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Julio starrte ihnen haßerfüllt entgegen. Er sah einen herkulisch gebauten schwarzen Mann, der den anderen unbekümmert vorausging. Alle Augenblicke blieb dieser schwarze Kerl stehen, deutete auf das gestrandete Schiff und hieb sich brüllend auf die Schenkel. Die anderen wollten sich kranklachen, so sehr belustigte sie dieser Anblick.

      „Señor Pergoza“, sagte Don Julio keuchend. „Befehlen Sie Musketenschützen auf das obere Deck. Sie sollen in diese schwarze Brut hineinhalten und feuern, was die Rohre hergeben. Richten Sie eine der Drehbassen aus, Grobschrot laden.“

      „Sofort, Don Julio. Mit den Drehbassen können wir nicht feuern. Wir haben sie wegen des Umtrimmens aus den Halterungen genommen.“

      „Dann Musketenschützen, aber schnell. Die Affen verhöhnen uns, oder sehen Sie das nicht?“

      Die „Affen“ standen weiter hinten am Strand, und der große schwarzglänzende Kerl drehte ihnen eine lange Nase, wobei er auf einem Bein herumhüpfte.

      Der Kommandant fühlte sich zutiefst in seiner Ehre gekränkt. Was zuviel war, war zuviel. Er verlor vor Wut fast die Beherrschung.

      Immer mehr Schwarze legten den Daumen an die Nase und spreizten die Hand ab. Dann wedelten sie mit der Hand vor der Nase. Manche nahmen auch beide Hände und legten sie hintereinander. Und dabei lachte ein ganzer Chor laut und brüllend.

      Don Julios Haß konzentrierte sich ganz auf den baumlangen Schwarzen, der die Gruppe anführte und sich am wildesten benahm. Für ihn waren die Gesten und Bewegungen ein Zeichen, daß er es hier doch mit Affen zu tun hatte.

      Die Musketenträger zogen auf und gingen in Stellung, als von der Galeone her ein scharfer Pfiff ertönte.

      Da stoben die Schwarzen auseinander und rannten landeinwärts.

      „Feuer!“ schrie Don Julio. „Gezielt schießen. Feuer frei!“

      Die Musketen blitzten auf, doch die Schwarzen hatten inzwischen genügend Abstand gewonnen. Sie kannten sich offenbar in der Reichweite der Musketen genau aus, denn sie blieben wieder stehen und begannen zu Don Julios Ärger mit der Wiederholung des Spiels, weil sie sich in Sicherheit wußten.

      Er ließ solange feuern, bis auch der letzte Mann sein Pulver verschossen hatte.

      „Keine Kanone einsatzbereit?“ fragte er sauer.

      „Nur auf der Backbordseite, Don Julio, falls von See her ein Angriff droht, wie Sie befohlen haben“, sagte Pergoza. „Zur Landseite hin sind wir zur Zeit ungeschützt.“

      „Bastarde, verdammte Bastarde!“ schrie er hilflos.

      Die Schwarzen hatten jetzt offenbar von ihrer Sondereinlage genug. Sie stimmten noch ein wildes Gelächter an, zeigten den Dons den Vogel und setzten sich im Sprintertempo ins Landesinnere ab.

      Kurze Zeit darauf waren sie hinter flachen Hügelkuppen verschwunden.

      Don Julio wandte sich mit dem Spektiv seinem anderen Erzfeind zu, den Kerlen, die die Schwarzen durch laute Pfiffe gewarnt hatten. Er drehte fast durch vor hilfloser Wut und schwor der ganzen Welt Rache, sobald sie erst von der Sandbank herunter waren.

      Aber da war noch kein Ende abzusehen, wie er sich gleich selbst überzeugen konnte.

      Vor dem Bug der Galeone war jetzt fast trockener Sand, auf den die Sonne schien und über den Harmattan blies und ihn austrocknete. An den Seiten schimmerte der Sand ebenfalls durch. Nur achteraus war noch dunkles Wasser, lockend und verheißungsvoll, aber leider unerreichbar für sie. Und das Wasser fiel weiter und legte den Vorsteven trocken, bis die Entenmuscheln und Algen zu sehen waren.

      Don Julio schmiedete finstere Rachepläne.

      „Wir müssen etwas unternehmen, die Initiative ergreifen“, sagte er verbiestert. „Ich lasse mir das nicht länger gefallen, daß uns diese Kerle da drüben belauern und auslachen, weil wir hilflos auf einem mauretanischen Misthaufen sitzen. Lassen Sie sich etwas einfallen, wie wir diese Bastarde erledigen können.“

      „Ich sehe leider kaum Chancen, Don Julio“, sagte Pergoza vorsichtig. „Sie haben augenblicklich durch ihre Beweglichkeit die eindeutig bessere Position.“

      „Das weiß ich selbst, aber es wird doch eine Möglichkeit geben.“

      „Wir könnten es bei Nacht mit einem Kommando vom Land her oder aber mit Booten von See her versuchen. Ich bin mir aber sicher, daß sie uns einen heißen Empfang bereiten. Die Kerle sind mehr auf der Hut, als uns lieb sein kann, und sie haben gute Geschütze an Bord. Es genügt, wenn sie zwei oder drei mit Grobschrot geladene Drehbassen abfeuern.“

      „Nachts wäre es besser“, meinte der Kommandant nach kurzer Überlegung. „Die Zeit zwischen drei und vier Uhr morgens ist die beste. Da läßt bekanntlicherweise die Aufmerksamkeit nach. Wir beleuchten einen Teil unseres Schiffes und setzen zwei Kommandos ab. Genügend Seesoldaten sind ja vorhanden. Sie können uns sehen, aber sie werden nicht bemerken, wenn wir unauffällig zwei Boote bemannen und losschicken. Dann können wir sie von zwei Stellen in die Zange nehmen. Ein Kommando wird vom Land her entern, das andere greift von See her an. Wir haben die Überraschung in jedem Fall auf unserer Seite.“

      Pergoza stimmte zu. Er hielt zwar nicht sehr viel davon, aber er wollte dem Alten auch nicht widersprechen, wenn dieser taktische und strategische Überlegungen in Erwägung zog. Er wußte, daß die Kerle dort drüben nicht schlafen würden. Ja, sie würden seiner Ansicht nach ganz sicher damit rechnen, daß der Kommandant der großen Galeone etwas unternahm. Und das würde er nur bei Nacht tun, wenn alle Katzen grau waren.

      Diese Überlegung teilte er Don Julio allerdings nicht mit, weil der sonst wieder tausend Gegenargumente zur Hand hatte und ohnehin alles besser wußte.

      „Eine gute Idee, Don Julio“, lobte er. „Aber wir müssen uns sehr vorsehen, sonst kostet es uns zwei Boote voller Leute.“

      „Zu was, glauben Sie, sind Seesoldaten eigentlich da, Señor Pergoza? Zur Zierde für ein Kriegsschiff oder als Eckensteher? Jeder, der in den Krieg zieht, muß seine Knochen für das Vaterland hinhalten. Dafür erhält er Sold und wird befördert, wenn er die Knochen nur lange genug hinhält. Außerdem ist es eine Ehre, für Spanien zu sterben.“

      „Selbstverständlich, Don Julio, es ist auch mir eine Ehre. Wir werden das so durchführen, wie Sie es überlegt haben.“

      „Nur so erringen wir einen Erfolg. Ich werde jetzt eine Stunde ruhen, dann lassen Sie mich wieder an Deck holen. Falls sich etwas verändert, wünsche ich, sofort geholt zu werden.“

      Der Erste salutierte, als Don Julio mit zähen Bewegungen das Achterdeck verließ.

      Alter Mann, dachte er für sich. Du bist längst abgehalftert, aber du willst es nur noch nicht wahrhaben. Deine beste Zeit ist vorbei, du begehst in letzter Zeit zu viele Fehler.

      Steif und hölzern wie eine Marionette bewegte sich der Alte den Niedergang hinunter und verschwand in seiner Kammer.

       8.

      Jean Ribault sah aus schmalen Augen zu den Negern, die jetzt die Beine in die Hand nahmen und verschwanden.

      „Diese verdammten Halunken schießen auf unbewaffnete Leute“, sagte er erbittert. „Auf Menschen, die vor Freude ein bißchen verrückt spielen, weil der Drang nach Freiheit sie übermannt. Diesen Mistfliegen werden wir es noch härter zeigen, verlaßt euch darauf. Der Kerl würde auch auf Schiffbrüchige schießen lassen.“

      Die Dons luden ihre Musketen auf Kommando nach und feuerten weiter.

      „Keiner getroffen“, sagte der Profos. „Sie sind außer Schußweite und wissen genau, wie weit die Musketen tragen. Das haben ihnen die Dons ja schließlich selbst beigebracht.“

      Nach einer Weile war der ganze Spuk verschwunden, und die Musketenträger verließen das Oberdeck.

      Jetzt waren nur noch Don Julio und sein eingebildeter Erster Offizier auf dem

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