst noch da unten stehen und auf die Hände der viel beschäftigten Hausfrau warten, die doch kein Geld ausgeben konnte für Flickerinnen! Ob es nicht Christenpflicht wäre, da ein wenig zu helfen?

      Es dauerte gar nicht lange, da kamen die Brüder mit dem Bescheid herunter: Die meisten Strümpfe seien noch zu feucht, die Hausfrau meine, sie müssten noch hängen bleiben. Frau Pfäffling achtete im Drang der Arbeit kaum darauf und dachte nicht, dass Frau Hartwig kurz entschlossen den ganzen Schatz Pfäffling'scher Strümpfe heruntergenommen hatte, und ihnen nun mit Trocknen und Bügeln viel mehr Ehre erwies, als diese es sonst erfuhren. Dann stapelte sie den Vorrat auf, legte sich das Nötige zum Ausbessern zurecht und sagte sich: Das gibt auch eine Weihnachtsüberraschung und wird nach Jesus Sinn keine Feiertags-Entheiligung sein.

      Inzwischen war es Mittag geworden. Heute gab es bei Pfäfflings ein kärgliches Essen. Mit Wassersuppe fing es an, und die Mutter redete den Kindern zu: »Haltet euch nur recht an die Suppe, es kommt nicht viel nach!« »Warum denn nicht?« fragte Elschen bedenklich. Die Antwort kam von vielen Seiten zugleich. »Weil Weihnachten ist. Weißt du das noch nicht? Vor dem heiligen Abend gibt es nie etwas ordentliches zu essen. Die Walburg hat auch keine Zeit zu kochen.« »Ja,« sagte Frau Pfäffling, »und selbst wenn sie Zeit hätte, heute Mittag müsste das Essen doch knapp sein, damit man sich recht freut auf die Lebkuchen und auf den Gansbraten, den es morgen gibt.« Walburg brachte noch gewärmte Reste vom gestrigen Tag herein, und als diese alle verteilt waren, sagte Herr Pfäffling: »Wer jetzt noch Hunger hat, kann noch Brot haben und darf dabei an ein großes Stück Braten denken!«

      »Und nun,« sagte die Mutter, »hinaus aus dem Wohnzimmer; wenn ihr wieder herein dürft, dann ist Weihnachten!« Da stob die ganze Schar jubelnd davon; wenn man nicht mehr in das Zimmer herein durfte, ja dann wurde es Ernst!

      Die Eltern standen beisammen und putzten den Baum, Frieders Baum. Die kleinen Schäden, die er auf seinen vielen Wanderungen erlitten hatte, wurden sorgfältig verdeckt, und bald stand er in seinem vollen Schmuck da, mit goldenen Nüssen und rotbackigen Äpfeln, mit bunten Lichtern und oben auf der Spitze schwebte ein kleiner Posaunenengel. Es gab in andern Häusern feiner geschmückte Tannenbäume mit Winterschnee und Eiszapfen, es gab auch solche, die mit bunten Ketten und Kugeln, mit Papierblumen und Flittergold so überladen waren, dass das Grün des Baumes kaum mehr zur Geltung kam. Pfäfflings Baum hatte von all dem nichts, er war noch ebenso, wie ihn Großvater Pfäffling und Großmutter Wedekind vor dreißig Jahren ihren Kindern geschmückt hatten, und weil ihre seligsten Kindheitserinnerungen damit verbunden waren, mochten sie nichts daran ändern. Mit der Krippe, die unter dem Baum aufgestellt wurde, war es anders. Die feinen Wachsfiguren, die Tiere, die dazu gehörten, standen nicht jedes Jahr gleich. Nach den Bildern, die uns schon die alten deutschen Künstler gezeichnet haben, und in denen unsere Maler uns auch jetzt noch die heilige Nacht darstellen, nach diesen verschiedenen Bildern wurden die Krippenfiguren in jedem Jahr wieder anders aufgestellt, das war Herrn Pfäfflings Anteil an dem Herrichten des Weihnachtszimmers. Wenn aber die Tische gestellt waren, und wenn die mühsame Arbeit des Einräumens von Puppenzimmer, Küche und Kaufladen begann, dann verschwand der Herr des Hauses aus dem Gebiet und übernahm die Aufsicht über die mutterlose Kinderschar, damit sie nicht in Ungeduld und Langeweile auf allerlei Unarten verfiel. Gegen vier Uhr, als es dunkelte, zogen sie zusammen fort nach der Kirche, in

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